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Der Spiegel und der von Russland angebotene Weihnachts-Waffenstillstand

Published On: 7. Januar 2023 12:48

Russland hat zum orthodoxen Weihnachtsfest eine 36-stündige Feuerpause angeboten, was die Ukraine abgelehnt hat. Der Spiegel nutzt das für seine Desinformation.

Der russische Präsident Putin hat zum orthodoxen Weihnachtsfest eine Feuerpause angekündigt, die von 12.00 Uhr am 6. Januar bis 24.00 Uhr am 7. Januar gelten sollte. In der Mitteilung des Kreml hieß es:

„Angesichts der großen Zahl orthodoxer Bürger, die in den Konfliktgebieten leben, fordern wir die ukrainische Seite auf, einen Waffenstillstand zu erklären und ihnen den Besuch der Gottesdienste an Heiligabend und am ersten Weihnachtstag zu ermöglichen.“

Kiew hat die vorgeschlagene Feuerpause umgehend abgelehnt und eine Fortsetzung der Kampfhandlungen angekündigt. Ob Russland sich an die Feuerpause gehalten hätte, oder ob das eine russische Finte war, werden wir nicht erfahren, denn Kiew hat den Vorschlag abgelehnt und zum angekündigten Beginn der Feuerpause demonstrativ heftigen Beschuss auf zivile Ziele in der Stadt Donezk gestartet.

Was der Spiegel berichtet

Der Spiegel hat am 7. Januar einen Artikel mit der Überschrift „Krieg in der Ukraine – Weihnachts-Waffenruhe hält nicht – London meldet »Kämpfe auf Routinelevel«“ veröffentlicht. Schon die Überschrift ist irreführend, denn dass die Waffenruhe nicht halten würde, war allen klar, nachdem Kiew offen verkündet hat, sich nicht daran halten zu wollen. Eine korrekte Überschrift hätte zum Beispiel lauten können: „Kiew lehnt Weihnachts-Waffenruhe ab – Kämpfe gehen unvermindert weiter“

Aber wie die Überschrift zeigt, will der Spiegel seine Leser ja nicht informieren, sondern desinformieren, weshalb die Einleitung des Spiegel-Artikels konsequenterweise lautete:

„Eigentlich hatte Putin versprochen, über das orthodoxe Weihnachtsfest die Waffen schweigen zu lassen. Davon ist nach britischen Angaben allerdings nichts zu merken. Im Brennpunkt ist die Stadt Kreminna in der Region Luhansk.“

Die Formulierungen sind nach den besten Regeln des Handbuchs für Kriegspropaganda gewählt, denn mit der Formulierung „eigentlich hatte Putin versprochen…“ wird dem Spiegel-Leser, der ohnehin meint, dass Putin die Ausgeburt des Bösen schlechthin ist, suggeriert, Putin habe habe die Waffenruhe versprochen und sein Versprechen nicht gehalten und einfach weiter kämpfen lassen. Es war jedoch umgekehrt: Kiew hat die Waffenruhe abgelehnt und das auch zu Beginn der von Russland einseitig verkündeten Waffenruhe mit seinem schweren Beschuss unmissverständlich demonstriert.

Man kann ja, wie der Spiegel, der Meinung sein, Russland und Putin seien böse und an allem schuld. Aber warum desinformiert man die eigenen Leser, wenn man doch angeblich auf der Seite der Wahrheit steht? Der Spiegel hätte stattdessen einen Artikel schreiben können, in dem er seinen Lesern erklärt, warum es eine gute und verständliche Entscheidung von Kiew war, die von Putin angebotene Weihnachts-Waffenruhe anzulehnen. Stattdessen stellt der Spiegel es durch seine Formulierungen so dar, als sei es Putin, der das Versprechen und die Waffenruhe gebrochen habe.

Britische Angaben

Der Spiegel beruft sich in seinem Artikel auf „britische Angaben“, anstatt auf weitgehend übereinstimmende Angaben aus Moskau und Kiew, die beide die Fortsetzung der Kämpfe melden, nachdem Kiew den Vorschlag für die Weihnachts-Waffenruhe abgelehnt hat.

Dass der Spiegel sich überhaupt noch auf britische Angaben beruft, ist übrigens ziemlich abenteuerlich. Der Spiegel beruft sich seit Beginn der russischen Intervention fast täglich in mindestens einem Artikel auf Angaben vom britischen Geheimdienst oder vom britischen Verteidigungsministerium. Das Problem dabei ist, dass diese „britischen Angaben“ sich von Anfang an alle als falsch herausgestellt haben. Seit dem Frühjahr melden die Briten unaufhörlich, dass Russland die Munition, die Raketen und überhaupt alles ausgeht. Da es ausgeschlossen ist, dass die russische Armee ihren immer stärker werden Beschuss auf die ukrainische Energieversorgung mit Wattebäuschchen durchführt, kann man – auch in Spiegel-Artikeln – jeden Tag beobachten, was die „britischen Angaben“ wert sind.

Der geschickte Propaganda-Trick des Spiegel

Es ist ein beliebtes Mittel der Spiegel-Redaktion, die Wahrheit am Ende eines Artikels – möglichst kurz – zu erwähnen, damit der Spiegel behaupten kann: „Wir haben ja berichtet“

So auch hier. Der Artikel umfasst sechs Absätze, einen Tweet des britischen Verteidigungsministeriums und eine Karte über den Frontverlauf. Es ist also kein kurzer Artikel.

In den ersten fünf Absätzen wird dem Leser weiter der Eindruck vermittelt, Russland halte sich nicht an die Feuerpause. Erst im sechsten Absatz erfährt man in einem kurzen Satz die Wahrheit. Der letzte Absatz des Spiegel-Artikels lautet:

„Die Ukraine hatte die Feuerpause als Propagandatrick und Heuchelei der russischen Angreifer abgelehnt. Die orthodoxen Kirchen der Ukraine feiern Weihnachten traditionell erst am 7. Januar.“

Aber viele Leser werden diesen Absatz gar nicht entdecken, denn nach dem fünften Absatz kommt ein Verweis auf „Mehr zum Thema“ mit drei hervorgehobenen Artikeln. Das ist in der Regel das Zeichen dafür, dass ein Artikel zu ende ist. Die meisten Leser werden nicht weiter scrollen und daher sehen die meisten Spiegel-Leser den letzten Absatz nicht einmal, was ich hier anhand von Screenshots aufzeigen werde.

So sieht es aus, wenn man den fünften Absatz liest.

Die meisten Leser dürften den Eindruck haben, der Artikel sei zu ende und werden nicht weiter scrollen, um den letzten Absatz zu finden.


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