
Die Kriegstrommeln übertönen – In anderen Worten: Die Kriegstrommeln dominieren
Berlin, 20. September 2023
Sehr geehrte Anna Netrebko,
wir möchten Ihnen danken, dass Sie am Freitag, den 15. September 2023, in Berlin an der Staatsoper Unter den Linden aufgetreten sind. Angesichts der Diffamierungskampagne gegen Sie war dies keine selbstverständliche Entscheidung. Umso mehr freut es uns, dass Sie sich dennoch für eine Aufführung in Berlin entschieden haben. Wir möchten uns ausdrücklich von der Aussage des ukrainischen Botschafters Oleksij Makejew distanzieren, der Ihnen eine Mitschuld am Krieg in der Ukraine zuschreibt (Spiegel-Artikel vom 14. September 2023). Diese Aussage befeuert nicht nur die Diffamierungskampagne gegen russische Kulturschaffende, sondern versucht auch den Kriegskurs der aktuellen Bundesregierung zu rechtfertigen. Wir verurteilen den Krieg in der Ukraine auf das Schärfste. Eine Großmacht, die sich für eine kriegerische Auseinandersetzung entscheidet, hat jede friedliche Alternative zur Konfliktlösung aufgegeben. Dies gilt jedoch auch für die illegalen Angriffskriege und Regimewechsel der NATO, die bereits Millionen Menschenleben gekostet haben. Hinzu kommt, dass die nationalen Sicherheitsinteressen Russlands seit Jahrzehnten ignoriert werden, angefangen bei der NATO-Osterweiterung bis hin zum gebrochenen Minsk-II-Abkommen. Die USA, Deutschland, Frankreich und vor allem die NATO tragen ebenfalls eine Mitschuld an dem Konflikt in der Ukraine.
Es ist selten, dass Künstler in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg einer solchen Hetzkampagne ausgesetzt sind, wie Sie und einige Ihrer Kolleginnen und Kollegen es derzeit erleben. Die Tatsache, dass sogar alte Meister wie Dostojewski und Tschaikowski von deutschen Bühnen verbannt werden oder dass der ukrainische Autor Serhij Schadan, der Russen als „Unrat“ bezeichnet, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält, zeigt deutlich, in welch desolatem Zustand sich unser Kulturbetrieb befindet.
Abschließend möchten wir vier Kernpunkte nennen, um unsere Haltung zu verdeutlichen: Wir verurteilen jede Form von Cancel Culture. Wir fordern alle Beteiligten in diesem Krieg auf, bedingungslos Verhandlungen aufzunehmen und einen sofortigen Waffenstillstand zu vereinbaren. Wir suchen den Dialog und setzen uns für Frieden und Freiheit ein, auch wenn Bundeskanzler Olaf Scholz Friedensaktivisten als „gefallene Engel aus der Hölle“ bezeichnet. Wir fordern eine neutrale Berichterstattung, die die Friedensbemühungen von ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett dokumentiert und nicht das Scheitern dieser Bemühungen ignoriert, wofür auch US-Präsident Joe Biden mitverantwortlich ist. Deutschland sollte sich seiner historischen Verantwortung bewusst sein und alles daran setzen, zu deeskalieren, anstatt Waffen zu liefern.
Wir wünschen Ihnen, Frau Netrebko, alles Gute für Ihre weiteren Auftritte an der Staatsoper Berlin. Wir freuen uns auf Sie.
Erstunterzeichner:
Jens Fischer Rodrian, Alexa Rodrian, Gabriele Gysi, Eva Herzig, Markus Stockhausen, Isi Reicht, Tino Eisbrenner, Karsten Troyke, Nina Maleika, Diether Dehm, Renée Morloc, Ugo D´Orazio, Raphael Winterbloom, Boris Steinberg, Uli Masuth, Barbara Senator, Eva Schmidt, Sabrina Khalil, Tobias Morgenstern, Veit Wiesler, Günther Groissböck, Bustek & Lapaz, Thomas Unger, Oliver Pitt, Thomas Haberlah, Agnes Reuter, Tilmann Krumrey, Afshin Ghavami Kivi, Cathrin Pfeifer, Torsten Glas, Tomas Eckardt, Victoria Knobloch, Mouna Patni-Gentsch, Andre Krengel, Benedikt Schnitzler, Susanna Bozzetti, Sabine Winterfeld, Almut Masuth, Gesa Korthus, Frauke Thalacker, Daniel Schäbe, Michael Bründel, Matthias Niemyt, Petra Schwung, Christine Hesse, Margit Pitt, Caterina Serena Kittel, Arne Neumann, Rainald Noisten, Linus Roth, Andrea Haubold, Helmut Sinclair Schmickler, Ute Siegmund, Angela Liebold, Stefanie März, Annabelle N. Poertner, Christoph Gerhard, Regina Barthel, Christoph Abée, Eva-Maria Görres, Andreas Krennerich, Peter Röttig, Kathrin Schmidt, Gero Körner, Annette Becker, Raphaël Walter, Gregor Schulenburg, Katrin Hoos, Marlene Müller, HeikeB, Susan Stock, Conny Bruhn, Doris Köhler, Leonie Heinrich, Dietmar Fuhr, Valentin Holub, Christian Schubert, Nikolai Binner, Sabine Schwarzlose, Katja Brauneis, Annette Ruprecht, Moritz Schmidt, Andreas Mesli, Walfriede Schmitt, Paul Maasz, Marie Friederike Schöder, Hilmar Kuppe, Rebecca Rudolph, Dirk Zöllner, Neil Malik Abdullah, Juliane Tiefensee, Thomas Putensen, Torsten Hell, Björn Banane, Michael Schlabes, Arnulf Wenning, Frank Nowicky, Olaf Schöder, Maxim Kulikow, Hauke Möller, Maria Möller, Helga Sippel, Daniel Gundermann, Jana Bozkova, Veronika Hümpfer, Alexandra Petersamer, Clemens Posselt, Janos Orban, Stephan Gogolka, Stephan Schrader, Lena Sutor-Wernich, Michael Heim, Peggy Steiner, Martella Gutiérrez-Denhoff, Michael Denhoff, Renate Vornhusen, Anke Althoff, Gerda Maria Eiselmair, Uta Mücksch, Ana Kirchmayer-Wonnemann, Julia Haubold, Biruta Kviesite, Paul Cibis, Stefan Vinzberg, Anne-Marei Holter, Alessandro Nania Pacino, Saskia von Mendel, Doris Orsan, Morgaine, Äon
Original Artikel Teaser
Die Kriegstrommeln übertönen
Berlin, den 20. September 2023 Sehr geehrte Anna Netrebko, die unten aufgeführten Kulturschaffenden begrüßen, dass Sie am Freitag, den 15. September 2023, in Berlin an der Staatsoper Unter den Linden aufgetreten sind. Nach der Diffamierungskampagne gegen Sie ist dies keine Selbstverständlichkeit. Dass Sie sich dennoch für eine Aufführung in Berlin entschieden haben, freut uns von Herzen. Wir distanzieren uns in aller Form von der Aussage des ukrainischen Botschafters Oleksij Makejew, der Ihnen eine Mitschuld am Krieg in der Ukraine zuweist (Spiegel-Artikel vom 14. September 2023), denn sie befeuert zum einen die Diffamierungskampagne gegen russische Kulturschaffende und versucht darüber hinaus den Kriegskurs der jetzigen Bundesregierung zu rechtfertigen. Der Krieg in der Ukraine ist mit nichts zu rechtfertigen, und wir verurteilen ihn zutiefst. Eine Großmacht, die
Details zu Die Kriegstrommeln übertönen