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Die erste unpolitische Politikergeneration Deutschlands | Von Roberto J. De Lapuente

Published On: 13. Dezember 2022 12:09

Ein Kommentar von Roberto J. De Lapuente.

Dass sich Journalisten als Aktivisten verstehen: Das kennt man bereits – wenn man sich auch nur schwerlich daran gewöhnt. Aber dass nun auch noch Politiker ein Aktivistendasein ausleben, ist neuartig in diesem Land: Und daneben auch noch völlig deplatziert.

Dass es nach den Merkel-Jahren nicht viel schlechter kommen könne: Diese Einsicht galt vielen als ausgemachte Tatsache. Mittlerweile schwant einigen, dass die Zeit unter der Bundeskanzlerin, wenn sie schon nicht gut, schon nicht sozialverträglich und weitsichtig war, so doch wenigstens noch von einem Rest Realitätssinn getragen war. Unter Umständen werden die, die nach uns kommen, irgendwann im Jahre 2057 oder 2081 Rückschau halten und festhalten: Als jene Kanzlerin mit ihrer Regierung abtrat, da hat sich ein eklatanter Wandel im politischen Betrieb vollzogen. Politikerinnen und Politiker waren von da ab nicht einfach nur Volksvertreter, mit einem Mandat ausgestattete Erfüllungsgehilfen des Volkswillens, sondern auch Straßen- und Guerillakämpfer.

Wenn sie auch selbst nicht auf den Straßen aktiv waren, so wird man in diesem zukünftigen Szenario festhalten, so doch von ihrer Mentalität her. Aus reinen Funktionären wurden so Aktivisten. Leute, die Taktiken anwandten, die nicht dem Hohen Haus entsprachen, sondern denen vorbehalten waren, die nicht umsichtig die Interessen im Lande abwägen mussten, sondern im Grunde als Lobbyisten des Aktivismus auftraten. Vor 2021, so die vermutliche Analyse aus 2057 oder 2081, verstanden sich Abgeordnete, Staatssekretäre und Minister noch halbwegs als ausführende Exekutoren, die wenigstens mal auf die Realität schielten.

Man muss den Medienmenschen als Aktivisten begreifen

Vor einigen Jahren hat Jan Fleischhauer seine Kollegen gerügt. Er schrieb in seiner Kolumne, damals noch beim Spiegel und noch nicht beim Focus:

“Ich würde immer sagen, die Aufgabe von Journalisten ist nicht Ermunterung oder Anfeuerung, auch wenn einen das dem Verdacht aussetzt, kalt und herzlos zu sein. […] In Zeiten, in denen der Signetbegriff von auszeichnungswürdigem Journalismus Haltung lautet, muss man den Journalisten als Fan als eine konsequente Fortschreibung des Medienmenschen als Aktivist begreifen.”

Damals ging es um die Sympathisierung einer breiten Medienfront mit Greta Thunberg. Was das noch für harmlose Zeiten waren! Seine Einordnung des Journalismus war damals fast schon einzigartig. Fleischhauer war einer der wenigen seiner Zunft, die dem Phänomen eines Journalismus, der nicht mehr nur erfasst, berichtet und darlegt, sondern beeinflusst, prägt und Schwerpunkte setzt, eine zutreffende Beschreibung gab: Journalismus hatte sich zum Aktivismus gewandelt. Für ihn war das keine Arbeitsmoral: Sein Beruf fungiert schließlich nicht als Cheerleader etwaiger Interessen, Bewegungen oder Einzelakteure. Er sollte abseits stehen und begutachten. Meinungsjournalismus kann es deswegen dennoch geben, doch die Tagesschau oder die Tagesthemen sollten keine Sympathiebekundungen absetzen.

Dass der Medienmensch ein Überzeugungstäter ist, also letztlich auch ein Aktivist: Seit dem Text von Fleischhauer ist einige Zeit ins Land gegangen – und was für eine Zeit! Mehr denn je war erkennbar, dass die Branche stärker dem Aktivismus verfallen war, als man das annehmen wollte. Man denke nur, mit welcher Penetranz man Menschen der medialen Hatz aussetzte, die an Maßnahmen gegen das Virus zweifelten, sie für unangemessen hielten. Teilweise hat die Justiz die Unangemessenheit mittlerweile bestätigt. Der Medienmensch ignoriert das: Aktivisten haben selten Einsehen, sie machen immer weiter und weiter. Sendungsbewusstsein nennt sich dieser Drang.

Der Wahrheit auf den Grund zu gehen, wenigstens versuchen, das einzufangen, was gemeinhin als Wahrheit gilt: Diesen Anspruch kann eine Branche, die sich immer stärker einem Leitbild, moralischen Vorgaben und Vorstellungen verhaftet sieht, gar nicht erfüllen. Es ist eben nicht die Aufgabe des Aktivisten, umsichtig zu dokumentieren und abzuwägen. Er kämpft für eine Sache. Für eine! Nicht für zwei oder drei. Er fokussiert sich auf das Interesse, das ihn steuert. Die Interessen, die nebenher gewahrt werden müssen, spielen dabei bestenfalls eine untergeordnete Rolle.

Politik heute: Reiner Aktivismus

Fleischhauer hat seine damalige Kolumne gewissermaßen am Treppenabsatz einer Zäsur geschrieben. Medienleute waren schon längst zu Aktivisten mutiert. Politiker jedoch noch nicht – oder noch nicht völlig. Bis zum letzten Regierungswechsel wurden wir natürlich nicht ausschließlich von politischen Cracks regiert und verwaltet, die ihren Auftrag verinnerlicht hatten. Nehmen wir nur mal Andreas Scheuer, ehemaliger Verkehrsminister: Dass der Politik für seine Klientel gemacht hat, steht außer Frage – freundlich formuliert. Dass er aber wie ein plumper Aktivist Parolen schwingt oder Symbole mit sich herumträgt, das war auch für diesen ministeriellen Rohrkrepierer ausgeschlossen.

Dass Politikerinnen und Politiker einen Lehrauftrag in sich tragen, den sie aktivistisch und unter Einsatz ihrer gesamten Energie entfalten, um die Bevölkerung nicht nur zu regieren, sondern zu beschwören, einzulullen, von oben herab zu belehren: Das hat sich erst im Kabinett von Scholz zur vollen Blüte entfaltet.

Eine Innenministerin, die in ein muslimisches Land fährt, sich dort auf die Tribüne eines Katarer Fußballstadions setzt, angezogen als sei sie eben von der Gartenarbeit zurück, mit freien Oberarmen, schlecht sitzendem Oberteil, dazu als Symbol ihrer vermeintlichen Progressivität eine Armbinde tragend: Das wäre noch 2021 nicht denkbar gewesen.

Im letzten Kabinett mag es viele wirklich miserable Minister gegeben haben, die nicht die hellsten Kerze auf der Torte waren. Aber so einen Auftritt hätte es nicht gegeben. Da war noch ein letzter Restimpuls davon übrig, sich als Politiker nicht zum Aktivisten aufzuschwingen. Dann war Bundestagswahl und dieser Rest ist einfach verpufft.

Die Außenministerin ist ein Ausbund dieser Verpuffung. Kaum im Amt stellte sie klar, wie sie Außenpolitik machen wolle: nämlich feministisch. Sie hätte auch sagen können, dass sie die Außenpolitik einstellen wolle: Das wäre dasselbe gewesen. Seither missbraucht sie das Amt als Moralapostolat. Sie wird dabei ganz offensichtlich vom selben moralischen Furor angetrieben, dem sich Klimaprotestler oder Sekundenkleberempörer unterwerfen. Der Unterschied zwischen Politik und einer Aktivistenkarriere wäre demnach, dass Politik bei allem populistischen Gepränge, immer einen sachlichen Blick auf das was ist behält – behalten sollte. Der Aktivist braucht diese Realitätserdung gar nicht erst. Er fordert, die Realitäten sollen dann andere abchecken: Politiker vielleicht? Fällt beides zusammen, funktioniert diese ganz spezielle “Gewaltenteilung” nicht mehr.

Politiker, die gar keine sind

Wikipedia definiert den Unterschied übrigens so: “Ein Aktivist unterscheidet sich vom Politiker vor allem darin, dass er seine Ziele nicht über direkte Teilhabe an dem formellen politischen Prozess erreichen will, etwa durch Anstreben eines politischen Amts oder Mitarbeit in einer Partei, sondern auf eher informelle Art und Weise – etwa durch Öffentlichkeitsarbeit, Demonstrationen und Internet-Aktivitäten wie Online-Abstimmungen (auch als Cyberaktivismus).” Problem ist an dieser Auseinanderhaltung ja nur, dass sich beides offenbar nicht mehr auszuschließen scheint.

Die Zusammenlegung von Aktivist und Politiker, dieser Zeitenwende-Coup, ist nicht bloß eine modische Erscheinung, sondern eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Wenn sich Politik und insbesondere die Regierung mehr und mehr als aktivistische Gruppe begreift, ist der Schritt zu einem Staatswesen, in dem die politische Macht immer stärker mit der pädagogischen Bevormundung verschmilzt, nicht mehr nur nicht mehr weit: Er verstetigt sich, wird zur Normalität. Es ist zu befürchten, dass diese Politiker-Generation, die jetzt Ämter belagert, Schule machen wird und die nachfolgende Politikerschaft prägt.

Man könnte also behaupten, dass eine Generation, die mehr und mehr die eigentliche politische Arbeit aufgibt, um mit Symbolik und Stimmungsmache Emotionen freizusetzen oder zu erzeugen, an der Abschaffung der letzten Bestände dessen arbeitet, was wir Politik nennen. Wenn man sich daran gewöhnt, sich später in die Politik begebende Menschen daran orientieren, dann werden wir mehr und mehr in einen Staat hineingedrückt, in dem Politiker Ämter innehaben, die sie an sich gar nicht mehr zu Politikern machen, sondern zu mandatierten Aktivisten, die keine Rücksicht mehr auf Lebensrealitäten und Weltwirklichkeiten nehmen müssen, weil sie schlicht gar nicht wissen, dass das ihr eigentlicher Auftrag wäre.

Diese Regierung der Zeitenwende: Sie ist das Ende der Politik, wie wir sie kannten und wie sie zuletzt noch – auch unter der Regierung Merkels – in Ansätzen noch vorhanden war. Sie macht eine Politik der Entpolitisierung, ersetzt wesentliche Fragen des gesellschaftlichen Lebens durch Emotionalisierung und Fokussierung auf Randthemen, kokettiert mit Symbolik, Erbauungsrhetorik und macht keine Realitätschecks. Kurz und gut: Sie löst die ohnehin morschen Werte der ehemaligen Bonner Republik auf, um sich in ein neues “Feeling der Politik” zu begeben. Wir schauen dabei zu, wie das Primat der Politik endgültig beerdigt wird.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 12. Dezember 2022 bei neulandrebellen.de

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Bildquelle: photocosmos1 / shutterstock

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