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Der Anfang vom Ende der Macht der westlichen NGOs?

Published On: 19. August 2022 3:00

In Russland wird die Rolle der westlichen NGOs immer stärker thematisiert und auf die (internationale) Tagesordnung gebracht. Ist das der Anfang vom Ende der Macht der westlichen, international tätigen NGOs?

Ich habe die Finanzierung und politische Ausrichtung der westlichen NGOs, die angeblich neutrale und objektive Einschätzungen von Pressefreiheit, Menschenrechten, Korruption und anderen Themen in allen Ländern der Welt abgeben, auf dem Anti-Spiegel schon oft thematisiert. Die bekannten NGOs, die von den weltweiten Medien in solchen Fällen gerne zitiert werden, werden alle von den Staaten der NATO finanziert und gesteuert, weshalb ihre Ergebnisse auch immer eindeutig sind: Im Westen ist alles ganz in Ordnung, in den Ländern, die der Westen zu seinen Feinden erklärt hat, ist hingegen alles ganz schlimm.

Paradebeispiele dafür, über die ich oft berichtet habe, sind zum Beispiel Reporter ohne Grenzen (hier finden Sie Details) oder Transparency International (die Details finden Sie hier). Beide Organisationen, die angeblich ganz unparteiisch, kritisch und objektiv über die Situation in allen Ländern der Welt berichten, werden von den Staaten des Westens bezahlt und kommen daher immer zu den gewünschten Ergebnissen, wie deren jeweilige Landkarten über die Lage von Pressefreiheit und Korruption anschaulich aufzeigen. Stünde auf deren Weltkarten nicht geschrieben, wer sie erstellt hat, könnte man kaum unterscheiden, welche der beiden Weltkarten von welcher Organisation erstellt wurde.

Dass diese NGOs keineswegs kritisch, neutral, überparteilich und objektiv sind, ist Experten natürlich bekannt. Aber die Macht der westlichen Medien sorgt dafür, dass die Einschätzungen dieser Organisationen überall auf der Welt verbreitet und von vielen Menschen in aller Welt als Wahrheit akzeptiert werden. In Wirklichkeit handelt es sich dabei nur um Instrumente der politischen Propaganda des Westens, mit denen Druck auf Regierungen aufgebaut werden soll, die dem Westen gegenüber nicht gehorsam sind.

Die Macht der westlichen NGOs

In Russland ist das alles längst bekannt, aber das offizielle Moskau hat in den letzten beiden Jahrzehnten versucht, mit dem Westen eine Einigung in Gesprächen zu finden und daher gab es zu dem Thema kaum wirklich kritische offizielle Äußerungen führender russischer Politiker. Das hat sich nun geändert, wie Präsident Putins Rede zur Eröffnung der Moskauer Sicherheitskonferenz vor einigen Tagen deutlich gezeigt hat.

Russland spricht die Macht der westlichen NGOs nun deutlich an. Putin hat ausgesprochen, was allgemein bekannt ist, nämlich, dass es einige wenige sehr mächtige Eliten sind, die im Westen regieren. Dazu nutzen sie ihre NGOs (zum Beispiel die Open Society Foundation von George Soros), die die westliche Politik bestimmen, indem sie einflussreiche Think Tanks (zum Beispiel die RAND Corperation) finanzieren, die für die westlichen Regierungen die Grundlagen für (geo-)politische Entscheidungen ausarbeiten. Außerdem finanzieren (und gründen) diese wenigen mächtigen Angehörigen der Eliten andere NGOs, die von den westlichen Staaten direkt und indirekt mit Steuergeldern finanziert werden und der internationalen Öffentlichkeit dann erzählen, wo die Presse angeblich frei oder unfrei ist, wo angeblich Korruption herrscht und so weiter.

Übrigens geht es in meinem Buch „Abhängig Beschäftigt“ genau um dieses Thema und ich habe auch auf dem Anti-Spiegel schon sehr viel über die verschiedenen NGOs und ihre unterschiedlichen Funktionen geschrieben. Einige sind von westlichen Oligarchen wie Soros, Gates oder Rockefeller gegründet worden, um die Ausübung von politischem Einfluss zu finanzieren (Gates Foundation, Open Society Foundation, etc.). Andere wurden als Instrumente zur Umsetzung gegründet (zum Beispiel die RAND Corperation), wieder andere sind zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung gegründet worden (zum Beispiel die selbsternannten Faktenchecker) und wieder andere wurden als angeblich objektive „Bewerter“ gegründet (zum Beispiel Reporter ohne Grenzen oder Transparancy International).

Wenn Sie den von mir in diesem Artikel gesetzten Links zu den genannten NGOs folgen, dann finden Sie Artikel darüber, wer all diese NGOs finanziert. Und Sie werden sehen, dass sie alle von den Staaten des Westens und einer sehr kleinen Zahl von NGOs (Soros, Gates, Rockefeller und andere) finanziert werden. Und wer bezahlt, so ist das bekanntlich, der bestellt die Musik. Daher kommen all diese NGOs immer zu den gleichen Ergebnissen darüber, wo die Presse frei oder unfrei ist, wo Korruption herrscht, was die Wahrheit und was „Fake News“ ist und so weiter.

Da die wenigsten Menschen wissen, dass all diese NGOs von immer den gleichen Staaten des Westens und westlichen Oligarchen-Stiftungen finanziert werden, wirkt diese Einigkeit auf die durchschnittlichen Medienkonsumenten jedoch überzeugend, denn sie glauben ja, dass ganz viele spendenfinanzierte und unabhängige Organisationen ganz unabhängig voneinander zu den gleichen Ergebnissen kommen. Und wenn so viele neutrale Experten zum gleichen Ergebnis kommen, muss es ja stimmen.

Dabei ist das einzige, was daran stimmt, dass sie alle von der gleichen, sehr kleinen Zahl von Finanziers kontrolliert werden.

Russlands offene Worte

Die Rede von Putin vor einigen Tagen war ein Beispiel dafür, wie sehr Russland nun den Finger in diese Wunde legt. Im Westen wird darüber nicht berichtet, aber da das auf hochkarätig besetzten internationalen Veranstaltungen geschieht, hören die Regierungen der (nicht-westlichen) Länder sehr aufmerksam zu.

Russland hat diesem von wenigen NGOs kontrollierten System des Westens offen den Kampf angesagt und das wird von der Mehrheit der Länder der Welt genau beobachtet. Und es wird von dieser Mehrheit (wenn auch noch nicht offen) unterstützt, denn diese Länder wissen natürlich, wie der Westen sie dominiert und wie (und mit welchen Mitteln) der Westen ihnen seine Politik aufgezwungen hat und weiterhin aufzwingen will.

Und eines ist klar: Niemand lässt sich von anderen gerne seine Politik aufzwingen.

Man kann das mit einem Schulhof vergleichen, auf dem ein starker Schläger eine kleine Gruppe um sich versammelt hat, die die Mehrheit der Schüler terrorisiert. Die Mehrheit ist nicht organisiert und daher schwach, daher muss sich jeder einzelne von ihnen unterordnen, wenn er nicht von dem Schläger und seiner Gang verprügelt werden will. Wenn aber plötzlich einer oder zwei dieser anderen Schüler selbstbewusst werden und dem Schläger und seiner Gang erfolgreich Paroli bieten, werden die anderen genau zuschauen und ihre Sympathie wird bei denen liegen, die aufbegehren. Und je erfolgreicher dieses Aufbegehren ist, desto mehr schließen sich an, bis der Schläger und seine Gang plötzlich der geeinten (und daher stärkeren) Mehrheit gegenüberstehen.

Genau das passiert gerade in der internationalen Politik. Russland und China begehren gegen den Schläger (die USA) und seine Gang (die NATO und einige asiatische US-Vasallen) auf und bieten den anderen eine gerechtere Alternative des Umgangs miteinander an. Eine Alternative, bei der jeder so akzeptiert wird, wie er ist, und niemandem aufgezwungen wird, wie er zu leben hat. Das ist attraktiv und daher haben sich den Russland-Sanktionen nur die etwa 50 Staaten des Westens angeschlossen, während die restlichen etwa 140 Länder der Welt abwarten und heimlich auf den Erfolg von Russland und China hoffen.

Die Macht der westlichen NGOs brechen

Auf dem Telegram-Kanal des russischen Portals „Russland in der Globalpolitik“ ist dazu ein sehr interessanter Text erschienen, den ich übersetzt habe. Das Portal hat in Russland und international Gewicht, denn sein Chefredakteur ist Fedor Lukjanow, der Chef des einflussreichen Valdai-Clubs, auf dem auch Präsident Putin jedes Jahr spricht und sich viele Stunden den Fragen der internationalen Experten stellt.

Ich habe den Text übersetzt, denn er bestätigt, was ich geschrieben habe: In Russland will man sich der Macht der westlich dominierten NGOs entgegenstellen und ruft den Rest der Welt dazu auf, wirklich unabhängige und objektive „Bewertungsorganisationen“, die nicht nach politischen Vorlieben und mit zweierlei Maß messen, als Alternativen zu den westlich dominierten Organisationen zu schaffen. Anlass für den Text war der aktuelle Bericht von Amnesty International, eines weiteren Instruments des Westens, in dem der Ukraine Kriegsverbrechen vorgeworfen wurden, was zu Protesten aus dem Westen geführt hat – allerdings nicht gegen die Kriegsverbrecher in Kiew, sondern gegen Amnesty International. Deutlicher konnte sich das westliche System nicht vor aller Welt entlarven.

Daher wurde folgender Text als Denkanstoß und Diskussionsbeitrag veröffentlicht.

Beginn der Übersetzung:

Derzeit hat der Westen ein Monopol auf die internationale Bewertung in verschiedenen Bereichen, darunter Wahlen, Menschenrechte und Wirtschaft. Europäische und amerikanische Beobachtungs-, Rating- und andere Agenturen bewerten andere Staaten und ihre Verfahren nach den von ihnen selbst vorgegebenen Standards. Solche Bewertungsinstitutionen wiederum sind ein wichtiges Instrument, um Druck auf andere Länder auszuüben, denen der Westen nicht wohlgesonnen ist.

In diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen, in verschiedenen Bereichen eigene Bewertungsinstitutionen als Gegengewicht zu den bestehenden westlichen Strukturen zu schaffen. Diese Organisationen sollten Vertreter aus möglichst vielen Ländern zusammenbringen. Durch eine breite Vertretung könnten die neuen Bewertungsinstitutionen langfristig mehr Autorität erlangen als die bestehenden westlichen Organisationen.

Die Situation mit Amnesty International, das wahrscheinlich die Ergebnisse seines Berichts revidieren und der ukrainischen Seite rechtgeben muss, ist bezeichnend für das Ende dieser historischen Periode.

Die Idee, dass transnationale Organisationen die humanitäre Lage in verschiedenen Ländern und Konflikten nach bestimmten universellen Kriterien bewerten, ist ein Produkt der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Vor der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und den Genfer Konventionen (1948-1949) konnten humanitäre Organisationen wie das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) Maßnahmen zur Abmilderung militärischer Konflikte ergreifen, indem sie beispielsweise Vermittlungsmissionen durchführten, allerdings nur auf der Grundlage von Vereinbarungen mit den Kriegsparteien. Entsprechend hätte eine Bewertung der kämpfenden Konfliktparteien bedeutet, dass man sich selbst die Möglichkeit nimmt, mit ihnen Vereinbarungen zu erreichen.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begannen sich die Strukturen des humanitären Rechts und der Menschenrechte zu entwickeln, doch konnten sie im Kontext des Kalten Krieges nicht universalisiert werden – jede Seite der Konfrontation erkannte die Organisationen der anderen nicht an. Nach dem Kalten Krieg kam die Sternstunde: Der Triumph der „universellen Werte“ und die militärpolitische Dominanz der westlichen Gemeinschaft, die das Thema Menschenrechte in den Vordergrund stellte, machten diese Organisationen sehr mächtig und einflussreich. Die Länder, die in die Kritik geraten sind, haben diesen Organisationen natürlich vorgeworfen, parteiisch zu sein und die politischen Interessen anderer zu vertreten. Sie verwiesen berechtigterweise auf die Finanzierungsquellen und die Zusammensetzung ihrer Gremien. Dennoch hatte das Wort dieser Organisationen Gewicht. Und um ihre Legitimität zu gewährleisten, wurde ihre demonstrativ-objektive Haltung betont, also ihre Fähigkeit, jeden zu kritisieren, nicht nur ideologische oder militärpolitische Gegner.

Die ukrainische Kollision führt uns in frühere Zeiten zurück – vielleicht nicht einmal in den Kalten Krieg, sondern früher. Kritik an den „Guten“ ist inakzeptabel, weil sie den „Bösen“ in die Hände spielt, selbst wenn der „Böse“ parallel dazu auch hart verurteilt wird. Die Reaktion Kiews ist durchaus verständlich und wirft keine Fragen auf. Die Reaktion europäischer und amerikanischer Kommentatoren und Offizieller, die die ukrainische Empörung unterstützt haben, zeigt jedoch, dass die „universellen Werte“ als Parole und Rechtfertigung endgültig nicht mehr funktionieren. Genauer gesagt, werden sie zur Möglichkeit, bestimmte Interessen umzusetzen. Das ist nicht überraschend oder gar unerhört. Es ist einfach nur eine andere Zeit angebrochen, und das müssen wir dabei berücksichtigen.

Ende der Übersetzung