
Eine Bürgerlose Republik
In europäischen Städten wie Marseille kann man gut beobachten, was die Entwicklung „Dieses Land gehört an sich niemandem“ von Frau Foroutan bedeutet. Immer mehr Straßen werden aufgrund der extremen Kriminalität durch Mauern und Tore blockiert und sind nur noch für Anwohner zugänglich. In den 60er Jahren wurde der Apostel Paulus von den römischen Behörden verhaftet und drohte gefoltert zu werden. Er berief sich auf sein Bürgerrecht und erreichte damit, dass ihm die Folter erspart blieb und der Prozess gegen ihn in Rom statt in Jerusalem stattfand. Das Bürgerrecht im Römischen Reich war zu dieser Zeit bereits auf die Eliten der unterworfenen Provinzen ausgedehnt worden. Es bot Schutz vor willkürlicher Bestrafung und Folter und gewährte einen besseren Rechtsstatus in zivilrechtlichen Verfahren. Die politischen Partizipationsrechte, die ursprünglich mit dem Bürgerrecht verbunden waren, hatten jedoch an Bedeutung verloren. Die Erinnerung an die alte republikanische Freiheit war noch nicht ganz verschwunden, aber die Verfassungsinstitutionen der Republik existierten nur noch in Form. Das Bürgerrecht wurde jedoch auf alle Bewohner des Reiches ausgedehnt, bis nahezu jeder Untertan des Kaisers es beanspruchen konnte. Zu diesem Zeitpunkt waren aus freien Bürgern bloße Untertanen geworden und das universelle Bürgerrecht konnte den Niedergang und Untergang in der Spätantike nicht verhindern. In klassischen Republiken war ein restriktiver Umgang mit dem Bürgerrecht typisch. Patriotismus gab es nur in Republiken, da bloße Untertanen sich nicht wirklich mit dem Staat identifizieren konnten. Das Bürgerrecht großzügig auf Fremde und Neuankömmlinge auszuweiten, wurde als problematisch angesehen, da es die Identität der Bürgergemeinschaft gefährden könnte. Heutzutage droht das Bürgerrecht durch inflationäre Ausdehnung entwertet zu werden. Es geht nicht darum, eine vollständige Homogenität einer „Volksgemeinschaft“ zu fordern, aber wenn es keinen Unterschied mehr zwischen den Bewohnern eines Landes und den eigentlichen Bürgern gibt, wird das Bürgerrecht entwertet. Das gilt auch, wenn das Bürgerrecht beliebig mit der Staatsbürgerschaft eines anderen Staates kombiniert werden kann. Man muss kein Republikaner im Stile des 16. oder 17. Jahrhunderts sein, um die gegenwärtige Politik in Deutschland, die die Doppelstaatsbürgerschaft für Immigranten zur Normalität machen will, mit Bedenken zu sehen
Original Artikel Teaser
Eine Republik ohne Bürger?
In europäischen Städten wie Marseille lässt sich sehr gut beobachten, was die Entwicklung „Dieses Land gehört an sich niemandem“ von Frau Foroutan bedeutet, wo wegen der extremen Kriminalität immer mehr Straßen durch Mauern und Tore blockiert werden und nur noch für Anwohner zugänglich sind. Als in den 60er Jahren unserer Zeitrechnung der Apostel Paulus von den römischen Behörden verhaftet wurde und ihm die Folterung drohte, berief er sich bekanntlich mit den Worten „civis Romanus sum – ich bin ein römischer Bürger“ auf sein Bürgerrecht. Damit erreichte er, dass ihm nicht nur die Folter erspart blieb, sondern dass der Prozess gegen ihn in Rom, nicht vor Ort in Jerusalem durchgeführt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war das Bürgerrecht im Römischen Reich bereits
Details zu Eine Republik ohne Bürger?