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Der Sonntagsfahrer: Danke Jumbo!

Published On: 5. Februar 2023 6:00

Die Produktion der berühmten Boeing 747, genannt „Jumbo“, wurde vergangene Woche eingestellt. Der Jumbo hat das Fliegen für die Massen ermöglicht und den Luftverkehr demokratisiert. Er hat sich damit auch gesellschaftlich und – man glaubt es kaum – um den Naturschutz verdient gemacht. 

In dem Ohrwurm „It Never Rains in Southern California“ singt Albert Hammond gleich in der ersten Liedzeile: “Got on board a westbound 747, Didn’t think before deciding what to do”. Das war Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Die Boeing 747, weltweiter Kosename „Jumbo“, erhob sich ein paar Jahre zuvor zum ersten Mal in die Lüfte. Das damals größte Passagierflugzeug der Welt rückte nicht nur Los Angeles oder San Francisco näher, der fliegende Elefant schrumpfte den ganzen Planeten. Mit anfangs rund 350, später über 400 Sitzplätzen demokratisierte der Jumbo das Flugreisen, weil er einen Trip auf andere Kontinente für die Massen erschwinglich machte. Der Boeing-Historiker Michael Lombardi formuliert es so: „Dieses Flugzeug steht für den Punkt in der Geschichte, an dem erstmals jeder Mensch auf dem Planeten Erde ein Flugzeug besteigen und fliegen kann“.

Am vergangenen Dienstag wurde im Boeing-Werk Everett bei Seattle der letzte Jumbo in Dienst gestellt. Er drehte eine Ehrenrunde über Seattle, verabschiedete sich noch einmal im Tiefflug über die Landebahnpiste R16 des Werksflughafens Painfield von der dortigen Belegschaft, die in eisiger Kälte ausharrte. Dann schrieb die Besatzung mit ihrer Flugbahn die Zahl 747 in den Luftraum des Staates Washington. Und schließlich malte man im Zickzack noch eine Krone obendrauf, denn die 747 gilt als unbestrittene „Königin der Lüfte“.

So wunderbar melancholisch nimmt Amerika Abschied von einer seiner technischen und gesellschaftlichen Errungenschaften. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für ein Objekt der Massenmobilität hierzulande so einen großen Zapfenstreich geben würde. Wir werden es in ein paar Jahren sehen, wenn der letzte Verbrenner in Deutschland vom Band läuft, respektive vom Hof gejagt wird.

Über den Wolken ist die Dummheit nicht so grenzenlos

Die Boeing 747 sollte erst ein Frachtflugzeug fürs Militär werden, passte dann mit seiner Kapazität aber ganz gut in den rasant wachsenden Ferntourismus. Am Anfang glaubte Boeing vielleicht 50 Passagierflugzeuge vom Typ 747 verkaufen zu können, inzwischen sind es 1.573. Zwei stehen noch aus, sie sollen die legendäre „Air Force One“ der amerikanischen Präsidenten ersetzen. Barack Obama liebte die 747 und lobte die Piloten, „weil sie nie mein Gepäck vergessen hatten und ich im Flugzeug die Schuhe ausziehen musste“. Das Cockpit hatte anfangs noch keine Bildschirme, sondern konventionelle Anzeigen und Uhren von Schweizer Präzision. Die Konstruktion stellt ein analoges Meisterwerk mit zahlreichen redundanten Sicherheitssystemen dar. Man könnte auch sagen: Die 747-Technik ist so ziemlich das genaue Gegenteil des deutschen Staatsapparates.

Als ich selbst zum ersten Mal mit einer 747 flog, war ich vor lauter Aufregung zwei Stunden zu früh am Flughafen und drückte mir die Nase an der Scheibe des Frankfurter Abflug-Gates platt. Majestätisch wie ein mächtiger Schwan schwebte die ankommende 747 ein, eine selbstbewusste Schönheit, die den Runway in einen Laufsteg verwandelte. Ihre wahre Größe zeigt die 747 aber erst, wenn man einmal am Boden danebensteht und sich so winzig vorkommt wie ein Hobbit am Fuße eines Wolkenkratzers. 

Die 747 hat die Welt verändert – und gewiss nicht so negativ, wie uns die Weltuntergangs-Propheten weismachen wollen. Vor ein paar Tagen wurden beispielsweise zwei Letztgenerationisten durchs Medien-Dorf getrieben, weil sie sich an der Straße festgeklebt hatten und anschließend in den Urlaub nach Thailand geflogen sind. Da ich an das Gute im Menschen glaube, möchte ich die Beiden ein wenig von ihrer Seelenpein befreien, indem ich ihren Horizont mit Hilfe der Boeing 747 erweitere. Über den Wolken ist die Dummheit nicht so grenzenlos. 

Die Serengeti wurde ein Touristenziel und starb nicht

Mein Kronzeuge bei der Ehrenrettung der Massenfliegerei ist dabei der Ökologe Bernhard Grzimek, Frankfurter Zoodirektor, Fernsehstar und Retter der Serengeti. Sein Dokumentarfilm „Serengeti darf nicht sterben“ wurde 1960 als erster deutscher Film nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Oscar ausgezeichnet. Eine Hauptrolle spielte darin übrigens eine mit Zebrastreifen angemalte Do 27, mit der sein Sohn später tragisch verunglückte.

Weil Grzimek voraussah, dass die geschützten Naturgebiete Afrikas auf Dauer verloren sein würden, wenn sie sich für die jungen Staaten nicht wirtschaftlich auszahlten, unterstützte er den aufkommenden Ferntourismus. So wurde die Serengeti ein Touristenziel und starb nicht. Auch für Otto-Normalo und Naturliebhaber erschwingliche Flüge haben daran einen großen Anteil. 

Die Einsicht, dass Naturschutz in Entwicklungsländern nur funktionieren kann, wenn er der Bevölkerung ökonomische Vorteile bietet, ist heute unter Umweltökonomen verbreitet. Auch die IUCN, die Dachorganisation des internationalen Naturschutzes, plädiert seit den 80er Jahren dafür, die artenreichen Naturgebiete der Erde mit Hilfe marktwirtschaftlicher Anreize zu sichern. Denn in den ökologisch wertvollsten Regionen leben oft die ärmsten Menschen, die auf Brennholz und Wildtierfleisch angewiesen sind. Folglich – das hatte Grzimek bereits in den 60er Jahren erkannt – muss man ihnen wirtschaftliche Alternativen bieten, damit die Natur erhalten bleibt. Und dazu gehört der Ferntourismus. Egal ob in der Serengeti, bei den Gorillas in den Virunga-Bergen oder auf angeblich vom Meeresspiegel bedrohten Malediven-Inseln. Die sicherste Art und Weise, diese Orte sofort zu devastieren, ist, den Tourismus dorthin einzustellen.

Eine fliegende Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Armen

Hierzulande erscheint der Tourismus vielen als eine relativ unbedeutende Branche. Doch global betrachtet, ist er die größte Industrie der Welt. Eine Industrie, die gerade dort Arbeit schafft, wo alle anderen Wirtschaftsbereiche unterentwickelt sind. Die Boeing 747 und ähnliche Flugzeuge liefern für diese Menschen nichts anderes als eine fliegende Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Die Zahl der Menschen, die ins Ausland reisen, hat sich seit den 60er Jahren mehr als verzwanzigfacht, auf knapp eineinhalb Milliarden im Jahr. Viele hundert Millionen Familieneinkommen sind davon abhängig. Kenia oder Tunesien würden bei einem Zusammenbruch der Tourismuswirtschaft Einbußen erleiden wie Deutschland bei einem Crash seiner gesamten Industrie. Mit dem Unterschied, dass die Menschen in diesen Ländern von Hartz IV und dergleichen nur träumen können. Wie unmittelbar katastrophisch das Ausbleiben der Gäste aus der Fremde sich auswirkt, konnte man während der Corona-Lockdowns anschaulich erleben.

Auch die Massenmigration mit all ihren problematischen Folgen hat ihre Ursache in erster Linie in Armut, Unterdrückung und Kriegen. Klimaaspekte spielen zahlenmäßig kaum eine Rolle. Wer den Menschen in armen Ländern durch Flugverbote für Touristen oder landwirtschaftliche Exportprodukte wie Avocados oder Kenia-Bohnen das Einkommen wegnimmt, zerstört deren Lebensgrundlage kurzfristig, also etwas, das er langfristig zu schützen vorgibt. 

Das fliegende Massentransportmittel Boeing 747 hat für das Wohlergehen der Menschen mehr getan, als es sich am Boden festgeklebte Klimaideologen je vorstellen können. Denen möchte ich empfehlen: „Get on board a westbound 747, and think before deciding what to do“. Und außerdem möchte ich sagen: Danke, Jumbo!

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

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