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Der Iran fordert ein Ende der Polizeigewalt in Frankreich

Published On: 27. März 2023 13:00

Die Proteste gegen Macrons Rentenreform eskalieren, aber im Westen wird die explodierende Polizeigewalt nicht kritisiert. Daher zeige ich hier, wie in Russland über die Gewaltexzesse in Frankreich berichtet wird.

Nachdem Präsident Macron seine Rentenreform ohne Abstimmung im Parlament durchgedrückt hat – so „demokratisch“ kann der Präsident in Frankreich Gesetze erlassen – ist die Wut in Frankreich groß und Millionen Menschen protestieren gegen Macrons Regierung. Auch die schon sprichwörtliche französische Polizeigewalt, die noch aus den Zeiten der Gelbwesten in trauriger Erinnerung ist, ist wieder da. Im Westen, wo man Polizeigewalt in fremden Ländern gerne sogar dann kritisiert, wenn es gar keine Polizeigewalt gegeben hat, schweigt man dazu. Einzig der Iran hat bisher offiziell protestiert und ein Ende der polizeilichen Exzesse in Frankreich gefordert.

Die Lage in Frankreich war am Sonntag auch Thema im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens und ich habe den Korrespondentenbericht aus der Sendung übersetzt. Sollten Sie die Möglichkeit haben, sich den Bericht anzuschauen, empfehle ich das dringend, weil er zusammen mit den gezeigten Bildern besser verständlich ist. Zusammen mit meiner Übersetzung ist der Bericht auch ohne Russischkenntnisse verständlich.

Beginn der Übersetzung:

Granaten auf die Köpfe: Die Polizisten lassen ihre Wut an den Franzosen aus

Macron hat sich endlich entschlossen, sein erstes Interview zu geben – er wollte sich dem Volk wegen der unter Umgehung des Parlaments beschlossenen Rentenreform erklären. Was ist das eigentlich für eine Demokratie? Aber Macron sagte, er habe nicht vor, einen Rückzieher zu machen. Die Reform zur Erhöhung der für die volle Rente erforderlichen Lebensarbeitszeit von 43 Jahren wird fortgesetzt. Macron hat auch nicht vor, die Regierung zu entlassen.

Am nächsten Tag brachten die Gewerkschaften mehr als eine Million Demonstranten auf die Straße. Die Zusammenstöße mit der Polizei waren die heftigsten seit den Studentenunruhen von 1968, als Präsident De Gaulle gestürzt wurde. In Paris wuchsen Barrikaden und brannten Feuer. Die Lage war so schlimm, dass Macron den englischen König Charles III. angerufen und ihn gebeten hat, den geplanten viertägigen Besuch in Paris abzusagen. Tatsächlich ist das einst luxuriöse Paris nicht mehr wiederzuerkennen. Tonnen von nicht abgeholtem Müll und wuselnde Ratten in den Straßen der Stadt inspirierten den Sänger und Komponisten Pierre Perret zu dem scherzhaften Lied „Das zerstörte Paris“:

„Ach, Paris, in Schrecken versunken, wir wissen, wer dir das angetan hat.
Es sind all die schlauen Köpfe, die im Rathaus hocken und Pistazien kauen.
Ach, Paris, was ist mit dir geschehen – ein Orkan der Hässlichkeit ist über dich hinweggefegt.
Die Parkbänke und Springbrunnen haben noch nie so schrecklich ausgesehen.
Bei den Metrostationen Barbes, La Chapelle, Stalingrad besetzen Obdachlose die Häuser.
Dort spielen keine Kinder mehr und die Kindermädchen wurden durch Lumpensammler ersetzt.
Ja, Paris, die Stadt der Scheiße, nur die Ratten fühlen sich hier wohl.
Der große Charles de Gaulle wäre beim Anblick dieses Paris in Rage geraten – dieses zerstörte Paris.“

Aus Frankreich berichtet unsere Korrespondentin Anastasia Popova.

Es gibt Straßenschlachten mit dem Lärm von Blendgranaten und Feuerwerkskörpern, der wichtigsten und wirksamsten Waffe der aufständischen Jugend. Auf sie geht die Polizei als erstes los, wenn sie mit Anlauf in die Menge stürmt. Die demokratische Auflösung der französischen Proteste erfolgt mit Schlagstöcken und Tränengas. In wenigen Minuten wird dieser ganze Platz in Rauch gehüllt sein und die Menschen reagieren natürlich mit Steinen und Pflastersteinen – mit allem, was sie in die Finger bekommen.

Vor den brennenden Barrikaden wirken die schwarzen Schilde und Helme der Polizisten bösartig, und das aus gutem Grund. Wenn die Nacht über der Stadt hereinbricht, herrschen auf beiden Seiten Chaos und Gesetzlosigkeit. In allen größeren Städten des Landes brennen Barrikaden, in Bordeaux wurde das Rathaus angezündet, in Paris brennen die Müllberge so sehr, dass das Feuer fast auf ein Wohnhaus übergegriffen hätte. Die Bewohner mussten sich in aller Eile selbst evakuieren.

Die Polizisten gehen hart, ja sogar grausam vor. Hier wirft einer eine Blendgranate direkt an den Kopf eines Demonstranten, die dabei explodiert. Diese Frau, von der offensichtlich keine Gefahr ausgeht, rennt durch eine leere Gasse vor ihnen davon. Sie holen sie ein, spritzen ihr ausgiebig Pfefferspray ins Gesicht, schlagen ihr dann mit einem Schild ins Gesicht und stoßen sie abschließend in den Müll. Man das Gefühl, dass die Polizisten ihre Wut an zufällig vorbeikommenden Passanten auslassen.

Die Straßen der französischen Städte sind mit Glasscherben übersät und blutverschmiert. Eine explodierende Blendgranate hat einer Frau einen Finger abgerissen und ein Bahnarbeiter hat ein Auge verloren.

„Unser Aktivist, ein Eisenbahner mit 25 Jahren Berufserfahrung, wurde nach der Pariser Demonstration am Donnerstag verstümmelt und verlor sein Auge. Wir leisten unserem Kollegen, der derzeit im Krankenhaus liegt, große Unterstützung, wir sind wütend, das wird nicht ungestraft bleiben!“, erklärt Julien Trokkaz, der Sprecher der Eisenbahnergewerkschaft.

Die Wut über die Zusammenstöße führt in der Stadt Angers zu Schlägereien. Der Polizei wird auch vorgeworfen, aus Rache illegale Fallen zu stellen – sie blockiert absichtlich die Fluchtwege der Menschen und wirft Gasgranaten auf sie. Zwei Menschen wurden mit Vergiftungen in Krankenhäuser gebracht. Innenminister Gerald Darmanan verteidigt seine eigenen Leute, sie seien einfach müde. Er gibt die Zahl der verletzten Polizisten mit mehr als hundert an, etwa tausend Menschen wurden festgenommen, während gleichzeitig mehrere interne Ermittlungen gegen Polizisten eingeleitet wurden. Die Brutalität der Einsätze wurde vom Europarat, von Amnesty International und vom Iran verurteilt.

Die Gewerkschaften versichern, dass noch nie in den letzten 50 Jahren so viele Menschen auf die Straße gegangen sind, wie aus ihren Zahlen hervorgeht: 3,5 Millionen Menschen waren es an diesem Donnerstag. Das ist der neunte nationale Protest. Es hat sich aufgeheizt. Der gewohnte hohe Lebensstandard sinkt immer weiter. Man muss sparen und das Geld zählen, denn die Lebensmittelpreise steigen, die Zahl der Armen, die von Gratismahlzeiten leben, nimmt zu. Die Entscheidung, gewaltsam das Rentenalter um zwei Jahre anzuheben und die sozialen Ausnahmen abzuschaffen, ohne die Meinung des Parlaments und der Gesellschaft zu berücksichtigen, scheint die Geduld gesprengt zu haben. Zurückweichen können die Franzosen nicht, sie haben beschlossen, dass es Zeit ist, dass sich etwas ändert oder jemand ausgewechselt wird.

Spontane Proteste gibt es jeden Tag. Wegen der Blockade der größten Erdölraffinerien geht den Pariser Flughäfen das Kerosin aus und sein Auto zu betanken ist in verschiedenen Regionen des Landes bereits ein Problem. Die Regierung versucht, die Menschen zu zwingen, zur Arbeit zu gehen, und gibt die strategischen Treibstoffvorräte frei. Die Staatsbediensteten streiken.

Macron bleibt hart. In den Korridoren der französischen Regierung wird immer häufiger davon gesprochen, dass der Präsident durch seine Arroganz Gefahr läuft, selbst bei seinen Verbündeten isoliert zu werden. Er sagt den Besuch des britischen Königs ab, weil er nicht für die Sicherheit des Monarchen garantieren kann. Das Personal des Schlosses von Versailles, in dem das Abendessen stattfinden sollte, weigert sich, den roten Teppich auszulegen und die Würdenträger zu bewirten. Der Präsident zögert, ein Fußballspiel der Nationalmannschaft zu besuchen, bei dem das Stadion in der 49. Minute anfängt zu pfeifen, um gegen die Anwendung von Artikel 49 der Verfassung zu protestieren, der es erlaubt, Gesetze gewaltsam zu verabschieden, und Macrons Rücktritt zu fordern.

Die französische Presse schlägt vor, er solle jetzt, mit 45 Jahren, in Rente gehen. Immer häufiger werden historische Parallelen zum hingerichteten Ludwig XVI. gezogen und auf Macrons eigene Doppelmoral hingewiesen. Im August 2020 unterstützte Macron die Volksunruhen im Libanon. Aber wenn dasselbe zu Hause, in Frankreich, passiert, gibt es für ihn nur eine Option: mit Gewalt niederschlagen. Der französische Präsident sagt, es sei nicht Sache der Straße, über Reformen zu entscheiden, aber nach dem zu urteilen, was jetzt passiert, ist es die Straße, die den Ton bei diesen Protesten vorgibt.

Feuer, Ruß und Gestank, die Behörden der Region Ile-de-France bringen zusätzliche Feuerwehrbrigaden in die Hauptstadt. Aber die werfen ihre Schläuche weg und schließen sich den Demonstranten an. Kioske brennen, Schaufenster werden eingeschlagen, Baugerüste und Zäune werden zu Barrikaden umfunktioniert. Die Popularität des Präsidenten stürzt ab, für seine außenpolitische Agenda interessiert sich kaum noch jemand, und bisher gelingt es ihm nicht, die Unruhen gewaltsam niederzuschlagen. Aber andere Vorschläge hat er nicht.

Ende der Übersetzung


In meinem neuen Buch „„Putins Plan – Mit Europa und den USA endet die Welt nicht – Wie das westliche System gerade selbst zerstört ““ gehe ich der der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme – den wir gerade erleben – wirklich geht. Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wurden die Bürger im Westen gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen?

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