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Droht zwischen den USA und China im Jahre 2027 ein Krieg um Taiwan?

Published On: 10. Februar 2023 16:00

Bekanntlich sagen viele US-Militärs sehr offen, dass sie in den nächsten Jahren einen Krieg mit China erwarten. Was deutet noch darauf hin?

Führende US-Militärs sind sehr offen in ihren Aussagen und Warnungen über einen in den nächsten Jahren ausbrechenden (nicht etwa nur drohenden) Krieg mit China um Taiwan. Der Japan-Korrespondent der russischen Nachrichtenagentur TASS hat dazu eine sehr interessante Analyse geschrieben, die ich übersetzt habe. Bevor wir dazu kommen, will ich zum Verständnis noch einmal die geopolitische Lage aufzeigen, vor der der Konflikt um Taiwan stattfindet.

Die geopolitische Lage für die USA

Ich habe vor einigen Tagen über die neue Studie der RAND-Corporation berichtet, die der US-Regierung empfiehlt, den Ukraine-Krieg möglichst schnell zu beenden, auch wenn Russland dabei Gebietsgewinne macht. Das sei für die USA nebensächlich, so RAND. Außerdem habe ich berichtet, dass es bereits erste Anzeichen dafür gibt, dass die US-Regierung genau das umsetzt, dazu gehört übrigens auch die überraschende Tatsache, dass alle westlichen Länder bisher die Lieferung von Kampfjets an Kiew ablehnen, obwohl das nach dem grünen Licht für die Lieferung schwerer Panzer eigentlich der logische und von Experten erwartete nächste Schritt gewesen wäre.

Die Empfehlung der RAND-Corporation ist aus geopolitischer Sicht logisch, denn es ist den USA in der Ukraine nicht gelungen, auch nur ein einziges ihrer Ziele gegen Russland zu erreichen: Die russische Wirtschaft ist an den Sanktionen nicht zerbrochen, im Gegenteil. Russland wurde international nicht isoliert, denn kein nicht-westliches Land hat sich den Sanktionen angeschlossen, sogar die bisher USA-treuen arabischen Staaten machen weiter mit Russland Geschäfte und Politik als sei nichts passiert. Russland wurde also nicht entscheidend, ja nicht einmal spürbar, geschwächt.

Dafür sind die Kosten der Unterstützung für die Ukraine sowohl finanziell als auch an Waffen explodiert und drohen bereits, die westlichen Waffenarsenale komplett zu leeren. Eine weitere Verlängerung der Unterstützung der Ukraine in der bisherigen Form können sich die USA und ihre Satelliten nicht leisten, ohne selbst entscheidend geschwächt zu werden, alleine, weil die Waffenproduktion mit dem Verschleiß, der in der Ukraine stattfindet, nicht mithalten kann.

Da man sich in Washington aber inzwischen einig ist, dass die eigentliche Bedrohung für die Weltherrschaft der USA (die dort „worldwide dominance“ genannt wird) China und nicht Russland ist, ist es sehr unklug, wenn die USA sich in dem Konflikt mit Russland selbst schwächen und China zum lachenden Dritten wird. China ist nicht nur militärisch dabei, den USA Konkurrenz machen, sondern es ist vor allem wirtschaftlich eine Bedrohung für die Weltherrschaft der USA.

Russland hingegen ist keines von beidem: Russlands Marine ist relativ schwach, wenn man von den russischen Atom-U-Booten absieht, während China einen Flugzeugträger nach dem anderen baut. Und wirtschaftlich ist Russland in den letzten 20 Jahren zwar stark gewachsen, aber im Gegensatz zu China noch lange keine Konkurrenz für die USA.

Nach dieser Einleitung über den Hintergrund der geopolitischen Lage der USA kommen wir nun zu der Analyse des Japan-Korrespondenten der russischen Nachrichtenagentur TASS, die auf die Lage rund um Taiwan und die Gefahr eines Krieges zwischen den USA und China eingeht.

Beginn der Übersetzung:

Ist im Jahr 2027 ein Konflikt um Taiwan zu erwarten? Die USA und Japan bereiten sich aktiv vor

Vasily Golovnin, Japan-Korrespondent der TASS, über die Gründe, warum Washington und Tokio ihre militärische Präsenz im indo-pazifischen Raum ausbauen

In letzter Zeit sprechen hochrangige US-Geheimdienstler und Militärs immer häufiger von der realen Möglichkeit eines militärischen Konflikts um Taiwan und nennen sogar den genauen Zeitpunkt. Der Direktor des US-Geheimdienstes CIA, William Burns, sprach beispielsweise Anfang Februar vor Studenten der Georgetown University in Washington und erklärte mit ungewohnter Offenheit, dass Präsident Xi Jinping das Kommando der chinesischen Volksbefreiungsarmee angewiesen habe, sich auf eine erfolgreiche Operation zur Annexion Taiwans in 2027 vorzubereiten. Nach Angaben des CIA-Chefs verfügt seine Behörde über entsprechende Informationen.

Admiral Philip Davidson, der Leiter des US-Kommandos für den Indopazifik, deutete bei einer Kongressanhörung im Frühjahr 2021 an, dass Peking bis 2027 versuchen könnte, die militärische Kontrolle über Taiwan zu erlangen. Im Januar dieses Jahres gab er, bereits als pensionierter Offizier, eine Reihe von Interviews, in denen er diese Vorhersage überzeugt wiederholte. Medienberichten zufolge verschickte ein hochrangiger Beamter der US-Luftwaffe, General Mike Minihan, im selben Monat ein Memo, in dem er behauptete, dass es bereits 2025 zu einem direkten militärischen Zusammenstoß zwischen den USA und China bei Taiwan kommen könnte. Er wies daher seine Untergebenen an, sich aktiver auf Feindseligkeiten mit China vorzubereiten.

Es gibt noch mehr Meinungen dieser Art von Analysten – das Gefühl der Spannung und eines sich nähernden Zusammenstoßes wächst. Das zeigt sich nicht nur in Worten. So treffen Washington und Tokio offenbar aktivste Vorbereitungen für eine militärische Krise vor Taiwan. Offiziellen Dokumenten des japanischen Verteidigungsministeriums zufolge liegt seinem Handeln die Erkenntnis zugrunde, dass sich das Kräfteverhältnis in der Region immer mehr zu Gunsten Chinas verschiebt.

Es sei darauf hingewiesen, dass die größte Eskalation in den Beziehungen zwischen Peking und Washington seit vielen Jahren durch den Besuch der damaligen Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi in Taiwan im August ausgelöst wurde. Und am 23. Januar dieses Jahres berichtete das amerikanische Portal Punchbowl News unter Berufung auf eine Quelle, dass das Pentagon einen möglichen Besuch des derzeitigen Sprechers des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy auf der Insel im Frühjahr vorbereitet. Der Politiker hatte bereits vor seiner Wahl von Plänen gesprochen, Taiwan zu besuchen, sagte aber Anfang Februar, dass er derzeit keinen Besuch dort plane: „Ich möchte klarstellen: China wird mir niemals vorschreiben, wohin ich gehen kann und wohin nicht. Allerdings habe ich im Moment nichts geplant, was eine Reise nach Taiwan betrifft.“

„Ein Land, zwei Systeme“?

Der Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas hat Ende letzten Jahres deutlich gemacht, dass die Wiedervereinigung mit Taiwan weiterhin das wichtigste Ziel Pekings ist. Der chinesische Präsident Xi Jinping betonte in seinem Bericht, dass China zur Erreichung dieses Ziels nicht auf den möglichen Einsatz von Gewalt verzichte, aber auf eine friedliche Vereinigung nach der Formel „ein Land, zwei Systeme“ setze. Das sind keine leeren Worte: Die Lösung der Taiwan-Frage ist für Peking eine schicksalhafte Mission, denn sie beendet Chinas lange Geschichte der Demütigung und Schwächung im letzten und vorletzten Jahrhundert, als das Land sowohl von imperialistischen Mächten als auch von denen, die Peking als Separatisten betrachtet, zerrissen wurde.

Jetzt sind die Probleme der japanischen Herrschaft in der Mandschurei, der britischen Herrschaft über Hongkong, Tibet und Xinjiang gelöst, und es bleibt nur noch Taiwan übrig: Die Insel wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Japan erobert und 1949 von Kräften übernommen, die im chinesischen Bürgerkrieg gegen die Kommunisten verloren haben und sich bis heute als legitime Regierung Chinas betrachten. Peking ist bereit, mit ihnen einen Dialog über die Wiedervereinigung auf der Grundlage einer gemeinsamen „Ein-China“-Position zu führen, droht aber für den Fall, dass Taiwan versucht, eine unabhängige Republik auszurufen, mit Gewalt.

Für China ist es von entscheidender Bedeutung, eine Situation zu schaffen, in der die Insel nicht auf die bewaffnete Unterstützung der USA setzen kann, die seit 1949 ihr wichtigster militärischer Beschützer sind. Peking baut eine immer mächtigere Marine auf, darunter auch Flugzeugträger, und Dutzende seiner Kampfflugzeuge patrouillieren regelmäßig im Luftraum bei Taiwan.

Die USA ändern ihre Strategie

Die wichtigste Bedrohung geht hier wohl von Chinas Kurz- und Mittelstreckenraketen aus. Wie die japanische Zeitung Sankei am 5. Februar feststellte, verfügt Peking über mehr als tausend dieser Raketen und erhöht die Genauigkeit dieser Waffen, was das Kräfteverhältnis in der Region verändert. Daher ist der Fokus der USA auf den Besitz großer strategischer Militärbasen im Nordwestpazifik auf den Inseln Okinawa und Guam zunehmend überholt, denn im Konfliktfall kann China sie mit seinen Raketen effektiv genug treffen. Aus diesem Grund ändert das Pentagon seine Taktik und verteilt seine Streitkräfte in der Region und macht sie beweglicher und unauffälliger. Es wird erwartet, dass Einheiten von insgesamt etwa 2.000 Mann auf kleinen japanischen Inseln in unmittelbarer Nähe Taiwans stationiert werden, die über leistungsstarke Raketen-, Raketenabwehr- und Luftverteidigungsfähigkeiten verfügen werden. Diese zahlenmäßig kleinen Gruppen würden durch Computerkommunikation und durch den Einsatz von Satelliten, Luft- und Seedrohnen zu einem einzigen System mit umfassenden Aufklärungsfähigkeiten verbunden.

Eine ähnliche, zahlenmäßig kleine und militärisch starke Einheit ist für den Einsatz auf den nördlichen Philippinen, gegenüber von Taiwan, vorgesehen. Es wird davon ausgegangen, dass sie im Falle eines Konflikts Chinas Schiffen und Flugzeugen erheblichen Schaden zufügen könnten. Sie sollen Pekings Streitkräfte vor der Hauptangriffstruppe binden: Kriegsschiffe der US-Marine, darunter Flugzeugträger und Angriffs-U-Boote.

Ebenfalls laut der Zeitung Sankei diskutiert Japan auch die mögliche Stationierung von landgestützten US-Mittelstreckenraketen, etwa 100 Tomahawk-Marschflugkörpern mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern und Langstrecken-Hyperschallwaffen.

Das Potenzial eines Schlages gegen China

Auch die Strategie Washingtons, die Japan im Falle eines Konflikts bisher nur eine kleine unterstützende militärische Rolle zugeteilt hat, ändert sich. Nun haben die USA eine qualitative Aufwertung von Tokios Streitkräften genehmigt, die erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs über Offensivfähigkeiten verfügen werden. Dazu gehört die F-35, ein Kampfflugzeug der fünften Generation, das Luft-Boden-Raketen mit großer Reichweite tragen kann und das Japan von den USA kauft. Sie sollen teilweise auf zwei leichten Flugzeugträgern eingesetzt werden, die in Japan aus Hubschrauberträgern umgebaut werden. Die wichtigste Komponente des neuen Militärprogramms Tokios ist jedoch die Entwicklung der Fähigkeit, Stützpunkte in China anzugreifen. Japans Streitkräfte sollen zu diesem Zweck bis 2026 mit Tomahawk-Marschflugkörpern ausgerüstet werden. Außerdem sollen sie wenig später durch Japans eigene Boden-Boden-Raketen vom Typ 12 mit einer Reichweite von über tausend Kilometern ergänzt werden: Sie werden auf mobilen Abschussrampen auf kleinen Inseln in der Nähe von Taiwan stationiert.

Bis 2030 sollen Hyperschall-Boden-Boden-Gleiter entwickelt und produziert werden, die aus Mehrfachraketenwerfern gestartet werden. Die japanischen Streitkräfte werden in voller Zusammenarbeit mit US-Einheiten an der Front operieren.

Generell nehmen die Spannungen offensichtlich zu und die Vorbereitungen für einen Konflikt sind in vollem Gange. Joseph Wu, Taiwans Außenminister, erinnerte übrigens kürzlich an das Jahr 2027: Seiner Meinung nach könnte Peking bis dahin versuchen, eine militärische Operation zur Annexion der Insel durchzuführen.

Ende der Übersetzung


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