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Die Türkei will ihre Truppen aus Syrien abziehen

Published On: 2. Januar 2023 4:44

Kurz vor Sylvester hat es in Moskau ein historisches Treffen gegeben. Zum ersten Mal seit über 10 Jahren saßen türkische und syrische Minister an einem Tisch und haben auch gleich wichtige Entscheidungen getroffen.

Am 28. Dezember hat in Moskau unter russischer Vermittlung ein historisches Treffen zwischen den Verteidigungsministern der Türkei und Syriens stattgefunden. Um zu verstehen, warum ich das Treffen als historisch bezeichne, muss ich zunächst auf die Vorgeschichte eingehen. Danach kommen wir zum aktuellen Treffen und den wichtigen Entscheidungen, die dort getroffen wurden.

Der Syrienkrieg

Die Türkei und Syrien haben ihre diplomatischen Beziehungen 2011 im Zuge des Beginns des Syrienkrieges abgebrochen. Der türkische Präsident Erdogan war einer derjenigen, die die Islamisten von IS und Al Qaida, die bei der CIA-Operation Timber Sycamore von den USA bewaffnet wurden, um die syrische Regierung stürzen, unterstützt hat. Der IS hat das in von ihm kontrollierten syrischen Gebieten geförderte Öl bis 2016 unter anderem über die Türkei exportiert, was ein Millionengeschäft war. Damals gab es Gerüchte, dass Erdogans Schwiegersohn an diesem Ölschmuggel verdient hat.

Russlands Eingreifen in den Syrienkrieg Ende 2015 hat dem ein Ende gemacht, denn die ersten Ziele der russischen Luftwaffe waren die LKW-Konvois des IS, die das geraubte syrische Öl transportiert haben. Nachdem der IS von seinen Einnahmen abgeschnitten war, konnte Syrien die Islamisten mit Hilfe der russischen Armee zurückdrängen und die Kontrolle über den Großteil des syrischen Staatsgebietes zurückgewinnen.

Heute gibt es noch zwei syrische Gebiete, die nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung stehen. Erstens Idlib im Nordwesten Syriens, das ein Rückzugsort der Nachfolge-Organisationen von IS und Al Qaida in Syrien ist und faktisch unter türkischer Schutzmacht steht.

Zweitens sind das Gebiete im Nordosten Syriens. Dort haben formell kurdische Gruppen die Kontrolle, allerdings halten sie das Gebiet nur dank US-amerikanischer Unterstützung, weshalb das Gebiet oft auch als von den USA besetzt bezeichnet wird, weil die USA dort völkerrechtswidrig Truppen stationiert haben, die das syrische Öl rauben und über den Irak ausführen.

Die Kurden in dem Gebiet werden vom Westen, allen voran natürlich den USA, unterstützt. Die Türkei hingegen sieht die kurdische Organisation YPG als Tochter der kurdischen Terrorgruppe PKK an. Noch unter Trump hat Erdogan 2019 gewaltsam einen Sicherheitsstreifen auf syrischem Gebiet unter seine Kontrolle gebracht, um die Kurden von der türkischen Grenze abzudrängen.

Im Dezember 2022 hat Erdogan erneut einen Militäreinsatz gegen die von den USA unterstützten Kurden der YPG auf syrischem Gebiet gestartet, was in den Medien jedoch nur am Rande erwähnt wurde.

Das überraschende Treffen in Moskau

Da Erdogan den versuchten Sturz des syrischen Präsidenten Assad und die Islamisten in Syrien unterstützt hat, ist das syrisch-türkische Verhältnis denkbar schlecht. Allerdings gab es in den letzten Monaten Hinweise darauf, dass hinter den Kulissen Gespräche geführt wurden. Erdogan hat in den letzten Monaten sogar ein Treffen mit Präsident Assad nicht mehr kategorisch ausgeschlossen, sondern für möglich gehalten, wenn eine Annäherung stattfindet. Darüber hat Erdogan auch mit Putin gesprochen und dazu Mitte Dezember gesagt:

„Das erfordert jedoch Treffen der Geheimdienste, dann der Verteidigungsminister und schließlich der Außenminister. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Gespräche wird es möglich sein, über ein Treffen der Staatschefs zu sprechen. Ich habe Herrn Putin das vorgeschlagen und er hat die Initiative positiv aufgenommen. Dies wird der Beginn einer Reihe von Verhandlungen sein“

Offensichtlich ist es danach sehr schnell gegangen und die Geheimdienste haben sich bereits getroffen, denn nur zwei Wochen später, am 28. Dezember, kam es bereits zu dem Treffen der Verteidigungsminister der Türkei und Syriens. Das Treffen fand zusammen mit dem russischen Verteidigungsminister in Moskau statt. Und es war offensichtlich ein Erfolg.

Türkische Medien meldeten danach, dass die Türkei einverstanden ist, ihre Truppen aus Syrien abzuziehen. Das ist eine wirkliche Überraschung, wenn man bedenkt, dass die Türkei gerade erst eine neue Militäroperation in Syrien gestartet hat. Außerdem erklärte der türkische Verteidigungsminister, man werde die militärischen Kontakte zu Syrien intensivieren.

Besonders bemerkenswert war, das türkische Medien unter Berufung auf eine Quelle gemeldet haben, dass sich die drei Verteidigungsminister einig waren, dass die mit der PKK verbundenen kurdischen Gruppen „Agenten der USA und Israels sind und die größte Gefahr für Syrien und die Türkei darstellen.“

Wenn man bedenkt, dass die Türkei als NATO-Mitglied eigentlich ein Verbündeter der USA ist, die USA aber Gruppen unterstützen, die mit der Türkei im Krieg sind, dann ist diese Aussage nicht überraschend. Überraschend ist allerdings, dass die Türkei nun unter Umständen mit Syrien zusammenarbeiten wird, um die Kurden der YPG mit dem Ziel zu besiegen, auch die US-Truppen aus Nordost-Syrien zu vertreiben. Der türkische Verteidigungsminister hat ein solches Zusammengehen mit Syrien gegen die entsprechenden kurdischen Gruppen ausdrücklich als möglich bezeichnet.

Die schnelle Annäherung

Erdogan hat Mitte Dezember gesagt, dass ein Treffen mit dem syrischen Präsidenten Assad möglich ist, nachdem die Geheimdienste, dann die Verteidigungsminister und schließlich die Außenminister der beiden Länder sich getroffen und sich in den strittigen Punkten geeinigt haben. Nur zwei Wochen später haben sich die Außenminister bereits getroffen. Und auch das Treffen der Außenminister wird wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen, denn der türkische Außenminister sagte am 31. Dezember bereits:

„Wir haben ein Treffen in der zweiten Januarhälfte vorgeschlagen. Es könnte in Moskau oder in einem Drittland stattfinden“

Nach Ansicht des türkischen Außenministers könnten die anstehenden Gespräche zu einer Entscheidung über ein Gipfeltreffen der beiden Präsidenten führen:

„Der Verhandlungsprozess wird über die Möglichkeit eines Treffens auf höherer Ebene entscheiden“

Wenn es in dem Tempo weitergeht, ist ein Treffen zwischen Erdogan und Assad schon im ersten Quartal 2023 möglich. Wahrscheinlich wird das in Moskau zusammen mit Präsident Putin stattfinden. Alle drei Staaten haben beim Thema Syrien inzwischen mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes, denn nun sagt auch die Türkei offen, dass die Anwesenheit der USA das Problem in der Region ist.

Dieser gemeinsame Gegner USA dürfte der Grund für die schnellen Fortschritte sein, denn die amerikanische Unterstützung für die Kurden ist für die Türkei inakzeptabel, Syrien will die US-Truppen ebenfalls aus seinem Land vertreiben und dass Russland sich über eine Schwächung der USA in der Region freuen würde, dürfte niemanden überraschen.

Wie reagieren die USA?

Die Türkei, Syrien und Russland sind sich nun einig darüber, dass es die Anwesenheit der US-Truppen im Nordosten Syriens ist, die die Sicherheit in der Region stört. Syrien möchte wieder die Kontrolle über sein Staatsgebiet bekommen und die dortigen Kurden haben prinzipiell nichts dagegen, wollen allerdings eine möglichst weitgehende Autonomie. Das findet die syrische Regierung nicht gut, aber wahrscheinlich könnte man – mit ein bisschen Druck aus Moskau – eine Einigung finden.

Bisher verhindert die Anwesenheit der US-Truppen das jedoch, weil ihre Anwesenheit die Verhandlungsbereitschaft der Kurden einschränkt. Ohne die Rückendeckung der USA wären die Kurden sicher kompromissbereiter, und im Interesse eines langfristigen Friedens würde Russland wohl Druck auf Syrien machen, den Kurden ebenfalls entgegen zu kommen.

Die Türkei, das hat Erdogan kürzlich offen gesagt, und das scheint auch bei dem Treffen der Verteidigungsminister Konsens gewesen zu sein, will ebenfalls, dass die USA ihre Truppen aus Syrien abziehen, weil die USA die Kurden mit Waffen unterstützen, die die Kurden gegen die Türkei einsetzen.

Russland fordert sowieso seit Jahren, dass die USA ihre völkerrechtswidrige Besetzung von Teilen des souveränen Staates Syrien beenden.

Für Erdogan wäre es ein innenpolitischer Erfolg, den er für die anstehenden Wahlen benötigt, wenn er das Problem mit der YPG unblutig löst und sich mit Syrien auch noch über die Rückkehr der vielen syrischen Flüchtlinge einigt, die seit Jahren in der Türkei leben. Für Syrien wäre das die Möglichkeit, endlich wieder die Kontrolle über die kurdischen Gebiete zu bekommen. Für Russland wäre jeder Erfolg gegen die USA ein Grund zum Feiern. Und die Kurden würden wahrscheinlich eine erweiterte Autonomie in Syrien und endlich Frieden bekommen.

Dass die Kurden grundsätzlich bereit sind, wieder unter der Herrschaft von Assad zu leben, konnte man Mitte Dezember in einer Analyse der russischen Nachrichtenagentur TASS erfahren, die ich damals übersetzt habe. Die TASS hat über den Standpunkt der Kurden geschrieben:

„Nach Ansicht des kurdischen Vertreters ist eine nationale wirtschaftliche Integration für Syrien in dieser Phase von entscheidender Bedeutung. „Die Kurden verfügen über Ölreichtum, Wasserquellen und Brotkörbe, die allen Syrern gehören und gerecht verteilt werden müssen“, betonte er. „Wir sind damit einverstanden und wollen unseren Brüdern im Rest des Landes, die jetzt unter der Krise und den Sanktionen leiden, so schnell wie möglich helfen.“
Dem Syrienexperten Al Halabi zufolge wird die kurdische Führung von Politikern dominiert, die die Unvermeidbarkeit einer Einigung mit Damaskus anerkennen, aber es gibt auch solche, die sich als „Amerikas treueste Freunde“ bezeichnen und den Dialog mit der syrischen Regierung und den Handel zwischen beiden Seiten behindern.“

Damit bleibt die Frage offen, ob und wie bald es zu einem Treffen der Präsidenten der Türkei, Russlands und Syriens kommt und wie die drei die USA aus Syrien herausbekommen wollen. Nach einem Abzug der US-Truppen scheint ein Frieden in greifbarer Nähe zu rücken.


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