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Borrell will die EU vom Rest der Welt abschotten

Published On: 25. April 2023 13:00

EU-Chefdiplomat Borrell hat verkündet, die Beziehungen zu anderen Ländern ausgehend von deren Positionen zu Russland und China aufzubauen. Das dürfte der nächste Schuss ins Knie der EU und ihrer Wirtschaft werden.

EU-Chefdiplomat Borrell macht in letzter Zeit mit immer merkwürdigeren Aussagen Schlagzeilen. So bezeichnete der die EU als „Garten“ und alle Länder um sie herum als „Dschungel“, der in den „Garten“ eindringen wolle. Zur Ukraine sagte er sogar allen Ernstes:

„Je mehr die Ukraine zerstört wird, desto besser sind ihre Chancen, der EU beizutreten“

Über den Unmut bei vielen Menschen in der EU, weil die Inflation aufgrund der Russland-Sanktionen außer Kontrolle geraten ist und die Menschen Probleme bekommen, ihre alltäglichen Kosten zu tragen, sagte er sogar:

„Die Versuchung, aufzugeben, ist in einem Teil der europäischen Gesellschaft vorhanden, sie wollen den Krieg beenden, weil sie die Konsequenzen, die Preise, nicht tragen können. Wir müssen diese Denkweise bekämpfen.“

Er will also nicht die Ursache der Probleme bekämpfen, nicht den Menschen in der EU helfen, sondern ihre „Denkweise“ bekämpfen. Das ist ein sehr bemerkenswertes Verständnis von Demokratie.

Nun hat Borrell am Montag nach einem Treffen der EU-Außenminister einen neuen, „genialen“ Plan verkündet:

„Wir haben einen Aktionsplan zu den geopolitischen Auswirkungen des russischen Vorgehens erörtert. Wir müssen mit viel mehr Drittländern zusammenarbeiten, wir müssen das russische Narrativ in Asien, Afrika und Lateinamerika bekämpfen. Ich habe einen Plan vorgelegt, der über die Bewältigung alltäglicher Krisen hinausgeht. Wir müssen weiter gehen und einen systematischen Ansatz für Länder entwickeln, die die Welt nicht mit denselben Augen, durch dieselbe Brille wie wir sehen.
Diese Initiative bietet die Möglichkeit, in der neuen Ära der internationalen Politik zu agieren – einer Ära einer fragmentierten Welt, mit zwei unterschiedlichen Ökosystemen der technologischen Entwicklung, mit zwei Gruppen, die jeweils versuchen, Anhänger auf ihre Seite zu ziehen. Es gibt viele Menschen, die nicht Partei ergreifen wollen, aber sie müssen zum Krieg in der Ukraine und zur wachsenden Rolle Chinas in der Welt Stellung beziehen. Wir leben in einer neuen politischen Landschaft auf der Weltbühne.“

Realitätsferne…

Diese Aussagen von Borrell sind an Realitätsferne kaum zu überbieten, denn beim Kampf gegen das „russische Narrativ in Asien, Afrika und Lateinamerika“ verliert der Westen derzeit beständig an Boden und eine Trendwende ist nicht erkennbar. Die afrikanischen Staaten zeigen ihren Unmut über die jahrhundertelange Ausbeutung durch den Westen immer deutlicher, indem sie sich vom Westen ab- und Russland und China, die den afrikanischen Staaten eine faire Zusammenarbeit auf Augenhöhe anbieten, zuwenden. Darüber habe ich oft berichtet.

Und gerade letzte Woche war der russische Außenminister in Lateinamerika unterwegs, wo er eine sehr erfolgreiche Tournee abgeliefert hat.

Hinzu kommt, dass Russland und China anderen Staaten, mit denen sie zusammenarbeiten, keine politischen Bedingungen stellen. Der Westen verlangt die Unterstützung „gemeinsamer Werte“, wie LGBT und anderen Blödsinn, der im Westen Furore macht, im Rest der Welt jedoch keine Unterstützung findet. Auch die „westliche Demokratie“ ist bei Licht betrachtet kein Modell, das sich auf der Welt großer Beliebtheit erfreut, denn außerhalb der westlichen Medienblase ist hinreichend bekannt, dass es sich dabei um eine Herrschaft von Konzern-Lobbyisten und als „Philanthropen“ bezeichneter Oligarchen handelt, deren oberstes Ziel die weitere Ausbeutung anderer Teile der Welt ist.

Das hat US-Vizepräsidentin Harris gerade erst auf ihrer Afrikareise gezeigt, als sie zur Lösung afrikanischer Probleme die Zusammenarbeit mit „US-Unternehmen, NGOs und philanthropischen Organisationen“ empfohlen hat. In Afrika hat sie vor allem Kopfschütteln geerntet, ein Erfolg war ihr Besuch nicht, denn letztlich hat sie Afrika als Lösung seiner Probleme eine Neuauflage der Politik angeboten, die die bestehenden Probleme erst geschaffen hat.

Während die EU das ukrainische Getreide, das angeblich für die hungernden Menschen in Afrika gedacht war, selbst einkassiert hat, was nun wegen der mit ukrainischem Getreide übervollen Kornsilos in Osteuropa zu Protesten der Landwirte führt, weil die Getreidepreise dort kollabieren, hat der russische Präsident angekündigt, falls die westlichen Sanktionen den Getreideverkauf an afrikanische Länder behindern sollten, diesen bedürftigen Staaten die gleiche Menge russisches Getreide, die sie früher gekauft haben, in diesem Jahr notfalls zu schenken.

Auf eine solche Idee ist in der EU – trotz der übervollen Getreidespeicher – noch niemand gekommen. Und das war nur eines von vielen Beispielen für die unterschiedlichen Ansätze der Zusammenarbeit und Partnerschaft, die der Westen einerseits und Russland und China andererseits diesen Ländern anbieten.

Daher muss man kein Genie sein, um zu verstehen, für welche Seite sich die meisten Länder des globalen Südens entscheiden werden, wenn die EU ihnen tatsächlich die Pistole auf die Brust setzt und eine Entscheidung erzwingen will.

Angesichts dieser Lage fragt man sich, ob Borrell und andere westliche Politiker einfach nur zu dumm sind, um zu verstehen, was in der Welt gerade vor sich geht. Anscheinend sind sie aus den letzten Jahrzehnten daran gewöhnt, dass die Welt auf ihr Kommando hört. Aber das tut sie nicht mehr.

Ein afrikanischer Minister fasste es sinngemäß so zusammen: Der Westen hat außer Sanktionen und Krieg für alle, die seinen Anweisungen nicht folgen, nichts mehr zu bieten.

… oder doch ein Plan?

Man sollte sich in diesem Zusammenhang wieder an das Konzept des „Great Reset“ erinnern, der einen kompletten „Neustart“ der Wirtschaft nach ihrem kommenden Zusammenbruch propagiert hat. Der Westen ist mit seiner Sanktionspolitik auf dem besten Wege, diesen Zusammenbruch seiner Wirtschaft selbst herbeizuführen. Zumindest gilt das für die EU, die unter den Sanktionen weit mehr leidet als Russland und die kein Konzept hat, wie sie wieder für die billige Energie sorgen will, die das russische Gas früher gebracht hat. Die Energiepreise in der EU werden dauerhaft um ein Mehrfaches höher sein als früher, was die Produktion der meisten Güter in der EU zu teuer macht, um auf den Weltmärkten konkurrieren zu können.

Die Überschuldung der westlichen Staaten birgt außerdem auf Sicht die Gefahr eines Zusammenbruchs des Finanzsystems, oder zumindest einer Hyperinflation. Unter diesen Umständen wäre die Konkurrenzfähigkeit des Westens auch ohne die Ereignisse in der Ukraine am Ende gewesen. Das gilt auch für die USA, deren Macht einzig auf der Macht des Dollar beruht, der weltweit jedoch an Akzeptanz verliert.

Da es derzeit nicht absehbar ist, dass das westliche System einen weltweiten Siegeszug antritt, nachdem die Globalisierung so krachend gescheitert ist, tut der Westen nun das, was man erwarten müsste: Er schottet sich wirtschaftlich konsequent vom Rest der Welt, der sich dem Westen nicht zu den Bedingungen des Westens anschließen will, ab. Wenn das funktioniert, könnten die Nutznießer des westlichen Systems zumindest in dem dann vom Rest der Welt abgeschotteten Westen ihre Macht erhalten.

Erinnern wir uns also noch einmal an die Worte von Borrell:

„Diese Initiative bietet die Möglichkeit, in der neuen Ära der internationalen Politik zu agieren – einer Ära einer fragmentierten Welt, mit zwei unterschiedlichen Ökosystemen der technologischen Entwicklung, mit zwei Gruppen, die jeweils versuchen, Anhänger auf ihre Seite zu ziehen.“

Das klingt nach genau der Abschottung des Westens vom Rest der Welt, von der ich gerade gesprochen habe.

Mit den Sanktionen hat der Westen sich faktisch schon von Russland abgeschottet, nicht nur wirtschaftlich, sondern sogar menschlich, denn Reisen zwischen dem Westen und Russland sind aufgrund der gesperrten Lufträume viel schwieriger und auch teurer geworden. Außerdem hat Polen bereits begonnen, Grenzübergänge zu Weißrussland zu schließen. Ich vermute, andere EU-Staaten – zum Beispiel die baltischen Staaten oder auch Finnland – könnten dem Beispiel demnächst unter irgendwelchen Vorwänden folgen.

Und Borrell sagte deutlich, was – aus seiner Sicht – noch kommen wird:

„Es gibt viele Menschen, die nicht Partei ergreifen wollen, aber sie müssen zum Krieg in der Ukraine und zur wachsenden Rolle Chinas in der Welt Stellung beziehen. Wir leben in einer neuen politischen Landschaft auf der Weltbühne.“

Die Floskel über den „Krieg in der Ukraine“ ist eine Umschreibung für Russland, während Borrell China beim Namen genannt hat. Mit anderen Worten hat er die Länder der Welt aufgefordert, sich zwischen dem Westen einerseits oder Russland und China andererseits zu entscheiden.

Die Länder Welt sollen seiner Meinung nach entscheiden, auf welcher Seite der gerade entstehenden Mauer sie in Zukunft leben wollen. Und diese Mauer wird wesentlich höher und undurchlässiger werden als der „Eiserne Vorhang“ des Kalten Krieges, denn damals gab es zwischen dem sozialistischen und dem kapitalistischen Block immerhin noch Handel und Wirtschaftsbeziehungen, während die zu Russland heute bereits gekappt sind.

Gleiches dürfte auch mit China passieren, wenn man sich die immer lauter werdenden Forderung einiger westlicher Politiker anhört, im Falle einer Eskalation im Streit um Taiwan genau solche totalen Sanktionen auch gegen China zu verhängen.

Sollte diese wirtschaftliche Abschottung, die Borrell als „Ära einer fragmentierten Welt“ bezeichnet hat, das Ziel der westlichen Politik sein, ließe sie sich sehr einfach erreichen: Man müsste China in Sachen Taiwan nur genauso bis aufs Blut provozieren und alle roten Linien Chinas missachten, wie man es bei Russland mit der Ukraine getan hat. Wenn China dann militärisch reagiert, hat man den Vorwand für totale Sanktionen auch gegen China und das Ziel wäre erreicht.

Genau diese Provokationen in Sachen Taiwan erleben wir seit einiger Zeit, wobei ausgerechnet Borrell am Wochenende gefordert hat, es sollten auch europäische Kriegsschiffe vor der chinesischen Küste patrouillieren und in der Taiwan-Straße die Freiheit der Schifffahrt (die von niemandem bedroht wird) verteidigen. Wie würde Borrell wohl reagieren, wenn China Kriegsschiffe in die Ostsee schicken würde, um dort die Freiheit der Schifffahrt zu verteidigen?

Ich frage mich daher, ob Borrell einfach nur nicht versteht, was er tut, oder ob er es im Gegenteil sehr gut versteht. Egal, was die Antwort ist, für den Wohlstand in Europa sind beide Varianten keine gute Nachricht.

Im Gegenteil.


In meinem neuen Buch „„Putins Plan – Mit Europa und den USA endet die Welt nicht – Wie das westliche System gerade selbst zerstört ““ gehe ich der der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme – den wir gerade erleben – wirklich geht. Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wurden die Bürger im Westen gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen?

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