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Russland-Gelder: US-Spekulant macht Druck auf Schweizer Regierung

Published On: 6. Februar 2023 20:24

Veröffentlicht am 6. Februar 2023 von RL.

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Frühjahr 2022 hat der Druck auf die Schweiz massiv zugenommen. Mit der gegenwärtigen Ukraine-Politik verabschiedet sich die Schweiz immer mehr von ihrer Neutralität.

Ob Wirtschaftssanktionen, die nähere Anbindung an die NATO oder die anvisierten Lockerungen bei den Waffenlieferungen: Gleich in mehrerer Hinsicht spannt die Schweizer Regierung immer mehr mit den westlichen Grossmächten zusammen.

US-Politiker und Unternehmer versuchen inzwischen auch, weit in die Schweizer Wirtschaftspolitik hinein zu regieren. Ein besonders krasses Beispiel: Nun versucht man Druck auf die Schweiz auszuüben, um zu verhindern, dass russische Gelder nach Moskau zurückgeschickt werden.

Der republikanische US-Senator Roger Wicker ist Ende Januar 2023 mit einem Brief an US-Aussenminister Antony Blinken gelangt: Schweizer Gerichte hätten kürzlich «den Plan ihrer Regierung genehmigt», 230 Millionen Dollar «an Russen mit engen Verbindungen zum Putin-Regime» zurückzuschicken, schrieb er.

Dies sei ein Affront für die amerikanischen Bemühungen gegen Russlands Krieg in der Ukraine. Wicker fordert Blinken auf, dringend beim Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis zu intervenieren und dafür zu sorgen, dass die Gelder nicht nach Russland gelangten.

Auch bittet Wicker den US-Aussenminister, eine Überprüfung des Rechtshilfeabkommens mit der Schweiz einzuleiten und dabei zu klären, ob dieses eingeschränkt werden müsste, wie die Tamedia-Zeitungen informieren, die jüngst darüber berichteten.

«Die USA sollten die eindeutige Bösartigkeit, die in diesem Fall zu beobachten ist, nicht belohnen», sagte Wicker weiter. Konkret geht es um Gelder, die im Zusammenhang mit dem Magnitski-Fall stehen und gegenwärtig in der Schweiz eingefroren sind – und hier wird die Geschichte besonders interessant.

Die Tamedia-Zeitungen verschweigen in diesem Zusammenhang systematisch die Hintergründe der Magnitski-Affäre und übernehmen eins zu eins die Sichtweise des US-Investors Bill Browder. Doch dazu gleich mehr.

Über die Magnitski-Affäre muss man wissen: In den 1990er Jahren hat Browder in Russland den Investmentfonds Hermitage Capital Management gegründet (mehr dazu hier). Eigenen Angaben zufolge hat dieser Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar verwaltet.

Browder kam in Russland jedoch mit dem Gesetz in Konflikt. Gemäss Browder wurde ihm ab 2005 die Einreise nach Russland verwehrt. 2007 wurde Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben.

Ab diesem Moment existieren zwei Versionen der Geschichte. Russland wirft Browder vor, unsaubere Geschäfte gemacht, den russischen Staat um 230 Millionen Dollar betrogen und ausserdem noch Steuern in Millionenhöhe hinterzogen zu haben.

2013 wurde Browder in Abwesenheit zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Im Zuge der Ermittlungen der russischen Behörden wurde ein Mitarbeiter von Browder, Sergej Magnitski, verhaftet. Er verstarb später im Gefängnis.

Ganz anders die Sichtweise von Browder: In seinen Augen handle es sich um eine Intrige gegen ihn, weil sich einige an seinem Geld bereichern wollten.

Der Spiegel, der 2019 in einem Artikel auf zahlreiche Ungereimtheiten von Browder hinwies, schildert Browders Version wie folgt:

«Browder sagt, er habe ‹seinen Anwalt› Magnitski 2007 mit Nachforschungen beauftragt, in deren Verlauf dieser auf ein Verbrechen ungeahnten Ausmasses gestossen sei: den grössten Steuerbetrug in der russischen Geschichte, begangen von einer korrupten Seilschaft innerhalb von Polizei und Behörden. Es geht dabei um eine Summe von 230 Millionen Dollar und einen komplexen Masterplan. In dessen Zentrum stehen laut Browder zwei Schurken: die Moskauer Polizisten Artjom Kusnezow und Pawel Karpow. Die beiden hätten zunächst fingierte Steuerermittlungen gegen Browders Fonds Hermitage eingeleitet und dann drei ursprünglich von Browders Leuten gegründete Briefkastenfirmen gekapert. Mit beschlagnahmten Firmenurkunden seien die Firmen Mittelsmännern überschrieben worden. Diese hätten Fantasieverluste konstruiert und die Erstattung von 230 Millionen Dollar Steuern veranlasst, die Browders Firmen zuvor gezahlt hatten.»

Browders antirussische Kampagne und seine guten Verbindungen zu höchsten Kreisen in der US-Politik haben dazu geführt, dass die USA 2012 den Magnitski-Act verabschiedeten. Ein Gesetz, das die Schuldigen am Tod von Magnitski mit Sanktionen belegen sollte.

All dies geschah, obwohl Browder nie Belege für seine Behauptungen liefern konnte. Selbst Der Spiegel, der alles andere als russlandfreundlich berichtet, hat in dem genannten Artikel akribisch aufgezeigt, dass die Geschichte des britischen Unternehmers hinten und vorne nicht stimmt.

Die Verhörprotokolle zeigen nämlich: Magnitsky hat an keiner Stelle einen konkreten Vorwurf gegen die Ermittler erhoben. Auch hat Browder nie Beweise vorgelegt für die Behauptung, dass Magnitski im Gefängnis umgebracht wurde, weil er den «Steuerbetrug» aufgedeckt habe.

Tatsächlich war Magnitski auch kein Anwalt, sondern Buchhalter und Auditor, der wegen der Vorwürfe der Steuerhinterziehung in Haft sass, denn die fraglichen Geschäfte waren über seinen Schreibtisch gelaufen.

All dies erfährt man in den Tamedia-Zeitungen nicht. Stattdessen macht sich die Zeitung die Aussagen von Browder zu eigen und schreibt:

«Der russische Wirtschaftsprüfer Sergei Magnitski hat vor Jahren als Whistleblower einen 230 Millionen schweren Steuerbetrug in Russland aufgedeckt, starb dann aber 2009 in einem Moskauer Gefängnis.»

Doch zurück in die Schweiz und in die Gegenwart: Bill Browder behauptete stets, dass ein Teil des Geldes in der Schweiz gewaschen worden sei. 2011 hatte die Bundesanwaltschaft ein Verfahren in diesem Zusammenhang eröffnet. Dieses wurde jedoch 2021 eingestellt, da die Ermittler nichts finden konnten.

Tätig geworden war die Schweizer Bundesanwaltschaft, weil Browders Hermitage Capital Managment Strafanzeige eingereicht hatte. Inzwischen hat die Bundesanwaltschaft Browders Gruppe die Stellung als Privatklägerin entzogen. Browder hat dagegen Beschwerde eingereicht, diese ist inzwischen am Bundesgericht hängig.

Browder wirft der Schweiz vor, «gegen US-Sanktionen zu verstossen, indem sie illegales Geld an die Täter zurückgebe», wie er gegenüber den Tamedia-Zeitungen sagte.

Ob die Aussagen von Browder und US-Senator Roger Wicker auch reale Auswirkungen auf die Schweizer Geld- und Aussenpolitik im Zusammenhang mit Russland haben, bleibt ungewiss.

Was man weiss: Aussenminister Cassis hat sich am vergangenen Freitag in dieser Gelegenheit mit Scott Miller, dem US-Botschafter in Bern, ausgetauscht, wie die Tamedia-Zeitungen berichteten. Genaueres über den Inhalt gab das Aussendepartement aber nicht preis. Nur so viel: Cassis und Miller hätten «die Bedeutung einer unparteiischen und unabhängigen Justiz betont».

Auch von Russen gibt es derzeit mehrere hängige Beschwerden im Zusammenhang mit der Magnitski-Affäre. Sie wehren sich, weil die Gelder derzeit noch immer gesperrt sind. Solange die Urteile nicht rechtskräftig sind, wird sich das auch nicht ändern. «Alle Vermögenswerte bleiben weiterhin in der Schweiz gesperrt», schreibt das EDA dazu.

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Die zahlreichen Ungereimtheiten in der Magnitski-Affäre sind inzwischen auch in mehreren Büchern und Filmen akribisch dargestellt worden. Unter anderem in Alex Krainers Buch: «The Killing of William Browder» sowie auch in dem Film «The Magnitsky Act. Behind the Scenes» von Andrei Nekrosov.

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