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Klima first? Es gibt auch andere Prioritäten

Published On: 24. März 2023 14:00

Nur auf den ersten Blick dient das „Inflationsreduzierungsgesetz“ (IRA) der USA dem Klimaschutz. Man sollte dessen Kernpunkte unserem aktuellen Kanzler in sein sozialdemokratisches Textbuch schreiben. Ganz zu schweigen von unseren „Weltenrettern“ von Bündnis 90/Die Grünen.

Das IRA (Infaltion Reduction Act) ist ziemlich umfangreich und dadurch unübersichtlich. Das „Weiße Haus“ hat deshalb eigens einen Führer herausgebracht, der die Orientierung erleichtern soll. In fetten Lettern steht dort geschrieben: 

Das Engagement des Inflationsreduktionsgesetzes für Gerechtigkeit, Umweltgerechtigkeit und arbeitende Familien, in Programmen für saubere Energie und Klima.

Bester „Sozensprech“. Vielleicht notwendig für die eigene Klientel? Um zu verstehen, wie Amerika wirklich tickt, werden die dortigen Definitionen hier wiedergegeben. Man sollte diese fünf vorangestellten Punkte vielleicht mal unserem aktuellen Kanzler in sein sozialdemokratisches Textbuch schreiben. Ganz zu schweigen von unseren „Weltenrettern“ von Bündnis 90/Die Grünen. Es gibt offensichtlich noch etwas anderes als „Klimarettung“ bzw. die Rückkopplung von Energiepolitik auf die gesamte Gesellschaft und deren erarbeiteten Wohlstand.

  • „Arbeitende Familien“: Das Inflationsreduktionsgesetz wird nicht nur Millionen von Arbeitsplätzen schaffen – es wird gut bezahlte, qualitativ hochwertige Arbeitsplätze schaffen, die den arbeitenden Familien einen Weg in die Mittelschicht bieten, auch für Arbeitnehmer, die in der Vergangenheit in der Bau- und Fertigungsindustrie unterrepräsentiert waren. Viele der Steuerbestimmungen für saubere Energie bieten Bonusgutschriften für Projekte, die den „üblichen Lohn“ zahlen oder registrierte Auszubildende verwenden. Mehrere Bestimmungen bieten Bonusgutschriften für Projekte, die bestimmte inländische Inhaltsanforderungen für Stahl, Eisen oder andere hergestellte Produkte erfüllen, was einen Anreiz schafft, sich auf die amerikanische Produktionsbasis und amerikanische Arbeitskräfte zu verlassen. Darüber hinaus werden die historischen Investitionen des Inflationsreduktionsgesetzes in saubere Energie enorme Möglichkeiten für kleine Unternehmen, einschließlich Unternehmen im Besitz von Minderheiten und Frauen, schaffen, Wohlstand aufzubauen und familienerhaltende Arbeitsplätze zu schaffen.
     
  • Umweltgerechtigkeit: Viel zu lange haben viele Gemeinden in den Vereinigten Staaten die Hauptlast der toxischen Verschmutzung getragen, Unterinvestitionen in kritische Infrastrukturen erlitten und überproportional unter den Auswirkungen des Klimawandels gelitten. Das Inflationsreduktionsgesetz beschleunigt Präsident Bidens Justice40-Initiative, die sich verpflichtet, 40 Prozent der Gesamtvorteile von Investitionen in Klima und saubere Energie für benachteiligte Gemeinschaften, einschließlich Gemeinden mit „Umweltgerechtigkeitsbedenken“, bereitzustellen. Das Gesetz sieht gezielte Investitionen vor, um die lokale Verschmutzung durch Hafenbetriebe, schwere Lastwagen und Verkehrsinfrastruktur zu reduzieren – Verschmutzungsquellen, die zu einer höheren Inzidenz von Asthma und anderen Gesundheitsbelastungen in einkommensschwachen Gemeinden und farbigen Gemeinschaften geführt haben. Das Gesetz unterstützt direkt Gemeinden, die daran arbeiten, lokale Verschmutzungsprobleme anzugehen, indem es ein neues 3-Milliarden-Dollar-Zuschussprogramm für Umweltgerechtigkeit für kommunale Organisationen und ihre Partner schafft.
  • Stämme: Einheimische Gemeinschaften leiden seit langem unter Unterinvestitionen und tragen zu schlechten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Ergebnissen im indianischen Land bei. Das Inflationsreduktionsgesetz ergänzt historische Investitionen in den American Rescue Plan und das überparteiliche Infrastrukturgesetz in Stammesgemeinschaften. Das Inflationsminderungsgesetz sieht 75 Millionen Dollar vor, um bis zu 20 Milliarden Dollar an Darlehen zur Unterstützung von Stammesinvestitionen in energiebezogene Projekte und 150 Millionen Dollar zur Elektrifizierung von Stammeshäusern mit sauberer Energie zu garantieren. Es verwendet auch 225 Millionen Dollar für die Klimaresilienz von Stämmen, die die Unterstützung für gemeinschaftsbedingte Umzüge für Stämme umfassen kann, die von den Auswirkungen des Klimawandels bedroht sind. Stämme haben Anspruch auf die meisten Steueranreize für saubere Energie im Gesetz und viele der anderen Finanzierungsprogramme, wie in diesem Leitfaden beschrieben, und werden von der Justice40-Initiative des Präsidenten profitieren.
     
  • Energiegemeinden: Das Inflationsreduzierungsgesetz bietet gezielte Unterstützung für Energiegemeinden, die Bereiche umfassen, in denen ein Kohlebergwerk oder ein Kohlekraftwerk geschlossen wurde oder die wirtschaftlich auf die Gewinnung, Verarbeitung, den Transport oder die Lagerung von Kohle, Öl oder Erdgas angewiesen waren, aber jetzt mit einer überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit konfrontiert sind. Dies sind Gemeinden, die Amerikas Wirtschaftswachstum untermauern und dieses Land seit Jahrzehnten ankurbeln. Um sicherzustellen, dass diese Gemeinden in die saubere Energiewirtschaft mitgenommen werden, bieten die Produktions- und Investitionssteuergutschriften des Inflationsbekämpfungsgesetzes für sauberen Strom Bonusgutschriften für Projekte in einer Energiegemeinde. Das Gesetz schafft auch ein neues Energieinfrastruktur-Reinvestitionsfinanzierungsprogramm im Energieministerium, das Darlehen für Projekte garantiert, die die Energieinfrastruktur umrüsten, repowern, wiederverwenden oder ersetzen, die ihren Betrieb eingestellt haben – wie z.B. ein Kohlekraftwerk – oder die es dem Betrieb der Energieinfrastruktur ermöglichen, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
     
  • Ländliches Amerika: Das ländliche Amerika wird von den Investitionen des Inflationsreduktionsgesetzes in Energiegemeinden, Gemeinden mit Bedenken hinsichtlich der Umweltgerechtigkeit, Stämme und Arbeiterfamilien profitieren, wie oben beschrieben. Aber das Inflationsreduktionsgesetz tätigt auch gezielte, maßgeschneiderte Investitionen in das ländliche Amerika, um die Stromversorgung in ländlichen Gebieten zu verbessern, den Zugang zu erschwinglicher sauberer Energie zu erweitern, klimaintelligente Landwirtschafts- und Forstpraktiken voranzutreiben und landwirtschaftsbasierte Biokraftstoffe zu unterstützen. Das Gesetz erkennt an, dass Landwirte und Viehzüchter ein wesentlicher Bestandteil der Klimalösung sind, und unterstützt Naturschutzprojekte, die den Bodenkohlenstoff direkt verbessern oder Treibhausgase aus der landwirtschaftlichen Produktion reduzieren, einfangen, vermeiden oder sequestrieren. Das Inflationsreduktionsgesetz bietet auch finanzielle Unterstützung für Landwirte und Viehzüchter, einschließlich derjenigen, die von der COVID-19-Pandemie und klimabedingten Naturkatastrophen betroffen sind, wie die extreme Dürre, die einen Großteil der westlichen Vereinigten Staaten plagt.

Liest man diese Punkte, sieht man viel Industrie- und Sozialpolitik. Der „Klimaschutz“ ist lediglich ein Vehikel, um die eigene Politik besser verkaufen zu können (anstehende Wahlen). Wahrscheinlich taucht deshalb das Wort Klima nicht einmal in der Überschrift des Gesetzes auf. Ein Gesetz, das für jeden etwas bieten soll, je nach persönlicher Präferenz.

Wind und Sonne

Die Vergütungen sind stapelbar, das heißt es gibt erst Gutschriften bei der Herstellung der Anlagen in den USA und anschließend für die laufende Stromproduktion. Dadurch wird erwartet, dass die Strompreise bei Wind und Sonne zu den weltweit niedrigsten gehören werden (geschätzt unter 5 USD/MWh in 2029). Die Herstellung soll sich so ankurbeln, dass die USA zu einem Exporteur von Wind- und Solaranlagen werden. Dies ist gegen China gerichtet und soll deren Führung auf dem Weltmarkt verhindern. Man schätzt die Kosten mit Subventionen für die Herstellung auf 20–40 Prozent bei Sonnenkollektoren und unter 50 Prozent bei Windmühlen bezogen auf heutige Herstellungskosten in den USA. Es wird erwartet, dass die extrem niedrigen Preise für „Grünstrom“ sich über die Produktion von „Grünem Wasserstoff“ positiv auf die gesamte Industrie auswirken. Man will ganz offensichtlich von den Schwierigkeiten beim Netzausbau (hohe Investitionen gegenüber einer konventionellen Versorgung) und den Schwierigkeiten beim Betrieb (Flatterstrom) durch Wasserstoff loskommen. Auch hier – gegenüber Deutschland – ein etwas anderer Ansatz.

Wasserstoff

Durch die Vergütungen für die Herstellung von „Blauem Wasserstoff“ (aus Erdgas, aber mit CO2-Abscheidung) erwartet man einen in etwa gleichen Preis wie bei der Herstellung von „Grauem Wasserstoff“ (auch aus Erdgas, aber das CO2 geht durch den Schornstein). Durch diesen Anschub sollen sich 22 Wasserstoffhubs in den USA bilden, in die unterschiedlicher Wasserstoff eingespeist werden kann (auch aus Wind, Sonne und Kernenergie) und von Verbrauchern (Chemie, Raffinerien, Verkehr etc.) entnommen werden kann. Parallel kann das abgeschiedene CO2 eingelagert oder genutzt werden, etwa für die Ölförderung.

Transport

Für Elektro-PKW wird ein eher moderates Wachstum erwartet. Für Elektro-LKW soll weiterhin ein Zuschuss von 40.000 USD/LKW gelten. Damit sollen die Kosten für den Betreiber im Nahverkehr unterhalb eines Dieselfahrzeugs liegen. Alles läuft auf die Ankurbelung der Batterieproduktion hinaus (Fahrzeuge und stationär), um den Marktanteil der Chinesen zu brechen. Deshalb werden Vergütungen nur für in den USA produzierte Rohstoffe und Batterien gewährt. Das hat eine starke protektionistische Komponente. Ist aber eine deutliche Antwort auf Chinas Feldzüge mit Dumping (Verkauf auf dem Weltmarkt unter Gestehungskosten – auch in China werden Löhne gezahlt und müssen Rohstoffe gekauft werden). Die Frage wird sein, wie lange die beiden das praktizieren und wie sich der Rest der Welt dazu stellt (z.B. Einfuhrzölle).

Batterien

Bloomberg schätzt, dass die Batterieproduktion in den USA auf 600 GWh pro Jahr im Jahr 2030 ansteigt. Das wäre eine Versechsfachung gegenüber heute. Die größte Schwierigkeit sieht man bei der inländischen Rohstoffversorgung (Minen und Verfahrenstechnik). Die Zuschüsse von 7.500 USD pro Fahrzeug gibt es nur, wenn Batterie und Rohstoffe aus den USA stammen. Manch ein Hersteller will lieber (mittelfristig) darauf verzichten, da die Umstellung in so kurzer Zeit illusorisch erscheint. Es gibt deshalb schon Pläne, die Subventionen auf Länder, mit denen die USA ein Freihandelsabkommen haben, auszudehnen.

Bauindustrie

Sie kann nur indirekt über geförderte Materialien und Produkte (Wärmepumpen, Klimaanlagen) sowie geringere Stromkosten profitieren. Daran erkennt man, dass es sich beim IRA um Industriepolitik und weniger „Klimapolitik“ handelt. Stellt doch der Sektor Gebäude einen erheblichen Anteil am Primärenergieverbrauch.

Öl und Gasindustrie

Auch sie hat nur indirekt Vorteile. Hauptsächlich durch CCUS (carbon capture, utilization, and storage). Das abgeschiedene CO2 wird die Ölförderung weiter ankurbeln und der „kostengünstigere“ (?) Wasserstoff die Veredelung (Entschwefelung etc.) begünstigen. Das alles ficht diese Industrie aber ohnehin nicht an, da durch den steigenden Weltenergiebedarf das Ventil Export weiter voll geöffnet bleibt. Auch hier sieht man, dass es weit weniger um „Klimapolitik“ geht, als es aus „grüner Sicht“ den Anschein hat.

Sektorale Verteilung

Das Congressional Budget Office (CBO) geht von Ausgaben in Höhe von 400 Milliarden USD über die nächsten zehn Jahre aus. Es ist zwangsläufig eine Schätzung, da es sich nicht um Haushaltsmittel, sondern Steuererstattungen handelt. Der größte Brocken (rund 42 Prozent) soll auf den Elektrizitätssektor entfallen. Lediglich je 9 Prozent sollen auf den Verkehrs- und Produktionssektor entfallen. Allerdings sollen die öffentlichen „Klima-Ausgaben“ in dieser Dekade auf geschätzt 70 Milliarden USD pro Jahr steigen. Bisher lagen sie unter 20 Milliarden USD pro Jahr. Ziel ist es, die CO2-Emissionen im Jahr 2030 um 40 Prozent gegenüber 2020 zu senken. Damit sollen die USA weltweit ein führender Hersteller für Produkte der „Klimatechnik“ werden. Um welche Größenordnung es geht, zeigt der geschätzte Zubau an Windenergie von 130 GW (davon 30 GW nur „Grüner Wasserstoff“) und 370 GW Solar (davon 55 GW nur „Grüner Wasserstoff“). Es sollen damit über 6 Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr hergestellt werden.

Die Bedeutung der Produktion

In Deutschland träumt man noch von der Deindustrialisierung: Biobauern, irgendwas mit Medien und natürlich viel Sozialindustrie. Wer das alles finanzieren soll? Na, die „Reichen“. Sowohl in GB (Finanzzentrum London) als auch in den USA (Importe und Abhängigkeit von China) hat man sich schon ein blaues Auge zugezogen. Deshalb will man über 500 Milliarden Investitionen in der Industrie und weitere 100 Milliarden in der Verfahrenstechnik bis 2030 anschieben. Diese Investitionen erscheinen notwendig, um beispielsweise allein die geplant fast 600 Milliarden Investitionen im Stromsektor überhaupt verbauen zu können. Hier ist offensichtlich keine Rede mehr von „Grenzen des Wachstums“, „Letzte Generation“, „Fachkräftemangel“ und sonstigem Aberglauben. Die USA wollen einfach weiterwachsen und mehr Wohlstand erschaffen. Wenn Europa zurück ins Biedermeier will, sollen sie doch…

Die Startbedingungen

Die USA verfügen bereits über ein Netzwerk an CO2-Pipelines von etwa 8.000 km Länge (85 Prozent der Welt) und rund 2.500 km H2-Pipelines (57 Prozent der Welt). Es ist also in jeder Beziehung sehr viel praktische Erfahrung vorhanden. Hinzu kommen noch über 500.000 km Fern- und Sammelleitungen für Erdgas sowie über 3 Millionen Kilometer zur Verteilung. Viele Kilometer ließen sich davon mit geringen Kosten umnutzen.

Die USA haben weltweit das mit Abstand größte Potenzial für die Endlagerung von CO2. Sie verfügen über eine geologische Kapazität von 8.000 Milliarden Tonnen. Das reicht theoretisch aus, um 2.000-mal ihre CO2-Emissionen des Jahres 2020 einzulagern. Demgegenüber hat China nur ein geologisches Potenzial von der 50-fachen jährlichen Freisetzung. Die Welt will (erst mal) Erdgas und dann Wasserstoff? Kann kurzfristig geliefert werden, sofern genug Geld auf den Tisch gelegt wird. Darüber hinaus sind bereits vier Kavernen in Salzstöcken am Golf von Mexiko zur Speicherung von Wasserstoff in Betrieb. Deshalb mal ganz vorsichtig, wenn schon wieder über Strafzölle für nicht „klimaneutrale“ Produkte in Brüssel und Berlin schwadroniert wird.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors nuke-klaus.

Teil 1 finden Sie hier.

Dr. Klaus-Dieter Humpich studierte Maschinenbau und Energie- und Verfahrenstechnik mit Schwerpunkt Kerntechnik, bevor er zehn Jahre am Institut für Kerntechnik in der Technischen Universität Berlin arbeitete. Seit 20 Jahren ist er freiberuflich im Bereich Energietechnik tätig.

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