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Aussetzung von NEW-START: „Eine kalte Dusche für Amerika“

Published On: 27. Februar 2023 1:53

Der russische Präsident Putin hat in seiner Rede an die Nation die Aussetzung des NEW-START-Vertrages verkündet. Hier zeige ich, wie in Russland darüber berichtet wurde.

Der russische Präsident Putin hat in seiner Rede an die Nation die Aussetzung des NEW-START-Vertrages verkündet. Über die Hintergründe der Probleme beim NEW-START-Vertrag habe ich bereits berichtet und ich habe auch die entsprechende Passage aus Putins Rede komplett übersetzt. Am Ende dieses Artikels werde ich für alle, denen das Thema NEW-START nicht vertraut ist, die Hintergründe noch einmal aufzeigen.

Hier übersetze ich, wie das russische Fernsehen in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick über die Aussetzung von NEW-START berichtet hat.

Beginn der Übersetzung:

NEW-START: Eine kalte Dusche für Amerika

Es ist klar, dass die USA die planetarische Konfrontation schon vor der formellen Aussetzung von NEW-START faktisch in den Modus einer unkontrollierten Eskalation verwandelt haben. Unter diesen Bedingungen muss Russland alle Möglichkeiten haben, sich uneingeschränkt zu verteidigen. Und zwar sich mit den Waffen zu verteidigen, bei denen wir einen klaren Vorteil haben. Was ist das? Die mit Hyperschall gelieferte nukleare Triade. Ja, die Welt ist einfacher und rauer geworden. Man kann auf den Westen nur einwirken, indem man dort die grundlegendsten Emotionen aktiviert, von denen die wichtigste Angst ist.

Über die Hintergründe berichten wir in unserem Beitrag.

So harte Einschätzungen und Maßnahmen seitens Russlands im hochsensiblen Nuklearbereich hat der Westen wohl noch nie erlebt. Das ist eine Vergeltungsmaßnahme, weil die USA und die NATO Inspektionen der russischen strategischen Stützpunkte fordern, aber hinter dem Rücken Angriffe auf diese Stützpunkte vorbereiten.

„Wir wissen, dass der Westen direkt an den Versuchen des Kiewer Regimes beteiligt war, unsere strategischen Luftwaffenstützpunkte anzugreifen. Die zu diesem Zweck eingesetzten Drohnen wurden mit Hilfe von NATO-Spezialisten ausgerüstet und modernisiert. Und jetzt wollen sie unsere Verteidigungsanlagen auch noch inspizieren? Unter den aktuellen Bedingungen der heutigen Konfrontation klingt das einfach nur wie irgendein Schwachsinn.“, entrüstete sich der Präsident.

Nach dem NEW-START-Vertrag kann jede der Vertragsparteien bis zu 18 Mal im Jahr, also öfter als einmal im Monat, bei der anderen Seite Inspektionen durchführen. Dazu gehören Inspektionen strategischer Bomber, der Startsilos und der Nuklearsprengköpfe selbst. Man sollte meinen, dass der Weltraum mit Aufklärungssatelliten übersät ist, die alles bis ins kleinste Detail sehen können, aber im Falle von Atomwaffen reicht das nicht aus, denn nur die physische Anwesenheit von Experten vor Ort kann eine klare Vorstellung davon vermitteln, ob und welche Art von Rakete beispielsweise in einem Silo ist und wie viele Sprengköpfe sich darauf befinden. Das heißt, Inspektionen sind ein Schritt von besonderem Vertrauen und Offenheit. Nach jedem dieser Besuche machten die Experten ein gemeinsames Foto und tauschten sogar Souvenirs aus. All das gehört nun der Vergangenheit an.

„Ich möchte betonen: Die USA und die NATO sagen ausdrücklich, dass es ihr Ziel ist, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen. Und danach wollen sie, als wäre nichts geschehen, zu unseren Verteidigungsanlagen, auch den neuesten, fahren? Vor einer Woche habe ich beispielsweise den Erlass über die Indienststellung neuer bodengestützter strategischer Systeme unterzeichnet. Wollen die ihre Nasen auch da hineinstecken? Und glauben die, dass wir sie einfach so hereinlassen werden?“, sagte Wladimir Putin.

Dabei war im den 90er Jahren alles noch offen. Die Amerikaner haben sogar ein Büro in der Raketenfabrik in Wotkinsk eingerichtet, in der die Topol-Raketen hergestellt werden, sie haben Überwachungskameras aufgestellt und jede Rakete mit Maßbändern kontrolliert. Gleichzeitig konnten sie in ihren eigenen Fabriken machen, was sie wollten. Die offensichtlichen Einseitigkeiten früherer Abkommen wurden im NEW-START-Vertrag von 2010 beseitigt. Unter Obama unterzeichnet, hat er unter Trump überlebt und wurde unter Biden verlängert. Die Aussetzung der Teilnahme Russlands an NEW-START ist nun eine kalte Dusche für Amerika.

„Meiner persönlichen Beobachtung nach gefällt ihnen das nicht nur nicht, sie sind mehr daran interessiert, dass dieser Vertrag existiert. Deshalb hat Biden, als er an die Macht kam, als erstes den Vertrag um weitere fünf Jahre verlängert. Die Amerikaner sind so sehr daran gewöhnt, uns unter Kontrolle zu halten, dass die Beendigung der Inspektionen für sie sehr schmerzhaft war“, so Evgeny Buzhinsky, Generalleutnant im Ruhestand und Vizepräsident des russischen Rates für Auswärtige Angelegenheiten.

Dabei haben sich die USA selbst leicht aus für sie nachteiligen Abkommen zurückgezogen. Die USA haben zuerst den ABM-Vertrag, dann den Vertrag über Kurz- und Mittelstreckenraketen zerrissen. Sie haben ihre Verteidigung verstärkt und begonnen, die Ukraine, Russlands Nachbarn, in die NATO zu ziehen und sie mit Waffen vollzupumpen, und so eine weitere Eskalation provoziert.

„Nach dem Motto, es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Problematik mit NEW-START und zum Beispiel dem Konflikt in der Ukraine. Das ist entweder der Gipfel der Heuchelei und des Zynismus oder der Gipfel der Dummheit. Aber als Idioten man kann sie nicht bezeichnen, sie sind schließlich keine dummen Leute. Sie wollen uns eine strategische Niederlage beibringen und dringen in unsere Atomanlagen ein“, betonte Putin.

Am nächsten Tag war die Abstimmung in der Duma. Alle Abgeordneten sprachen sich einstimmig für den Gesetzentwurf zur Aussetzung der Teilnahme Russlands am NEW-START-Vertrag aus. Am selben Tag wurde die Entscheidung auch vom Föderationsrat unterstützt. Senator Kisljak, ehemaliger russischer Botschafter in den USA, der an der Ausarbeitung des Dokuments beteiligt war, gehörte zu denen, die für die Aussetzung des NEW-START-Vertrags stimmten. „Der Vertrag wurde vor langer Zeit geschlossen, als es den gegenseitigen Wunsch gab, durch diesen Vertrag die internationale Stabilität, die strategische Stabilität, zu stärken. Das gibt es heute nicht“, sagte Kisljak.

Und da die NATO Russland im Grunde zu ihrem Feind erklärt hat, muss auch die gesamte nukleare Schlagkraft des Bündnisses berücksichtigt werden.

„Die Amerikaner ziehen die Möglichkeit eines Atomschlag zusammen mit ihren Partnern, wie Großbritannien und Frankreich, in Betracht. Darum haben auch sie Sprengköpfe stationiert, die in NEW-START nicht berücksichtigt sind. Die Briten haben Trident-2-Raketen auf ihren U-Booten, die ihre Ziele ferngesteuert ändern können. Darum zwingt uns all das, das zu beachten“, sagt der politische Analyst Andrej Klinzewitsch.

Das Außen- und das Verteidigungsministerium erklärten, dass Russland vorerst die quantitativen Beschränkungen des NEW-START-Vertrages einhalten wird, also 700 stationierte Interkontinentalraketen und 1.550 stationierte Sprengköpfe, und dass der Austausch von Benachrichtigungen, zum Beispiel über Raketentests, beibehalten wird. Die Verweigerung von Inspektionen und die Aussetzung der Teilnahme an dem Vertrag sind jedoch ein klares Signal als Reaktion auf die aggressiven Erklärungen und Pläne der USA.

„Wir wissen mit Sicherheit, dass in diesem Zusammenhang einige Leute in Washington über mögliche Tests ihrer Atomwaffen nachdenken und dabei berücksichtigen, dass die USA neue Typen von Atomsprengköpfen entwickeln. Diese Informationen gibt es. In dieser Situation müssen das russische Verteidigungsministerium und Rosatom die Bereitschaft zum Test russischer Atomwaffen sicherstellen. Natürlich werden wir nicht die ersten sein, die das tun, aber wenn die USA sie testen, werden wir es auch tun. Niemand sollte sich der gefährlichen Illusion hingeben, dass die globale strategische Parität zerstört werden könnte“, erklärte Putin.

Das gilt umso mehr, als die USA den von der UN-Vollversammlung verabschiedeten Vertrag über das umfassende Verbot von Atombombentests nicht ratifiziert haben, obwohl mehr als 150 Länder, darunter Russland, ihn unterzeichnet haben.

Moskaus letzter Atomtest wurde vor mehr als 30 Jahren auf dem Testgelände Nowaja Semlja durchgeführt, das auch als Objekt 700 bekannt ist. Dabei wurden unterirdisch acht Sprengladungen mit einer Gesamtleistung von 70 Kilotonnen gezündet. Hier wurde auch die Zar-Bombe, die stärkste jemals von Menschenhand geschaffene Bombe, getestet. Nach der Explosion im Jahr 1961 umrundete die Druckwelle dreimal die Erde. Das Atomtestgelände auf Nowaja Semlja untersteht heute der 12. Hauptdirektion des russischen Verteidigungsministeriums und ist in Betrieb und in Bereitschaft.

Ende der Übersetzung

Dem bleibt hinzuzufügen, dass Atomwaffen tatsächlich nur eine begrenzte Haltbarkeitsdauer haben und dass diese für viele alte US-Atomwaffen demnächst ausläuft. Die Modernisierung der US-Atomwaffen, von der Medien manchmal berichten, liegt tatsächlich zumindest teilweise darin begründet, dass die USA alte Atomwaffen ausmustern müssen.

Berichte darüber, dass in der US-Regierung über eine Wiederaufnahme von Atomtests nachgedacht, gibt es in den USA immer wieder, aber aus irgendeinem Grund greifen deutsche Medien diese Meldungen aus den USA nie auf. Ich habe darüber immer wieder berichtet, wie dieses Beispiel aus dem Jahr 2020 zeigt.

Daher sind es keine leeren Worte, wenn Putin davor warnt, die USA könnten unter irgendeinem Vorwand den Kernwaffenteststopp-Vertrag brechen und ihre Atomwaffentests wieder aufnehmen. Das wird aus den USA immer wieder gemeldet.

Der NEW-START-Vertrag

Nun wiederhole ich für alle, die davon noch nichts gehört haben, noch einmal, worum es beim NEW-START-Vertrag geht und was die aktuellen Probleme sind, die Putin nun dazu veranlasst haben, die Aussetzung des Vertrages zu verkünden.

Früher gab es eine Reihe von Abrüstungsverträgen zwischen Russland und den USA, die die USA fast alle einseitig gekündigt haben. Da war als erstes der ABM-Vertrag über das Verbot von Raketenabwehrsystemen, der von US-Präsident Bush junior gekündigt wurde, um eine „Raketenabwehr“ in Europa aufzustellen, die in Wahrheit kein defensives, sondern ein offensives System ist, weil die Abschussvorrichtungen vom Typ Mk-41 sowohl die Abwehrraketen als auch potenziell nuklear bestückte Marschflugkörper abfeuern können, Details dazu finden Sie hier.

Der zweite wichtige Abrüstungsvertrag war der INF-Vertrag, der das Verbot von landgestützten atomaren Kurz- und Mittelstreckenraketen geregelt hat. Der INF-Vertrag war vor allem für Europa extrem wichtig, weil Kurz- und Mittelstreckenraketen keine Gefahr für die USA darstellen, die weit genug entfernt sind, wohl aber für die europäischen Länder. Diese Raketen erreichen ihre Ziele innerhalb von Minuten und es gibt praktisch keine Vorwarnzeit. Diesen Vertrag haben die USA 2018 unter Präsident Trump gekündigt.

Lediglich der NEW-START-Vertrag zwischen Russland und den USA zur Begrenzung der einsatzfähigen strategischen Atomwaffen besteht noch, nachdem US-Präsident Biden als eine seiner ersten Amtshandlungen nach seiner Amtseinführung in letzter Minute und kurz vor dem Auslaufen des Vertrages einer Verlängerung zugestimmt hat. Danach hätten Verhandlungen über einen Nachfolgevertrag beginnen sollen, die jedoch auf der Stelle treten. Mehr Details über die atomaren Abrüstungsverträge die zwischen Russland und den USA bestanden haben, und alle von den USA gekündigt wurden, finden Sie hier.

Nach der Verlängerung des NEW-START-Vertrags im Jahre 2021 gab es monatelang keine Konsultationen über dessen Umsetzung und vor allem über einen Nachfolgevertrag, dabei war der Sinn der Verlängerung des Vertrages, Zeit zu gewinnen, um einen neuen Vertrag auszuhandeln. Schließlich bot das US-Außenministerium ein Treffen an, um die Fragen zu erörtern. Unmittelbar vor dem Treffen stellten die USA jedoch Vorbedingungen im Zusammenhang mit den Ereignissen in der Ukraine. Mit dem Thema des Treffens hatten die Vorbedingungen nichts zu tun und natürlich waren die Forderungen für Russland inakzeptabel, was man in Washington auch gewusst hat. Also hat das Treffen nicht stattgefunden.

Das Problem der Kontrollen

Das größte Problem ist, dass die im NEW-START-Vertrag vereinbarten gegenseitigen Kontrollen der strategischen Atomwaffen nicht mehr stattfinden, denn die USA verweigern den russischen Kontrolleuren seit einiger Zeit die nötigen Einreisevisa und lassen auch russische Flugzeuge, mit denen die russischen Delegationen einreisen könnten, als Folge der Russland-Sanktionen nicht mehr ins Land. Damit verhindern die USA seit langem die russischen Inspektionen ihrer Standorte. Russland hat darauf im Augst 2022 reagiert und den US-Spezialisten ebenfalls die Kontrollen russische Standorte untersagt.

Das Thema ist nicht neu, ich habe darüber immer wieder berichtet. Auch der russische Standpunkt ist nicht neu und wurde von offizieller Seite immer wieder erklärt. Zuletzt habe ich darüber im Dezember 2022 berichtet und einen Artikel veröffentlicht, der die Probleme der gegenseitigen Kontrollen und die russische Sicht sehr ausführlich aufgezeigt hat.

Anfang Februar 2023 haben die USA sich beschwert, Russland lasse die im NEW-START-Vertrag vereinbarten Kontrollen nicht zu. Wie gesehen stimmt das so nicht, denn es waren die USA, die als erste begonnen haben, die vereinbarten Kontrollen ihrer strategischen Atomwaffen durch Russland zu verhindern. Russland hat erst danach darauf reagiert und seinerseits die Kontrollen seiner Atomwaffen durch die USA unterbunden.

Nun hat Russland, wie von Putin verkündet, den NEW-START-Vertrag aus den genannten Gründen ausgesetzt.


In meinem neuen Buch „„Putins Plan – Mit Europa und den USA endet die Welt nicht – Wie das westliche System gerade selbst zerstört ““ gehe ich der der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme – den wir gerade erleben – wirklich geht. Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wurden die Bürger im Westen gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich hier direkt über den J.K. Fischer Verlag bestellbar.

Hier geht es zum neuen Buch

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