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„USA haben Interesse an einem schwachen Deutschland“ – mit Prof. Dr. Christian Kreiß

Published On: 15. September 2022 22:13

Milena Preradovic: Quo vadis, Deutschland? Während der Kanzler täglich beteuert “Wir schaffen das gemeinsam”, schlagen Fachleute Alarm. Der Handwerks-Präsident befürchtet eine Welle von Insolvenzen. Der Bauernverband warnt sogar vor Lebensmittelknappheit. Die Wirtschaft ächzt und wer kann, der sieht sich nach Produktionsstätten im Ausland um. Währenddessen klettern die Preise weiter nach oben und die Inflation schreitet munter voran. Aber warum schickt die Regierung das Land sehenden Auges in den Ruin? Und wer gewinnt, wenn wir verlieren? Wer profitiert vom Absturz des ehemaligen Musterschüler Deutschland? Mein Gast sagt: “Da gibt es einige Gewinner und es gibt auch ein Interesse an einem schwachen Deutschland”. Darüber reden wir jetzt in Punkt Preradovic. Hallo, Professor Dr. Christian Kreiß.

Prof. Dr. Christian Kreiß: Hallo, Frau Preradovic.

Milena Preradovic: Ich stelle Sie kurz vor. Sie haben an der Uni München Volkswirtschaftslehre studiert und dort auch promoviert, und zwar über die Große Depression 1929 bis 1932. Sie waren dann neun Jahre als Bankier tätig, davon sieben als Investmentbanker. Seit 2002 sind Sie Professor für Finanzierung und haben auch schon in den USA an der University of Maine MBA Vorlesungen über Investmentbanking gehalten. Sie sind Vortragsredner und Buchautor. Als Autor haben Sie inzwischen sieben Bücher geschrieben, Ihre neuesten “Gekaufte Wissenschaft” und “das Mephisto Prinzip in unserer Wirtschaft”. Sie waren bereits drei Mal als unabhängiger Experte im Bundestag und zwar für die SPD, die Grünen und die Linke geladen und setzen sich für menschengerechte Wirtschaft ein. So, jetzt fangen wir an. Was erwarten Sie angesichts der Preisexplosionen für den Industriestandort Deutschland?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Puh. Also Preisexplosion haben wir. Mit dem Begriff Explosion wäre ich vorsichtig. Die Großhandelspreise, die Energiepreise, die sind tatsächlich sehr, sehr stark gestiegen. Die Inflation selbst ist sehr momentan bei 8,1 %. Da würde ich noch nicht von der Preisexplosion sprechen, sondern eben von der gestiegenen Inflation. Aber was tatsächlich ganz gravierend für unsere Wirtschaft ist, sind diese Erdgaspreissteigerung, die Energiepreissteigerungen. Von Tag zu Tag hören wir, dass die Industrie mehr und mehr darunter leidet, weil wir einfach nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Unsere Industrie zahlt momentan sieben bis 8 bis 9 fachen Preis für Gas, verglichen mit der US Industrie. Da kommen verschiedene energieintensive Branchen einfach nicht mehr mit. Also Aluminium, Düngemittel, auch Stahl, AdBlue als neuestes Beispiel. Ja, das bringt unsere Wirtschaft mehr und mehr im Würgegriff und vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen.

Milena Preradovic: Erwarten Sie denn eine Abwanderungswelle ins Ausland? Sagen wir mal da wo die Energie billiger ist von den Unternehmen, die das machen können?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Also ich denke eigentlich schon, dass die größeren Unternehmen, wenn die rechnen, damit, dass die Energiepreise dauerhaft höher bleiben, dass die abwandern. Das glaube ich eigentlich schon, dass wenn jetzt Industrien geschlossen werden, energieintensive Industrien, dass es schwer wird, die wieder zurückzuholen. Ich glaube auch nicht, dass die Energiepreise, zum Beispiel die Strompreise, wieder dramatisch sinken werden. Also ich fürchte mal, dass wenn jetzt Industrien abwandern, dass das auf Dauer sein könnte.

Milena Preradovic: Und der Handwerkspräsident befürchtet eine Insolvenzwelle im Handwerk oder in den kleinen Betrieben die energieintensiv arbeiten. Das haben wir ja alles jetzt gehört, Bäcker, Metzger oder so, die sind dann ja auch weg, ne?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Tja, das ist wirklich der Mittelstand. Ich glaube 95, 96 % der Menschen bei uns arbeiten nicht in den DAX Konzernen, sondern arbeiten bei den kleinen oder bei den mittleren Unternehmen. Also wenn die DAX Konzerne jetzt Probleme kriegen würden, würden wir es als zunächst mal in der Beschäftigung gar nicht so stark merken. Aber wenn wirklich die Kleinen aufgeben, dann kriegen wir wirklich Probleme am Arbeitsmarkt mit Arbeitslosigkeit.

Milena Preradovic: Wie viele Menschen könnten ihren Arbeitsplatz verlieren? Gibt es da Schätzungen?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Das ist ganz schwer zu sagen. Es gibt verschiedene Schätzungen von den verschiedenen Wirtschaftsinstitute, die auch sehr weit auseinandergehen. Aber puh, da bin ich sehr vorsichtig. Aber wir können schnell ein, 2 Millionen mehr Arbeitslose kriegen, jetzt im Herbst oder Winter. Aber das ist unglaublich schwierig vorherzusagen, weil es davon abhängt, wie die Gaspreise sich entwickeln, ob wir einen Gas Lockdown bekommen, ob öffentliche Gebäude geschlossen werden, ob Industrien nicht mehr produzieren können. MAN zum Beispiel, kennen wir jemand, die haben jetzt lange Unterhosen ausgeteilt und Unterwäsche ausgeteilt bei dem Werk in München. Und die rechnen damit, dass sie im Winter nicht produzieren werden, sondern in Polen produzieren werden. Aber das sind alles Prognosen, ob das Gas dann tatsächlich fließt, ob es vorhanden ist und zu welchem Preis vorhanden ist. Aber wenn jetzt tatsächlich ein wirklicher Engpass kommt, dann kann das schnell in Hunderttausende oder Millionen vermutlich erst mal in Kurzarbeit gehen.

Milena Preradovic: Das klingt alles wesentlich dramatischer, als man es aus der Politik hört.

Prof. Dr. Christian Kreiß: Ja nun, das ist ja der Job von Politikern da zu klassifizieren. Aber selbst von politischer Seite kommt immer wieder der Begriff Wut-Winter oder so Aufstände, wie man sich jetzt schon dagegen wappnet, was man dagegen tun kann. Also die Politiker können das natürlich von der Natur der Sache her jetzt nicht so dramatisieren, weil dann sägen sie am eigenen Stuhl. Aber wenn man so zwischen den Zeilen liest, hört man schon, dass da Sorge ist vor Unruhen im Herbst und dem Winter.

Milena Preradovic: Aber dafür gibt es ja das Infektions-Schutz-Gesetz. Und erwarten Sie ein neues Horror Virus im Winter?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Ich weiß es nicht.

Milena Preradovic: Also aus Wutwinterlicher Perspektive. War eine unfaire Frage,ne?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Wutwinterlich wäre es natürlich günstig, das sieht man ja an China. Wenn die ihre LockDowns haben. Wenn denn die Leute von der Bank Geld abheben wollen oder protestieren wollen, dann werden sie einfach weggesperrt oder werden dann so diskriminiert über ihr Überwachungssystem, dass sie überhaupt nicht mehr protestieren können. Ja, das ist so, die Chinesen sind da sehr, sehr weit voraus, schon mit der Technik. Aber im Prinzip ist es aus Regierungssicht natürlich sehr praktisch, wenn Leute protestieren wollen. Das sie dann das Konto sperren oder ihnen den Zugang verwehrt über über Lockdown-Maßnahmen, über Killer-Virus-Szenarien, über Angst. Da hat man natürlich die Bürgerinnen und Bürger sehr viel besser im Griff.

Milena Preradovic: Oh ja, das haben wir in den letzten Jahren ja auch bei uns sehen können. Glauben Sie, dass es eine Deindustrialisierung in Deutschland gibt? Manche Industrie-Funktionäre befürchten das ja bereits.

Prof. Dr. Christian Kreiß: Also zum Beispiel der Chef vom BDI, der hat im Juli schon gesagt, er kann sich vorstellen, dass der Wohlstand in Deutschland 20 bis 30 % runtergehen wird. Das sind ja irrsinnige Zahlen. Also das spricht in Richtung Deindustrialisierung. Und wenn Sie ein bisschen den Plot dahinter anschauen, die US Politik. Den USA sind wir ein sehr unangenehmer Konkurrent. Wir waren ja lange Zeit Exportweltmeister. Es gibt viel zu viele Kapazitäten auf der Welt, aus US-Sicht gesehen, auch in den USA. Und wenn man da dann den Konkurrenten richtig schwächen kann, das wäre natürlich aus Konkurrenz-Sicht ein Segen. Es gibt Interessen, die wollen tatsächlich Deutschland schwächen, insbesondere Konkurrenten. Die sind froh für jeden Konkurrenten, der rauskommt. Und die deutsche Politik macht ja auch fast alles, um sich selbst zu schädigen. Also Herr Habeck oder Frau Baerbock, die tun ja alles, um uns vom Gas abzuschneiden, die Preise zu eskalieren. Oskar Lafontaine hat neulich von Vassalen Politik gesprochen, dass wir gar keine originäre Politik hätten, sondern Vasallen Politik. Frau Baerbock hat ja auch gesagt: Ich regiere nicht im Sinne der deutschen Wähler, hat sie ja wortwörtlich gesagt, ich regiere offenbar für irgendwelche anderen Menschen als für die deutschen Wähler. Und wenn ich das hier mir so zusammennehme, diese Konkurrenzsituation, dieses Vasallen-Politiktum, wie es Lafontaine nennt, das ist schon sehr beunruhigend. Das könnte schon in die Richtung führen, dass Deutschland wirklich nachhaltig, die industrielle Basis geschwächt werden soll. Ja.

Milena Preradovic: Man fragt sich natürlich, warum ist man Vasall einer Macht, die einen anscheinend schwächen möchte? Für mich ist das jetzt nicht logisch.

Prof. Dr. Christian Kreiß: Das ist auf den ersten Blick nicht logisch, dass ist auch nicht so ganz einfach. Aber wenn Sie schauen, wo die Führungskräfte herkommen, wer in Davos in diesen New Leadership, in diesen Leadership Schulen war bei Charles Schwab und schon davor in den Vorgänger-Institutionen. Wie die Netzwerke sind in die USA mit transatlantischen Verbindungen, wenn sie da diese ganzen Verbindungen zusammen sehen, auch wer im Journalismus sitzt, in den in den Chefetagen, das ist sehr eng zusammen verflochten. Und dann wird immer die Karte der Kriegsschuld gespielt und des Nationalsozialismus, ist das deutsche Selbstbewusstsein ist ja sehr stark lädiert, würde ich mal sagen, auch mit dem gewissen Recht, was die Verbrechen anlangt, selbstverständlich. Aber es ist geschwächt. Und jetzt hat man endlich die Möglichkeit, das aus Sinne der Politiker, vor allem der grünen Politiker, die ja in einem Ausmaß kriegstreiberisch sind, wie es nicht für möglich gehalten hätte. Ich war früher selber mal bei den Grünen, jetzt sind es eher die Olivgrünen. Also wenn ich mir das so anschaue und zusammenreime, dann ist mir nicht ganz wohl dabei.

Milena Preradovic: Würde das denn eine eine Schwächung Europas oder gerade Deutschlands, würde das irgendwelche amerikanischen US Probleme lösen?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Naja, es kommt auf die Ebenen an.

Milena Preradovic: Welche Probleme haben denn die USA jetzt wirtschaftlich?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Rein ökonomisch ist es in den USA so, dass die in den letzten 40 Jahren starke Ungleichverteilung hatten. Also der Wohlstand ist zunehmend nach oben geflossen, in der Mitte und unten ist wenig angekommen und die haben hohe Kapazitäten aufgebaut und die Massenkaufkraft reicht hinten und vorne nicht aus in den USA. Deswegen haben die einen riesigen Schuldenberg angehäuft, fast 360 % vom BIP. Auf jeden Dollar BIP kommen 3,60 $ Schulden. Also die USA haben zu Hause ein massives Problem, Überkapazitäten-Probleme, und sie haben viel zu hohe Schulden. Sie haben die Geldmenge verzehnfacht, für elffacht. Und da wäre natürlich ein Kanal, ein Exit, ein Ventil im Ausland wäre natürlich ein Segen, um die eigenen Probleme zu exportieren. Das war ja schon öfter mal in die Geschichte, Beggar-thy-neighbour, oder auch noch gravierender, dass man die Probleme exportiert. Und wenn man da schafft, Konkurrenten zu schwächen oder gar auszuschalten, ist natürlich ein Segen für die Homebase. Also rein von der ökonomischen Machtbasis her gesehen ist Konkurrenten schwächen gut. Und meiner Meinung nach ist Deutschland aus US Sicht ein aus aus ökonomischer Sicht unbedingt ein Konkurrent, weil wir immer glauben, wir sind so unbedingt Verbündete. Und das ist auch das, was ich vorhin noch dazusagen wollte. Frau Baerbock oder Habeck oder andere sagen: Endlich, endlich stehen wir auf der Seite der Guten, auf der Achse des Guten, endlich mit der Entente. Jetzt haben wir die zwei Kriege, wo wir immer auf der Seite der Bösen standen. Und endlich können wir uns mit den USA verbünden und gegen die bösen Russen jetzt eindreschen. Das hat auch was erleichterndes, auch so für die, ja für das Nationalbewusstsein, das in Deutschland sehr, sehr schwierig ist durch die Geschichte. Und diese Sachen kommen so zusammen, dass diese Vasallen Politik, so eine gewisse freiwillige Unterwerfung sehr stark da ist, wie ich es wahrnehme. Und das führt zu dieser ganzen Amalgamierung, dass die deutschen Politiker eben sehr stark US Interessen verfolgen und nicht wirklich hier die Interessen der hiesigen Wähler, wie Frau Baerbock selbst sagt, verfolgen.

Milena Preradovic: Sie haben gesagt, die Deutschen sind neben Verbündete in der NATO halt in erster Linie Konkurrenz für die USA und Deutschland zusammen mit einem Russland als befreundete Macht, wäre wahrscheinlich noch ein größerer Konkurrent oder? Da gab es doch immer Bestrebungen aus den USA, so eine auch wirtschaftliche Verbindung zu verhindern.

Prof. Dr. Christian Kreiß: Ja, also das ist meines Wissens eine ganz alte angelsächsische Politik. Es war schon von England, wenn Mitteleuropa sich mit Russland wirklich in Freundschaft verbünden würde, das wäre sensationell. Und wenn man dann noch das asiatische Hinterland dazunimmt, glaube ich, leben fast 70 % der Erdbevölkerung, leben auf dieser eurasischen Platte. Und was da an Wirtschaftskraft ist, an menschlicher Kraft. Also wenn man das Asien noch mit dazunimmt, ist es ungeheuerlich. Da sind die USA plötzlich ein Minor-Player. Und wenn wir jetzt Deutschland und Russland nimmt: meiner Meinung nach wäre unsere Aufgabe, uns mit dem russischen Volk zu versöhnen, zu verbrüdern, natürlich auch mit dem französischen und englischen und sonstigen Völkern, aber auch mit dem russischen Volk. Das wäre eigentlich unsere Aufgabe, meiner Meinung nach in Deutschland. Aber das ist ein Albtraum für angelsächsische Hegemonialpolitik seit über 100 Jahren. Wenn die sich zusammentun aus angelsächsischer Sicht, das Mitteleuropäische, des Engineering-Denken, das organisatorische Denken mit diesem riesigen Hinterland, mit dieser Kraft dieses russischen Landes des russischen Volkes und Rohstoffe. Das wäre eine gewaltige Gegenkraft gegen die USA, und die werden alles tun, das zu verhindern. Und sie haben es schon verhindert über Nord Stream zwei, schon lange vor Ukraine. War ja ungeheuerlich, dass sie gesagt haben, wir dürfen kein Nordstream zwei bauen. Ich meine bitte?! Das ist im tiefsten deutschen und russischen Interesse, Nordstream zwei zu haben, sich mit diesem asiatischen Platte sich aus der zu versorgen und nicht von Saudi-Arabien, nicht von USA. Also die Abhängigkeit haben wir ja heute gegenüber Saudi-Arabien und den anderen Erdöllieferländern. Das ist ja ganz absurd mit Abhängigkeit zu argumentieren. Aber wir sehen schon lange vor dem Ukrainekrieg, dass die USA alles versuchen, jetzt auch in jüngerer Zeit, das deutsche und russische Volk zu entzweien.

Milena Preradovic: Da kommt ihnen der Krieg natürlich jetzt sehr entgegen. Also die USA, glauben Sie, dass sie ein Interesse, ein größeres Interesse an diesem Krieg haben?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Ja, ich glaube ja. Ich glaube auch, dass der schon lange vorbereitet ist. Es gab 2014 diesen Flugzeugabsturz über die Ukraine, wo fast 300 Menschen gestorben sind. Und da ist sehr lange gerätselt worden, ist das Flugzeug runter geschossen worden. Und dann hat man gesagt, na ja, das haben die prorussischen Milizen in der Ostukraine abgeschossen. Und dann ging durch die ganzen westlichen Medien, also nicht nur Deutschland, aber auch in Deutschland, ein Bild von einem ukrainischen Soldaten, der russlandfreundlich ist, ja so eine Affen-Puppe in die Kamera hält. Und der Untertitel war “Russlandfreundliche Soldat verhöhnt Todesopfer” sinngemäß. Und wenn man dann die Filmsequenz sich anschaut, dann hat er diesen Affen in der Hand. Dann legt den Affen weg, nimmt seine Kappe ab und bekreuzigt sich. Also, was wir in den Headlines in Deutschland gelesen haben, in angelsächsischen Medien, war eine blanke Lüge. Man hat damals schon russlandfreundliche Russland-Freundlichkeit als diabolisch, als ganz schlimm, als verbrecherisch dargestellt, was eine Lüge war. Und ab dieser Sendung, das lief in “der Anstalt”, in “der Anstalt” 2014/15. Seit dieser Sendung dachte ich mir, jetzt wird der Krieg vorbereitet gegen Russland, jetzt macht man das Feindbild Russland. Der Russe ist der Böse, der Russe ist der Feind. Denn erst läuft der Krieg in den Medien. Erst schießen die Medien, dann schießen die Panzer. So was im Irak auch, so was bei allen Kriegen. Erst wird jahrelang der Saddam Hussein über die Medien beschossen, dann wird über Panzer und Granaten beschossen. Also ich dachte mir seit dem ich das erfahren haben von diesen russischen Soldaten oder prorussischen Soldaten, der sich bekreuzigt, was genau ins Gegenteil verkehrt wird, “verhöhnt Todesopfer”. Da dachte ich mir, solche massiven Lügen in den deutschen Medien, in den westlichen Medien werden nur angewandt für einen bestimmten Zweck. Und was ist der Zweck? Der Zweck ist, Russland zum Feind zu erklären, wieder zu entzweien. Und seither dachte ich mir wird ein Krieg vorbereitet.

Milena Preradovic: Aber den Krieg hat Putin angefangen.

Prof. Dr. Christian Kreiß: Ja, natürlich. Also, es hat eine Vorgeschichte. Wie selbstverständlich hat Putin den Krieg angefangen und Krieg ist nicht gut. Invasion ist falsch. Mit Panzern einzumarschieren in ein Land ist nicht gut, was Putin gemacht hat, selbstverständlich. Aber dieser Einmarsch am 24. Februar hatte eine Vorgeschichte. Das geht jetzt zurück bis zur deutschen Wiedervereinigung, bis zum Zerbrechen der Sowjetunion, wo damals das Versprechen gegenüber Russland gegeben wurde keine NATO-Osterweiterung. Und selbst Deutschland, hieß es am Anfang, soll Deutschland der NATO bleiben, ja oder nein? Und dann hat Russland zugestimmt. Okay, Deutschland kann in der NATO bleiben, aber keine NATO-Osterweiterung. Und dieser Vertrag, dieses Versprechen ist von US Seite seit 30 Jahren systematisch gebrochen worden. Die NATO-Osterweiterung bis an die Grenze Russlands. Man hat alles getan um Russland zu provozieren. Man hat auch in der Ukraine zum Beispiel diese Biochemie Labore eingerichtet mit US Unterstützung. Und das US Außenministerium sagt auch ganz offen, “natürlich gibt es diese Biochemie Labore. Wir müssen aufpassen, dass der Russe sie nicht kriegt”. Also die leugnen das gar nicht ab. Also dass man in die Ukraine jetzt versucht, westliche Waffen bis hin zu atomarer Aufrüstung zu bringen. Also man hat alles versucht, Russland immer mehr unter Druck zu setzen und die Ukraine aufzuhetzen, die Bevölkerung mithilfe von westlichen Geldern aufzuhetzen gegen Russland. Man hat alles getan, um Russland zu provozieren und immer gesagt Das ist eine Grenze, ihr könnt nicht bis an die russische Grenze gehen. Und dann hat er eben entschieden im 24 Februar, ich weiß nicht ob Putin oder Militär, wer auch immer, “Wir lassen uns das nicht mehr bieten. Jetzt greifen wir an!” Also dieser Ukraine-Krieg hat eine lange Vorgeschichte.

Milena Preradovic: Hat es ganz sicher. Kommen wir noch mal zur Wirtschaft zurück. Profitiert denn noch jemand? Profitieren vielleicht die großen Konzerne, die weltgroßen Konzerne,von einer wirtschaftlichen Schwächung Deutschlands?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Ja, also da gibt es zwei Ebenen. Zum einen die großen Konzerne, die profitieren. Also was wir jetzt gesehen haben, die neuesten Exxon Zahlen, die jetzt die Halbjahreszahlen von Exxon, die haben Gewinne gemacht, haben sich verdreifacht. Das ist ungeheuerlich, was die Energiekonzerne in USA verdienen. Natürlich hat auch Gazprom riesige Gewinne gemacht. Also zum einen gewinnen die großen Konzerne. Ich sehe da zwei Ebenen. Zum einen die Großen profitieren gegenüber den Kleinen. Das war schon in den Lockdowns so, das setzt sich jetzt fort in der Ukraine. Denn die Großunternehmen, die haben riesige Ressourcen, Möglichkeiten der Logistik, sich im Vorfeld einzudecken. Das haben die Klein und Mittelständler nicht. Also zum einen ist es ein Kampf der Großen gegen die Kleinen, um die Wettbewerber wegzubekommen. Und zum anderen ist es auch ein Kampf, ein nationaler Kampf gegen Europa, gegen Kontinentaleuropa, gegen große Wirtschaftskonkurrenten. Man spricht manchmal auch von einem Wirtschaftskrieg. China machte übrigens auch mit. China profitiert auch von diesem Krieg. Je mehr wir uns die Köpfe einschlagen hier in Europa, um so besser ist es im Prinzip für China unter Hegemonialgesichtspunkten. Also ich spreche nicht von menschlichen, sondern rein unter Machiavelli-Gesichtspunkten, also unter Macht- oder Cäsar-Gesichtspunkten. Also das ist diese zweite Ebene, dass man dann versucht, über Nationalismen Konkurrenz im Ausland zu schwächen. Und die Dinge laufen beide. Und am meisten gebissen ist dadurch der deutsche Mittelstand, die deutschen Kleinunternehmen, weil wir sehr abhängig sind von diesen Gaslieferungen und wir uns freiwillig, im Prinzip jetzt fast freiwillig über die Sanktionspolitik von diesem Gas auch noch selbst abschneiden, statt Nordstream zwei zu eröffnen, was für mich die beste Lösung wäre, was auch Oskar Lafontaine zum Beispiel vorschlägt. Also diese deutsche Mittelstand wird in eine zweifache Zange genommen, eben über hegemoniale Interessen, international und dann auch Große gegen Kleine.

Milena Preradovic: Und dann gibt es ja noch andere Ebenen. Kommen wir zur Finanzwirtschaft: Das billige Geld ist jetzt passe. Also der Zinssatz ist jetzt schon ein paar Mal erhöht worden. Kann denn das diese Inflation stoppen? Das ist ja der Sinn dahinter eigentlich.

Prof. Dr. Christian Kreiß: Das glaube ich schon. Also in den USA sicher stoppen nicht, aber stark abmildern. Es hat vorgestern hat man es gemerkt, da kamen die neuen Inflationszahlen raus in den USA und die Börse ist gecrasht. Wallstreet ist vier, 5 % runtergegangen, die Zinsen sind nach oben geschnellt. Also man sieht, wie nervös die Finanzmärkte sind momentan auf alles, was mit Inflation zu tun hat. Ich glaube, dass die USA die Inflation brechen werden und in den Griff bekommen. Nicht 2 % werden sie nicht so schnell erreichen, aber vier, fünf, 6 %. Das wird relativ schnell gehen. Anders in Europa. In Europa haben wir keine Nachfrage getriebene Inflation, sondern relativ stark eine angebotsgetriebene Inflation. Wir leiden ungleich stärker unter den Energie-Preissteigerungen, weil wir viel mehr auf die östlichen Importe angewiesen sind. Und Europa wird die Inflation vermutlich nicht so schnell weggehen, auch wenn die EZB die Zinsen anhebt. Die Energiepreise hat sie nicht nicht im Griff und vor allem Erdgas hat sie nicht im Griff. Also ich rechne damit, dass die USA ja die Inflation runterdrücken auf 3,4,5, vielleicht 6 % in den nächsten ein, zwei Jahren. Und Europa kann es durchaus zweistellig werden.

Milena Preradovic: Zweistellig? Also gibt es da überhaupt eine Grenze nach oben?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Na ja, theoretisch nein. Wir hatten in Deutschland ja die Hyperinflation im November 1923. Ich habe Wirtschaftsgeschichte viel, viel gemacht. Im November 1923 waren die Preise in Baden Württemberg, in Bayern, 18 Millionen mal so hoch wie im November 1922. Also wir reden davon, Inflationsraten von 1,8 Milliarden %. Also theoretisch gibt es keine Grenze nach oben. Und das viele Geld, das gedruckt worden ist, auch von der EZB, das könnte dazu führen, dass sich die Preise theoretisch verachten oder von neuem fachen, weil sich die Geldmenge verneunfacht hat. Ich glaube aber nicht, dass das zu dramatisch kommt. Ich glaube, dass es niedrig zweistellig kommen kann. Zehn, zwölf, 13 %. Aber alles, was darüber hinausgeht, muss die EZB reagieren. Weil wenn wir so hohe Inflation haben, dann funktioniert die Ökonomie nicht mehr gescheit. Man kann nicht mehr die Preise steuern, nicht mehr. Dies wird alles, dieses Preis-Gitter, was ja alles steuert, die Investitionen, den Konsum. Das Preis-Gitter wird verschwommen. Wir kriegen riesige Ineffizienzen. Also zu hohe Inflation für zu lange Zeit schwächt ganz dramatisch die Wirtschaft. Deswegen längere Zeit 12, 13, 14 % kann sich die EZB nicht leisten, weil dann verliert sie alle Glaubwürdigkeit. Das Ziel ist ja 2 %. Deswegen sie werden schon brechen, aber es wird länger dauern als USA und der Preis wird viel höher sein.

Milena Preradovic: Ich meine, so eine Zinserhöhung hat ja noch andere Effekte. Viele Häuslebauer, habe ich jetzt schon gehört, können sich wahrscheinlich dann ihre Hypotheken nicht mehr leisten. Vor allem die, die jetzt gerade wieder neu verhandelt werden. Was kann denn so eine Zinserhöhung wirtschaftlich noch bewirken?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Die kann ganz, ganz viel bewirken. Also das alles geht von den USA aus, die dramatisch anheben. Die haben die anderen Länder alle momentan mitgerissen. Das ist kein Wunder, denn USA ist die ökonomische Hegemonialmacht schlechthin. Was dort an Kapital sitzt, da ist alles andere Rest der Welt eigentlich nicht so dramatisch. Die haben die Zinsen nach oben gerissen und das hat Auswirkungen. Zum einen auf Entwicklungsländer. Es gibt an die 60 Entwicklungsländer, die momentan mit dem IWF entweder in Verhandlungen sind oder Sorgen haben, dass sie nicht mehr zahlen können. 60 Entwicklungsländer. Dann gibt es viele kleine und mittlere oder sogenannte Zombie-Unternehmen, die hohe Schulden haben. In Europa, in den USA, bei den jetzt gestiegen Zinsen. Schreibt auch schon Wall Street Journal: Jetzt kommen die High Leverage Unternehmen kommen langsam unter Druck. Also in den USA, in Europa werden die Unternehmen mit hohen Schulden kommen jetzt langsam an die Grenze, dass sie in Insolvenz gehen.

Milena Preradovic: Also das sind die Unternehmen, um das noch mal ganz klar zu machen, die eigentlich, wenn es das billige Geld nicht gegeben hätte, längst pleite waren. Also das nennt man Zombie Unternehmen, ne?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Entschuldigung, so ist es. Zombie Unternehmen, seit der Zinspolitik 2008, seit der Nullzinspolitik und dem dramatischen Gelddrucken, sind Unternehmen mit vielen Schulden eigentlich nicht mehr aus dem Markt raussortiert worden, weil die Zinsen waren so niedrig oder nahe null, dass viele Unternehmen, wo ich als Ex Banker sagen müsste, die sind, die können die Schulden nie zurückzahlen, haben trotzdem überlebt, weil die Zinsen so niedrig waren. Und wie viel das sind, wissen die Götter. Aber es sind zigtausende. Viele, viele Prozent aller Unternehmen, meiner Meinung nach, die bei hohen Zinsen nicht überlebensfähig sind. Also das sind also noch mal die Entwicklungsländer, die einen dramatischen Schlag abbekommen, die hoch verschuldeten Unternehmen, die in dramatischen Schlag bekommen und auch hoch verschuldete Staaten im Westen, zum Beispiel Italien, Griechenland, können sich eigentlich 4, 5 % gar nicht leisten. Da stehen wir eigentlich vor einer, wenn das wirklich kommt von der Staatsinsolvenz von Italien oder Griechenland, wenn wirklich 4, 5 % kommen. Ich sehe nicht, wie Italien das leisten soll. Sie haben fast 150 % vom BIP Schulden. Und das was Sie ansprechen, die privaten Haushalte. Wir haben ja sehr wenig Schulden in Deutschland oder überhaupt in Europa als private Haushalte. Aber die Häuslebauer. Das wird aber lange dauern, weil sie ja meistens 10-jährige Kreditverträge haben. Den Neu-Hausbau, den erwischt es jetzt sehr stark. Die Preise stagnieren auch schon in Deutschland seit vier Monaten. Die Hauspreise steigen nicht mehr weiter an, weil die Zinsen eben so hoch sind. Also die Baubranche in Deutschland wird jetzt schon gedreht,die Frühindikatoren gehen schon stark nach unten.

Milena Preradovic: Sie haben gerade gesagt, dass die Möglichkeit besteht, dass Italien in den Bankrott geht, in den Staatsbankrott. Kann das denn die Eurozone überleben?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Nein. Wenn das wirklich käme, kann die Eurozone meiner Meinung nach nicht überleben. Also die Argumentation ist wie folgt: Italien nur die Staatsschulden ohne Unternehmen, ohne Private sind 150 % vom BIP. Das heißt, wenn die Zinsen von nahe null auf 4 % gehoben werden, muss Italien 6 % vom BIP auf Dauer mehr Zinsen zahlen. Wie soll das gehen? 6 % vom BIP. Das heißt, Sie müssen die Staatseinnahmen um 12,14,15 Punkte erhöhen. Das geht nicht. Italien hat seit 2020 kein Wirtschaftswachstum mehr gehabt, kein reales Wirtschaftswachstum mehr. Also das geht nicht. Wenn Italien Pleite gehen sollte, es gibt übrigens Spekulationen von Wall Street aus hieß es vor zwei, drei Wochen die Spekulationen nehmen stark zu auf italienische Staatsanleihen, dass die zusammenbrechen. Wenn wirklich ein Staatsbankrott kommen sollte von so einer großen Nation wie Italien mit gut 60 Millionen Menschen, dann werden im nächsten Schritt alle Banken, die italienische Staatsanleihen halten, pleite. Das sind sie, fast alle italienischen Banken, weil sie sehen, ich kann das Geld nicht zurückbekommen. Wenn die italienischen Banken in Insolvenz gehen, dann sind sofort die anderen europäischen Banken auch insolvent, weil es sehr starke Verflechtungen gibt zwischen den Banken. Das heißt, wir hätten sofort eine riesige Finanzkrise und ich glaube nicht, dass es der Euro überleben kann. Insofern dann hätten wir wirklich ein Chaos Szenario, was ich nicht hoffe, was ich mir auch nicht sicher bin, ob es kommt. Es ist sehr schwierig, aber wenn so etwas käme: ein Zerbrechen der italienischen Staatsfinanzen oder der griechischen, ein Zerbrechen des Euro, Zerbrechen des Bankensystems, dann hätten wir in Kontinentaleuropa, also wo der Euro ist, ein totales Chaos und Arbeitslosenquoten weit über 10 % quer Beet. Also das wäre wirklich, so rein ökonomisch, der worst case und richtige Zusammenbruch.

Milena Preradovic: Oje, ich meine, der Euro hat ja deutlich an Wert verloren und wird jetzt eins zu eins mit dem Dollar gehandelt. Das heißt, selbst wenn Italien nicht crasht oder Griechenland, kommen wir trotzdem in eine Finanzkrise?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Also jetzt ist Parität. Vor eineinhalb Jahren war es noch 1,20, hat man noch 1,20 $ bekommen, also eine Abwertung von schon um fast 20 %. Wenn es noch mehr unter die Parität sinkt, womit ich rechne, dann kann es sein das Spekulation gegen den Euro kommen, von den großen Hedgefonds, von den großen Anlegern. Die sagen Nö, die können ja gar nicht die Zinsen so erhöhen, weil sonst ist Italien pleite, dass dann Wetten laufen gegen den Euro. Und es hatten wir ja schon mal gegen das britische Pfund, das Soros seit Anfang der 90er Jahre die britische Notenbank in die Knie gezwungen. Also wenn große Spekulanten wirklich massiv gegen den Euro spekulieren, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Euro crasht und man sagt, wir lösen ihn auf oder sie müssen die Zinsen dramatisch anheben. Aber dann haben wir wie gesagt, diese Staats- und Unternehmens-Insolvenzen. Also ich weiß es nicht.

Milena Preradovic: Das hört sich an wie eine Lose Lose Situation.

Prof. Dr. Christian Kreiß: Also der Euro ist eine Fehlkonstruktion, meiner Meinung nach von Anfang an. Von Anfang an eine Fehlkonstruktion, weil man hat politisch administriert, die Zinsen für alle gleich gesetzt, unabhängig von der Bonität. Ich bin ja Bänker gewesen in drei Banken, Bonität heißt die Güte des Schuldners. Also man hat im Prinzip, wenn man das in der nationalen Wirtschaft machen würde, der Eisdiele denselben Zins gegeben wie den Daimler. Das ist absurd. Man muss differenzieren zwischen der Bonität der Kreditnehmer. Das wird durch den Euro ausgehebelt seit über 20 Jahren. Und wenn sie politisch, administrativ, das hat ja auch Russland gemacht, Sowjetunion, die haben die Zinsen administriert, das geht nicht gut. Dann werden die Kapitalströme falsch gelenkt. Und wir kriegen jetzt meiner Meinung nach die Rechnungen der letzten 20 Jahre, diese Euroeinführung, die ökonomisch falsch war, die die Kapitalströme seit 20 Jahren im Prinzip falsch lenkt. Und da hat sich so viel an Verzerrung aufgebaut, dass wir jetzt die Rechnung kriegen. Weil Sie sagen Lose Lose Situation, wie kommt man wieder raus? Wir kriegen jetzt die Rechnung für einen falschen Euro, für eine falsche Idee, die damals eingeführt worden ist.

Milena Preradovic: Was würden Sie jetzt tun?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Also, ich würde eigentlich vorschlagen: Nationale Währungen einführen. Aber gleichzeitig die EZB in der Macht erhalten über. Sagen wir über 20 Jahre lang ganz langsam den Euro wieder auflösen, so dass wie 1998 bis 2001 die EZB die Oberhoheit hat, aber wir noch nationale Währungen haben gleichzeitig. Und dann langsam, langsam eine Bandbreite an die nationalen Notenbanken rückdelegiert, so dass die Währungen beginnen können zu schwanken in kleinen Bandbreiten, die Zinsen. Und das von Jahr zu Jahr die Bandbreiten erweitern, so dass keine wilde Spekulation kommt. Wenn jetzt der neue Franc und die neue italienische Lire, die neue D Mark eingeführt würde, dann würde sofort die Märkte irrsinnig spekulieren und die Währungen vollkommen verworfen werden und das nicht machen, sondern Bandbreiten, die die EZB steuert und von Jahr zu Jahr diese Bandbreiten zulassen, so dass langsam die Währungen wieder atmen können und langsam die Zinsen wieder atmen können. Das heißt das sind die Zinsen, den der jeweiligen Volkswirtschaft wieder anpasst, so dass es wieder stimmt und auch die Währung den Volkswirtschaften wieder anpasst. Und das über einen langjährigen Prozess über zehn oder 20 Jahre. Ich glaube das wäre machbar, trotz der Spekulanten-Wucht, wenn die EZB sagt whatever it takes, diese Bandbreiten werden wir stützen. Dann könnten wir langsam über zehn 20 Jahre den Euro wieder rückentwickeln, ohne dass wir einen Crash haben. Ich denke, das würde gehen.

Milena Preradovic: Aber es gibt keine Bestrebungen, so etwas zu tun?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Also, ich habe nichts davon gelesen. Ich sehe in den Medien wird diese Idee nicht transportiert. Nein.

Milena Preradovic: Es wird ja im Grunde auch nicht eigentlich erzählt, wie Sie es mir jetzt erzählt haben, wie krass es eigentlich ist und wie groß die Chance ist, dass der gesamte Euroraum zusammenbricht. Ist mir das entgangen oder wird das auch eher weniger berichtet?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Das wird wenn Sie zwischen den Zeilen lesen, dann kommt es schon immer wieder mal, vor allem in der englischen Presse oder in der amerikanischen Wallstreet Journal. Dann kommt schon immer wieder mal, ob der Euro überleben kann. Aber Sie müssen als Politiker der EZB natürlich extrem vorsichtig sein. In dem Moment, wo Sie sagen, wir überlegen, den Euro rückabzuwickeln. In dem Moment gibt es eine Flut von Spekulationen, in dem Moment saust der Euro 10, 20 % in Keller. Also in dem Moment, wo Sie diese Botschaft bringen von politischer Seite oder von EZB Seite, in dem Moment lösen Sie alle Stürme der Spekulation aus. Und deswegen muss man als Politiker und oder auch als EZB Politiker natürlich sehr sehr vorsichtig sein. Das muss man im Hintergrund vorbereiten und ganz fest das alles geplant haben und dann sagen: “wir machen das jetzt und werden alles tun, das durchzusetzen”. Insofern ist es kein Zufall, dass es nicht diskutiert wird. Wenn es diskutiert wird, dann kommt es für mich aus den angelsächsischen Medien. Wallstreet Journal bringt es immer wieder mal, ob der Euro wohl crasht? Aber in Europa ist natürlich: Bloß nicht drüber reden. In dem Moment, wo Sie drüber reden, ohne dass Sie ein Back up haben, dann ist es vorbei. Das ist sehr gefährlich. Deswegen ist es kein Zufall, dass Sie das in den Medien nicht liest.

Milena Preradovic: Was würden Sie denn jetzt Leuten raten, die ihr Geld in Euro haben? Viel Geld, oder einiges Geld, die Ersparnisse?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Als Ex Investmentbanker sage ich diversifizieren. Diversifizieren heißt nicht alle Eier in ein Nest legen, nicht alles Ersparte in eine Währung legen und schon gar nicht in den Euro alles legen, sondern verschiedene Währungen, verschiedene Asset Klassen. Also es gibt mobile Aktien Bonds, im Wesentlichen, ein bisschen Gold. Also ich persönlich habe keine Aktien aus weltanschaulichen Gründen letztlich ja, aber diversifizieren. Nicht alles in eine Währung setzen, nicht alles in eine Anlageform nicht stecken.

Milena Preradovic: Was mit dem Schweizer Franken?

Prof. Dr. Christian Kreiß: Ein Schweizer Franken wird überleben. Dem Ding passiert nie was. Dollar wird auch nie was passieren.

Milena Preradovic: Okay, gut. Das vielleicht für den, der die ein oder zwei Kröten irgendwo auf der Bank sitzen hat. Professor Kreiß. Vielen lieben Dank für diese Einordnung des Geschehens. Also Lustiger hat es vielleicht nicht gemacht, aber schlauer, das sage ich hin und wieder. Vielen Dank für Ihre Expertise und danke, dass Sie da waren.

Prof. Dr. Christian Kreiß: Ja, vielen Dank, Frau Preradovic.

Milena Preradovic: Tja, Leute, möglicherweise wird dieser Herbst beweisen, dass er gleichzeitig kalt und heiß werden kann. Die Regierung weiß das und warnt davor, auf die Straße zu gehen, weil das angeblich den Rechtsextremisten in die Hände spielt. Kontakt-Schuld und quasi ein moralisches Demonstrationsverbot. Ob das noch mal zieht? Ich bin sehr gespannt und wünsche euch eine gute Zeit. Bis bald!