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“I see very black for you“

Published On: 29. März 2023 0:49

Sprache als zeitgeistlicher Setzkasten (Symbolbild:Pixabay)

Einer der beiden Heroen und Titanen der deutschen Klassik war Johann Wolfgang von Goethe. Er schuf nicht nur in Marmor gemeißelte Lyrik, Dramen und Prosatexte, nein, er veröffentlichte auch Unmengen von geistes- und naturwissenschaftlichen Sachtexten. Seine Farbenlehre und die richtungsweisende Entdeckung des menschlichen Zwischenkieferknochens zeugen von dieser Ebene seines Schaffens. Dazu kommen unter anderen auch viele polittheoretische Schriften und Schriften über Kommunikation und Sprache. In seinen posthum veröffentlichten “Maximen und Reflexionen“ finden wir folgenden Satz: “Die Gewalt einer Sprache ist nicht, daß sie das Fremde abweist, sondern daß sie es verschlingt.

In verschiedenen Epochen unserer Geschichte wurden verschiedene “Fremd”-sprachen betont und deren Beherrschung und Benutzung als “Bildung“ mißverstanden. Dies führte nach einiger verstrichener Zeit zu durchaus lustigen Stilblüten, bei denen sich Frau Historia den Bauch vor Lachen halten musste. Oftmals kennen wir die daraus entstandenen Wörter, aber nicht deren fremdsprachliche Herkunft. Johann Joachim Neumann (plattdeutsch Niemann oder Niegemann) folgte 1620 einer sprachlichen Mode und graezisierte seinen Namen in “Johann Joachim Neander“. Sein Enkel, Joachim Neander, wurde einer der ganz großen Kirchenlieddichter (“Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“). In Düsseldorf mündet ein kleiner Bach namens Düssel in den Rhein. Kurz vor Düsseldorf bildete dieser Bach eine romantische Klamm, die “Düsselklamm am Rabenstein“ im sogenannten Düsseltal. Als Joachim Neander Lehrer in Düsseldorf war, zog er sich gerne in diese romantische Klamm zurück, um dort zu dichten.

Von Düsseldorf zu Neandertal

150 Jahre nach seinem Tod beschloss der Rat der Stadt Düsseldorf, ihm zu Ehren, sein geliebtes Düsseltal in “Neandertal“ umzubenennen. Dreizehn Jahre nach der Umbenennung fand man bei umfangreichen Baumaßnahmen in diesem Tal die Knochen eines Urzeitmenschen. Man stelle sich vor, Joachim Neander wäre nie nach Düsseldorf gekommen, dann hieße der “Neandertaler“ von Anfang an “Düsseltaler“.
Jahre später wurde von der Führungsschicht als äußeres Zeichen von Weltoffenheit und Bildung das Französische als neue Modesprache auserkoren. Dies bereicherte unsere Sprache mit so wunderschönen Ausdrücken wie “Fisimatenten“ (während der Besetzung des Rheinlandes in Folge der Französischen Revolution sollen deutsche Mädchen von französischen Soldaten in ihre Zelte eingeladen worden seien: „Visitez ma tente! “ = “Besuche mein Zelt!”), “mutterseelenallein“ (“moi tout seul-allein“ = “Ich ganz alleine, allein”) “Muckefuck“ (“mocca faux“ = “falscher Kaffee”), “Koffer“ – und im Norddeutschen auch den “Deetz“ (für tête = Kopf)– wenn meine Großmutter sich gewählt ausdrücken wollte, sprach sie vom “Trottoir“ – nur für “gewöhnliche“ Menschen benutzte sie den “Bürgersteig“…

Und jetzt ist es halt das amerikanisch geprägte Englisch, was von der herrschenden Klasse und ihren Domestiken aus der Werbewirtschaft für Weltoffenheit und Bildung gehalten wird. Wir können uns entspannt zurücklehnen, wenn wir all die radegebrochenen amerikanischen Ausdrücke in den aufgeplusterten Kreisen betrachten. Ich bin mir sicher, dass sich einige tatsächlich halten werden – die meisten jedoch werden wohl sinnenstellend assimiliert werden und unsere Sprache bereichern.

Belustigtes Zurücklehnen

Das findet schon heute statt: Public viewing heißt ja bekanntlich eigentlich “öffentliche Leichen(be)schau“ – wir verstehen jedoch gemeinsames öffentliche Ansehen von Sport- oder Kulturgroßereignissen darunter. Das “Handy“ ist ein Gerät, das kein Amerikaner (“mobile phone”) oder Engländer (“cellphone”) gedanklich mit einem Handy verbindet.

Es gibt eine nette Anekdote von Chris Howland zum Thema deutsche Sprache: Er kam als Soldat zum Ende des 2. Weltkrieges nach Köln, lernte dort seine Frau kennen und blieb. Sein bester Freund und Kamerad ging bald wieder nach England zurück. Erst zehn lange Jahre später sollten sich die beiden Freunde wieder in Köln treffen, wo Chris Howland mittlerweile Karriere als Sänger und Moderator gemacht hatte. Zusammen mit seinem Freund ging er durch das wieder aufgebaute Köln und der fragte ihn irgendwann unvermittelt: “Sag mal, wie kannst Du es bei diesen verrückten Deutschen aushalten? Die haben an allen Ecken Geschäfte für Sprenkelärsche!“ – “Hä?” – “Was für Geschäfte für Sprenkelärsche meinst Du denn?“ Nach der nächsten Kreuzung wurde sein Kamerad fündig und Chris Howland las dort, nachdem sein Kamerad triumphierend auf das Firmenschild zeigte: “Sparkasse“! diese Anekdote hat er in vielen Talkshows immer wieder erzählt, weil er zu dem Zeitpunkt bereits “deutsch“ gedacht habe und ihm die direkte wortwörtliche Übersetzung gar nicht in den Sinn gekommen wäre. Wir sollten uns belustigt zurücklehnen, wenn uns aus der Werbung wieder einmal ein “feel the future – act with electric agility“ oder ein “we build a better tomorrow“ entgegenblökt. Seien wir gespannt, was daraus wird …

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