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Zynische Kriegspropaganda: Kiew verspricht russischen Deserteuren „Asyl in Deutschland“ – doch Bundesregierung dementiert

Published On: 17. März 2023 9:00

„Ich will leben“ ist ein staatliches Projekt der ukrainischen „Koordinierungsstelle zur Behandlung von Kriegsgefangenen“ in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium und der „Hauptdirektion der ukrainischen Nachrichtendienste“. Erklärtes Ziel ist es, russische und belarussische Soldaten zur Fahnenflucht zu bewegen. Als besonderer Anreiz wird versprochen, dass diejenigen, die desertieren, in Deutschland Asyl beantragen können. Diese Information wurde auch von US-Propagandaportalen wie Radio Free Europe/Radio Liberty verbreitet. Doch eine Anfrage, ob dies tatsächlich zutrifft, hat die Bundesregierung jetzt ausdrücklich verneint. Von Florian Warweg.

„Trifft es zu, dass russische Deserteure über das ukrainische staatliche Projekt „Choču žit’“ – „Ich will leben“ – (siehe dazu das Interview mit dem Sprecher des Projekts) die Möglichkeit haben, aus der Gefangenschaft in der Ukraine Asyl in Deutschland zu beantragen, und welche anderen ähnlichen oder vergleichbaren Programme sind der Bundesregierung bekannt, über die russische Deserteure aus der Gefangenschaft in der Ukraine Asyl in den Staaten der Europäischen Union, unter anderem Deutschland, beantragen können?“

So die Frage des Bundestagsabgeordneten und europapolitischen Sprechers der Fraktion DIE LINKE, Andrej Hunko, am 15. März an die Bundesregierung. Die unmissverständliche Antwort lautete:

„Nein. Der Bundesregierung sind auch keine anderen ähnlichen oder vergleichbaren Programme im Sinne der Fragestellung bekannt.“

Diese Antwort hat es in sich. Denn sowohl auf der offiziellen Seite von „Ich will leben“ als auch in Interviews von Vitaly Matvienko, dem Sprecher des Projektes, mit westlich finanzierten Medienportalen wird öffentlich versprochen, dass Deserteure der russischen und belarussischen Streitkräfte Asyl in Deutschland beantragen können. So erklärte Matvienko beispielsweise gegenüber dem vom US-Kongress finanzierten russischsprachigen TV-Sender „Current Time“ (ein Gemeinschaftsprojekt von Radio Free Europe/Radio Liberty sowie Voice of Amercia):

„Eine Person, die sich (freiwillig) ergeben hat, kann in Deutschland und den Niederlanden Asyl beantragen. Vertreter dieser Länder haben zuvor gesagt, dass sie bereit sind, solche Kriegsgefangenen aufzunehmen.“

Auf der offiziellen Projekt-Website heißt es in diesem Zusammenhang ebenso eindeutig: „Im Rahmen des Projekts garantieren wir: Möglichkeit, in der Ukraine oder anderen europäischen Ländern Asyl zu beantragen.“ (Punkt 5)

Fazit

Die Antwort der Bundesregierung straft die Versprechen Kiews Lügen. Entgegen der Behauptung des Projektes trifft es weder zu, dass russische Deserteure aus der Gefangenschaft in der Ukraine heraus Asyl in Deutschland beantragen können, noch sind der Bundesregierung solche Asyl-Angebote von anderen EU-Staaten bekannt. Das heißt im Umkehrschluss, dass die ukrainische Seite hier ein ganz zynisches Spiel mit russischen Soldaten treibt, die sich mit dem Gedanken tragen zu desertieren. Gleichzeitig könnte man einwenden, dass angesichts von zahlreich kursierenden Videos, die zum großen Teil mittlerweile als verifiziert gelten und aufzeigen, wie russische Kriegsgefangene von ukrainischen Soldaten erschossen werden, die Motivation russischer Soldaten, auf die ukrainische Seite zu wechseln, sowieso recht überschaubar sein dürfte. In Folge wird auch der Projekttitel „Ich will leben“ von der Zielgruppe wohl eher sarkastisch interpretiert werden.

Angefragt von den NachDenkSeiten, wie er das Projekt und die Antwort der Bundesregierung bewertet, erklärte Andrej Hunko, Initiator der Frage und europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:

„Die Idee des Projekts an sich halte ich für sinnvoll. Leider erweist sich das Angebot der ukrainischen Seite an russische Deserteure, aus der ukrainischen Gefangenschaft Asyl in Deutschland oder anderen EU-Staaten zu bekommen, offensichtlich als Fake. Man weckt mit solchen Versprechen bei russischen Kriegsunwilligen falsche Erwartungen. Solche Angebote müssen aber echt sein. Deswegen muss die Bundesregierung endlich reale Sonderaufnahmeprogramme für Kriegsgegner aus Russland und der Ukraine auflegen.“

Titelbild: shutterstock / Bartolomiej Pietrzyk

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