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An der Leine des Narzissten

Published On: 30. März 2023 13:00

Neugeborene Wildtiere

Am leichtesten funktioniert die Dressur des Gegenübers, wenn es noch ganz klein ist und durch Unkenntnis keine Vergleichsmöglichkeiten kennt, also bei Kindern. Narzisstische Eltern beziehungsweise Elternteile bekommen mit ihren eigenen Kindern einen Werkstoff mit Anfangsbonus in die Hand. Kinder stellen die Unfehlbarkeit von Eltern lange Zeit nicht in Frage. Eltern sind groß, Eltern sind stark, Eltern sind Vorbilder.

Man übernimmt Vorstellungen und will als Kind, dass es Papa oder Mama gut geht. Man lernt schnell, wie man sich verhalten muss, um dies zu erfüllen. Die Leine, die das Elternteil in der Hand hält, wird nicht nur vom Kind, sondern von jeder außenstehenden Person akzeptiert. Man trägt die Verantwortung für dieses kleine Wesen, welches noch viel zu schwach und viel zu unbedarft ist, um eigene Entscheidungen treffen zu können. Die Einschränkung des Bewegungsradius dient dem Schutz. Dem kann nicht widersprochen werden.

Selbst laufen lernen

Und selbst wenn man anfängt, aufrecht zu stehen und zu gehen, selbst wenn man die Fähigkeit bekommt, sich selbst zu bewegen und die Richtung zu wählen, merkt man die Leine nicht, solange der Radius nicht größer zu werden droht als die Leine lang ist und solange man sich nicht zu weit von der Hand dessen, der die Leine hält, entfernt.

Der Widerspenstigen Zähmung

Lange Zeit nimmt das Gegenüber eines Narzissten die Leine demnach gar nicht wahr. Solange man sich nicht zu weit vom Narzissten entfernt, solange man um ihn herumschwänzelt und sich gut dressiert nach dem richtet, was der Narzisst will, so lange lässt sich die Illusion von Freiheit aufrechterhalten. Erst wenn man sich zu weit entfernt, spürt man einen unangenehmen Zug um den Hals, der einem die Luft zum Atmen nimmt. Und da der Mensch Missempfindungen gerne vermeidet, scheint die einfachste Lösung, einfach wieder zurückzugehen.

Gute Argumente

Die argumentative Begründung des Verhaltens durch den Narzissten klingt mehr als plausibel. Ist es in den ersten Lebensjahren der Schutz, kommen später Argumente wie Erfahrung hinzu. Der Narzisst wisse aufgrund des höheren Lebensalters und des größeren Erfahrungsschatzes sehr genau, was der Untertan brauche. Der Narzisst hätte seinerseits viele Entbehrungen durchleiden müssen, die sich der Untertan gar nicht vorstellen könne. Der Narzisst würde sich so verhalten, weil er zur Entwicklung des Untertanen beitragen und ihn gleichzeitig vor Schaden bewahren wolle. Der Narzisst mahnt an, dass er sich als Kind selbst eine so schöne Kindheit gewünscht hätte. Es wäre die Aufgabe des Narzissten, stets das Beste für seinen Untertanen zu wollen, und weil der Untertan noch so klein wäre, könne er das nicht selbst wissen. Deswegen braucht der Untertan den Narzissten.

Gerade das von Narzissten angeführte Argument des höheren Alters ist alternativlos. Man könnte es Totschlagargument oder Damoklesschwert nennen. Ein Totschlagargument ist es, weil es keinen logischen Einwand dagegen zu geben scheint. Ein Damoklesschwert ist das Argument, weil es ständig über dem Kopf des Untertanen schwebt.

In den schillerndsten Farben wird ausgemalt, was passieren würde, wenn das Damoklesschwert herabfällt. Das Kind bekommt Angst. Gleichzeitig empfindet es eine schier unendliche Dankbarkeit für das scheinbar altruistische Verhalten des Narzissten, der so selbstlos alles dafür tut, dass das Schwert nicht auf einen herabsaust.

Noch ist der Weitblick, der es dem Kind ermöglicht zu erfassen, wer das Schwert hält, nicht vorhanden.

Verantwortungsverschiebung

Und dann kommt der Tag, an dem der Untertan erkennt, wer das Schwert in der Hand hält, welches da so drohend über seinem Kopf schwebt. Der Narzisst scheint enttarnt. Der Untertan konfrontiert den Narzissten mit seiner Erkenntnis. Ist der Narzisst nun entlarvt? Bricht das Kartenhaus seiner Argumente nun zusammen? Mitnichten.

Der Narzisst wird nicht beschämt reagieren, wenn der Untertan ihn damit konfrontiert, dass er selbst die ganze Zeit das Schwert über ihn gehalten hat. Im Gegenteil.

Der Narzisst wird dem Untertanen zustimmen. Ja, man hätte das Schwert, vor welchem man immer warnte, selbst in der Hand und würde es über den Untertanen halten. Aber doch nicht, um diesen zu erschrecken, doch nicht, um ihn wirklich zu verletzen. Das Schwert würde allein der ständigen Mahnung dienen, damit der Untertan sich nicht in Gefahr begibt, und die größte Anstrengung hätte der Narzisst ja selbst, immerhin müsste er das Schwert ja halten.

Wäre der Narzisst egoistisch, hätte er das Schwert schon längst fortgelegt. Doch aus reiner Nächstenliebe hält er es ohne Unterlass über dem Kopf seines Untertanen.

Ob sich der Untertan überhaupt vorstellen könne, was das für eine Kraftanstrengung wäre. Ob der Untertan jemals daran gedacht hätte, wie es für den narzisstischen Schwerthalter wäre. Nein?

Da sähe man es mal wieder: Keine Empathie und keine Dankbarkeit.

Obwohl der Narzisst nun allen Grund hätte, enttäuscht und wütend zu sein, und dies mit Sicherheit auch eine ganze Zeit lang ist, würde er dem Untertanen großmütig das Angebot machen, nochmals über die eigenen Fehler nachzudenken. Wenn dieser dann reumütig zurückkehren würde, dann könne man nochmals darüber reden, ob man ein derartiges Fehlverhalten verzeihen könne.

Und der Plan funktioniert. Der Untertan erkennt seine Undankbarkeit, er leidet, weil er durch sein Fehlverhalten dem großen Narzissten Schmerz zugefügt hat. Er erkennt seine Unzulänglichkeit und Dummheit und es reut ihn, sich so dermaßen falsch verhalten zu haben.

Funktionieren für die Zuneigung

Wenn der Untertan funktioniert und sich wunschgemäß verhält, wird er mit Zuneigung und Freundlichkeit belohnt. Tut er das nicht, so wird er mit der Enttäuschung und dem Schmerz des Narzissten konfrontiert. Ein Schmerz, der dem Narzissten durch den undankbaren Untertanen zugefügt wurde.

Und weil man Menschen, die man liebt, nicht verletzen will, und weil die Liebe eines Kindes naturgegeben ist, wird das Kind zurückstecken. Je sensibler und empathischer das Kind ist, umso leichter geht der Plan auf.

Flügge werden

Aus Kindern werden Leute, so sagt man. Nun wird es kritisch für den Narzissten, denn aus dem kindlichen Schutzbefohlenen muss nun ein folgsamer Untertan werden. Der folgsame Untertan muss seinen Platz in der Gesellschaft finden, wachsen und Großes erreichen. Gleichzeitig darf das nicht um seiner selbst willen geschehen, sondern dient dem Zweck, im eigenen Umfeld mit dem großartigen Untertanen angeben zu können. Das wiederum darf der Untertan nicht erkennen.

Was tut der Narzisst mit den wachsenden Flügeln des kleinen Untertanen? Am liebsten würde der Narzisst die Flügel abschneiden. Dann wäre die Gefahr, dass der kleine Untertan fortfliegt, gebannt. Doch abgeschnittene Flügel würde auch der Rest des Umfelds und die Gesellschaft bemerken und es würden Fragen gestellt werden. Fragen, die argumentativ nicht mehr so leicht zu beantworten wären.

Wächserne Flügel

Metaphorisch bedient sich der Narzisst eines weiteren manipulativen Tricks. Das kann er. Ein Narzisst ist charmant, beredt, scheint einfühlsam, und was er erklärt, erscheint lange logisch.

Die Tragik von Dädalus und Ikarus kommt zum Tragen. In der griechischen Mythologie formte der Vater Dädalus für sich und seinen Sohn Ikarus Flügel aus Wachs. Somit konnten beide fliegen. Der Vater warnte den Sohn, nicht zu hoch hinauszuwollen, denn dann würde er zu nah an die Sonne geraten und das Wachs der Flügel würde schmelzen. Ikarus ignorierte die Warnung seines Vaters, flog hoch hinaus, wollte nach der Sonne greifen. Das Wachs schmolz, er stürzte ab und starb.

Man muss dem Untertanen also nur erklären, dass er zwar Flügel hätte, diese aber aus Wachs seien. Ob das stimmt, kann der Untertan nicht überprüfen, immerhin befinden sich die Flügel an seinem Rücken, er kann sie nicht sehen. Er muss vertrauen und er will vertrauen und er vertraut.

Es kommt ihm also gar nicht in den Sinn, andere Personen um Rat zu fragen, und schon gar nicht, die Aussagen und Warnungen seines Beschützers in Frage zu stellen. Und so nutzt er die Flügel nur sehr vorsichtig. Fliegt nie zu hoch und nie zu weit.

Den Rahmen, in welchem die Flügel ausgebreitet werden dürfen, bestimmt der Narzisst.

Konditionierung

Es gibt aber doch nicht nur zwei Personen auf der Welt. Irgendwann muss es doch auch anderen Menschen auffallen, irgendwann wird doch das Umfeld erkennen, was hier gespielt wird. Auch auf diese Eventualität ist der Narzisst bestens vorbereitet.

Die Leine wird in der Öffentlichkeit abgenommen, die Flügel sind unsichtbar unter der Kleidung versteckt. Die Nähe, die in kritischen Situationen durch die Leine zwanghaft war, wird in der Öffentlichkeit durch „Leckerlis“ hergestellt.

Der Untertan erfährt im Kreise des Umfelds des Narzissten das, wonach er im heimischen Umfeld hungert. Er wird gefüttert. Der Narzisst stellt den Untertanen zur Schau, er preist ihn an, er ist freundlich und zuvorkommend, fast schon zärtlich. Und er hält sich nicht zurück, jedem mitzuteilen, wie stolz er auf seinen Untertanen ist.

Jetzt fortzulaufen wäre für den Untertanen fatal. Würde er jetzt die Freiheit nutzen, würde er ausschlagen, was zum Greifen nah ist und wonach er hungert: Anerkennung, Lob, Zuneigung, Respekt und Stolz durch den Herrscher. Wer würde denn jetzt freiwillig fortlaufen, nur weil keine Leine um den Hals liegt?

Zugeständnisse, Verhandlungen und faule Kompromisse

Ein Narzisst kann nur zu voller Größe gelangen, wenn er einen passenden Untertanen hat. Das Spiel braucht zwei Personen, die es zu spielen bereit sind. Ein perfekter Untertan ist nicht dumm und nicht kaltherzig, auch wenn der Narzisst ihm das immer wieder zu verstehen geben möchte. Im Gegenteil. Der für den Narzissten perfekte Untertan ist sensibel, liebesbedürftig, feinfühlig und empathisch. Er möchte, dass es den Menschen in seinem Umfeld gut geht. Er ist bereit, auf scheinbar selbstsüchtiges Verhalten zu verzichten, und er ist anpassungsfähig.

Und so ist der Untertan auch zu Zugeständnissen bereit. Er sucht die Schuld bei sich, er entschuldigt sich für Dinge, für die er sich nicht entschuldigen muss, und er kommt sofort zurück, wenn die Leine am Hals zerrt und ihn einengt.

Harmoniebedürfnis oder Bequemlichkeit

Aus anfänglichem Harmoniebedürfnis kann Bequemlichkeit werden. Warum denn nach der Ferne streben, wenn das Gute liegt so nah.

Das Wort Nein wird aus dem Wortschatz gestrichen, der zugestandene Bewegungsradius als ausreichend quittiert, Fragen werden nicht mehr gestellt.

Gefahrenvermeidung

Ist das denn falsch? Es ist doch eine gute Sache, wenn man jemanden an seiner Seite hat, der jede Gefahr von einem abwendet. Eine Person, die durch Erfahrung glänzt und einem die mühevolle Arbeit, eigene Erfahrungen und eigene Fehler zu machen, abnimmt. Man muss nur vertrauen und funktionieren.

Das hat man über Jahre hinweg gelernt. Und mal ehrlich: Geht es einem denn schlecht? Ist man nicht undankbar, wenn man sich nicht mit dem zufrieden gibt, was einem offeriert wird?

Messerstiche

Außerdem hatte es der Untertan bereits ein paar Mal versucht und musste leidvoll erfahren, was Widerspenstigkeit zur Folge hat. Zeigte er sich vom Verhalten des Narzissten unbeeindruckt, als dieser die Klaviatur der Enttäuschung und der Verletztheit bediente, folgten massiv verletzende Beleidigungen und Angriffe. Das war fast noch schlimmer. Diese Verletzungen trafen tief in die Seele und schmerzen heute noch, wenn der Untertan daran denkt. Das muss er nicht noch einmal riskieren.

Unterbewusste Fragen

Bequem mag das sein, doch die im Magen bohrenden Fragen, die das Unterbewusstsein dorthin verfrachtet hat, lassen diesen vor Hunger knurren. Untrüglich wummert tief im Inneren das Gefühl, frei oder freier sein zu wollen. Der Untertan möchte sein eigenes Ich entdecken, eigene Erfahrungen zu machen. Nicht nur anderen möchte er vertrauen, sondern sich selbst. Ein wenig beschämt ob solch anmaßender Gedanken, wagt er sich einen Schritt weiter.

Scheu und schüchtern macht er weitere Schritte. Und dann trifft er auf Menschen, die ihm erzählen, dass man sich ohne Leine bewegen kann und dass man gar keine wächsernen Flügel hat, sondern starke Schwingen. Und sie fragen ihn, warum er diese nicht nutzen würde.

Eine Welt bricht zusammen

Zunächst quittiert der Untertan dies mit einem Kopfschütteln. Das kann doch gar nicht sein. Das stimmt nicht. Denn wenn dem so wäre, dann würden das lebenslange Narrativ und die Glaubenssätze, mit denen er groß geworden ist und denen er vertraut hat, nicht der Wahrheit entsprechen. Wie blöd manche Menschen doch sein können, so etwas auch nur behaupten zu können. Und wenn sie recht haben?

Und dann wagt er es. Vorsichtig. In Erwartung schmelzenden Wachses hebt er sich auf und verlässt den Boden, erhält einen Blick von oben und ist zunächst wie gelähmt.

Die Welt sieht von oben ganz anders aus, als es ihm immer erzählt wurde.
Wie kann das sein?

Freiheit

Er spürt die Kraft, erlebt Freude, stellt fest, dass man miteinander lachen kann und nicht übereinander lachen muss. Man muss nicht immer funktionieren und wird dennoch nicht gleich zum Abschuss freigegeben.

Man ist frei.
Will er das? Kann er damit umgehen?
Kaum, dass die eine Frage beantwortet ist, scheinen sich tausend neue Fragen einzustellen.
Das ist anstrengend.

Und immer wieder taucht die Frage auf, ob er nicht einfach zurückkehren sollte. Da war es zwar enger und kleiner, aber vertrauter und scheinbar sicherer

Die andere Seite

Jeder gute Herrscher, jeder Mensch, der einen anderen Menschen liebt, jede normale Mutter und jeder normale Vater möchte Schaden von denen abwenden, die ihm oder ihr nahestehen.

Die Eltern warnen vor der heißen Herdplatte, öffnen den Blick für Gefahren, lehren und mahnen; sie möchten, dass die, die ihnen nahestehen, keine schlechten Erfahrungen machen müssen, und am liebsten würden sie die schützende Glocke niemals entfernen.

Das geht nicht. Es kommt der Tag, an dem sie erkennen, dass der Käfig zu klein wird, dass die Tür geöffnet werden muss, dass die Leine entfernt werden kann.

Man lässt den Untertanen frei. Man beendet die Sklaverei. Man öffnet die Tür und lässt sie offen.

Und wie bei einer Freigänger-Katze kann man nur hoffen, dass sie im Stande ist, auf sich selbst aufzupassen, und dass sie zurückkommt, weil sie es möchte.
Man kann hoffen und man muss vertrauen.

Ein Narzisst braucht seine Untertanen, damit es ihm selbst besser geht. Ein liebevoller Mensch begleitet Personen, damit diese über sich selbst hinauswachsen können. Er hilft und unterstützt so lange, bis keine Hilfe und keine Unterstützung mehr benötigt wird.

Das ist gut so.

Der Narzisst sieht es anders

Der Narzisst sieht es nicht so. Wenn der Untertan es wagt, den eigenen Bewegungsradius ungefragt zu vergrößern und die Narrative in Frage zu stellen, ist dies keine natürliche Entwicklung, sondern Majestätsbeleidigung.

Aus einem solchen Verhalten spricht Undankbarkeit, Egozentrik, Arroganz, Anmaßung und Überheblichkeit. Zudem verletzt ein solches Verhalten den Narzissten zutiefst.

Wie kann es nur sein, dass man sich ein Leben lang für die Untertanen aufgeopfert hat und einem dies nun so gedankt wird.

Ein solch unfaires Verhalten kann man weder ertragen noch auf sich sitzenlassen.

Die Untertanen, die sich gegen den Narzissten stellen, werden, wo immer es geht, an den Pranger gestellt.Das Umfeld ist dazu bestens geeignet. Das Umfeld pflichtet einem bei und wird dem Narzissten uneingeschränkt zustimmen. Immerhin hat das Umfeld stets erlebt, wie charmant und liebevoll, wie uneigennützig und herzlich der Narzisst mit seinen Untertanen umgegangen ist.

Wenn man diesem Umfeld nun vom Verhalten des Untertanen erzählt, so kann man sich sicher sein, dass es einem zustimmen wird.

Ist der Ruf erst ruiniert

Für den undankbaren Untertanen bedeutet dies zunächst zusätzlichen Stress. Der Kobold auf der Schulter fragt, ob der Preis der Aufmüpfigkeit nicht zu hoch war.

Was ist das Ergebnis des eigenen Freiheitsdrangs? Nur weil man eigene Entscheidungen getroffen hat, das Wort Nein in den Mund nahm und sich über die Aussagen des Narzissten hinweggesetzt hat, ist jetzt alles zerstört.

Nicht nur der Narzisst ist nun böse auf den fahnenflüchtigen Untertanen, auch das gesamte Umfeld zeigt mit Fingern auf diesen. Man wartet nur darauf, dass man angespuckt wird. Man hat Streit mit dem Narzissten, und das Umfeld, welches lange auch das eigene Umfeld war, hält einen nun auch für undankbar, ekelhaft und widerlich.

Und der Untertan ist sich in diesem Moment nicht sicher, ob er das nicht von sich selbst in gleicher Weise denkt.

Wie wäre es mit einer Kehrtwende? Doch wieder zurückkehren?
Ja, man müsste schon auf Knien zurückrutschen, einsehen, wie falsch man lag, und dies bis an sein eigenes Lebensende beteuern, aber man hätte seine Ruhe.

Moment.

  • Fakt ist, der Ruf ist ruiniert. Ein Ruf, den man sich nicht selbst erarbeitet hat, sondern der einem wie ein Etikett aufgedrückt wurde.

  • Fakt ist, dass man mit dem Umfeld des Narzissten keinen Kontakt mehr hat.

  • Fakt ist, dass man mit dem Narzissten keinen Kontakt mehr hat.

  • Fakt ist, dass man seine Flügel nutzt und diese immer noch nicht aus Wachs sind.

Brauchen wir den Narzissten? Brauchen wir das Umfeld des Narzissten?
Würden diese Menschen zuhören, wenn der Untertan erzählt, was hinter den Kulissen des Schlosses abgelaufen ist?

Wenn auch diese Fragen verneint werden können, dann heißt es, ein paar Flügelschläge mehr zu machen.

Die Gefahr lauert nicht in den Wolken

Hat es der Untertan geschafft, die perfiden Methoden des Narzissten zu erkennen, kann er frei werden. Er kann fliegen, sich und andere Menschen kennenlernen und erkennen, wie schön die Welt ist. Er kann für sich einstehen. Meist ist er dabei so aufgeschlossen, dass er nun auch für andere Menschen da sein möchte.

Er kann lernen, seine Charaktereigenschaften, die die Zwangsherrschaft des Narzissten überhaupt erst ermöglichten, anders zu nutzen.

Seine Empathie, sein Einfühlungsvermögen, seine Hilfsbereitschaft und seine Sensibilität sind nicht im Käfig geblieben. Die hat der freie Untertan mitgenommen, diese kann er einsetzen.Er muss nur aufpassen, dass seine Charaktereigenschaften ihm nicht wieder zum Verhängnis werden. Denn wenn genug Zeit ins Land gegangen ist, wird der Narzisst scheinbar großmütig erneut den Kontakt zum Untertan suchen. Der Grund ist einfach: Der Narzisst benötigt den Untertan, ohne ihn kann er sich nicht entfalten. Der Untertan benötigt den Narzissten nun nicht mehr, er steht für sich ein.

Doch ein ehemaliger Untertan eines Narzissten ist wie ein trockener Alkoholiker. Die Flügel werden sofort gestutzt, die alten Narrative sofort bedient, das schlechte Gewissen sofort mit neuem Leben gefüllt werden, sobald sich der freie Sklave auch nur in die Nähe des Narzissten begibt.

Es mag sein, dass es dem ehemaligen Untertanen gelingt, die neu gewonnenen Erkenntnisse nicht sofort wieder über Bord zu werfen. Aber das wäre, wie wenn ein trockener Alkoholiker sagt, dass er nicht wieder zum Trinker wird, nur weil er jetzt mal einen Schnaps trinkt.

Das Freistrampeln und das Training der Flügel hat viel Kraft gekostet. Wenn der ehemalige Untertan nicht absolut sicher sein kann, tut er gut daran, sich nicht erneut in diese Gefahr zu begeben. Vielleicht reicht die Kraft für einen zweiten Befreiungsversuch nicht mehr aus.

Gutes entstehen lassen

Ein ehemaliger Untertan eines Narzissten hat es nicht nötig, das Narrativ der „schlimmen Kindheit“ zu bedienen. Durch seinen Freiheitskampf hat er gezeigt, wie stark er ist. Er muss dem Narzissten keine Vorwürfe machen, denn dieser ist durch das selbstgemachte Gefängnis gestraft genug.

Die Kraft, die der ehemalige Untertan aufgebracht hat, kann er mit anderen teilen.
Er kann Gutes entstehen lassen und nur für andere da sein, weil er es möchte, nicht mehr, weil er es muss.

Narzissten sind überall

Eltern können Narzissten sein, Partner können Narzissten sein.
Die Wortwahl des Untertanen wurde nicht ohne Grund gewählt. Auch in der Politik erkennt man einige Muster wieder.

Dort ist es häufig so, dass der Narzisst oder die narzisstische Gruppe das Umfeld indoktriniert. Das gebriefte Umfeld sorgt dann seinerseits dafür, dass die scheinbar Abtrünnigen auf Spur gebracht werden, selbst wenn diese gar nichts Verwerfliches versucht haben.

Narzissmus zu erkennen ist nicht leicht, dagegen aufzubegehren eine Lebensaufgabe. Was daraus entstehen kann, ist es aber in jedem Fall wert.

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