was-wir-ueber-corona-und-impfungen-weder-hoeren-noch-wissen-wollenWas wir über Corona und Impfungen weder hören noch wissen wollen
daenemark-beendet-impfung-fuer-kinder-und-jugendliche-unter-18-jahrenDänemark beendet Impfung für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
corona-impfschaeden-in-norwegen

Corona-Impfschäden in Norwegen

Published On: 8. August 2022 9:07

Bisher 260 Tote, knapp 60.000 gemeldete Impfschäden – und kein Ende in Sicht: In einer exklusiven Recherche vergleicht der österreichische Historiker Stephan Sander-Faes die bisher dokumentierten Covid-Impfschäden in Norwegen mit jenen der Schweinegrippe-Impfkampagne. Die Ergebnisse sind verheerend und werfen viele Fragen auf – die Verantwortlichen weichen aus. 

Man kann viel über Norwegen und Corona sagen, und in vielerlei Hinsicht haben die hiesigen Behörden weniger gesellschaftliches Porzellan zerschlagen als etwa in Deutschland, Österreich oder Italien. Gerade in Hinsicht auf die im Vergleich ausgeglichenere Politik- und Medienlandschaft sind meine Erfahrungen seit Sommer 2020 zwar positiver als das, was man aus der Ferne von daheim mitbekommt, sei es durch Politiker(innen), Medienberichte und Erzählungen von Verwandten und Freunden. Doch dies ist lediglich eine Seite der sprichwörtlichen Medaille.

Die Kehrseite, die sieht sehr anders aus, was gerade beim Thema Impfnebenwirkungen und -schäden der mit Notfall- bzw. „bedingter Marktzulassung“ verfügbaren Covid-19-Produkte aller Hersteller klar ersichtlich ist. Die dafür zuständige norwegische Aufsichtsbehörde Legemiddelverket veröffentlicht alle zwei Monate Berichte über die vermuteten Beiwirkungen und möglichen Folgeschäden, was laut offiziellen Angaben insbesondere Herzmuskelentzündung (Myo- bzw. Perikarditis), Menstruationsstörungen und Blutgerinnsel betrifft.

In den letzten Monaten sind auch—meinem Ermessen nach—vermehrt Berichte über Impfschäden in den norwegischen Medien erschienen. So brachte etwa der öffentlich-rechtliche Nachrichtensender NRK (sozusagen der norwegische ORF) im Jänner einen langen Bericht über eine im Winter 2020/21 mit 42 Jahren an den Folgen der Vaxzevria-Impfung (von AstraZeneca) verstorbenen Krankenschwester, deren hinterbliebener Mann und drei Töchter kürzlich eine Entschädigung von 1 Mio. Kronen (rund 100.000 €) erhalten haben. Das war übrigens—sprichwörtlich betrachtet „zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben“—wie dieselbe Reportage festhält: der Witwer muss nun ein Freizeitgrundstück verkaufen, da die Norsk pasientskadeerstatning (der norwegische Impfschäden-Entschädigungsfond) die ursprünglich geforderte fünffach höhere Summe mit folgender Begründung abgelehnt hatte: der Hinterbliebene habe nach Erreichen der Volljährigkeit seiner drei Töchter—im Moment alle im Teenageralter—ja keine Unterhaltskosten mehr zu tragen. Der Bericht hielt dazu des Weiteren fest, dass eine Klage bereits eingebracht sei—und die damit betraute Anwaltsfirma Ness Lundin, einschlägig in derartigen Schadensersatzstreitigkeiten ausgewiesen, hielt auch fest, dass dies nicht der einzige solche Gerichtsfall sei.

Im September 2021 berichteten norwegische Medien (als erstes das Halden Arbeiderblad [hinter Bezahlschranke], dann auch NRK) von einem Herzmuskelentzündungsfall, der Theodor Huseby Grønnerød betraf. Der 20jährige, der damals seinen Wehrdienst absolvierte und eigentlich Berufsoffizier werden wollte, fand sich nur zwei Tage nach der zweiten Impfung mit der Diagnose Myokarditis im Krankenhaus wieder. Gegenüber NRK beschrieb Huseby Grønnerød diese Erfahrung wie folgt: „ich wachte mitten in der Nacht mit starken Scherzen in der Brust auf. Es war sehr, sehr schmerzhaft. Jeder Herzschlag war schmerzhaft.“ Wiewohl Huseby Grønnerød mittlerweile wieder auf den Beinen ist, wie dies ein weiterer dieses Jahr im Juni erschienener NRK-Beitrag vermeldet, so muss er sich nun beruflich umorientieren. Der Impfschäden-Entschädigungsfond hat Huseby Grønnerød übrigens mit 2.000 Kronen (rund 200 €) gleichsam abgespeist—mit der Begründung, dass diese Summe „die Ausgaben decken soll, die in diesem Zeitraum [der Hospitalisierung] möglicherweise erwachsen sind“ da Huseby Grønnerød keine „umfassende Dokumentation über seine mögliche Offizierslaufbahn“ vorgelegt hatte. Auch deswegen, so Rolf Gunnar Jørstad, Direktor des Impfschäden-Entschädigungsfond, da die Herzmuskelentzündung „ein vorübergehender Zustand“ sei, nicht ohne nachzulegen, dass „wenn man eine Entschädigung für eine geplante Karriere beanspruchen will, die sich nicht so entwickelt hat, wie man es sich erhofft hat, dann ist es wichtig, dass man diese Pläne ausreichend begründen muss, um einen Entschädigungsanspruch geltend machen zu können“.

Ungeachtet der (meines Erachtens unangemessenen) Herablassung und -würdigung des Folgeschadens durch Jørstad sei an dieser Stelle zudem auf die Schwere der Diagnose Myokarditis hingewiesen. Wie Uwe Kühl und Heinz-Peter Schultheiss in der Fachzeitschrift Deutsche[s] Ärzteblatt vor einem Jahrzehnt festhielten (109:20, 2012, 361-8; DOI: 10.3238/arztebl.2012.0361), handelt es sich bei einer Herzmuskelentzündung um eine Erkrankung, die „trotz Behandlung eine hohe Letalität auf[weist]“ wobei die Prognose von Ausmaß und Entzündungsart sowie dem verursachten Schaden abhängen.

Das häufige Auftreten dieser Impfschäden—vor allem unter jungen Männern hat das norwegischen Folkehelseinstituttet (FHI, etwa Öffentliches Gesundsheitsamt) „bereits im Sommer 2021“ dazu veranlasst, die Impfempfehlung mit Spikevax (Moderna) für unter 30jährige zurückzunehmen. Auch der Wirkstoff Vaxzevria (AstraZeneca wird seit Frühjahr 2021 aufgrund mehrerer Meldungen aus über ähnliche Todesfälle u.a. Dänemark und Österreich nicht mehr eingesetzt. Der ebenso mit der neuartigen Technologie arbeitende Wirkstoff Comirnary (BioNTech/Pfizer) wird hingegen weiterhin spezifisch für die Alterskohorten unter 30 verabreicht. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat übrigens kürzlich einen aktualisierten Bericht (S. 4-6) hierzu vorgelegt, der diese erhöhten Herzmuskelentzündungsrisiken auch bei dem erst seit Kurzem verfügbaren Wirkstoff Nuvaxovid (Novavax) festgestellt hat.

So weit, so gut, oder?

Leider aber ist dem nicht so. Bei Weitem nicht.

Risiken und Nebenwirkungen der Corona-Impfungen in Norwegen

In vielerlei Hinsicht sind die Veröffentlichungen der norwegischen Ämter und Behörden recht transparent. So weist der jüngste vorliegende „Bericht über vermutete Impfnebenwirkungen der Covid-19-Wirkstoffe“ des Legemiddelverkets die folgenden Angaben aus (S. 5; Hervorhebungen im Original):

Seit dem Beginn der Impfkampagne am 27. Dezember 2020 bis und mit 14. Juni 2022 wurden insgesamt 59.630 vermutete Nebenwirkungen gemeldet, von denen bis anhin 38.579 (65%) bearbeitet wurden (…)

Diese Anzahl muss im Licht der verabreichten Impfdosen betrachtet werden. Per 14. Juni 2022 wurden in Norwegen insgesamt 11,374,000 Dosen verabreicht. Die Verteilung ist wie folgt: 4,330,000 erste Dosen, 4,042,000 zweite Dosen; die Anzahl derjenigen, die eine dritte Dose erhalten haben beträgt 2,975,000 und die derjenigen mit einer vierten Dosis 44,000.

Tabellen 3 und 4 (S. 6 bzw. 7) weisen eine Fülle von Details über die Verteilung der vermuteten Nebenwirkungen und Impfschäden aus:

Übersetzung: Verteilung der Meldungen über vermutete Beiwirkungen nach Schweregrad für mRNA-Impfstoffe. Antall satte doser = Anzahl verabreichter Dosen (Quelle: SYSVAK [das norwegische elektronische Impfregister des FHI]); Total antall bivirknings-meldinger = Gesamtanzahl der gemeldeten Beiwirkungen, man beachte aber den Kommentar (*), der darauf hinweist, dass „die Tabelle die fertig bearbeiteten Beiwirkungsmeldungen ausweist“. Antall meldinger om dødsfall = Zahl der Meldungen mit tödlichem Ausgang, man beachte hierzu den Kommentar (**) = „Die Tatsache, dass eine Person in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung stirbt, bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein ursächlicher Zusammenhang besteht.“ Antall alvorlige meldinger unntatt dødsfall = Zahl schwerer Beiwirkungen exkl. Todesfälle. Antall lite alvorlige meldinger = = Zahl der leichten Beiwirkungen

Übersetzung wie bei Tab. 3, mit dem Zusatz (***), dass „Vaxzevria wird in Norwegen seit dem 11. März [2021] nicht mehr verabreicht, aber die Anzahl der verabreichten Dosen kann weiter zunehmen, da auch Impfungen, die in SYSVAK nachregistriert werden, die im Ausland geimpft wurden.

Es können also—mit Stand Mitte Juni 2022—folgende Fakten festgehalten werden:

  • Mehr als 11,3 Mio. Impfdosen haben 59.630 vermutete Nebenwirkungen und Impfschäden verursacht.
  • Von diesen sind zwar „erst“ rund zwei Drittel bearbeitet worden (38.579), von denen wiederum insgesamt 6.314 als alvorlige meldinger (schwere Nebenwirkungen)—allerdings exkl. Todesfälle—klassifiziert wurden.
  • Insgesamt liegen Meldungen über 260 Todesfälle vor, die in einem vermuteten Zusammenhang mit den Covid-19-Wirkstoffen stehen vor.

Gleichsam „nebenbei“ sei darauf hingewiesen, dass die Meldezahlen in dem zitierten Bericht des Legemiddelverkets voneinander abweichen: auf S. 4 wird die Zahl der bereits behandelten vermuteten Nebenwirkungen und Impfschäden mit 38.579 ausgewiesen, wenn man jedoch die in Tabellen 3 und 4 (S. 6 bzw. 7) angeführten einzelnen Positionen addiert—21.744 (Comirnaty) + 8.075 (Spikevax) + 9.105 (Vaxzevria) + 37 (Jcovden [Johnson&Johnson]) = 38.961 Meldungen—so ist deren Summe insgesamt höher als die Zahl der als bereits behandelt ausgewiesenen Meldungen.

Ungeachtet dieser beispiellosen Flut an Meldungen über vermutete Nebenwirkungen und Impfschäden der verfügbaren Covid-19-Wirkstoffe halten die norwegischen Ämter und Behörden weiterhin an der Massenimpfkampagne fest. NRK berichtete übrigens erst vor wenigen Tagen, dass sich die Anzahl der vierfach geimpften Personen im Juli deutlich erhöht hatte und, wie das Folkehelseinstituttet auf seiner Homepage ausweist, per 4. August 2022 bereits 156.848 Personen umfasst.

Die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungen und Impfschäden hat bislang jedoch keine umfassende Änderung von Politik, Ämtern und Behörden hergerufen—was allerdings aufgrund von deren Ausmaßen geboten scheint.

Etwas ist faul im Staate Norwegens

Wenn man nämlich die erste Pandemie des 21. Jahrhunderts—der Schweinegrippe von 2009/10 (Influenza A [H1N1])—als Maßstab heranzieht, so lässt sich das beispiellose Ausmaß der Nebenwirkungen und Impfschäden immerhin erahnen.[i]

Als die Weltgesundheitsorganisaion (WHO) die Schweinegrippe 2009 zur Pandemie erklärte, setzte man in Norwegen auf eine Massenimpfkampagne. Hierfür griff man auf den traditionellen Totimpfstoff „Pandemrix“ des Herstellers GlaxoKlineSmith (GKS) zurück, der 2006 patentiert und 2008 mit normalen Marktzulassung seitens der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) ausgestattet wurde. Wie sich alsbald herausstellte, verursachte dieser Wirkstoff jedoch ein erhöhtes Ausmaß an Impfschäden, insbesondere Narkolepsie (Schlafstörungen), weswegen dessen Verabreichung alsbald eingestellt und die Marktzulassung 2016 zurückgenommen wurde, wie die entsprechenden Verweise auf der Homepage der EMA belegen.

In Norwegen wurden bis zu der Einstellung der Massenimpfungen mit „Pandemrix“ rund 2,2 Mio. Dosen verabreicht, die laut einem Bericht des Legemiddelverket bis 2013 insgesamt 1.449 Nebenwirkungen zur Folge hatten; von diesen wurden 548 (38%) als „schwere“ Impfschäden klassifiziert. 70% dieser Nebenwirkungen und Impfschäden zeitigten neurologische Folgen (Verlust der Geruchs- oder Geschmackssinne, eingeschränkte Mobilität, Schlafstörungen, [verstärkte] Epilepsie, Guillain Barré-Syndrom), rund 55% waren allgemeiner Natur (etwa Fieber oder Schwellungen an der Injektionsstelle).

Damals aber war vieles anders.

Wie etwa NRK im Februar 2012 berichtete, wurden alsbald „Schadenersatzzahlungen in Millionenhöhe“ fällig, da die Norsk pasientskadeerstatning (der norwegische Impfschäden-Entschädigungsfond) den ursächlichen Zusammenhang von Narkolepsie und der Impfung mit „Pandemrix“ anerkannte. Bei Narkolepsie handelt es sich gemäß Diagnosehandbuchs ICD10 (Kode G47.41) um eine „neurologische Störung der Kontrolle der Schlaf- und Wachzeiten, die mit Verhaltensstörungen und Gedächtnisverlust einher geht“.

Sowohl die Behörden als auch die Medien haben 2010 sehr unterschiedlich agiert.

Als der erste Narkolepsie-Verdachtsfall in Norwegen Mitte-Ende August 2010 bekannt wurde, hat das Folkehelseinstituttet die Impfkampagne sofort ausgesetzt und eine Untersuchung eingeleitet. Neben dem zunächst einzelnen norwegischen Verdachtsfall (der eine Achtjährige betraf) verwiesen die Behörden zudem auf 25 weitere Fälle, die im benachbarten Finnland beziehungsweise Schweden bekannt geworden waren.

In den Medien—hier am Beispiel von NRK aufgezeigt—wurde damals wie folgt berichtet. Unter der Schlagzeile „Narkolepsie stoppt Impfungen“ konnte man etwa am 24. August 2010 lesen, wie Steinar Madsen, Abteilungsleiter für Arzneimittelsicherheit beim Legemiddelverket, die Situation beschrieb:

Es gibt keinen bestätigten Zusammenhang zwischen Narkolepsie und der Impfung gegen Schweinegrippe [mit „Pandemrix“], aber wir nehmen diese Meldungen sehr ernst und beobachten die Situation genau.

Das muss man erst einmal sinken lassen: weniger als ein Jahr nach Beginn der Massenimpfkampagne gibt es eine (!) Meldung über eine Achtjährige mit Schlafstörungen in Norwegen (was, so sei bemerkt, auch „nur“ eine der mit „Pandemrix“ letztlich assoziierten Impfschäden ist)—und die Ämter und Behörden reagierten umgehend.

In den Folgejahren hat das Folkehelseinstituttet die Angelegenheit umfassend untersucht, wie der im Frühjahr 2017 aufgeschaltete Eintrag zum Thema „Narkolepsie nach der Schweinegrippe-Pandemie“ zusammenfasst und Reihe weiterführender einschlägiger Literatur ausweist:

Wir haben die Zusammenhänge der Impfung mit „Pandemrix“ und der Entwicklung von Narkolepsie unter 1.6 Mio. norwegischer Kinder und junger Menschen unter 30 untersucht (…) letzten Endes war das Risiko an Narkolepsie zu erkranken fünffach höher unter den Geimpften im Vergleich zu den Ungeimpften.

Der für das Folkehelseinstituttet zuständige Chefepidemiologe, Dr. Preben Aavitsland, bezeichnete die Impfschäden der Massenimpfung mit „Pandemrix“ gegenüber NRK übrigens wie folgt:

Das ist die schwerwiegendste Impfkatastrophe der jüngeren Zeit [Dette er den mest alvorlige vaksinekatastrofen i moderne tid].

Aus der Geschichte nichts gelernt

Diese Gegenüberstellung der Schweinegrippe- und Corona-Pandemien ist jedenfalls aus zwei Gründen gerechtfertigt: einerseits haben die norwegischen Gesundheitsämter immer wieder auf ihre Erfahrungen aus 2009/10 hingewiesen, als die Massenimpfkampagne gegen Sars-Cov-2 im Herbst 2020 vorbereitet wurde.

So verfasste etwa der vorerwähnte Steinar Madsen im November 2020 einen Beitrag für das Legemiddelverket mit dem Titel „Nebenwirkungen von Impfstoffen: was wir aus der Pandemie 2009 gelernt haben“, in dem unter anderem zu lesen ist (meine Hervorhebungen):

In einer Pandemie ist es wichtig, schnell Zugang zu einem wirksamen Impfstoff zu bekommen. Die Gesundheitsbehörden und Impfstoffhersteller investieren in einer solchen Situation zusätzliche Ressourcen. Dass es schneller geht, darf jedoch nicht auf Kosten von Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit gehen.

Unter Verweis auf die umgehende Reaktion auf die ersten Verdachtsfälle von Narkolepsie schrieb Madsen zudem, dass jegliche Handlungen auf der Basis des damaligen Wissensstands und unter sorgfältiger „Abwägung des Risikos, schwer zu erkranken oder zu sterben“ zu erfolgen habe. Die Entscheidung, 2009/10 „Pandemrix“ einzusetzen wurde getroffen, da es sich bei dem Wirkstoff um ein „wohlerprobten Impfstoff“ gehandelt habe, der „selten zu schweren Nebenwirkungen“ geführt habe.

Im Herbst 2020 fügte Madsen dem die folgenden Zeilen hinzu (meine Hervorhebungen):

Heute sind wir mit einem völlig neuen Virus konfrontiert, das ein deutlich höheres Risiko für schwere Erkrankungen und Todesfälle birgt als die Schweinegrippe. Derzeit gibt es keinen zugelassenen Impfstoff gegen Covid-19. Daher müssen mit allen Impfstoffkandidaten gegen Covid-19 neue Studien durchgeführt werden, um Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität zu erfassen (…)

Eine aktive Überwachung der Nebenwirkungen nach der Verabreichung der Impfstoffe ist wichtig. Meldungen von sowohl medizinischem Personal als auch von Patienten sind von zentraler Bedeutung, um neue, unerwartete und schwerwiegende Nebenwirkungen zu entdecken. Heute haben wir Möglichkeiten, Informationen aus verschiedenen Gesundheitsregistern zusammenzustellen und auszuwerten. Dadurch können neue, unerwartete oder schwerwiegende Nebenwirkungen schneller erkannt werden.

Weiter unten in demselben Beitrag heißt es (erneut meine Hervorhebungen):

Rückwirkend betrachtet wurde kein Impfstoff gründlicher erforscht als „Pandemrix“ (…)

Seltene Nebenwirkungen sind schwer zu erkennen. Daher ist es wichtig, ein gutes Monitoring und gute Studien mit vielen Teilnehmern zu haben, aber auch mit gründlichen Studien wird man sich nie vollständig vor seltenen Nebenwirkungen schützen können. Alle Arzneimittel, einschließlich Impfstoffe, können Nebenwirkungen haben (…)

Wir müssen offen mit den Nebenwirkungen von Impfstoffen umgehen. Nicht nur darüber, was während der Impfung gemeldet wird, sondern auch darüber, was wir über die betreffenden Impfstoffe wissen und was nicht, bevor sie eingesetzt werden“, sagt Madsen.

Diese „alten“ Medienberichte und neueren Aussagen sind bezeichnend, denn die Verantwortlichen von 2009/10—Steinar Madsen (Legemiddelverket) und Preben Aavitsland (Folkehelseinstituttet)—sind dieselben Personen, die auch seit 2020 mit den Covid-19-Impfungen befasst sind.

Schweinegrippe und Corona-Pandemie

Jeglicher Vergleich ist problematisch und im gegenständlichen Kontext ist dies jedenfalls zutreffend: „Pandemrix“ wurde in Rahmen einer einzelnen Impfung verabreicht, die Covid-Wirkstoffe sahen—zumindest—ursprünglich jeweils zwei Impfdosen vor (von der einmaligen Verabreichung von Jcovden abgesehen).

Zweifelsfrei haben die norwegischen Behörden einiges aus der selbst erklärten „Katastrophe“ (Preben Aavitsland) der Impfkampagne von 2009/10 gelernt: als die ersten Probleme mit Vaxzevria (AstraZeneca) auftauchten—unter anderem aufgrund von Todesfällen in Österreich (siehe etwa hier)—handelte man rasch und entschlossen: im März 2021 setzte man in Norwegen die Verabreichung dieses Wirkstoffs vorläufig und im Mai desselben Jahres endgültig aus.

Dennoch—viele der weltweit vorkommenden Probleme mit den Covid-Wirkstoffen resultieren aus den Besonderheiten von deren Anwendung. Diese umfassen insbesondere die nacheinander erfolgende Verabreichung unterschiedlicher Präparate sowie die eindeutig über die in den für die Beantragung der Notfallzulassung eingereichten Unterlagen betreffend Fragen der Toxizität bei wiederholter Injektion mit mRNA-Wirkstoffen. Weder BioNTech/Pfizer noch Moderna haben dies in den ursprünglichen Antragsunterlagen bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (für die in den USA eingereichten Unterlagen siehe hier, S. 46-7) noch Moderna (siehe hier, S. 52) im Herbst 2020 angesprochen.

Im norwegischen Kontext sei an dieser Stelle auf die entsprechende laufende Überwachung der Bei- und Nebenwirkungen verwiesen, die durch das Legemiddelverket durchgeführt wird: zwar sind „wichtige Informationen über vermutete Nebenwirkungen“ und weiterführende Hinweise darüber, „wie die Überwachung der Covid-19-Wirkstoffe funktioniert“ verfügbar, doch wurde keiner der beiden Webseiten nach dem 5. November 2021 aktualisiert.

Dies vorausgeschickt, so sieht der Vergleich der beiden Massenimpfkampagnen mit Stand Mitte Juni 2022 aus.

Zur Erinnerung: die 2009/10 nach einigen Verdachtsfällen auf Schlafstörungen eingestellte Impfkampagne umfasste rund 2,2 Mio. Impfungen mit „Pandemrix“, die 1,449 Meldungen über vermutete Nebenwirkungen verursachte, von denen 584 als „schwere Nebenwirkungen“ durch das Legemiddelverket klassifiziert wurde.

Bis Mitte Juni 2022 wurden in Norwegen rund 11,3 Mio. Dosen von hauptsächlich Comirnaty (BioNTech/Pfizer) und Spikevax (Moderna), aber auch mit den Produkten von AstraZeneca (gestoppt im Frühling 2021), Johnson&Johnson sowie seit Kurzem auch von Nuvoxavid (Novavax, seit Woche 10/2022) verabreicht. Die Zahl der Covid-Impfungen ist also um etwas mehr als das Fünffache höher als die der Impfungen gegen die Schweinegrippe.

Bis Mitte Juni liegen laut Legemiddelverket 59.630 Meldungen über vermutete Nebenwirkungen vor. Von diesen sind zwar bis anhin „nur“ rund zwei Drittel (38.579 bzw. 38.961) behandelt, doch ist allein diese Zahl um den Faktor 27 höher als die 1.449 Nebenwirkungen, die „Pandemrix“ verursacht hat.

Hinzu kommt, dass die vorläufig bearbeitete Anzahl der als „schwer“ klassifizierten Impfschäden mit 6.314 ausgewiesen wird: mehr als 10 Mal so viel wie die entsprechenden Meldungen bei „Pandemrix“.

2009/10 waren keine Todesfälle zu verzeichnen, die mit „Pandemrix“ in Verbindung gebracht wurden. Die bis Mitte Juni 2022 in den Berichten des Legemiddelverkets ausgewiesene Anzahl tödlicher Nebenwirkungen beläuft sich auf 260.

In anderen Worten: wiewohl rund die fünffache Menge an Covid-Wirkstoffen verabreicht wurden, haben diese Produkte die von Preben Aavitsland als „Katastrophe“ bezeichneten Nebenwirkungen und Impfschäden um ein Vielfaches übertroffen.

Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende

Die jüngsten Nachrichten und Hinweise der Behörden aus Norwegen lassen jedoch—wie erwähnt—keine Wendung zum Besseren erwarten. Alle hier erwähnten Angaben entstammen offiziellen Berichten der norwegischen Behörden (Folkehelseinstituttet bzw. Legemiddelverket) beziehungsweise wurden den Leit- und Qualitätsmedien entnommen. Die Angaben können also keineswegs als „Fake News“ oder gar „Schwurbelei“ bezeichnet werden.

Gemein ist besonders den Medienberichten, dass diese Zusammenhänge—sowohl institutioneller als auch personeller Art—beharrlich unter den Tisch gekehrt werden.

Um Kommentare zu den erwähnten Fakten gebeten, hieß es seitens des Legemiddelverkets, dass man lediglich für die Erfassung der Meldungen zuständig sei. Jegliche Empfehlungen über den Einsatz pharmazeutischer Produkte wiederum sei Sache des Folkehelseinstitutets. Steinar Madsen war hingegen „bis später diesen Sommer“ nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Das Folkehelseinstituttet wiederum hat mir zwar zugesichert, meine Anfragen—etwa wie das Procedere bei gehäuftem Vorkommen von Nebenwirkungen sei sowie was Preben Aavitsland zu diesen Zahlen im Lichte seiner Aussagen zu „Pandemrix“ zu sagen habe—bis auf den Hinweis, dass man meine Nachrichten an Dr. Aavitsland, „der sich gegenwärtig im wohlverdienten Urlaub befindet“, weiterleiten würde. Inhaltliche Antworten waren seitens des Folkehelseinstituttets jedoch auch nicht zu bekommen.

So tragisch alle diese Zahlen sind—und man denke hierbei immerzu daran, dass hinter jedem dieser gemeldeten Fälle ein Mensch steht—, so sei betont, dass keine einzige dieser vermuteten Nebenwirkungen und Impfschäden zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen eindeutigen Nachweis der ursächlichen Verbindung der Verabreichung der Covid-Präparate und den ausgewiesenen Folgewirkungen darstellt.

Und dennoch—misst man die handelnden Akteure und Institutionen an ihren Handlungen in unter den ursächlich vergleichbaren Umständen der Schweinegrippe-Pandemie von 2009/10, so stehen eine Reihe von Fragen im Raum:

Sind die Covid-Impfschäden auch „eine Katastrophe“?

Betrachtet man die vorliegenden Informationen über Impfschäden im Licht der Aussagen derselben handelnden Personen von 2009/10, so muss diese Frage eindeutig bejaht werden.

Offensichtlich war die großspurige Ankündigung des Legemiddelverkets wenig mehr als ein Lippenbekenntnis.

Wann haben die Alarmglocken das erste Mal laut geläutet?

In den ersten zwei Wochen der Covid-Impfkampagne, wie der erste einschlägige „Bericht über vermutete Nebenwirkungen“ des Legemiddelverkets vom 14. Jänner 2021 festhielt:

Übersetzung: Tabelle 1, Kjønnsfordeling = Geschlechtsverteilung. Antall = Anzahl. Kvinne = Frau.

Tabelle 2, Aldersfordeling = Verteilung nach Altersgruppen.

Tabelle 3, Alvorlighet = Verteilung der Meldungen über vermutete Beiwirkungen nach Schweregrad für alle Covid-Impfstoffe. Totalt antall meldinger = Gesamtanzahl der gemeldeten Beiwirkungen. Antall meldinger med dødelig utfall = Zahl der Meldungen mit tödlichem Ausgang. Alvorlige meldinger ekskl. dødsfall = Zahl schwerer Beiwirkungen exkl. Todesfälle. Lite alvorlige meldinger = Zahl der leichten Beiwirkungen.

Tabellen 1, 2 und 3 (S. 1-2) weisen bereits 29 vermutete Nebenwirkungen und Impfschäden aus, von denen 13 „mit tödlichem Ausgang“ (dødelig utfall) zeitigten. Hinzu kommt die Tatsache, dass von den übrigen 16 Fällen neun als „schwer, aber ohne tödlichen Ausgang“ (alvorlige…ekskl. dødsfall) klassifiziert wurden.

Es ist schwer, wenn nicht unmöglich, diese Signale aus den ersten zwei bis drei Wochen der Impfkampagne zu übergehen, insbesondere da die Verantwortlichen im Vorfeld immer wieder ihre Erfahrungen aus 2009/10 hervorhoben.

Dies bedeutet, dass Fragen nach der persönlichen Verantwortlichkeit für diese zehn- bis siebenundzwanzigfache „Katastrophe“ an unter anderem Steinar Madsen und Preben Aavitsland sowie deren Vorgesetzten an der Spitze von Legemiddelverket und Folkehelseinstituttet zu stellen sind. Von den handelnden Politker(innen) rechts wie links der Mitte ganz zu schweigen: Erna Solbergs Konservative (Høyre) waren bis Herbst 2021 im Amt, seither steht Jonas Gahr Støre (Arbeiderpartiet) als Regierungschef einer Mitte-Links-Koalition vor.

Wenn „Pandemrix“ mit seinen im Vergleich deutlich geringeren vermuteten Nebenwirkungen und Impfschäden „eine Katastrophe“ war, wie Aavitsland festhielt—was wäre die passende Bezeichnung für die Folgen der Covid-Wirkstoffe?

Mir jedenfalls fehlen die passenden Worte hierfür.

Gerne hätte ich diese Frage, wie viele Menschen noch unter den Folgen dieser verfehlten Massenimpfkampagne leiden und sterben müssen von Preben Aavitsland und Steinar Madsen beantwortet bekommen.

Das gesamte Ausmaß der vermuteten gravierenden gesundheitlichen Folgen und der damit verbundenen gesellschaftlichen Auswirkungen wird wohl erst im Lauf der folgenden Jahre nach und nach zu Tage treten.

Das traditionell große Vertrauen, dass die Norwegerinnen und Norweger ihren Politiker(innen) und Behörden entgegengebracht haben und bringen aber dürften diese Akteure und Institutionen damit weitgehend verspielt haben.

Die Konsequenzen werden wir alle zu tragen haben.

Bild PremeditatedCOVID-19 vaccination site sign in Hamar, Innlander, NorwayCC BY-SA 4.0

[i] Die Zählweise ist natürlich willkürlich, doch weisen sowohl Václav Smil als auch die US-Behörde Centers of Disease Control an Prevention (CDC) die Schweinegrippe von 2009/10 als „Pandemie“ aus seit der Grippewelle von 1968 aus. Siehe Václav Smil, ‘A Complete History of Pandemics’ The MIT Press Reader (2020), https://thereader.mitpress.mit.edu/a-complete-history-of-pandemics/; und den Eintrag der CDC, ‘Past Pandemics: 2009 H1N1 Pandemic’ https://www.cdc.gov/flu/pandemic-resources/basics/past-pandemics.html bzw. https://www.cdc.gov/flu/pandemic-resources/2009-h1n1-pandemic.html, Zugriff am 21. Juli 2022.


Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Stephan Sander-Faes ist außerordentlicher Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Bergen, Norwegen. Er promovierte 2011 an der Universität Graz, Österreich, und habilitierte 2018 an der Universität Zürich, Schweiz, für Geschichte der Frühen Neuzeit und der Moderne. Bevor er 2020 nach Skandinavien wechselte, lehrte er zehn Jahre lang an den Geschichtsfakultäten der Universitäten Zürich und Fribourg und hatte 2018 die István Deák Gastprofessur für Ostmitteleuropa-Studien an der Columbia University inne.


Unsere Arbeit ist spendenfinanziert – wir bitten um Unterstützung.

Folge uns auf Telegram und GETTR


Corona in Norwegen: Ein Bericht aus Europas oft übersehenem Norden

Überall Nazis – Historiker nimmt österreichische Medien auseinander

Categories: Peter F. MayerTags: , Daily Views: 1Total Views: 22
was-wir-ueber-corona-und-impfungen-weder-hoeren-noch-wissen-wollenWas wir über Corona und Impfungen weder hören noch wissen wollen
daenemark-beendet-impfung-fuer-kinder-und-jugendliche-unter-18-jahrenDänemark beendet Impfung für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren