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Weiter mit dem Einheitsbrei

Published On: 26. Mai 2023 22:30

Meine Mutter war außer sich. So weit gefahren und dann das. Ich muss dazu sagen, dass wir normalerweise nicht über den Journalismus reden. Sie weiß, was ich dazu zu sagen hätte, und will sich weder die Tagesschau vermiesen lassen noch ihre Ostsee-Zeitung. Mit 80 ist es selbst dann schwer, Gewohnheiten zu ändern, wenn man nicht erträgt, wie im Fernsehen über Russland gesprochen wird, und im nass-kalten Rügener Winter gegen die LNG-Politik der Bundesregierung demonstrieren muss, die schon heute tote Fische an den Strand spült und die Stille am Meer bei manchen Windlagen zur nostalgischen Erinnerung werden lässt. Jeder ahnt, wie das mit dem Terminal wird, das jetzt gebaut werden soll. Nun aber dieses Erlebnis in Moritzburg. Ein Stopp auf der Fahrt nach Bayern. Mal was anderes sehen. Auch eine andere Zeitung. Mutter schüttelt den Kopf. Oben auf der Titelseite stand zwar Dresdner Neueste Nachrichten, den Rest aber hatte sie schon gelesen. Vor der Abfahrt, in ihrem Heimatblatt, das ganz anders heißt. Die gleichen Überschriften, die gleichen Fotos. Überhaupt alles ― gleich. Wie kann das sein, mein lieber Sohn?

Der Presseforscher kennt die Antwort natürlich. Redaktionsnetzwerk Deutschland. Hannover. Seit 2020 sitzen dort knapp 200 Redakteure in einem riesengroßen Büro und füllen über 60 Zeitungen im ganzen Land. Auch die beiden, die meine Mutter morgens zu Hause gelesen hat und nachmittags in Sachsen. Sie hätte auch nach Leipzig fahren können, nach Lübeck oder nach Regensburg. Das RND ist überall. Selbst in Dortmund, Bremen, Wolfsburg. In Hannover ist man darauf stolz. Mehr als zwei Millionen Exemplare und fast sieben Millionen Leser. Da lohnt es sich, einen Artikel zu schreiben. Da lohnt es sich auch, einen Artikel zu lancieren. Wer das RND in der Hand hat, kontrolliert 20 Prozent der deutschen Presse.

Meine Mutter ist gerade wieder abgefahren, als die KEK ihren Jahresbericht für 2022 veröffentlicht. KEK: Das ist die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich. Zwölf Menschen, die sich eigentlich um das Privatfernsehen kümmern sollen. Sechs direkt von den Ministerpräsidenten benannt und sechs indirekt, weil sie aus den Landesmedienanstalten kommen und damit aus politischen Behörden. Ihr Auftrag: Meinungsvielfalt sichern. In grauer Vorzeit hat es wahrscheinlich gereicht, auf die Eigentümer von RTL, Sat.1 und ProSieben zu schauen und mit dem Kopf zu schütteln, wenn einer der Mitspieler zu stark zu werden drohte. Inzwischen hat dort jeder was mit jedem. Axel Springer zum Beispiel macht selbst Fernsehen, mischt aber auch bei RTL II mit und steckt so mit Bertelsmann unter einer Decke. Springer wiederum gehört inzwischen zu gar nicht so kleinen Teilen KKR, einer Heuschrecke aus den USA, und damit in gewisser Weise BlackRock und Vanguard, die auch bei KKR ein paar Prozente halten.

Und dann sind da noch Hörfunk, Gedrucktes, Internet. Kurz: Die KEK muss längst über das Privatfernsehen hinaus und auf das große Ganze schauen. Zum „Tageszeitungsmarkt“ heißt es im aktuellen Bericht: Es gibt kaum Fusionen, die „publizistische Konzentration“ aber steigt. Auf gut Deutsch: immer mehr Zentralredaktionen, immer mehr „inhaltliche Kooperationen“ zwischen den Verlagen. Die Folge: eine „Angleichung der Titel“. Dresdner Neueste Nachrichten oder Ostsee-Zeitung? Eigentlich egal. Alles, was über die Region hinausweist, kommt aus einer Hand. Online sowieso. Exklusiv hat meine Mutter in der heimischen Küche nur noch die Todesanzeigen, die

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Meine Mutter war außer sich. So weit gefahren und dann das. Ich muss dazu sagen, dass wir normalerweise nicht über den Journalismus reden. Sie weiß, was ich dazu zu sagen hätte, und will sich weder die Tagesschau vermiesen lassen noch ihre Ostsee-Zeitung. Mit 80 ist es selbst dann schwer, Gewohnheiten zu ändern, wenn man nicht erträgt, wie im Fernsehen über Russland gesprochen wird, und im nass-kalten Rügener Winter gegen die LNG-Politik der Bundesregierung demonstrieren muss, die schon heute tote Fische an den Strand spült und die Stille am Meer bei manchen Windlagen zur nostalgischen Erinnerung werden lässt. Jeder ahnt, wie das mit dem Terminal wird, das jetzt gebaut werden soll. Nun aber dieses Erlebnis in Moritzburg. Ein Stopp auf der

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