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„Europa an der kurzen Leine der USA“

Published On: 4. Juli 2022 6:00

Die letzte Woche war eine Woche der Gipfeltreffen: G7, NATO, Europarat. Ein etwas anderer Rückblick.

Dass das russische Fernsehen einen etwas anderen Blick auf die Ereignisse in Europa hat, als das deutsche Fernsehen, ist bekannt. Daher übersetze ich auch diese Woche den Bericht des russischen Deutschland-Korrespondenten, der am Sonntag im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens gezeigt wurde.

Beginn der Übersetzung:

Wie die USA Europa an der kurzen Leine halten

Es war ein beeindruckender Marathon von Gipfeltreffen – G7, NATO und davor der Europarat – in der Sommerpause wird es viel zu besprechen geben. Das Wettersteingebirge, an dessen Fuße sich das G7-Gastgeberhotel Schloss Elmau befindet, scheint selbst die Globalisierungsgegner in seinen Bann gezogen zu haben – die Polizei erstattete zwei Anzeigen und verspeiste 80.234 Stück Schokolade.

Und der Empfang im Real de Madrid – gemeint ist der Königspalast – anlässlich der Zusammenkunft der Allianz glänzte: Thronsaal, Gold, Purpur. Königin Letizia kam unerwartet in Schwarz, war aber umwerfend wie immer. Beim Galadinner saß der ungarische Ministerpräsident Orban neben dem homosexuellen Partner des luxemburgischen Premierministers Xavier Bettel, also hatten sie wohl einiges zu besprechen. Das wurde jedoch von den Kameras nicht gezeigt, weil sie auf Biden gerichtet waren. Der US-Präsident war irgendwie verwirrt, sollte er nicht neben dem König sitzen? Oder doch nicht? (Anm. d. Übers.: Gezeigt wird, wie Biden etwas verwirrt neben dem König steht und zu verstehen versucht, wo er sitzen soll)

Das Gute ist ja, dass es in seiner Welt noch einige feste Bezugspunkte gibt. Etwas, das er ohne Spickzettel herausbringt: „Wer trägt die Schuld an der Inflation und den Kraftstoffpreisen? Russland. Wer trägt die Schuld an der Nahrungsmittelkrise? Russland“

Nach Russland und natürlich Putin waren die wichtigsten Wörter der Woche „Einheit“ und „Solidarität“ und auch „Öl“. Nichts Neues. Die wichtigste Schlussfolgerung ist immer dieselbe: Ziehen sich die USA aus allen westlichen Strukturen zurück, wird alles sofort zusammenbrechen.

Sie lachten viel – vor allem in Elmau – und wirkten demonstrativ entspannt, sogar ein bisschen zu sehr – als wären sie glücklich und ängstlich zugleich. „Putin darf in der Ukraine nicht gewinnen“ ist die These, die Macron und Scholz fast täglich wiederholen, aber weder der französische Präsident noch der deutsche Bundeskanzler wissen, wie sie das erreichen können. Sie sind es leid, sich etwas auszudenken. Boris Johnson ist frustriert, er könnte dann nicht mehr nach Kiew reisen. „Es ist sehr wichtig, in die Ukraine zu reisen, besonders in dieser schwierigen Zeit. Wir sind besorgt, dass sich weltweit eine gewisse Ukraine-Müdigkeit breit macht“, sagte Johnson.

Johnson selbst war in den letzten Monaten zweimal in Kiew – für sich selbst und für Biden. Das letzte Mal gleich nach Macron, Scholz und Draghi. Er hat Selensky „auf den Zahn gefühlt“ ob er keine Verhandlungen mit Moskau will. Berlin und Paris sind bekanntermaßen sehr verärgert über die Versuche Großbritanniens, den Konflikt auf eine neue Stufe zu heben – der Kaliningrad-Transit ist seine Provokation und Litauen ist der dumpfe Vollstrecker. London seinerseits verdächtigt seine Kollegen, die Situation so schnell wie möglich bereinigen und zumindest irgendetwas aushandeln zu wollen.

Und diese Befürchtungen sind nicht ganz unbegründet. Am Donnerstag strahlte France 2 einen Dokumentarfilm mit dem Titel „Der Präsident, Europa, der Krieg“ aus. Es ging um Macron und sein Telefon, das bereits vor der aktiven Phase der Kämpfe glühend heiß lief. Einhundert Stunden Gespräche mit Putin. Das Ziel der Reportage ist es, zu zeigen, dass Macron es zwar versucht hat, Russland aber nicht wollte. Die Autoren lassen ein wichtiges Detail aus: der russische Präsident hat auch hundert Stunden lang mit Macron gesprochen. Und wenn es nicht geklappt hat, dann deshalb, weil Kiew die mächtigeren Kuratoren hatte als Frankreich und Deutschland, die europäischen Garanten des Minsker Abkommens. Und sie sind selbst schuld daran, dass sie jetzt nur noch mit Verwunderung über die Ergebnisse ihrer Kontakte mit dem Kreml sprechen können.

„Nach meinem Gespräch mit Putin wird es nicht besser. Einer der Aspekte, der mich bei dem Gespräch am meisten verwundert, ist, dass er sich nicht ein einziges Mal über die Sanktionen beschwert hat. Ich weiß nicht, ob das bei Deinem Gespräch auch so war, aber er hat das Thema überhaupt nicht angesprochen“, sagte Scholz zu Macron. „Die gleiche Situation“, antwortete Macron.

(Anm. d. Übers.: Die französische Reportage würde ich gerne sehen, aber leider kann ich kein Französisch. Darin werden viele Ausschnitte aus Macrons Telefongesprächen gezeigt und die Tatsache, dass es Scholz offensichtlich ernsthaft überrascht hat, dass Putin sich mit keinem Wort über die Sanktionen äußert, zeigt, dass Scholz in Sachen Russland wirklich überhaupt keine Ahnung hat. Russland nimmt die westlichen Sanktionen seit 2014 achselzuckend hin und kein russischer Vertreter hat sie aus eigenem Antrieb angesprochen. Scholz scheint aber der Illusion zu erliegen, Russland müsste um die Aufhebung der Sanktionen betteln. Diese Fehleinschätzung und dieses totale Unwissen über den – aus seiner Sicht – wichtigsten „Gegner“ Deutschlands hat mich ehrlich gesagt sehr schockiert.)

Eine weitere Gemeinsamkeit in dieser Situation ist der Gegeneffekt der Sanktionen, der einfach unerträglich werden kann. Was Johnson wirklich stört, ist die Tatsache, dass seine erklärte Bereitschaft, die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen, nichts anderes als eine Tirade ist, die ausgerechnet er gut beherrscht. Sich selbst zum Clown zu machen, aber die Öffentlichkeit zum Reagieren zu bringen, darin war er schon hervorragend, als er noch Bürgermeister von London war.

Und diese Woche ist er besonders in Fahrt. Eine Welle von Karikaturen: Er zieht sich neben Putin aus, zeigt seine Brustmuskeln.

(Anm. d. Übers.: Johnson hat auf einem Fototermin bei einem Gipfel zum kanadischen Premier Trudeau gesagt, sie sollten sich alle ausziehen, um Putin ihre Muskeln zu zeigen. Putin hat dazu auf Nachfrage gesagt: „Ich weiß nicht, ob sich die Chefs der G7 oberhalb oder unterhalb der Taille ausziehen wollten, aber das wäre in jedem Fall ein ekelerregender Anblick geworden.“)

Es besteht der Verdacht, dass Putin sich das, ebenso wie der Rest der Menschheit, nicht ansehen wollte. Doch unwillkürlich beginnt das Kopfkino sein zerstörerisches Spiel. Oder die Frage, was der alte Freud gesagt hätte, wenn er solch hochkarätige Gespräche gehört hätte:

„Ich habe den kanadischen Staatsflieger gesehen. Ein wirklich großes Flugzeug“, sagte Johnson zum kanadischen Premierminister Justin Trudeau.

„Nicht so groß wie deins“, antwortet Trudeau.

„Nein, unser Flugzeug ist sehr klein.“

„Ja, wir haben beide sehr kleine Flugzeuge.“

„Sehr kleine.“

Gegen Ende des NATO-Gipfels präsentierte Johnson eine weitere Perle: Er stellte fest, dass Putin, wenn er eine Frau wäre, niemals in die Ukraine eingefallen wäre. Zum Leidwesen Johnsons bestätigt die Geschichte das nicht: Das letzte Mal, als Russland von einer Frau regiert wurde, war das Katharina die Große, die die Türkei mit großer Leidenschaft geschlagen und Polen ein weiteres Mal geteilt hat. Aktueller ist allerdings die Teilung Großbritanniens.

In Nordirland haben vor kurzem die Separatisten die Wahl gewonnen und diese Woche wurde in Schottland der Termin für ein weiteres Referendum über die Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich festgelegt – der 19. Oktober nächsten Jahres. Es gibt viele Beschwerden, die neueste ist, dass Schottland und auch Wales es satt haben, Geld für die Unterstützung der Ukraine zu verschenken. Es ist an der Zeit, sich an den Unterschied zu erinnern: Die Schotten und Waliser haben kein Geld mehr für die Abenteuer der Angelsachsen, die von der wandelnden Parodie eines Premierministers angeführt werden.

Auf dem Gipfeltreffen der Nordatlantischen Allianz begann der türkische Präsident Erdogan sein Gespräch mit Biden, indem er mit dem Finger auf Johnson zeigte und sagte: „Der da blamiert uns.“ Da Biden bei dem gemeinsamen Fototermin die Hand des südkoreanischen Präsidenten Yoon Seok-yeol, eines Gastes des Treffens, der direkt vor ihm stand, nicht bemerkte, ist allerdings nicht ganz sicher, ob Biden verstanden hat, wer mit „der da“ gemeint war.

Aus den Ergebnissen des Treffens lassen sich zwei Dinge hervorheben. Das erste ist die Aufstockung der NATO-Truppen an der Ostflanke: Die schnelle Eingreiftruppe soll von 40.000 auf 300.000 Mann erhöht werden. Alle scheinen daran beteiligt zu sein, aber nur die USA verfügen über echte Fähigkeiten.

„Ohne das mutige Engagement der Amerikaner – zum Beispiel in Form von Waffenlieferungen – würden die russischen Truppen in der Ukraine wahrscheinlich schon an der Ostgrenze der EU stehen. Europa kann der Bedrohung durch Moskau nicht allein begegnen. Berlin, Paris und Brüssel erkennen nach diesem NATO-Gipfel an, dass es ein Glück ist, dass es Amerika gibt“, schreibt der Spiegel.

Wenn wirtschaftlicher Druck nicht funktioniert, haben die USA nichts dagegen, den militärischen Einsatz zu erhöhen: Leaks zufolge sind die Amerikaner dabei, Langstreckenluftabwehrsysteme an die Ukraine zu liefern. Nur die Russen und die Amerikaner spielen dieses Pokerspiel mit, die anderen sind Statisten. Und Bundeskanzler Scholz hat mal wieder gelacht. Diesmal, so scheint es, über sich selbst, denn es ist nicht Deutschland, das über solche Fragen entscheidet.

„Können Sie uns sagen, welche Sicherheitsgarantien der Ukraine gegeben werden können?“

„Ja.“ Pause. „Ich könnte.“ Pause „Das war’s“, sagte Scholz.

Und noch eine Nachricht aus Madrid, die man als Erfolg darzustellen versuchte: das trilaterale Memorandum, wonach die Türkei bereit ist, Finnland und Schweden bei der NATO-Mitgliedschaft zu unterstützen – Biden hat sogar der Schweiz dazu gratuliert. (Anm. d. Übers.: Biden hat bei seiner Pressekonferenz Schweden und die Schweiz verwechselt)

Es zeigt sich jedoch, dass die praktische Umsetzung der Vereinbarungen von beiden Seiten unterschiedlich gesehen wird.

Erdogan erwartet, wie er nach dem Gipfel erklärte, dass die Finnen und Schweden ihm Kurden und Gülen-Anhänger, insgesamt 73 Personen, die er für gefährliche Terroristen hält, ausliefern. Stockholm und Helsinki haben sich diesen Forderungen gegenüber kühl gezeigt und der türkische Präsident hat angedeutet, dass sein Parlament die Skandinavier nicht in die NATO aufnehmen wird.

Wie auch immer das ausgeht, Folgendes ist jetzt interessant: Bundeskanzler Scholz hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Aussicht auf einen Beitritt Schwedens und Finnlands zum Bündnis in Russland gelassen gesehen wird. Und hier sieht man, wie selbstverliebt die britische Außenministerin Liz Truss in dieser Frage lügt: „Putin hat sowohl die Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens in der NATO, als auch die Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine, als rote Linie bezeichnet, aber das ist nur Rhetorik. Wir müssen die Rhetorik ignorieren und stattdessen alles tun, was wir können, um der Ukraine mit den Waffen zu helfen, die sie braucht, um diesen schrecklichen Krieg zu gewinnen.“ (Anm. d. Übers.: Stammleser wissen, dass Putin lediglich einen NATO-Beitritt der Ukraine und NATO-Basen in der Ukraine als rote Linien bezeichnet hat)

Truss, die sich mit ihrem verrückten Chef ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefert und ihn manchmal sogar überholt, läuft mit Streichhölzern herum, falls ihre Kollegen auf dem Kontinent etwas löschen wollen. Sie lügt wie gedruckt, sogar gegenüber ihren direkten Arbeitgebern – dem britischen Parlament.

„Saudi-Arabien hat an einem Tag 81 Menschen hingerichtet und Sie halten es nicht für ein autoritäres Regime?“, wurde sie dort gefragt.

„Ich denke, unser Land muss sich mit den größten Bedrohungen in der Welt auseinandersetzen. Die größte Bedrohung ist im Moment Russland. Und um es zu besiegen, brauchen wir Zugang zu alternativen Energiequellen im Golf“, meint Truss.

„In dem soeben veröffentlichten Handelsdokument heißt es: ‚Die Regierung wird weiterhin Menschenrechtsverletzer zur Rechenschaft ziehen.‘ Was haben Sie dafür in Bezug auf die Golfstaaten getan?“, wurde sie gefragt.

„Diese Fragen werden regelmäßig bei Treffen mit den zuständigen Ministern und Abteilungsleitern angesprochen.“

„Und Sie haben sich mit ihnen persönlich getroffen?“

„Ja, persönlich.“

„Aber Ihr Sprecher hat gesagt, dass Sie sie nicht getroffen haben. Welches Thema haben Sie bei der letzten Sitzung angesprochen?“

„Über die genauen Einzelheiten muss ich mich mit dem Ausschuss in Verbindung setzen.“

Bei all dem Geschwafel ist die einzige Wahrheit, dass der Westen dringend einen großen Öldeal braucht. So etwas wie in den 1980er Jahren während des Krieges in Afghanistan. Daraufhin ließ Saudi-Arabien den Ölpreis abstürzen, was sich auf den Militärhaushalt der UdSSR auswirkte. Während des gesamten G7-Gipfels ging es um die Frage, wie man russisches Öl vom Markt verbannen kann, ohne die Preise, die bereits bei 120 Dollar pro Barrel liegen, weiter in die Höhe zu treiben.

„Die Europäische Union wendet sich vom russischen Öl ab. Es darf nicht passieren, dass Putin dieses Öl nimmt und damit auf den Weltmarkt geht, die Preise steigen und er die Kriegskassen füllt. Wir brauchen viele Verbündete, damit wir einen angemessenen, aber nicht exorbitanten Preis zahlen“, sagte die Chefin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen.

Als Teil der Lösung sieht die G7 die Einführung einer Preisobergrenze für russische fossile Energieträger vor, ohne die die Lieferanten keine Tanker versichern könnten. Das ist für die für Unternehmen, die in diesem Geschäft Milliarden verdienen, kein Spaß. Die Idee wurde von Zypern sofort abgelehnt. Und sie haben den indischen Premierminister nach Elmau eingeladen, der den Kauf und die Verarbeitung von russischem Öl drastisch erhöht hat: Will Herr Modi vielleicht russisches Öl zu Schleuderpreisen kaufen? Es besteht jedoch das Risiko, dass Russland den Verkauf ablehnt, so dass das BRICS-Land, das den Weg der strategischen Autonomie gewählt hat, sich dem Westen kaum anschließen wird.

Die wichtigste Voraussetzung für die Umsetzung des Plans ist die Verfügbarkeit einer ausreichenden Menge an relativ billigem arabischem Öl. Das gibt es nicht und wird es nicht geben. Diese Nachricht erwies sich als so dringend, dass Macron die Vertraulichkeit außer Acht ließ, um sie Biden so schnell wie möglich vor laufenden Kameras zu übermitteln: „Joe! Herr Präsident, entschuldigen Sie. Tut mir leid, dass ich Sie unterbreche. Ich hatte ein Gespräch mit dem Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate über die Erhöhung der Produktion. Er sagte mir zwei Dinge. Erstens: Ich bin an der Obergrenze. Ich komme meinen Verpflichtungen in vollem Umfang nach. Und zweitens hat er mir gesagt, dass die Saudis ihre Produktion leicht erhöhen können. Und sie haben in den nächsten sechs Monaten nicht viel Kapazität.“

Für Biden ist das vor seinem Besuch in Saudi-Arabien eine wichtige Erkenntnis: das Königreich bleibt im Rahmen der Abmachung der OPEC+, das die Möglichkeit der Manipulation bei russischen Energieträgern einschränkt. Das war’s erstmal mit den Sanktionen.

Die Unstimmigkeiten zwischen den Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs, Italiens, Deutschlands und Japans haben sie daran gehindert, sich auf konkrete neue Sanktionen zu einigen. Also hat die Gruppe sich nur darauf geeinigt, an neuen Maßnahmen – von einer Preisobergrenze für russisches Öl bis zu einem Goldembargo – zu arbeiten. Da die meisten der verfügbaren Optionen zur Bestrafung Russlands in naher Zukunft so gut wie ausgeschöpft sind, bleiben nur noch die schwierigeren und umstritteneren Alternativen auf dem Tisch. Und das, obwohl sie noch gar nicht richtig zu den Sanktionen befragt wurden, die sie sich schon ausgedacht und beschlossen haben. Gegen Mitte des Winters, den die Bundesnetzagentur als „Partykiller“ bezeichnet, wird man wohl Rechenschaft ablegen müssen.

Die Propaganda läuft rund um die Uhr, aber es kommt vor, dass ein britischer Bürger morgens den Fernseher einschaltet und Bernie Ecclestone, den Gründervater der Formel 1, über Putin spricht: „Ich würde mir immer noch eine Kugel für ihn einfangen. Besser wäre es ohne Verletzungen, aber ich würde mir eine Kugel einfangen, weil er ein erstklassiger Mann ist und tut, was er für richtig hält. Er tut das für Russland. Leider machen alle Geschäftsleute, auch ich, von Zeit zu Zeit Fehler. Wenn das passiert, tut man alles, was man kann, um das zu korrigieren. Wenn alles richtig gemacht worden wäre… Es gibt einen Mann in der Ukraine – soweit ich weiß, war er ein Komiker. Und er scheint in seinem Beruf bleiben zu wollen. Ich denke, wenn er richtig darüber nachgedacht hätte, hätte er sich genug Mühe gegeben, mit Herrn Putin zu reden – der ist ein vernünftiger Mensch hätte ihm zugehört und etwas getan.“

Für die USA ist es normal, dass sie über die Ozeane hinweg Unruhe stiften – dabei haben sie immer gewonnen. Das hoffen sie auch dieses Mal. Sie haben fossile Brennstoffe, aber wohin das rohstoffarme Europa will, ist unklar. Der Gaspreis liegt in dieser Woche bei 1.600 Dollar pro 1.000 Kubikmeter, die unterirdischen Gasspeicher sind zu 60 Prozent gefüllt, während 90 Prozent das Ziel sind, und am 11. Juli wird Nord Stream-1 wegen Wartungsarbeiten für zehn Tage stillgelegt. Und aus irgendeinem Grund glaubt der deutsche Energieminister, dass die direkten Gaslieferungen aus Russland nicht wieder aufgenommen werden könnten. Gleichzeitig hat die britische Regulierungsbehörde versprochen, dass sie im Falle von Gasproblemen auf den Inseln den Transit von Treibstoff aus den Nordseefeldern zum Kontinent unterbrechen wird. Und das sollte man glauben, denn etwas Ähnliches hat es schon mal gegeben, als die sich um Impfstoffe gestritten haben.

Als Option erwägt die deutsche Regierung die Verstaatlichung von Gazprom-Vermögen – des Landabschnitt von Nord Stream 2 -, aber das Signal ist gesetzt: Britische und japanische Investoren haben Milliarden verloren, nachdem sie vor einigen Tagen aus dem russischen Gasprojekt Sachalin 2 herausgeworfen wurden. Wegen des unfreundlichen Verhaltens ihrer Regierungen. Es wurde ein Präzedenzfall geschaffen. Da sie aber immer noch in das Abenteuer der Sanktionen verstrickt sind, bleiben sie auf ihrem Standpunkt. Der Spiegel hat den G7-Gipfel – und auch den NATO-Gipfel – als modisch inszeniertes Bild der Einigkeit bezeichnet, und Biden kann mit den Verbündeten zufrieden sein – sie werden sich nicht von der Leine reißen.

Vor einem Interview mit dem amerikanischen Sender CBS stellte Bundeskanzler Scholz fest, dass niemand wisse, wann Russland in seiner Konfrontation mit dem Westen die Ressourcen ausgehen würden, dass Europa aber in diesem Winter eindeutig „ausbrennen“ könne. Als erfahrener Puppenspieler sind die USA natürlich innerlich mit ihren Marionetten verbunden, insbesondere mit den alten, die sie so geschickt zu manipulieren gelernt haben. Aber irgendwo in ihnen schläft Karabas-Barabas – dann wird er aufwachen und mit den Puppen den Kamin anheizen. (Anm. d. Übers.: Karabas-Barabas ist ein Charakter aus der russischen Version des Märchens von Pinocchio, der die Holzpuppe in den Kamin werfen wollte)

Ende der Übersetzung