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Mathe in NRW: «Geschlechtersensible Bildung» und «Werteerziehung» anstatt Rechnen

Published On: 20. März 2023 0:04

Veröffentlicht am 20. März 2023 von KD.

Die Indoktrination deutscher Schüler nimmt beängstigende Ausmasse an – und das Bildungsniveau nimmt derweil stetig ab: Es ist kaum zu glauben, doch die «woke» und angeblich «grüne» Bewegung macht auch vor der Mathematik nicht halt. Das zeigt der Entwurf des neuen Kernlehrplans des Landes Nordrhein-Westfalen für dieses Fach in der Sekundarstufe II an Gymnasien und Gesamtschulen.

Neben den Fachkompetenzen will man in NRW in Mathematik künftig «die Entwicklung einer mündigen und sozial verantwortlichen Persönlichkeit» fördern und «weitere Beiträge zu fachübergreifenden Querschnittsaufgaben in Schule und Unterricht» leisten. Dazu zählen:

  • Menschenrechtsbildung
  • Werteerziehung
  • Politische Bildung und Demokratieerziehung
  • Bildung für die digitale Welt und Medienbildung
  • Bildung für nachhaltige Entwicklung
  • Geschlechtersensible Bildung
  • Kulturelle und interkulturelle Bildung

Das sind auf den ersten Blick hehre Ziele, doch was sie wirklich bedeuten, ist klar: Unter anderem Cancel Culture, Gendern, Warnungen vor «Fake News» in alternativen Medien und Fokussierung auf CO2-Emissionen was die Nachhaltigkeit betrifft.

Transition News hat das Schulministerium von NRW gefragt, was diese Kompetenzen zu Fachkenntnissen in Mathematik beitragen und ob Naturwissenschaften nicht ideologiefrei sein sollten. Das Ministerium teilte mit:

«Die gymnasiale Oberstufe zielt auf den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife ab, die ein Studium an einer Universität in allen Fächern ermöglicht. Daher sind in allen Fächern und in allen fachlichen Zusammenhängen, auch in Mathematik und in den Naturwissenschaften, die wissenschaftlichen Arbeitsweisen in der gymnasialen Oberstufe exemplarisch zu vermitteln. Die Fächer der Schulen bilden nicht die wissenschaftlichen Disziplinen der Universitäten ab.»

Der Mathematiker und Hochschullehrer an der Universität Paderborn, Prof. Dr. Bernhard Krötz, kritisierte den Kernlehrplan in einem Video scharf. Transition News hat ihn mit dieser Antwort konfrontiert. Er meint dazu:

«Diese Klientel unterscheidet artifiziell zwischen Schulmathematik und Hochschulmathematik und kreiert einen Unterschied, den es so gar nicht gibt. Eine Analogie: Fussball ist Fussball. Dasselbe für den Knirps in der F-Jugend wie für den Bundesligaspieler. Diesen Unterschied gab es früher nicht und die Lehrpläne waren propädeutisch ausgerichtet. In NRW hat man sich bewusst davon verabschiedet.»

Weiter lässt das Schulministerium von NRW wissen, dass im Mathematikunterricht neben der Aneignung von Fachkenntnissen das Lernen in Problemkontexten im Mittelpunkt stehe. Dies, «weil sich bei den Schülerinnen und Schülern die allgemeinen mathematischen Kompetenzen wie Modellieren, Problemlösen und Argumentieren nur in der aktiven Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten ausbilden können».

Der Erwerb von prozess- und inhaltsbezogenen Kompetenzen sei somit untrennbar miteinander verknüpft, so das Schulministerium. Hierzu zähle insbesondere auch «die Kompetenz des problemlösenden Arbeitens in innermathematischen und realitätsnahen Kontexten». Das Schulministerium weiter:

«Daher sollte im Unterricht auf eine Vernetzung der fachlichen Gegenstände untereinander ebenso geachtet werden wie auf eine Vernetzung mit anderen Fächern. Dabei haben Aufgaben mit Anwendungen aus der Lebenswelt die gleiche Wichtigkeit und Wertigkeit wie innermathematische Aufgaben.»

Krötz hält das für «hohles Gerede». Er verweist dabei auf die Brandbriefe seiner Kollegen und erklärt:

«Die Kompetenzorientierung an der Schule ist gescheitert.»

Das Schulministerium ist der Ansicht, dass mit dem Kernlehrplan «die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz für die Allgemeine Hochschulreife und die Anforderungen des ländergemeinsamen Abituraufgabenpools in NRW konsequent und verbindlich umgesetzt» werden.

Auch damit ist Krötz nicht einverstanden: Er nennt es «eine glatte Lüge» und erläutert:

«Das NRW-Abitur zertifiziert nicht mehr. Und zwar nicht nur in den MINT-Fächern, sondern auch in den Wirtschaftswissenschaften (siehe auch die Zuschauerbriefe). Die Durchfallquoten lagen hier in Paderborn bei den letzten Klausuren – und die wurden von all meinen Fachkollegen als fair und gut gemacht beurteilt – zwischen 80 und 90 Prozent. Wie löst der Qualitätsmanager der Uni das Problem? Personal austauschen und Niveauabsenkung. Stichwort: Kundenorientierung (Bertelsmann-Neusprech).»

Doch wie steht es mit der Fachkompetenz deutscher Schüler in Mathematik? Um das zu beurteilen, hat Krötz den Entwurf des Kernlehrplans von NRW mit einer indischen Aufnahmeprüfung verglichen. Der Mathematiker geht einen Teil des indischen Tests detailliert durch und hält zusammenfassend fest:

«Was die Mathematik betrifft, so muss die Infinitesimalrechnung in einer Variablen vollständig da sein, inklusive der trigonometrischen Funktion, ihrer Umkehrfunktion, ihren Ableitungen und Additionstheorien. Komplexe Zahlen und auch gewöhnliche Differenzialgleichungen werden abgefragt, zwar nicht in diesem Test aber in anderen, die ich eingesehen habe. In der Physik nimmt es sich nicht viel anders aus: In den Grundbereichen Mechanik, Elektrizitätslehre, Optik und Thermodynamik müssen Kenntnisse etwa im Umfang der Anfängervorlesungen Experimentalphysik an einer deutschen Universität bereits vor dem Studium vorhanden sein. In der Chemie ist es natürlich auch nicht anders.

Ich glaube hier verbietet sich aus Anstand der Abgleich mit unseren deutschen Abiturienten. Wir reden jetzt hier nicht von Prozent- oder Promillezahlen von unseren deutschen Abiturienten, die diesen Test bestehen könnten, sondern wir reden hier in ppm, parts per million.»

Krötz hat den Test einem seiner Kollegen an der Universität Paderborn gezeigt. Seine Antwort:

«Wow, dann könnten wir hier dicht machen.»

Der Mathematikprofessor glaubt auch nicht, dass die Studenten in den Kaderschmieden in Aachen oder München nach dem zweiten Studienjahr besonders erfolgreich bei diesen Tests abschneiden würden.

Weiter interessant: Niemand reicht in Indien weniger als 15 Prozent korrekte Antworten ein. Das bedeutet laut Krötz, dass diese Studenten mit etwas mehr Zeit zumindest ein Drittel dieses Tests bestehen könnten, bevor sie überhaupt in eine Universität einsteigen. Das ergebe somit 400’000 «eigentlich gut ausgebildete Anfänger». Auf Deutschland runtergebrochen seien das 20’000 «richtig gute Anfängerstudenten im Ingenieursbereich». Der Mathematiker dazu:

«Davon können wir hier nur träumen.»

Zum neuen Kernlehrplan von NRW meint Krötz beispielweise:

«Es beginnt mit Aufgaben zum natürlichen Logarithmus, die in etwa so anspruchsvoll sind, wie diese Karikatur [im Lehrplan] albern ist. Dafür werden Sie im asiatischen Raum nur belächelt und bekommen Kommentare wie ‹this is not good›.»

Die Ziele wie «Menschenrechtsbildung», «Werteerziehung» und «geschlechtersensible Bildung» hätten bei Mitarbeitern von Krötz «sehr drastische» Reaktionen ausgelöst: Die Macher hätten «jeden Commonsense verloren».

Der Mathematiker rät NRW:

«Naturwissenschaften hat etwas mit Inhalten zu tun, und ich glaube, dieses Bundesland wäre ganz gut beraten, wenn sie beim Entwurf dieser Dokumente diejenigen zu Rate ziehen, die inhaltlich etwas von dem Fach verstehen. Denn das tun sie gerade nicht. Sie ziehen diejenigen zu Rate, die folgende Diagramme entwerfen:»


Quelle: Kernlehrplan für die Sekundarstufe II Gymnasium / Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen, 23.01.2023

Krötz stellt empört fest:

«Über was reden wir denn hier? Was ist denn die Realität? Wollen wir doch erstmal über Fähigkeiten reden, Fähigkeiten von Studieranfängern an einer Regionaluniversität in Nordrhein-Westfalen. Wie schaut es denn da aus? Unsere Anfänger können nicht gut bruchrechnen, vielleicht gar nicht; Termumformungen: ganz schlecht; von Sinus und Kosinus brauchen wir gar nicht reden. Viele von denen sind mathematisch Analphabeten. Sie sind selbst mit Brückenkursen nicht studierfähig für ein mathematikaffines Fach, und wir sollen mit diesen Leuten arbeiten. Liebes Schulministerium, ist das vielleicht nicht ein bisschen viel, aber erwartet? (…) An Inhalten habe ich da nahezu nichts gefunden und nichts, was in diesem Dokument steht, wird Ihnen helfen, auch nur eine Aufgabe in so einem [indischen] JEE Exam zu bearbeiten.»

Zum Vergleich des Mathematiklehrers mit dem indischen JEE-Test hiess es aus dem Schulministerium gegenüber Transition News:

«In dem in Rede stehenden indischen Test JEE werden in vielen Bereichen Kenntnisse abgeprüft, die erst in einem Hochschulstudium vermittelt werden. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Vergleich des JEE-Advanced mit dem Entwurf des neuen Kernlehrplanentwurfs Mathematik für die gymnasiale Oberstufe unangemessen.»

Krötz erwidert, dass es darum gehe, wonach man sich ausrichte. In NRW richte man sich eben anders aus:

«Der Internetauftritt des Schulministeriums gleicht dem vom Biene-Maja-Klub und man verirrt sich in der Hoffnung, dass KI nun endlich alle Probleme lösen wird. Ernst nehmen kann man die derzeit nicht.»

Das Schulministerium beanstandet, dass in dem Video des Mathematikers eine Fassung des Kernlehrplanentwurfs gezeigt wird, die in weiten Teilen nicht der veröffentlichten Fassung entspreche. Insbesondere würden Übungsaufgaben zum Logarithmus gezeigt, die im veröffentlichten Entwurf nicht enthalten sind. Es sei nicht nachvollziehbar, woher diese Inhalte stammen.

Krötz erklärte gegenüber Transition News, dass es sich um einen Entwurf handle, der ihm so von einem Schulbuchautor zugespielt worden sei. Die Quelle sei absolut seriös und diese Version sei definitiv zirkuliert.

Der Mathematiker hatte das Schulministerium übrigens angeschrieben, doch sein Brief sei ignoriert worden.

Abschliessend analysiert Krötz in seinem Video zwei weitere Prüfungen. Die erste ist die nationale Aufnahmeprüfung im Fach Mathematik in China aus dem Jahr 2011 und die zweite ist die Realabschlussprüfung aus Baden-Württemberg im Jahr 1971.

Auch die Chinesen würden «was verlangen», nicht nur die Inder, wobei der Test aus weniger Fragen bestehe und nicht so «brutal» sei, so der Mathematiker. Er findet hier ebenfalls Aufgaben, die für deutsche Studenten zu komplex sind. Allerdings ist er der Ansicht, dass sie das zu «seiner Zeit» in den 90er Jahren beim Abitur-Leistungskurs in Bayern mit etwas Vorbereitungszeit «geknackt hätten».

Und da sind wir beim Rückgang des Bildungsniveaus in Deutschland. Denn gemäss Krötz zeigt die Realschulaufgabe aus dem Jahr 1971, «wie effizient und gut unser Bildungssystem war». Der Mathematiker weiter:

«Ein Standardabiturient könnte diese Realschulabschlussprüfung überhaupt nicht bestehen. Keine Chance.»

Krötz hat vor kurzem auch Prüfungen von deutschen Realschullehrern an der Uni eingesehen und kommt zum Schluss:

«Es ist nahezu ausgeschlossen, dass sie diese Prüfung bestehen könnten. (…) Im besten Falle würden fünf Prozent unserer derzeitigen angehenden Realschullehrer, wenn ich denen diese Prüfung blank auf die Hand geben könnte, sie bestehen.»

Dass die verheerenden Defizite schon früh beginnen, stellte die deutsche Kultusministerkonferenz erst letzten Sommer in einer Studie fest. Darin wurden Fähigkeiten der Viertklässler in Mathematik und Rechtschreibung untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass sich diese in den letzten zehn Jahren noch einmal massiv verschlechtert haben. Das Nachrichtenportal Ansage! kommentiert:

«Anstatt zunächst einmal hier anzusetzen, entwerfen Bildungsbürokraten neuartige Unterrichtskonzepte aus dem hyperprogressiv-grünideologischen Wolkenkuckucksheim, die nicht nur völlig fachfremd sind, sondern eine weitere dogmatische Gehirnwäsche der Schüler vorsehen – und das zunehmend auch in den (ihrem ganzen Wesen nach gänzlich unpolitischen, weltanschaulich neutralen) Naturwissenschaften.»

Zumindest sei man in NRW noch nicht so weit wie im «Mutterland des Wokismus», den USA, oder in Grossbritannien, so die Ansage!. Denn dort spricht man schon von «rassistischer» und «kolonialistischer» Mathematik. Diese Wissenschaft sei ein Inbegriff und Ausdruck einer «weissen Vorherrschaft». Das geht sogar so weit, dass etwa bei Rechenaufgaben nicht mehr die richtige Lösung gefragt ist, um Schwarze, welche die Lösung nicht wissen, nicht zu «diskriminieren».

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