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Die Gerade-wir-als-Deutsche-Deutschen

Published On: 27. Januar 2023 14:00

Heute ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Einige werden heute Gedenken, weil sie nicht vergessen können. Die meisten aber gedenken heute, weil sie nicht vergessen wollen.

Wenn bei der Pessachfeier in einem jüdischen Haus die 98-jährige Urgroßmutter plötzlich sagt, „als ich ein Kind war, saßen deutlich mehr bei uns am Seder-Tisch“, dann ist das Gedenken an die Opfer des Nationalsozilismus präsent und zwar nicht, weil die Anwesenden es wollen, sondern weil sie nicht anders können. Für die meisten Menschen in Deutschland ist das heute anders. Sie könnten vergessen, aber sie wollen es nicht.

Der Philosoph George Santayana sagte einst: „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ Dieser Satz ist so wahr, wie ein Satz nur wahr sein kann. Es ist wichtig, all die Opfer des Nationalsozialismus nicht zu vergessen. Sie dürfen aber nicht instrumentalisiert werden. Die Menschen wurden nicht ermordet, um heute als Argumente für eine gute Sache zu dienen. Ihre Ermordung war grausam, barbarisch und sinnlos.

Es gibt allerdings viele Menschen in Deutschland, die dem Horror einen Sinn geben wollen und stolz auf die Lehre der Vergangenheit sind. Ich nenne diese Leute die Gewaldedeus. Der Gerade-wir-als-Deutsche-Deutsche (Gewaldedeu) sagt, die deutsche Geschichte sei einzigartig, so einzigartig, dass auch er nun einzigartig ist.

Nichts weiter als Geister der Vergangenheit

Der Gewaldedeu setzt sich mit seiner deutschen Vergangenheit auseinander. Jedes Jahr ein bisschen mehr. Heute sitzt er so weit auseinander von der deutschen Vergangenheit, dass er stolz darauf ist, nicht stolz darauf zu sein, Deutscher zu sein und denkt: „Ach, wären doch alle nur so gut wie ich.“

Moralisch sieht sich der Gewaldedeu an der Spitze. Wer ihm widerspricht, ist ein Nazi. Besonders gerne bezeichnet der Gewaldedeu Menschen als Nazis, die aus Ländern kommen, die Deutschland einst von den Nazis befreit haben.

Der Gewaldedeu hat in seiner Schulzeit jeden 9. November mit seinem Schulchor vor dem Gedenkstein in seiner Heimat gesungen, der an die Synagoge erinnert, die 1938 von den Nazis niedergebrannt wurde. Er verlegt liebend gerne Stolpersteine für ermordete Juden und trampelt irgendwann darauf herum. Er organisiert Ausflüge nach Dachau und Theresienstadt und hat den Soundtrack von „Schindlers Liste“ im Schrank stehen. Der Gewaldedeu liebt Klezmer.

Für einen Gewaldedeu sind Juden nichts weiter als Geister der Vergangenheit. Sie tauchen bei ihm fast ausschließlich in Gedenkstunden auf. In seiner Schulzeit hat er das Judentum überwiegend im Geschichtsunterricht kennengelernt, nicht so sehr in den Unterrichtsfächern Philosophie, Ethik, Religion oder Gesellschaftskunde. Juden sind für einen Gewaldedeu die Toten von damals, nicht die Lebenden von heute.

Zu irgendetwas muss Auschwitz ja gut gewesen sein

Der Gewaldedeu fühlt sich persönlich schuldig für den Holocaust. Wenn er einen Juden trifft, dann schwingt stets auch ein schlechtes Gewissen mit. Der Gewaldedeu sieht sich als Schuldner. Ein Schuldner braucht jedoch einen Gläubiger, und für den Gewaldedeu ist das natürlich der Jude. Juden lösen somit bei einem Gewaldedeu unweigerlich ein schlechtes Gewissen aus. Der israelische Arzt und Autor Zvi Rex brachte die Überzeugung eines Gewaldedeus einst in einem Satz auf den Punkt:

„Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen.“

Gewaldedeus geraten ganz aus dem Häuschen, wenn sie zeigen können, dass ihre Gläubiger auch nicht besser sind als sie. Gewaldedeus lieben es, Juden zu kritisieren, besonders wenn die Juden in Israel leben. Der Gewaldedeu hat schließlich aus der Vergangenheit gelernt, nämlich dass die Juden in Israel die Nazis von heute sind, was der Gewaldedeu nun wirklich überhaupt nicht verstehen kann, denn eigentlich müssten es die Juden doch besser wissen, schließlich hatten sie den gleichen Lehrmeister wie sie, nämlich die deutsche Geschichte.

Gewaldedeus machen den Holocaust zu einem moralischen Anschauungsunterricht. Zu irgendetwas muss Auschwitz ja gut gewesen sein. Und die Gewaldedeus haben was aus dem Holocaust gelernt. Sie haben gelernt, die Vergangenheit so perfekt zu bewältigen, wie schon ihre Vorfahren alles perfekt organisiert hatten.

Gewaldedeus sind stolz auf ihre Vergangenheitsbewältigung, die es ohne die Vergangenheit natürlich nicht gäbe. Tief drinnen ist der Gewaldedeu fest davon überzeugt, dass Auschwitz ihn besser gemacht hat.

Gerd Buurmann, geb. 1976, ist Schauspieler, Autor sowie Moderator des Achgut-Podcasts „indubio“.

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