putin-im-o-ton-ueber-die-politik-des-westens-und-die-gruende-fuer-den-ukraine-konfliktPutin im O-Ton über die Politik des Westens und die Gründe für den Ukraine-Konflikt
autonomer-kampfroboter:-russland-stellt-„leoparden-killer“-vorAutonomer Kampfroboter: Russland stellt „Leoparden-Killer“ vor
putin-im-o-ton-ueber-atomwaffen-und-die-aussetzung-von-new-start

Putin im O-Ton über Atomwaffen und die Aussetzung von NEW-START

Published On: 22. Februar 2023 4:00

Der russische Präsident Putin hat in seiner Rede an die Nation die Aussetzung des NEW-START-Vertrages angekündigt und sich generell über Atomwaffen geäußert.

Putins zweitstündige Rede an die Nation war zwar von innenpolitischen Themen dominiert, aber er ist auch auf die außenpolitische Situation eingegangen. Zu Beginn seiner Rede hat er den Westen heftig kritisiert und erklärt, wie und warum der Westen die Eskalation in der Ukraine provoziert hat, den Teil der Rede habe ich bereits übersetzt. Am Ende seiner Rede ist Putin auch auf das Thema Atomwaffen eingegangen und hat die Aussetzung des NEW-START-Vertrages verkündet. Über die Hintergründe der Probleme beim NEW-START-Vertrag habe ich bereits berichtet, aber ich werde das für alle, die es nicht gelesen haben, im Anschluss an diese Übersetzung noch einmal wiederholen.

Kommen wir nun dazu, was Putin im O-Ton gesagt hat.

Beginn der Übersetzung:

Anfang Februar dieses Jahres gab es eine Erklärung der NATO, in der Russland aufgefordert wurde, sich wieder an den Vertrag über strategische Waffen zu halten und Inspektionen unserer nuklearen Verteidigungsanlagen zuzulassen. Ich weiß nicht einmal, wie man das bezeichnen soll. Es ist ein Absurditätentheater.

Wir wissen, dass der Westen direkt an den Versuchen des Kiewer Regimes beteiligt war, unsere strategischen Luftwaffenstützpunkte anzugreifen. Die zu diesem Zweck eingesetzten Drohnen wurden mit Hilfe von NATO-Spezialisten ausgerüstet und modernisiert. Und jetzt wollen sie unsere Verteidigungsanlagen auch noch inspizieren? Unter den aktuellen Bedingungen der heutigen Konfrontation klingt das einfach nur wie irgendein Schwachsinn.

Gleichzeitig – und darauf weise ich besonders hin – erlauben sie uns nicht, im Rahmen dieses Vertrages vollwertigen Inspektionen durchzuführen. Unsere wiederholten Ersuchen, bestimmte Einrichtungen zu inspizieren, bleiben unbeantwortet oder werden aus formalen Gründen abgelehnt, und wir sind nicht in der Lage, auf der anderen Seite irgendetwas zu kontrollieren.

Ich möchte betonen: Die USA und die NATO sagen ausdrücklich, dass es ihr Ziel ist, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen. Und danach wollen sie, als wäre nichts geschehen, zu unseren Verteidigungsanlagen, auch den neuesten, fahren? Vor einer Woche habe ich beispielsweise den Erlass über die Indienststellung neuer bodengestützter strategischer Systeme unterzeichnet. Wollen die ihre Nasen auch da hineinstecken? Und glauben die, dass wir sie einfach so hereinlassen werden?

Mit ihrer kollektiven Erklärung hat die NATO faktisch den Antrag auf Beitritt zum Vertrag über strategische Waffen gestellt. Wir sind damit einverstanden, bitte schön. Mehr noch: Wir sind der Meinung, dass diese Frage längst überfällig ist, denn die NATO, daran erinnere ich, hat mehr als die eine Atommacht USA. Großbritannien und Frankreich haben ebenfalls Atomwaffenarsenale, die sie verbessern und ausbauen und die auch gegen uns gerichtet sind. Die jüngsten Erklärungen ihrer Staatschefs bestätigen das.

Wir können und dürfen das nicht ignorieren, vor allem nicht heute, ebenso wenig wie die Tatsache, dass der erste Vertrag über strategische Waffen 1991 von der Sowjetunion und den USA in einer grundlegend anderen Situation unterzeichnet wurde: In einer Situation geringerer Spannungen und größeren gegenseitigen Vertrauens. Später erreichten unsere Beziehungen ein Niveau, auf dem Russland und die USA erklärten, dass sie sich nicht mehr als Gegner betrachten. Hervorragend, alles war sehr gut.

Der 2010 in Kraft getretene Vertrag enthält entscheidende Bestimmungen über die Unteilbarkeit der Sicherheit, über die direkte Verbindung von strategischen Offensiv- und Defensivwaffen. All das ist längst vergessen, die USA sind aus dem ABM-Vertrag ausgetreten, wie Sie wissen, alles ist Vergangenheit. Unsere Beziehungen haben sich, das ist sehr wichtig, verschlechtert, und das ist allein das „Verdienst“ der USA.

Sie waren es, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion daran gemacht haben, die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs zu revidieren und eine Welt nach amerikanischem Vorbild zu errichten, in der es nur einen Herrn, einen Gebieter gibt. Dazu begannen sie, alle Grundlagen der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Weltordnung zu zerstören, indem sie das Vermächtnis von Jalta und Potsdam negiert haben. Schritt für Schritt begannen sie, die bestehende Weltordnung zu revidieren, sie demontierten die Sicherheits- und Rüstungskontrollsysteme und planten und führten eine ganze Reihe von Kriegen in der ganzen Welt.

Und das alles, ich wiederhole das, mit einem Ziel: die Architektur der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen internationalen Beziehungen zu zerstören. Das ist keine Redewendung, das ist die Praxis, die im richtigen Leben so passiert: Nach dem Zusammenbruch der UdSSR wollen sie ihre globale Vorherrschaft für immer festschreiben, ohne die Interessen des modernen Russlands und auch die Interessen anderer Länder zu berücksichtigen.

Natürlich hat sich die Situation in der Welt nach 1945 verändert. Neue Entwicklungs- und Einflusszentren haben sich gebildet und entwickeln sich rasch. Das ist ein natürlicher, objektiver Prozess, der nicht ignoriert werden kann. Aber es ist inakzeptabel, dass die USA begonnen haben, die Weltordnung nur für sich selbst und ausschließlich in ihrem eigenen, egoistischen Interesse umzugestalten.

Jetzt senden sie über NATO-Vertreter Signale aus, aber faktisch stellen sie ein Ultimatum: Ihr, Russland, erfüllt alles, was abgemacht wurde, einschließlich des NEW-START-Vertrages, bedingungslos, aber wir machen, was wir wollen. Nach dem Motto, es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Problematik mit NEW-START und zum Beispiel dem Konflikt in der Ukraine und anderen feindlichen Handlungen des Westens gegen unser Land, und es gibt auch die lautstarken Erklärungen, dass sie uns eine strategische Niederlage zufügen wollen, nicht. Das ist entweder der Gipfel der Heuchelei und des Zynismus oder der Gipfel der Dummheit. Aber als Idioten man kann sie nicht bezeichnen, sie sind schließlich keine dummen Leute. Sie wollen uns eine strategische Niederlage beibringen und dringen in unsere Atomanlagen ein.

Deshalb sehe ich mich gezwungen, heute zu erklären, dass Russland seine Teilnahme am Vertrag über strategische Waffen aussetzen wird. Ich wiederhole: Russland zieht sich nicht aus dem Vertrag zurück, nein, es setzt seine Teilnahme aus. Doch bevor wir uns erneut mit dieser Frage befassen, müssen wir für uns selbst verstehen, was NATO-Länder wie Frankreich und Großbritannien eigentlich wollen, und wie wir ihre strategischen Arsenale, also die Gesamtschlagskapazität der Allianz, berücksichtigen.

Jetzt haben sie mit ihrer Erklärung im Grunde ein Angebot zur Teilnahme an diesem Prozess gemacht. Gott sei Dank, los, wir haben nichts dagegen. Es gibt keinen Grund, noch einmal zu versuchen, alle zu belügen und so zu tun, als seien sie Verfechter des Friedens und der Entspannungspolitik. Wir kennen alle Hintergründe: Wir wissen, dass die garantierte Haltbarkeitsdauer für einige Typen von US-Atomsprengköpfen ausläuft. Wir wissen mit Sicherheit, dass in diesem Zusammenhang einige Leute in Washington über mögliche Tests ihrer Atomwaffen nachdenken und dabei berücksichtigen, dass die USA neue Typen von Atomsprengköpfen entwickeln. Diese Informationen gibt es.

In dieser Situation müssen das russische Verteidigungsministerium und Rosatom die Bereitschaft zum Test russischer Atomwaffen sicherstellen. Natürlich werden wir nicht die ersten sein, die das tun, aber wenn die USA sie testen, werden wir es auch tun. Niemand sollte sich der gefährlichen Illusion hingeben, dass die globale strategische Parität zerstört werden könnte.

Ende der Übersetzung

Dem bleibt hinzuzufügen, dass Atomwaffen tatsächlich nur eine begrenzte Haltbarkeitsdauer haben und dass diese für viele alte US-Atomwaffen demnächst ausläuft. Die Modernisierung der US-Atomwaffen, von der Medien manchmal berichten, liegt tatsächlich zumindest teilweise darin begründet, dass die USA alte Atomwaffen ausmustern müssen.

Berichte darüber, dass in der US-Regierung über eine Wiederaufnahme von Atomtests nachgedacht, gibt es in den USA immer wieder, aber aus irgendeinem Grund greifen deutsche Medien diese Meldungen aus den USA nie auf. Ich habe darüber immer wieder berichtet, wie dieses Beispiel aus dem Jahr 2020 zeigt.

Daher sind es keine leeren Worte, wenn Putin davor warnt, die USA könnten unter irgendeinem Vorwand den Kernwaffenteststopp-Vertrag brechen und ihre Atomwaffentests wieder aufnehmen. Das wird aus den USA immer wieder gemeldet.

Der NEW-START-Vertrag

Nun wiederhole ich für alle, die davon noch nichts gehört haben, noch einmal, worum es beim NEW-START-Vertrag geht und was die aktuellen Probleme sind, die Putin nun dazu veranlasst haben, die Aussetzung des Vertrages zu verkünden.

Früher gab es eine Reihe von Abrüstungsverträgen zwischen Russland und den USA, die die USA fast alle einseitig gekündigt haben. Da war als erstes der ABM-Vertrag über das Verbot von Raketenabwehrsystemen, der von US-Präsident Bush junior gekündigt wurde, um eine „Raketenabwehr“ in Europa aufzustellen, die in Wahrheit kein defensives, sondern ein offensives System ist, weil die Abschussvorrichtungen vom Typ Mk-41 sowohl die Abwehrraketen als auch potenziell nuklear bestückte Marschflugkörper abfeuern können, Details dazu finden Sie hier.

Der zweite wichtige Abrüstungsvertrag war der INF-Vertrag, der das Verbot von landgestützten atomaren Kurz- und Mittelstreckenraketen geregelt hat. Der INF-Vertrag war vor allem für Europa extrem wichtig, weil Kurz- und Mittelstreckenraketen keine Gefahr für die USA darstellen, die weit genug entfernt sind, wohl aber für die europäischen Länder. Diese Raketen erreichen ihre Ziele innerhalb von Minuten und es gibt praktisch keine Vorwarnzeit. Diesen Vertrag haben die USA 2018 unter Präsident Trump gekündigt.

Lediglich der NEW-START-Vertrag zwischen Russland und den USA zur Begrenzung der einsatzfähigen strategischen Atomwaffen besteht noch, nachdem US-Präsident Biden als eine seiner ersten Amtshandlungen nach seiner Amtseinführung in letzter Minute und kurz vor dem Auslaufen des Vertrages einer Verlängerung zugestimmt hat. Danach hätten Verhandlungen über einen Nachfolgevertrag beginnen sollen, die jedoch auf der Stelle treten. Mehr Details über die atomaren Abrüstungsverträge die zwischen Russland und den USA bestanden haben, und alle von den USA gekündigt wurden, finden Sie hier.

Nach der Verlängerung des NEW-START-Vertrags im Jahre 2021 gab es monatelang keine Konsultationen über dessen Umsetzung und vor allem über einen Nachfolgevertrag, dabei war der Sinn der Verlängerung des Vertrages, Zeit zu gewinnen, um einen neuen Vertrag auszuhandeln. Schließlich bot das US-Außenministerium ein Treffen an, um die Fragen zu erörtern. Unmittelbar vor dem Treffen stellten die USA jedoch Vorbedingungen im Zusammenhang mit den Ereignissen in der Ukraine. Mit dem Thema des Treffens hatten die Vorbedingungen nichts zu tun und natürlich waren die Forderungen für Russland inakzeptabel, was man in Washington auch gewusst hat. Also hat das Treffen nicht stattgefunden.

Das Problem der Kontrollen

Das größte Problem ist, dass die im NEW-START-Vertrag vereinbarten gegenseitigen Kontrollen der strategischen Atomwaffen nicht mehr stattfinden, denn die USA verweigern den russischen Kontrolleuren seit einiger Zeit die nötigen Einreisevisa und lassen auch russische Flugzeuge, mit denen die russischen Delegationen einreisen könnten, als Folge der Russland-Sanktionen nicht mehr ins Land. Damit verhindern die USA seit langem die russischen Inspektionen ihrer Standorte. Russland hat darauf im Augst 2022 reagiert und den US-Spezialisten ebenfalls die Kontrollen russische Standorte untersagt.

Das Thema ist nicht neu, ich habe darüber immer wieder berichtet. Auch der russische Standpunkt ist nicht neu und wurde von offizieller Seite immer wieder erklärt. Zuletzt habe ich darüber im Dezember 2022 berichtet und einen Artikel veröffentlicht, der die Probleme der gegenseitigen Kontrollen und die russische Sicht sehr ausführlich aufgezeigt hat.

Anfang Februar 2023 haben die USA sich beschwert, Russland lasse die im NEW-START-Vertrag vereinbarten Kontrollen nicht zu. Wie gesehen stimmt das so nicht, denn es waren die USA, die als erste begonnen haben, die vereinbarten Kontrollen ihrer strategischen Atomwaffen durch Russland zu verhindern. Russland hat erst danach darauf reagiert und seinerseits die Kontrollen seiner Atomwaffen durch die USA unterbunden.

Nun hat Russland, wie von Putin verkündet, den NEW-START-Vertrag aus den genannten Gründen ausgesetzt.


In meinem neuen Buch „„Putins Plan – Mit Europa und den USA endet die Welt nicht – Wie das westliche System gerade selbst zerstört ““ gehe ich der der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme – den wir gerade erleben – wirklich geht. Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wurden die Bürger im Westen gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich hier direkt über den J.K. Fischer Verlag bestellbar.

Hier geht es zum neuen Buch

putin-im-o-ton-ueber-die-politik-des-westens-und-die-gruende-fuer-den-ukraine-konfliktPutin im O-Ton über die Politik des Westens und die Gründe für den Ukraine-Konflikt
autonomer-kampfroboter:-russland-stellt-„leoparden-killer“-vorAutonomer Kampfroboter: Russland stellt „Leoparden-Killer“ vor