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„regelbasierte-weltordnung“-vs.-voelkerrecht

„Regelbasierte Weltordnung“ vs. Völkerrecht

Published On: 15. Februar 2023 11:00

Der Streit um eine Reform des UNO-Sicherheitsrates dauert seit Jahren an. Hier zeige ich auf, worum es dabei geht und welche Länder dabei welche Interessen haben.

Seit vielen Jahren bereiten die Medien den Weg für eine weitere Aushöhlung des Völkerrechts, denn die UNO selbst und der Sicherheitsrat stehen immer öfter in der Kritik, weil sie angeblich keine Entscheidungen treffen können und angeblich zu schwerfällig sind. Nun war es aber auch nie geplant, dass die UNO schnelle Entscheidungen trifft. Sie war nach dem Schock des Zweiten Weltkrieges gegründet worden, um den Frieden zu erhalten und Konflikte am Verhandlungstisch zu lösen. Und niemand hat je behauptet, dass das einfach wäre oder schnell ginge.

Im Spiegel konnte man schon 2019 als „Argument“ für eine Schwächung des Sicherheitsrates lesen:

„In der Realität hat sich der Sicherheitsrat trotz der vielen Krisen, die es zu lösen gilt, immer mehr marginalisiert. Die Großmächte USA, China und Russland messen dem Gremium wenig Relevanz zu, beachten die beschlossenen Resolutionen kaum und verhindern, dass der Sicherheitsrat neue Beschlüsse für die brutalsten Konflikte wie in Syrien beschließt.“

Dass der Westen unter Führung der USA das Völkerrecht ständig bricht, ist jedem bekannt, der sich nicht nur bei Spiegel und Tagesschau informiert. Der Spiegel hat also Recht, wenn er das über die USA schreibt. Aber weil der Spiegel niemals die USA alleine kritisieren würde, mussten auch Russland und China irgendwie in den Satz gepackt werden. Die Frage ist jedoch, gegen welche Resolution sollen Russland oder China eigentlich verstoßen haben? Mir fällt einfach keine einzige ein. Bei den USA ist die Liste hingegen lang. Und nicht nur das, Israel ignoriert alle Resolutionen des Sicherheitsrates an seine Adresse und wird dabei von den USA gedeckt.

Es sind im Gegenteil Russland und China, die ständig auf die Einhaltung des Völkerrechts pochen und den Westen für seine Völkerrechtsbrüche kritisieren. Die lange Liste der Brüche internationaler Verträge und des Völkerrechts durch die USA ist sehr lang, wie alleine diese bei weitem nicht vollständige Auswahl völkerrechtswidriger Angriffskriege der USA zeigt: Die bewaffnete Invasion von Grenada durch die USA 1983, die Bombardierung Libyens durch die USA 1986, der Krieg der USA gegen Panama 1989, der NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999, der Krieg gegen den Irak 2003, der Einsatz von NATO-Truppen in Syrien. Das waren nur einige der laut UN-Charta – und damit gemäß Völkerrecht – illegalen Kriege des Westens, hinzu kommen Brüche internationaler Verträge, wie das iranische Atomabkommen durch die USA und natürlich all die völkerrechtswidrigen Wirtschaftssanktionen des Westens, denn gemäß UN-Charta darf nur der UNO-Sicherheitsrat Wirtschaftssanktionen verhängen.

Da das aktuell geltende Völkerrecht dem Westen bei der Durchsetzung seiner Ziele stört, ist immer öfter die Rede von der „regelbasierten Weltordnung“, die der Westen einführen möchte. Was das in Wahrheit ist, habe ich auch in meinem neuen Buch über Russlands Ziele im Kampf gegen den Westen aufgezeigt und hier als Leseprobe veröffentlicht.

Die russische Nachrichtenagentur TASS hat in einem informativen Artikel zusammengefasst, worum es bei den Diskussionen über eine Reform des UNO-Sicherheitsrates geht und welche Länder dabei welche Interessen verfolgen. Daher habe die den Artikel der TASS übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Vetorecht und mögliche Erweiterung: Warum Politiker eine Reform des UN-Sicherheitsrats vorschlagen

Die Notwendigkeit, den UN-Sicherheitsrat zu reformieren, steht schon seit langem auf der Tagesordnung. Viele Staaten, internationale Organisationen und einige Politiker sprechen darüber, aber bisher ist der Prozess nicht über Diskussionen hinausgekommen. Die TASS über die Frage, ob der Sicherheitsrat wirklich reformiert werden muss und in welcher Form das passieren könnte.

Eine längst fällige Frage

Vor dem Hintergrund der aktuellen internationalen Konflikte und der Unfähigkeit der Vereinten Nationen, diese zu lösen, hat sich die Frage der Reform des Sicherheitsrates weiter verschärft. In letzter Zeit sind Politiker immer wieder auf dieses Thema zurückgekommen. Am 11. Februar sprachen sich US-Präsident Joe Biden und sein brasilianischer Amtskollege Luiz Inácio Lula da Silva erneut für die Idee aus. Sie sagten, der UN-Sicherheitsrat sollte erweitert werden, indem Ländern aus Afrika, Lateinamerika und der Karibik ständige Sitze eingeräumt werden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte zuvor erklärt, dass Länder aus Asien, Afrika und Lateinamerika in den Rat aufgenommen werden sollten. Im vergangenen September kündigte der Präsident der 77. Sitzung der UN-Generalversammlung, Chaba Körösi, seine Absicht an, Verhandlungen über konkrete Vorschläge zur Reform des Sicherheitsrates aufzunehmen.

Der UN-Sicherheitsrat besteht aus fünf ständigen und zehn nicht ständigen Mitgliedern. Der aus den fünf wichtigsten Mitgliedsländern bestehende Sicherheitsrat wurde als Folge des Zweiten Weltkriegs gebildet und umfasste die USA, die UdSSR (danach Russland als Nachfolger), Großbritannien, Frankreich und China. Sie haben ein Vetorecht: Wenn mindestens eines dieser Länder einen Vorschlag ablehnt, wird er nicht angenommen.

Zusätzlich zu den fünf ständigen Mitgliedern müssen mindestens neun nicht-ständige Mitgliedsstaaten jeden Beschluss unterstützen. Erst dann gelten sie als angenommen. Die nicht-ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates werden nach geografischen Gesichtspunkten gewählt: fünf Vertreter aus afrikanischen und asiatischen Staaten, je zwei aus Lateinamerika und Westeuropa und einer aus Osteuropa.

Der Rat wurde nur einmal, im Jahr 1963, um nichtständige Mitglieder erweitert, und zwar von 11 auf 15. Damit wurde auf den dramatischen Anstieg der Zahl der UN-Mitgliedstaaten (von 51 auf 113) reagiert und den Entwicklungsländern die Möglichkeit gegeben, sich an der Arbeit des Rates zu beteiligen.

Doch selbst dieses reformierte Format ist nach Ansicht vieler Politiker schon lange überholt. Im Jahr 2005 schlug der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan zwei Optionen für die Umgestaltung der Organisation vor. Die erste bestand darin, die Zahl der Mitglieder auf 24 zu erhöhen, mit sechs neuen ständigen Mitgliedern und drei neuen nichtständigen Mitgliedern. Der zweite Vorschlag sah die Schaffung von acht neuen Sitzen vor, die alle vier Jahre wiedergewählt werden sollten, sowie eines nicht ständigen Sitzes. Keines dieser Szenarien wurde von den UN-Mitgliedstaaten angenommen.

Ebenfalls im Jahr 2005 schlug die Vierergruppe, bestehend aus Deutschland, Japan, Indien und Brasilien, vor, die Zahl der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats um sechs und die der nicht ständigen Mitglieder um vier zu erhöhen. In Deutschland selbst wird seit langem die Bereitschaft geäußert, einem erweiterten UN-Sicherheitsrat beizutreten. Sowohl die frühere deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz haben das erklärt.

Tokio äußerte auch den Wunsch, dem UN-Sicherheitsrat beizutreten. Das sagte Toshimitsu Motegi, der damalige japanische Außenminister, im September 2020.

Die Länder werden dabei von den westlichen Staaten unterstützt. So erklärte der britische Außenminister James Cleverley im vergangenen Dezember, dass Großbritannien mit Brasilien, Indien, Japan und Deutschland als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates zusammenarbeiten wolle.

Joe Biden sprach sich bei einem Treffen mit dem japanischen Premierminister Fumio Kishida in Tokio im vergangenen Mai ebenfalls dafür aus, Japan eine ständige Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat zu gewähren.

Die Gruppe „Uniting for Harmony“, der Italien, Kanada, Südkorea, Argentinien, Kolumbien, Spanien, die Türkei, Indonesien, Algerien, Mexiko, Pakistan, Costa Rica, Kenia und mehrere Entwicklungsländer angehören, hat ebenfalls eine Option für eine Reform des Sicherheitsrats vorgelegt. Sie wollten den Rat um zehn weitere nicht ständige Mitglieder erweitern und das Vetorecht der ständigen Mitglieder einschränken.

Die Afrikanische Union schlug ihrerseits vor, die Zahl der Ratsmitglieder auf 26 zu erhöhen, indem fünf weitere nichtständige und sechs weitere ständige Sitze hinzugefügt werden.

Auch viele Politiker stellten ihre Vorstellungen von einer Reform vor. Einer der lautstärksten Befürworter dieser Idee ist der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan. Er rief dazu auf, den Sicherheitsrat so umzugestalten, dass er 20 ständige Mitglieder hat, die alle Kontinente und Religionen vertreten. Der Präsident stellte fest, dass „fünf von 194 Ländern nicht über die ganze Welt urteilen können, es sollte keine Unterteilung in ständige und nicht-ständige Mitglieder geben“.

Unterschiedliche Ansichten über die Reform

Russland gehört zu den Befürwortern einer Reform des UN-Sicherheitsrats. Auf dem Valdai-Forum im vergangenen Oktober forderte der russische Präsident Wladimir Putin, die „globale Vielfalt“ in die Struktur des Sicherheitsrats und der gesamten Organisation zu bringen. „Schließlich wird in der Welt von morgen viel mehr von Asien, Afrika und Lateinamerika abhängen, als man heute gemeinhin glaubt“, so der Präsident.

Kurz zuvor, im Juni letzten Jahres, hatten sich auch die BRICS-Staaten für eine Reform des UN-Sicherheitsrats ausgesprochen. Das geht aus der gemeinsamen Erklärung des Gipfels der internationalen Vereinigung hervor, der unter chinesischem Vorsitz stattfand. Laut der Erklärung setzen sich die BRICS-Staaten weiterhin für die Erhaltung der zentralen Rolle der UNO im internationalen System ein, bekräftigen aber ihre Bereitschaft, „die Diskussionen über die Reform des UN-Sicherheitsrats mit neuem Leben zu erfüllen“. China und Russland als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats bekräftigten den Wunsch Brasiliens, Indiens und Südafrikas, „eine wichtigere Rolle in der UNO zu spielen“, heißt es in der Erklärung.

Der Rat braucht eine Reform, vor allem zu Gunsten der Entwicklungsländer, die heute eine viel größere Rolle in den internationalen Beziehungen spielen als 1945, ist der ehemalige stellvertretende UN-Generalsekretär Sergej Ordzhonikidze überzeugt.

„Natürlich ist es notwendig, sie in den Sicherheitsrat aufzunehmen. Der Westen sieht die Reform des Sicherheitsrates jedoch völlig anders. Sie versuchen, Deutschland und Japan dauerhaft einzubeziehen, um die Zahl ihrer Verbündeten zu erhöhen“, sagte er gegenüber der TASS.

Der ehemalige stellvertretende UN-Generalsekretär wies darauf hin, dass die Änderung der Zusammensetzung des Sicherheitsrates ein komplexer, mehrstufiger Prozess ist. Jede Reform des Sicherheitsrates erfordert die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der UN-Mitgliedstaaten und aller ständigen Mitglieder des Rates.

„Damit die Reform stattfinden kann, muss sich die Art der internationalen Beziehungen auf jeden Fall ändern“, sagte Sergej Ordschonikidse.

Das Problem des Vetorechts

Eine der häufigsten Fragen, die im Zusammenhang mit der Reform des UN-Sicherheitsrats aufgeworfen werden, ist die Möglichkeit, das Vetorecht aufzugeben. Im Jahr 2013 schlug Frankreich eine entsprechende Initiative vor, die später auch von Mexiko unterstützt wurde. Die Staaten schlugen vor, dass die Mitgliedstaaten in Fällen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in großem Maßstab freiwillig auf das Vetorecht verzichten.

„Dafür muss die Charta nicht geändert werden. Diese Initiative beruht auf der freiwilligen Selbstbeschränkung der ständigen Mitglieder des Rates in Situationen, in denen es um Massengräueltaten geht. Sie beruht auf unserer tiefen Überzeugung, dass das Vetorecht kein Recht oder Privileg, sondern eine Verantwortung ist“, sagte Jean-Baptiste Lemoine, damals Staatssekretär des französischen Außenministers, im Jahr 2017.

Die Initiative wurde damals von fast 100 Staaten unterstützt. Dennoch wird das Vetorecht auch heute noch genutzt.

Das Thema wurde auch von UN-Generalsekretär António Guterres in einem Interview mit dem Fernsehsender SVT im Jahr 2018 angesprochen. „Wir haben ein strukturelles Problem im Sicherheitsrat: Er repräsentiert die Welt, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg aussah, der Sicherheitsrat repräsentiert nicht mehr die Welt von heute. Das Vetorecht ist zu einem Instrument geworden, das zu oft eingesetzt wird. Es gibt eine Debatte über Reformen, um den Sicherheitsrat an die heutige Welt anzupassen. Wie ich schon oft gesagt habe: Ohne eine Reform des Sicherheitsrates wird es keine vollständige Reform der UNO geben“, sagte der Generalsekretär.

Russland beharrt seinerseits auf der Notwendigkeit, das Vetorecht der ständigen Mitglieder beizubehalten. Wladimir Putin erklärte in seiner Videoansprache auf der 75. Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September 2020, dass der Rat ohne das Vetorecht kein zentrales Glied der Weltordnungspolitik bleiben kann. Das Staatsoberhaupt bezeichnete das Vetorecht als ein notwendiges und einzigartiges Instrument, das einseitige Aktionen verhindert, die zu direkten militärischen Auseinandersetzungen zwischen großen Staaten führen könnten, „und das es ermöglicht, einen Kompromiss zu suchen oder zumindest Entscheidungen zu vermeiden, die für andere kategorisch inakzeptabel sind, und im Rahmen des Völkerrechts zu handeln und nicht in einer wackeligen Grauzone der Willkür und Illegitimität.“

„Wenn wir über die Regeln sprechen, die im Sicherheitsrat gelten, so sind sie ordentlich geregelt. Selbst wenn er erweitert wird, muss er nach denselben Grundsätzen arbeiten wie jetzt. Das Vetorecht der ständigen Mitglieder des Rates sollte beibehalten werden. Die Tatsache, dass dieses Recht besteht, beunruhigt die Ukraine und die westlichen Länder am meisten. Was Russlands Freunde betrifft, so glauben sie, dass alles in Ordnung ist und dass es so sein sollte“, sagte der sowjetische und russische Diplomat Wladimir Sacharow gegenüber der TASS.

Ende der Übersetzung


In meinem neuen Buch „„Putins Plan – Mit Europa und den USA endet die Welt nicht – Wie das westliche System gerade selbst zerstört ““ gehe ich der der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme – den wir gerade erleben – wirklich geht. Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wurden die Bürger im Westen gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich hier direkt über den J.K. Fischer Verlag bestellbar.

Hier geht es zum neuen Buch

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