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Lisa Fitz im Interview mit dem Musiker Magazin

Published On: 7. Oktober 2022 10:25

Die renommierteste deutsche Kabarettistin und Trägerin des Bayerischen Verdienstordens. Mit ihren Programmen begeistert Lisa deutschlandweit ihr Publikum. Auch als Autorin, Schauspielerin und Sängerin ist Lisa Fitz erfolgreich.

MM: Covid-19 ist ein Thema, welches uns alle beschäftigt. Besonders muss die Entertainment-Industrie darunter leiden. Wie weit darf/ soll der Staat deiner Meinung nach mit Coronamaßnahmen eingreifen?

LISA FITZ: Meiner Ansicht nach hätte der Staat einen Bruchteil dieser horrenden Milliarden beträge investieren können – und sollen, um die Bürger in der gleichen ständigen Wiederholungsfrequenz ausreichend aufzuklären und über Schutzmaßnahmen zu informieren – Masken, Abstand, Hände waschen –, anstatt autoritär Lockdowns zu verhängen und die Bürger wie unfolgsame Kinder in Dauerangst zu treiben, mit Aussagen, die sich zum Teil später oft als definitiv falsch erwiesen haben. Hunderttausende von Existenzen würden dann jetzt nicht vor dem Ruin stehen. Ich bin mit den üblichen Vorsichtsmaßnahmen schon bis 2020 den dritten Winter vollkommen grippe- und erkältungsfrei geblieben, nachdem ich 2017 drei Monate durchgehend schwer an Grippe und Bronchitis erkrankt war und dadurch einen Teil des Geschmacks- und Geruchssinns verloren habe.

MM: Wie würdest du die Situation der Kultur und Veranstalter beschreiben?

LISA FITZ: Die Kultur ist nicht tot, aber schwer krank, sie muss sich jetzt erholen und regene-rieren. Die Veranstalter sind sehr tapfer und absolut loyal, und zuversichtlich trotz der immer wieder miesen Lage – und ausgesprochen kämpferisch. Wenn Sie hören würden, wie die Branche gegen den konfusen Regelwirrwarr seit 2020 gewettert hat und immer noch tut, hätten Ihnen die Ohren gebrummt. Und die Kultur szene steht sicher nicht im Verdacht, „querdenkerisch“ oder „rechts“ zu stehen. Man lässt sich halt nicht gerne ruinieren, vor allem, wenn man alternative Lösungen für praktikabel und sinnvoller hält.

MM: Inwiefern hat dich die Pandemie seit Beginn 2020 beeinflusst?

LISA FITZ: Auf vielfältige Weise, unter anderem auch auf sehr spannende. Ich wollte zum Beispiel seit Jahren ein Sabbatical machen, das hätte ich sicher freiwillig nicht geschafft. Ich weiß nun nach dieser Zeit, dass es mir genauso gut geht, wenn ich nicht auftrete – abgesehen natürlich vom Verdienstausfall. Ich bin also nicht bühnen- und applausabhängig, obwohl es mir viel Spaß macht. Meinem Lebenspartner und mir ging es zu Hause sehr gut. Allerdings wohnen wir in Niederbayern auf dem Land und haben viel Platz und Natur um uns, das ist leichter, als mit zwei Kindern auf 80 Quadratmeter in der Großstadt zu leben, womöglich ohne Balkon. Man kommt aber auch etwas aus der Übung und denkt zuweilen: Schaff ich das dann wieder, wenn’s weitergeht – und soll ich überhaupt noch …? Dank Steuerberater kamen staatliche Unterstützungen, die geholfen haben. Der Besuch ist natürlich allgemein immer noch viel schwächer als zuvor. Aber was ich in dieser Zeit gelernt habe: Ob ich vor 80 oder vor 800 Leuten spiele, meine Stimmung auf der Bühne bleibt zuverlässig heiter und mein Energielevel gleich hoch, das wäre für mich früher undenkbar gewesen.

MM: Wie lief 2021 für dich?

LISA FITZ: 2021 lief nicht so schlecht, weil einige Veranstalter sehr fix auf Open Airs und größere Locations umgestellt haben, wo man mehr Zuschauer (mit Abstand) setzen durfte. Pro blem war und ist die Angst der Menschen, sich an zu stecken. Und weil halt nicht jeder gern zwei Stunden in einen Mundschutz atmen und lachen oder sich den konfusen, ständig wechselnden Veranstaltungsregeln für Live-Publikum unterwerfen will, das kann ich verstehen. Wir hoffen alle, dass es besser wird. Und 2021 gab es ja auch immer wieder Phasen, in denen Gast spiele möglich waren. Natürlich tut man sich leichter, wenn man einen bekannten Namen hat, bei vielen Kollegen ging gar nichts. Aber auch ich musste mit vielen Veranstaltern nachverhandeln, ihnen mit der Gage entgegenkommen, damit beide Parteien zufrieden waren. Manche (bekannten) Kollegen haben 2021/22 komplett abgesagt und wollen erst wieder 2023 spielen. Das sind die mit den fünf Mietshäusern, die wohl gar nicht mehr auftreten müssten.

MM: Was erwartest du für 2022?

LISA FITZ: Ich erwarte derzeit gar nichts mehr, ich nehme es hin, wie es kommt und behalte meine Lust zu sagen, was ich will. Wenn man sich Bange machen lässt, ist das Kabarett tot. Und sonst: Ich habe mich 2022 so zugebucht, dass ich zum Beispiel eine 14-Tage-Tour am Stück im März energiemäßig und stimmlich gerade noch so geschafft habe. Warum? Weil ich mir beim Booking gedacht habe, ach, da fallen sicher wieder paar aus oder werden verlegt. War aber dann zum Großteil doch nicht so. Der Herbst sieht ähnlich aus.

MM: In Zeiten wie diesen ist Optimismus ein guter Begleiter, um uns durch den Tag zu bringen. Bist du eher eine Optimistin oder denkst du, ein bisschen Pessimismus ist notwendig? Wie stellst du die beiden in Relation?

LISA FITZ: Grundsätzlich bin ich immer zuver-sichtlich, dass es irgendwie weitergeht und dass man gangbare Wege findet, sagen wir so. Ich denke, wirtschaftlich haben wir derzeit weniger Anlass, optimistisch zu sein. Aber eine ständig miese Stimmung oder chronische Empörung und Entrüstung – worüber auch immer – macht krank und verhindert Kreativität.

MM: Genauso wie Kämpfertum und Anpassung. Ist es gut, sich immer durchzubeißen, oder ist Anpassung manchmal sinnvoller?

LISA FITZ: Das ist natürlich ein ständiger Drahtseilakt. Zum Beispiel bei Verhandlungen: Wem kommt man wieweit entgegen? Was sagt man ab, obwohl es lukrativ wäre? Wo verrät man sich und buckelt opportunistisch, indem man seine Haltung nicht verteidigt und sein Rückgrat ver-biegt? „Wer kriecht, stolpert nicht“ – alte Büroweisheit. Man weiß ja von mir, das ist nicht das, was ich will – und was ich auch gar nicht kann.

MM: Du bist nun schon gut 50 Jahre im Showbusiness. Viele Künstler resignieren schon weit früher aus politischen, gesellschaftlichen, pandemischen – oder einfach aus Altersgründen. Wie siehst du das? Gibt es für die Karriere oder gar die Berufung ein Fristdatum?

LISA FITZ: Sie meinen, ein Verfallsdatum? Na ja, körperlich und geistig gibt es schon Limits, wenn man zum Beispiel merkt, das Hirn macht nicht mehr mit beim Text oder der Rücken die langen Fahrten nicht oder was es sonst noch so gibt. Ansonsten existieren für mich persönlich nur zwei Kriterien: Meine Lust und die der Zuschauer.

MM: Du bist erfolgreiche Kabarettistin. Was darf und soll Kabarett vor allem in diesen Zeiten?

LISA FITZ: Ach Gott … auf jeden Fall mehr, als es derzeit der Fall ist. Da wird sich angepasst und es wird gekuscht und staatstreu moralisiert, und jeder, der das gängige Narrativ infrage zu stellen wagt, wird selbst als fragwürdig etikettiert. Das ist nie Sinn des Kabaretts gewesen. Kabarett muss übertreiben und überspitzen, um Missstände deutlich zu machen … so sollte es sein. Es gibt viel Flachwitz und endlos Schülerspäßle im Angebot, aber wenig Herausforderung für den Intellekt.

MM: Wie gehst du mit Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Familie, bei Freunden, Kollegen oder Geschäftspartnern um? Gab es schon mal Zerwürfnisse?

LISA FITZ: Nein, überhaupt nicht, ehrlich. Wenn ich gemerkt habe oder merke, eine Freundin oder ein Freund oder Verwandter ist ganz militant auf Gegenkurs, verhalte ich mich wie ein Bambusrohr im Wind. Mir sind die Beziehungen und die Freundschaften wichtiger und ich lenke vorsichtig auf andere Themen um oder höre mir halt an, was er so meint. Manchmal sage ich dann ganz ruhig und sachlich: Ah, interessant … da habe ich eine ganz andere Meinung. Das wirkt viel mehr als aufgeregte Entrüstung. Ich muss auch nicht ständig alle um mich rum von meiner Meinung überzeugen – auch nicht auf der Bühne. Ich will nur zum Nachdenken anregen und dazu, immer und überall auch die andere Seite zu sehen – und zu verstehen. Und sehr oft ist es auch so, dass Menschen mit einer Meinung wie in Zement gemeißelt zwei Jahre später ziemlich stark umgedacht haben, wenn sie von der Realität oder neuen Erkenntnissen (auch denen der Wissenschaft) eingeholt werden. Das klingt jetzt vielleicht überheblich, aber ich habe mit meinen Sichtweisen langfristig tatsächlich oft recht behalten. Und was sogenannte „Feinde“ oder Gegner betrifft, hier mein Lieblingsspruch: „Du musst nur lange genug am Ufer des Flusses sitzen bleiben, dann siehst du irgendwann die Leiche deines Feindes vorbeischwimmen.“

Quelle: MusikerMagazin

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