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„Babylon Berlin“: US-Gangster an der Spree

Published On: 13. August 2022 16:37

In wenigen Wochen startet die vierte Staffel von Babylon Berlin. Was erwartet uns? In unserer Geschichtsausgabe „Babylon Berlin“ haben wir die Serie und ihre historischen Hintergründe beleuchtet – und dabei eine Menge Querfront und Subversion aufgetan. Das schmeckt der Produktionsfirma überhaupt nicht – unser Heft will sie verbieten lassen. Noch ist die Ausgabe hier erhältlich

Lesen Sie auch unsere Rückblicke auf Staffel 1 , Staffel 2 und Staffel 3.

Auch wenn sich Berlin für seine Ganoven keineswegs zu schämen braucht, muss man neidlos anerkennen, dass die Stars des Metiers aus den USA kamen: Al Capone, Bugsy Siegel, Arnold Rothstein oder Dutch Schulz. Der Grund: Das amerikanische Prohibitionsgesetz. Beim Alkoholverbot stieg selbst der bravste Bürger aus. Daher war dem organisierten Verbrechen, das den Sprit heimlich unter die Leute brachte, in den Vereinigten Staaten eine enorme Popularität beschieden.

In der vierten Staffel von Babylon Berlin darf „Spreechicago“ (Walther Rathenau) ein wenig an diesem Glamour schnuppern, denn es wird vom Gangster Abraham Goldstein alias „Handsome Abe“ besucht. Das FBI bekommt Wind vom Trip des Gangsters und beauftragt die Berliner Polizei mit dessen Beschattung. Natürlich landet der Job bei Gereon Rath. Also lauert der Kommissar im Hotel Excelsior, in dem der Besucher aus New York sein Quartier errichtet hat. Eine öde Detektivarbeit. So öde, dass Rath gar nicht bemerkt, wie der Ganove ihn austrickst und bewaffnet die Stadt durchstreift.

Hommage an Al Capone

An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass unser Bild von US-Gangstern (auch Mobster genannt) cineastisch vermittelt ist. Hollywood wusste die Popularität der Mafia-Oberhäupter durchaus zu nutzen. Mit Beginn des Tonfilms setzte eine regelrechte Gangsterfilmwelle ein, die Klassiker wie Der kleine Caesar (1931), Der öffentliche Feind und Scarface (1932) hervorbrachte – kaum verkappte Biopics über Al Capone & Co.

Die Gesichter der Darsteller, Edward G. Robinson, James Cagney und Paul Muni sind bekannter als die der Originale. Den amerikanischen Traum vom Aufstieg des kleinen Mannes bis an die Spitze verspricht eine Leuchtreklame „Die Welt gehört dir“ in Scarface. Der Film-Verbrecher holt sich diese Welt mit der Bleipuste – wobei der frisch etablierte Tonfilm das Rattern der Maschinenpistolen hörbar machte. Diese Waffe, laut Kritiker Berndt Schulz „das geilste Kultobjekt im Film“, ist mörderisches Erkennungszeichen dieser Streifen.

Straßenszene im Berlin zur Weimarer Zeit: Unwahrscheinlich, dass diese Damen nur nach dem Weg fragen. Foto: Index Verlag

Volker Kutscher lässt in seinem dritten Rath-Roman Goldstein (2010), der als literarische Vorlage für Staffel 4 von Babylon Berlin diente, den Gangster aus den USA mit den Braunhemden aufeinanderprallen. Dabei gehen die Sympathiepunkte an Goldstein. Der wird nämlich Zeuge, wie ein SA-Mann einen orthodoxen Juden drangsaliert. Der Mobster greift ein – und gerät bald unter Verdacht, besagten Schläger getötet zu haben.

Deswegen taucht Goldstein unter, während der überfallene Jude gegenüber Rath die Unschuld seines Retters bestätigt. Daraufhin startet der Kommissar eine Suchaktion. Gleichzeitig beansprucht Marlow alias Dr. M. (im Film: Der Armenier) die Dienste des Kriminalisten: Sein Geschäftspartner, der „Rote Hugo“, Chef des Ringvereins Berolina, ist verschwunden. Erneut führen die Ermittlungen in die eigenen Reihen…

Agitator: Goebbels verstand sich auch als Anwalt der hungernden Unterschicht. Foto: picture-alliance / Mary Evans Picture Library/WEIMA

Aufstand gegen Hitler

Wie viele Handlungsfäden des Buches in die vierte Staffel von Babylon Berlin übernommen werden, ist noch nicht bekannt. Die Produktionsfirma hüllt sich stets in eisernes Schweigen. Eine Pressemitteilung der Film- und Medienstiftung NRW vom Februar 2021 bietet lediglich Andeutungen zum politischen Hintergrund: Danach geht es um „die politische und gesellschaftliche Situation in Berlin von Silvester 1930/31 bis zum Stennes-Putsch im April des Jahres“.

Dieser Putsch entsprang einer Zerreißprobe innerhalb der NSDAP. Dabei besetzten SA-Männer das Berliner Parteigebäude. Außerdem finden die Auswirkungen der Wirtschaftsdepression zentrale Darstellung. Präsentiert werden Wintermonate, „in denen langsam die Welt in Deutschland aus den Fugen gerät“ (Christoph Pellander, Redaktionsleiter ARD).

Die zentrale Figur des internen NS-Aufstandes, SA-Führer Walther Stennes, wurde als Nebenfigur bereits in der dritten Staffel eingeführt. Er ist der Verbündete des „konservativen Revolutionärs“ Günter Wendt beim Mordkomplott gegen Regierungsrat Benda.

Beide treffen sich regelmäßig in den Pferdeställen des Sturmabteilungschefs. Ebenfalls herausgearbeitet wird die gegenseitige Verachtung beider: Der SA-Führer sehnt den Tag herbei, an dem er mit „Reaktionären“ wie Wendt nicht mehr kooperieren muss. Die vierte Staffel zeigt, wie sich Hitlers Hoffnungsträger 1931 mit seinem Führer verkracht: Während Letzterer die Macht auf legalem Weg erringen will, plädiert Stennes für die „nationale Revolution“.

Ein Hauch von Weimar

Bei den Dreharbeiten zu dieser Staffel hatte die Film-Crew übrigens einen Hauch an Weimarer Krisenzeit am eigenen Leib erfahren: Es herrschte Lockdown – mit mental und wirtschaftlich katastrophalen Auswirkungen. Elke Walthelm, Programmchefin bei Sky Deutschland, erklärte im saloppen Tonfall:

„Wir freuen uns, dass die Dreharbeiten zur neuen Staffel von $Babylon Berlin$ wie geplant beendet werden konnten. In Zeiten von Corona war dies eine große Herausforderung für alle Beteiligten vor und hinter der Kamera.“

Bleibt noch die Frage, ob der vierten Staffel weitere folgen werden. ARD-Programmdirektorin Christine Strobl gibt sich im Interview mit der TV-Zeitschrift Hörzu relativ sicher: Wenn das Publikum die aktuellen Folgen annehme, können „wir auch über eine fünfte, sechste, und wenn es nach mir geht, siebte und achte Staffel reden“.

Verboten gut: Man will COMPACT-Geschichte „Babylon Berlin – Historische Hintergründe der großen Kultserie“ aus dem Verkehr ziehen. Besorgen Sie sich schnell noch ein Heft – oder gleich mehrere Exemplare, damit sie diese auch dann noch verteilen und verschenken können, wenn wir es nicht mehr dürfen. Die Ausgabe ist hier erhältlich.

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