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Teil 14: Anti-Terror-Operation gegen Volksrepublik

Published On: 23. Februar 2023 15:00

Ich werde drei Wochen lang an jedem Wochentag einen Teil der Chronologie der Ereignisse des Jahres 2014 veröffentlichen, die den Grundstein für den Krieg in der Ukraine gelegt haben.

Die Ereignisse des Jahres 2014 haben den Grundstein für die Eskalation in der Ukraine gelegt, zu der es vor fast einem Jahr gekommen ist. In meinem Buch über die Ukraine-Krise habe ich die Ereignisse des Jahres 2014 auf über 700 Seiten chronologisch dokumentiert. Da sich diese Ereignisse nun zum neunten Mal jähren, werde ich in den nächsten drei Wochen täglich ein Kapitel aus dem Buch als Leseprobe veröffentlichen.

In dieser 15-teiligen Serie werde ich die Chronologie der Ereignisse vom Beginn des Maidan Ende 2013 bis zum Beginn des Krieges im Donbass im April 2014 behandeln. Diese – heute fast vergessenen – Ereignisse haben den Grundstein für den Krieg in der Ukraine gelegt und sind zum Verständnis dessen, was sich heute ereignet, unverzichtbar.

In diesem 14. Teil der 15-teiligen Serie geht es um den Beginn des Krieges im Donbass. Ich verzichte hier auf Quellen, in dem Buch sind alle Quellen angegeben.

Ab dem 6. April: Anti-Terror-Operation gegen Volksrepublik

Was nun in den nächsten Tagen passieren sollte, war den Medien am 6. April noch nicht klar. Der Newsticker des „Focus“ berichtete fast beiläufig von den Ereignissen in Donezk, die sich als Beginn der nächsten Eskalationsstufe in dem Konflikt herausstellen sollten: „15.13 Uhr: Prorussische Demonstranten stürmen ein Verwaltungsgebäude in der ostukrainischen Stadt Donezk. Rund 50 Teilnehmer einer Kundgebung mit etwa 2000 Menschen im Zentrum der Stadt durchbrechen eine Polizeiabsperrung, dringen in das Gebäude ein und hissten darauf die russische Fahne, wie ein AFP-Reporter berichtet. … 17.27 Uhr: Die Aktivisten in der ostukrainischen Stadt Donezk befestigten eine russische Fahne an einem Balkon des Verwaltungsgebäudes, was von einer Menschenmenge mit Jubelrufen begrüßt wurde. Unter den etwa 1500 Demonstranten riefen zahlreiche Teilnehmer „Russland, Russland“. Die rund 500 Einsatzkräfte der Polizei beobachteten die Szenerie ohne einzugreifen. In der nahe gelegenen Stadt Lugansk stürmten pro-russische Aktivisten zudem ein Gebäude der Staatsanwaltschaft.“

Die „Iswestia“ schrieb am 7. April unter der Überschrift „Aufstand im Südosten – wie es begann (Fotos und Videos)“ über die Ereignisse des Vortages und des Morgens des 7. April. Auf den Fotos und Videos sieht es nach deutlich mehr als 2.000 Menschen aus, über die der „Focus“ berichtet hat. Die „Iswestia“ berichtete von Besetzungen mehrerer Regierungsgebäude inklusive von Gebäuden des Geheimdienstes SBU in Donezk, Lugansk und Charkow.

Am 7. April wurde die „Volksrepublik Donezk“ im Regionalparlament ausgerufen. Hierzu schrieb „Itar-Tass“: „Die Abgeordneten des Regionsparlaments erklärten die staatliche Unabhängigkeit der Volksrepublik Donezk. Der entsprechende Akt wurde bei der Sitzung des Parlaments verlesen … Die Abgeordneten haben auch die Entscheidung getroffen, bis spätestens 11. Mai ein Referendum über den Eintritt der Region in die Russische Föderation durchzuführen. „Das Datum wurde mit den Lugansker und Charkower Regionen abgestimmt“ teilte ein Teilnehmer der Sitzung mit.“

Der „Spiegel“ schrieb: „Die prorussischen Demonstranten in der ostukrainischen Großstadt Donezk haben eine „souveräne Volksrepublik“ ausgerufen. Sie soll von der Zentralregierung in Kiew unabhängig sein. Diese Entscheidung hätten die Aktivisten getroffen, die das Hauptverwaltungsgebäude der Stadt besetzt halten, sagte ein Sprecher. Bis spätestens 11. Mai solle ein Referendum darüber abgehalten werden. Sie fordern Russland im Fall einer ukrainischen Aggression zur Entsendung von „Friedenstruppen“ auf.“

Die ukrainische „podrobnosti“ schrieb ebenfalls darüber, fügte jedoch ein Zitat von einem Redner hinzu: „Bis 12 Uhr haben wir den Abgeordneten Zeit gegeben, die Entscheidung zu treffen, die das Volk fordert, daher werden die Entscheidungen nun vom Republikanischen Volksrat getroffen, der jetzt hier ist“

Das berichtete auch der russische Ableger des amerikanischen „Radio Liberty“ . Die Links zu den Videos bei YouTube in dem Artikel funktionieren jedoch nicht mehr, dennoch kann man Videos von der Ausrufung der Volksrepublik mit etwas Suchen in ukrainischen Nachrichten finden (so fand ich den Artikel der „podrobnosti“) und sie zeigten einen Mann, der dies wie zitiert sagte und anschließend unter Applaus die Republik ausrief.

Hier gehen also die Berichte auseinander, ob es die Abgeordneten des Parlaments waren, die die Beschlüsse gefasst haben oder ein von den Demonstranten eingesetzter „Republikanischer Volksrat“.

Kiew reagierte umgehend und rief eine Antiterror-Operation (ATO) ins Leben, wie „Interfax“ am 7. April unter der Überschrift „Turtschynow antwortet mit Antiterror-Operation auf die Unruhen im Osten der Ukraine“ schrieb : „Gegen die Aktivisten, die Veraltungsgebäude im Lugansk, Donezk und Charkow mit Waffen in der Hand besetzten wird es Antiterror-Maßnahmen geben, erklärte der Vorsitzende der Rada und amtierende Präsident der Ukraine Alexander Turtschynow. … „Ich respektiere verschiedene Meinungen, auch die unserer Gegner. Aber Separatismus und die Benutzung von Waffen gegen den eigenen Staat … das ist keine Politik. Das ist ein schweres Verbrechen!““

Hierbei sei angemerkt, dass Turtschynow und die anderen Mitglieder der Übergangsregierung kein Problem damit hatten, dass die Selbstverteidigungskräfte des Maidan „die Benutzung von Waffen gegen den eigenen Staat“ für legitim gehalten haben. Damals war es anscheinend kein „schweres Verbrechen“.

Der „Spiegel“ veröffentlichte in seiner Ausgabe 15/2014 einen langen Essay von Christian Neef, der am 7. April auch im Internet erschien. Unter der Überschrift „Schluss mit der Romantik“ begann er mit den Worten „Warum die Deutschen endlich aufhören müssen, einen verklärten Blick auf Putins Reich zu werfen.“

Ob es Journalismus ist, Russland als „Putins Reich“ zu bezeichnen, sei dahingestellt, aber es würde wahrscheinlich Irritationen hervorrufen, wenn seriöse ausländische Zeitungen z.B. Deutschland als „Merkels Reich“ bezeichnen würden. Jedenfalls machte Herr Neef dann einem langen Exkurs durch geschichtliche Hintergründe, die er ausführlich kommentierte, bevor er zum Thema kam und ausführte: „Wie sollen wir auf die Annexion der Krim reagieren? Die Meinungsspanne ist groß. Helmut Schmidt repräsentiert den einen Flügel, Wolfgang Schäuble den anderen. Schmidt hält Putins Vorgehen auf der Krim für „verständlich“ und nennt den Westen aufgeregt. Man müsse den Frieden bewahren. Der Altkanzler ist ein Vertreter der Kriegsgeneration, er hat noch unter Hitler gedient, man kann seine Angst vor neuerlichen Spannungen in Europa verstehen. Nur nicht die Attitüde, mit der er auch in diesem Fall seine Landsleute zu belehren versucht, als wäre seine Sicht die einzig denkbare. Parteifreund Egon Bahr geht noch weiter und stellt „die legale Basis der jetzt amtierenden Regierung in Kiew“ in Frage. Das ist abenteuerlich.“

Dass es juristische Gründe für Egon Bahrs Aussage gab, blendete Herr Neef aus. Die Verfassungsbrüche beim Machtwechsel ebenfalls. Vor allem wurde ausgeblendet, dass niemand, nicht einmal Putin, die Regierung in Frage stellte, sondern dass es bei der „legalen Basis“, die Egon Bahr hinterfragte, um die Frage der Ablösung Janukowytschs und die Frage der Einsetzung Turtschynows ging. Die (Übergangs-)Regierung Jazenjuk wurde von der Rada gewählt und war insofern legitim, da sie von einem demokratisch gewählten Parlament eingesetzt wurde, wie auch Putin selbst ausführte. Man kann zwar den Druck auf die Abgeordneten durch Bewaffnete vor und in der Rada in den Tagen Ende Februar hinterfragen, aber abgesehen davon steht es der Rada frei, eine neue Regierung einzusetzen. Aber sie kann aber eben nicht so einfach einen neuen Präsidenten einsetzen. Und Egon Bahr bezog sich in der schon zitierten Talkshow auf eben diese Vorgänge, auch wenn das Wort „Regierung“ in dem Zitat nicht ganz passt, denn es war die Absetzung des Präsidenten gemeint. Weiter wurde im Spiegel ausgeführt: „Die deutsche Debatte zur russischen Ukraine-Politik zeugt nicht von Sachkenntnis. Die neue Regierung in Kiew sei faschistisch und das Land in die Hände von Rechtsextremen und Antisemiten gefallen? Was die Linke da sagt, ist Unsinn. Wann denn waren Gregor Gysi oder Sahra Wagenknecht das letzte Mal in Kiew?“

War Herr Neef eigentlich selbst mal in Kiew? Und was hat das überhaupt mit der Sache an sich zu tun, wenn selbst der estnische Außenminister in dem geleakten Telefonat die Zustände in Kiew so beschrieb, wie er es getan hat? Oder wenn EU und Bundesregierung in der Zeit vor dem Maidan vor genau den rechtextremen Kräften gewarnt hatten, die sie nun als Teil der „demokratischen“ Regierung in Kiew unterstützten? Anschließend ging es weiter: „Gewalt ist nach 1991 ein probates Mittel russischer Politik geblieben; eine Politik des politischen Kompromisses, wie sie der Westen pflegt, wird als Schwäche ausgelegt.“

Herr Neef stellte hier Thesen auf, die griffig klingen, für die er aber in der Folge keine Beispiele nannte. Man kann dieser Meinung sein, aber man sollte doch – egal welchem Land man „Gewalt als probates Mittel der Politik“ unterstellt – dies dann mit Fakten oder Thesen belegen. Dies blieb in dem Artikel aus. Danach kam der obligatorische Vergleich mit den deutschen Nazis und der Journalist brachte das Kunststück fertig, den Vergleich in ein und demselben Absatz erst abzulehnen um ihn danach – noch im gleichen Absatz – selbst zu ziehen: „Und da sind wir bei Wolfgang Schäuble. Dass der die Krim-Besetzung mit der Besetzung des Sudetenlandes in Beziehung brachte, fanden viele unerhört. Sicher ist es absurd, Putin mit Hitler zu vergleichen. … Und warum soll verschwiegen werden, dass die mediale Vorbereitung der Krim-Annexion im russischen Fernsehen mit all ihren Lügen und ihrer Hetze an die Propaganda von Joseph Goebbels erinnerte?“

Nachdem ich hier ständig russische staatliche Medien wie z.B. „Itar-Tass“, „Interfax“ und andere zitiert habe, kann sich der geneigte Leser mittlerweile ein eigenes Bild über die Berichterstattung in Russland machen. Ein Bild, das nicht von Behauptungen, Einschätzungen oder Zusammenfassungen von Kommentatoren oder Korrespondenten geprägt ist, die oft pauschal von „Propaganda-Medien“ sprachen, ohne dies im Einzelfall tatsächlich mit Beispielen zu belegen. Sicher gab und gibt es auch in Russland immer wieder Kommentare und Artikel, die man als Meinungsmache einordnen muss. Aber wie soll man – wenn man objektiv sein möchte – solche Artikel, wie diesen von Christian Neef im „Spiegel“, einordnen? Ist das vielleicht auch Meinungsmache? Von dem, was die auflagenstärkste Zeitung in Deutschland, die „Bild“, schrieb, gar nicht zu reden. Wie gesagt, ich will derartige Medien hier weitest möglich ausblenden und mich auf politische Journale und Medien konzentrieren. Über die Frage, ob Artikel wie dieser im „Spiegel“ vielleicht auch eine Art Meinungsmache sind, kann sich der Leser ein eigenes Urteil bilden, aber die Frage möchte ich an dieser Stelle aufwerfen.

Es fällt generell auf, dass mit Beginn der Krim-Krise in deutschen Medien häufiger Kommentare und Artikel auftauchten, die mit den aktuellen Nachrichten nichts zu tun hatten, sondern den Lesern ein generelles Russland-Feindbild beschrieben. Immer wieder wurde dabei von „russischer Propaganda“, „Unterdrückung“, „Autokratie“ und ähnlichem gesprochen. Das mag wahr sein oder nicht wahr sein oder auch teilweise wahr sein. Aber die Häufung gibt zu denken. Ich werde auf einiges noch detaillierter eingehen. Nur ist es auffällig, wie ich bei der Recherche für dieses Buch ab Beginn der Krim-Krise plötzlich auf viel mehr derartige Artikel gestoßen bin, als vor der Krim-Krise. Oft bestand ein zeitlicher Zusammenhang zur Veröffentlichung von Umfragen, aus denen hervorging, dass die Deutschen der harten Linie gegenüber Russland skeptisch gegenüberstanden. So erschien der hier zitierte Artikel in der Printversion des „Spiegel“ z.B. gerade zwei Tage nach der Umfrage, über die der „Focus“-Newsticker am 5. April berichtet hatte. Wir erinnern uns: Aus der Umfrage ging hervor, dass eine Mehrheit der Deutschen die Westbindung Deutschlands ablehnte und für Deutschland eine eigenständige Rolle zwischen Ost und West wünschte. Ob diese zeitliche Nähe immer Zufall oder auch zumindest manchmal Reaktion auf die Umfragen war, kann ebenfalls jeder Leser für sich selbst beurteilen.

Aber zurück zu den Ereignissen im Krisengebiet der Ostukraine. Die nächsten Tage waren in allen wichtigen Städten der Südost-Ukraine geprägt von weiteren Demonstrationen, von Besetzungen weiterer Regierungsgebäude und manchmal auch von deren Räumung durch die Polizei. Kiew warf Moskau vor, die die Lage durch eingeschleuste Agenten zu verschärfen, Moskau wies die Vorwürfe zurück und beschuldigte die neue Kiewer Regierung seinerseits, durch den Umsturz in Kiew diese Entwicklungen selbst provoziert zu haben. Der Westen stellte sich auf die Seite Kiews und die USA drohten mit weiteren Sanktionen.

Die internationalen Reaktionen fasste der „Spiegel“ am 8. April unter dem Titel „Krise in der Ostukraine: USA beschuldigen Russland der Anstiftung zum Aufstand“ zusammen: Außenminister Kerry „hat Russland vorgeworfen, im Osten des Landes den Vorwand für eine Militärintervention schaffen zu wollen. „Es ist klar, dass russische Spezialeinheiten und Agenten für das Chaos verantwortlich sind, das wir in den vergangenen 24 Stunden gesehen haben“ sagte Kerry vor Abgeordneten in Washington. „Damit könnte die Voraussetzung für ein militärisches Eingreifen wie auf der Krim geschaffen werden“ … Sollte Moskau seine Politik nicht ändern, müsse sich die Regierung von Wladimir Putin auf weitere Sanktionen gefasst machen. … Zuvor hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow jede Verantwortung für die Proteste in Charkow, Lugansk, Donezk und anderen ostukrainischen Orten zurückgewiesen. Für die Unruhen sei allein die Führung in Kiew verantwortlich. „Sie sollten aufhören, anderen die Schuld zu geben“ forderte Lawrow. Die Lage im Land könne nur durch einen nationalen Dialog befriedet werden.“

In einem weiteren Artikel berichtete der „Spiegel“ an diesem Tag von einer Schlägerei in der Rada: „Die Frage, wie der Konflikt in der Ostukraine gelöst werden soll, erregt in Kiew die Gemüter: Bei einer Parlamentssitzung wurden Mitglieder der rechtspopulistischen Regierungspartei Swoboda (Freiheit) handgreiflich. Kommunistenchef Pjotr Simonenko hatte den Präsidentschaftskandidaten der Nationalisten für die drohende Spaltung der Ukraine verantwortlich gemacht. Daraufhin flogen die Fäuste.“

Über die regelmäßigen Schlägereien in der Rada wird in Deutschland ab und zu berichtet. Dass es allerdings Rechtsextreme sind, die diese Schlägereien beginnen, wird – wenn es überhaupt erwähnt wird – in Nebensätzen abgetan. Ich frage mich, wie die deutschen Medien reagieren würden, wenn z.B. in Frankreich Le Pen Abgeordnete jeden im Plenarsaal zusammenschlagen würden, der etwas sagt, was ihnen nicht gefällt. Und genau diese Rechtsextremen von der „Swoboda“ waren in Kiew nun mit mehreren Ministern Regierungspartei und stellten mit Parubij als Chef des Nationalen Sicherheitsrates den Verantwortlichen für die beginnenden Kampfhandlungen im Osten des Landes. Und sie stellten, wie erwähnt, auch den Generalstaatsanwalt und den Verteidigungsminister.

Ich bin schon kurz auf die Rolle der Oligarchen eingegangen. Der „Spiegel“ griff das Thema am 8. April auf und berichtete unter der Überschrift „Aufstand in der Ostukraine: Das undurchsichtige Spiel des Milliardärs Achmetow“ über den Donezker Oligarchen Achmetow, der am 13. Dezember von Nuland mit der Androhung von Sanktionen unter Druck gesetzt worden war. Der „Spiegel“ schrieb: „Der 47-jährige Oligarch Achmetow … hatte eine mit Schimpfwörtern gespickte Ansprache gehalten. … „Kämpfen ist nicht die Lösung“ rief er. „Verdammte Scheiße … wenn morgen Blut vergossen wird, wem geht es dadurch besser?“ fragte er. „Wir müssen reden. Damit die Stimme des Donbass gehört wird“ … Der Industrielle machte jedoch deutlich, dass er von einem Anschluss der Ostukraine an Russland nichts hält. Denn seine Geschäfte sind von Europa ebenso wie von Russland abhängig: Die Bergbaumaschinen seiner Firma Mining Machines verkauft er vor allem nach Russland, sein Stahlkonzern Metainvest ist dagegen auf Europa ausgerichtet.“

Der Oligarch Achmetow konnte einem in dieser Situation fast leidtun. Der „Spiegel“ berichtete nicht über den Druck, den Nuland schon im Dezember wohl auf ihn und andere Oligarchen ausgeübt hat (ich gehe davon aus, dass es so geschehen ist, denn es wurde später von keiner Seite bestritten). Wenn man dies aber berücksichtigt, dann konnte Achmetow nur verlieren: Wenn er nicht der US-Position die Treue hielt, drohten ihm Sanktionen. Wenn sich Donezk von der Ukraine abspalten würde und er pro-westliche Positionen vertrat, drohte ihm möglicherwiese der Verlust seiner Firmen. Und wenn er Russland verärgerte, drohten ihm möglicherweise Verluste im Russlandgeschäft. Er konnte in dieser Situation nur hoffen, dass sich die Lage in Donezk schnell beruhigte, jeder andere Fortgang musste ihn empfindlich treffen. Zu Beginn des Bürgerkrieges versuchte er noch auf Kiew einzuwirken, Donezk nicht zu bombardieren. Dies geschah vielleicht aus humanitären Gründen, aber vielleicht auch, weil er befürchtete, dass dabei seine Fabriken zerstört werden könnten.

In Donezk ging der Prozess der Abspaltung am 8. April weiter. „Itar-Tass“ berichtete an diesem Tag unter der Überschrift „Die Demonstranten bilden eine „Übergangs-Volksregierung““ von den Ereignissen und schrieb: „Am 8. April fand eine Sitzung des „Volksrates“ statt, der sich vorher aus den Demonstranten gebildet hatte“

Gewisse Parallelen zum Maidanrat sind nicht zu übersehen. Während westliche Kommentatoren – durchaus zu Recht – bemängelten, dass dieser „Volksrat“ nicht in demokratischen Wahlen zu Stande gekommen war, wurde diese Frage jedoch bei dem Maidanrat zuvor nie aufgeworfen

Der 9. Mai ist für die Russen, auch außerhalb Russlands, einer der wichtigsten Feiertage des Jahres. An diesem Tag wird der Sieg der Sowjetunion über Hitler-Deutschland als Volksfest und mit Militärparaden gefeiert. Dies nahm der Gouverneur von Odessa zum Anlass, die Räumung der Zeltstadt auf dem Kulikov-Feld zu fordern, die seit Beginn der pro-russischen Proteste Ende Februar dort stand. Das ukrainische Portal „Timer“ berichtete am 8. April darüber unter der Überschrift: „Der Gouverneur möchte das Kulikov-Feld unter dem Vorwand der Parade auflösen“ und schrieb: „Das teilte der der Gouverneur auf seiner Seite in einem sozialen Netzwerk mit. „Nach guter Tradition findet am 9. Mai in Odessa auf dem Kulikov-Feld die große Militärinterparade statt. Und wenn sich jemand, der sich Patriot Odessas nennt, dieses große Fest unserer Veteranen zu verhindern versucht, bekommt er es mit mir persönlich zu tun“ teilte Nemirovskiy mit.“

Darauf antwortete der Organisator der Proteste Anton Davidtschenko, worüber „Timer“ am 9. April berichtete. Zunächst warnte er den Rechten Sektor und andere Organisationen vor Versuchen, den Platz zu räumen, bevor er sich an den Gouverneur wandte: „Außerdem wende ich mich an den illegitimen Gouverneur Nemirovskiy, der sich so besorgt über den 9. Mai äußerte. Also Herr Nemirovskiy, es ist nicht an Ihnen, den Einwohnern von Odessa zu erzählen, was sie zu tun haben. Von Ihnen sehe ich hier nur Verlogenheit, wenn Ihre Beschützer (gemeint ist die Regierung in Kiew, Anm. d. Verfassers) die Feiern zum 9. Mai in der Hauptstadt absagen und der Stadt Chersones die Feiern zum Tag der Befreiung verbieten. Am 9. Mai feiern wir sicher mit einem großen Umzug durch Odessa und niemand kann uns das verbieten. Sie sind von einer ungesetzlichen Regierung in Ihren Sessel gesetzt und nicht vom Volk gewählt worden, vergessen Sie das nicht.“

Wie wichtig den Menschen dort diese Festtage zum Sieg über den Faschismus und auch die einzelnen regionalen Feiertage zur Befreiung der jeweiligen Städte sind, zeigt eine andere Meldung vom 8. April. Obwohl die Aktivisten von Maidan und Antimaidan sich völlig unversöhnlich gegenüberstanden, haben sie sich an diesem Tag, dem 10. April, dem Tag der Befreiung Odessas, darauf geeinigt, keine Aktionen durchzuführen, welche die Feiern stören könnten. Jedoch wurde diese Absprache nicht eingehalten und es blieb trotzdem nicht völlig ruhig, denn Aktivisten des Maidan belagerten ein Hotel, in dem sich der Maidan-kritische Präsidentschaftskandidat Oleg Zarjow aufhielt. Daraufhin kamen ca. 500 Aktivisten des Antimaidan zu dem Hotel und es kam zu Schlägereien. Am Ende wurde Zarjow unter Polizeischutz aus dem Hotel geleitet und verließ die Stadt.

Ebenfalls am 10. April präsentierte die Nato Satellitenbilder, die angeblich die Konzentration russischer Truppen an der ukrainischen Grenze zeigen sollten. Erwartungsgemäß bezeichnete Russland die Bilder als nicht aktuell und datierte sie auf August 2013. Es lässt sich nicht sagen, ob die russische oder die amerikanische Version wahr ist. Bemerkenswert ist jedoch, dass die USA keine eigenen Bilder vorlegten, sondern auf Bilder der Firma Digital Globe zurückgriffen. Dies wird im Laufe des Konfliktes noch öfter geschehen. Darüber berichteten an diesem Tag alle Medien, ich zitiere aus einem Artikel des „Spiegel“ unter dem Titel „Verwirrung um Nato-Aufnahmen: Russisches Militär bezeichnet Satellitenbilder als veraltet“. Interessant ist, dass in der Überschrift von „Nato-Aufnahmen“ gesprochen wurde, obwohl der Artikel ausführte, dass sie nicht von der Nato waren, sondern von Digital Globe: „Auf einem der Bilder sind Hubschrauber auf einem Landeplatz nahe der Stadt Belgorod zu sehen, den es laut Nato „vorher nicht gab“. Die Fotos hat das Unternehmen Digital Globe gemacht, das sich auf Satellitenbilder spezialisiert hat.“

Diese Bilder sollten als Beweis für die Nato-Behauptung dienen, Russland hätte an der Grenze 40.000 Soldaten zusammengezogen. Russland antwortete darauf laut „Spiegel“: „Das russische Militär dementiert, dass es sich bei den von der Nato veröffentlichten Satellitenbildern um aktuelle Aufnahmen handelt. Die Bilder seien vom August 2013, zitiert die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Novosti einen Vertreter aus dem Generalstab. Die Bilder zeigten demnach verschiedene Übungen des russischen Militärs, durchgeführt unter anderem nahe der Grenze zur Ukraine.“

Außerdem entzog der Europarat am 10. April Russland das Stimmrecht. Der Europarat ist nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat oder dem Rat der Europäischen Union. Der Europarat ist ein Forum für Debatten über allgemeine europäische Fragen. Seine Satzung sieht eine allgemeine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zur Förderung von wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt vor.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schrieb dazu: „Die parlamentarische Versammlung des Europarates hat den russischen Abgeordneten wegen der Ukraine-Krise vorläufig das Stimmrecht entzogen. Das entschied die Versammlung am Donnerstag in Straßburg. Die Sanktion gilt bis Ende des Jahres. Zudem werden die 18 russischen Abgeordneten vorläufig aus Führungsgremien der Versammlung ausgeschlossen und Russland soll für die Dauer der Sanktionen nicht an Beobachtermissionen des Europarats beteiligt werden. … Die russische Delegation hatte die Sitzung boykottiert und den Saal verlassen. Ihr Delegationsleiter Alexej Puschkow schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter von einer „politischen Farce, die nur Abscheu hervorrufen kann.“ Die Resolution kritisierte er als „politischen Extremismus“ und als „Weg in den Kalten Krieg“. … Viele Redner hatten vor einem Ausschluss der russischen Delegation gewarnt. … Der Dialog mit Moskau müsse weitergehen.“

Dies reihte sich ein in die Absagen verschiedenster Gesprächsrunden (G8, Regierungskonsultationen, etc.), die der Westen aussprach. Wobei Politiker des Westens gleichzeitig immer betonten, man dürfe den „Gesprächsfaden mit Russland nicht abreißen lassen“. Wieder stellt sich die Frage, wie und wo man jedoch sprechen wollte, wenn man gleichzeitig alle Gesprächsmöglichkeiten aussetzte.

Darüber hinaus thematisierten die Medien an diesem Tag die Todesschüsse vom Maidan, denn an diesem 10. April brachte „Monitor“ die schon erwähnte Reportage aus Kiew, in der im Westen zum ersten Mal ernsthaft Hinweise auf Scharfschützen von Seiten der Demonstranten im Hotel Ukraina behandelt wurden. Aber wie schon erwähnt, verschwand das Thema dann schnell wieder aus der Berichterstattung.

Am 13. April beschloss der Nationale Sicherheitsrat der Ukraine die Antiterror-Operation im Osten der Ukraine. Darüber berichtete die ukrainische Agentur „Ukrinform“ unter der Überschrift: „Turtschynow: Der Sicherheitsrat hat beschlossen, dass Militär in die Antiterror-Operation einzubinden“ In diesem heute nicht mehr verfügbaren Artikel wurde ausgeführt: „Der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat hat eine großangelegte Antiterror-Operation unter Einbeziehung der Armee beschlossen. Das berichtet der geschäftsführende Präsident Alexander Turtschynow in seiner Videoansprache an das ukrainische Volk.“

Es mag unglücklich formuliert sein, aber es ist merkwürdig, dass der Sicherheitsrat dies beschlossen hat und der Präsident es lediglich verkündete. Gegen eine unglückliche Formulierung spricht allerdings, dass es alle ukrainischen Medien so meldeten. Hatten in Kiew in diesen Tagen die Hardliner um den Sicherheitsratsvorsitzenden Andrij Parubij von der „Swoboda“ das Sagen und die führenden Politiker um Turtschynow wurden von ihnen getrieben? Oder gab es noch andere Gründe dafür, dass nun anscheinend der Sicherheitstrat der Regierung den Kurs vorgab? Dazu finden sich mögliche Antworten zu Beginn des nächsten Kapitels.

Moskau reagierte auf die Ausrufung der Anti-Terror-Operation am gleichen Tag, wie „Ria Novosti“ schrieb: „Russland verurteilt den Einsatz von Gewalt unter Einbeziehung von Kämpfern des Rechten Sektors gegen Demonstranten in der Südost-Ukraine und ruft den Westen dazu auf, Kiew davon zu überzeugen, sich von Neonazis zu distanzieren, erklärt das Außenministerium Russlands in einer Mitteilung, die Ria Novosti am Sonntag erhalten hat. Außerdem bezeichnen russische außenpolitische Beobachter den Ukas des Übergangspräsidenten Turtschynow, die Armee gegen Demonstranten einzusetzen, als Verbrechen.“

Interessant war die Berichterstattung des Westens, exemplarisch sei der deutsche Nachrichtensender „N-TV“ vom 13. April zitiert. Dort wurde unter der Überschrift „Tote bei „Anti-Terror-Einsatz“ in der Ukraine“ geschrieben: „Nach der Besetzung mehrerer öffentlicher Gebäude in der Ost-Ukraine gehen ukrainische Sicherheitskräfte nach Angaben der Regierung gegen pro-russische Gruppen vor. Dabei gab es dem Innenministerium zufolge „Tote und Verletzte auf beiden Seiten“ Ein Geheimdienstagent sei getötet und fünf weitere Menschen seien verletzt worden, bei den „Separatisten“ habe es eine unbekannte Zahl an Opfern gegeben, so Innenminister Awakow. … Einheiten aller Sicherheitskräfte des Landes seien beteiligt, schrieb Awakow. Er forderte die Bewohner von Slawjansk auf, das Stadtzentrum zu räumen, in ihren Häusern zu bleiben und sich von den Fenstern fernzuhalten. Reporter berichteten von Militär-Hubschraubern, die zeitweise über der Stadt zu sehen waren.“

Davon, dass Kiew ausdrücklich mit der Armee gegen die Demonstranten vorgehen wollte, las man an diesem Tag in der deutschen Presse kein Wort, lediglich die Umschreibung, dass „Einheiten aller Sicherheitskräfte“ beteiligt werden. Die Regierungen im Westen reagierten mit Schuldzuweisungen an Moskau. Man muss sich fragen, warum der Westen und die westliche Presse die versuchten Räumungen des Maidan durch die Polizei so heftig kritisiert hatten, nun aber zu einem Einsatz der Armee gegen Demonstranten schwiegen.

Am 14. April gab es einen Zwischenfall im Schwarzen Meer. Eine SU-24 überflog mehrmals das gerade ins Schwarze Meer eingelaufene US-Kriegsschiff „Donald Cook“. Das Pentagon meldete den Vorfall direkt am selben Tag.

„RIA Novosti“ meldete einige Tage später unter der Überschrift „Russische SU-24 legt amerikanischen Zerstörer Lahm“ die russische Version der Ereignisse: „Dieses Flugzeug sei jedoch, wie Experten meinen, mit dem neuesten russischen funkelektronischen Bekämpfungskomplex ausgestattet gewesen. Laut dieser Version hat „Aegis“ das Nahen der Maschine bereits aus der Ferne geortet, es wurde Gefechtsalarm ausgelöst. Alles sei planmäßig verlaufen, die amerikanischen Radare lasen den Kurs der Annäherung bis zum Ziel ab. Doch plötzlich erloschen alle Bildschirme. „Aegis“ funktionierte nicht mehr, die Raketen konnten keine Zielzuweisung beziehen. Die Su-24 aber überflog das Deck des Zerstörers, vollzog eine Kampfkurve und imitierte einen Raketenangriff gegen das Ziel. Im Anschluss daran wendete die Maschine und wiederholte das Manöver, und zwar zwölf Mal. … Nach diesem Zwischenfall habe die „Donald Cook“, wie ausländische Massenmedien berichten, schnellstens einen Hafen in Rumänien angelaufen. Dort hätten 27 Besatzungsmitglieder ihr Entlassungsgesuch eingereicht.“

Im Westen wurde dann auch über den Zwischenfall berichtet, allerdings nur von den Überflügen des Kampfflugzeuges. Der „Spiegel“ schrieb schon am 14. April unter der Überschrift „Zwischenfall im Schwarzen Meer: Russischer Kampfjet näherte sich US-Zerstörer“ darüber: „Zwölfmal sei das Flugzeug vom Typ Su-24 am frühen Samstagabend in niedriger Höhe auf den Zerstörer USS „Donald Cook“ zugeflogen. Der Jet habe sich dem Schiff bis auf 900 Meter genähert und sei in einer Höhe von 150 Metern über dem Meer unterwegs gewesen, hieß es weiter. Der Vorfall habe sich über 90 Minuten hingezogen. Über Funk habe die Besatzung der „Donald Cook“ mehrfach Warnungen abgesetzt. Dem Anschein nach sei die Su-24 nicht bewaffnet gewesen. … Inzwischen sei es in einem rumänischen Hafen vor Anker gegangen.“

Ob die Darstellung von „RIA Novosti“ stimmt, kann man nicht sagen. Westliche Medien berichteten nichts davon, dass das Aegis gestört wurde. Sie dementierten aber die Darstellung von „Ria Novosti“ aber auch nicht. Auch das Pentagon hat sich zu der russischen Version des Vorfalls nicht geäußert, was verdächtig ist. Hätte „RIA Novosti“ die Unwahrheit berichtet, ist davon auszugehen, dass das Pentagon dies umgehend dementiert hätte und mitgeteilt hätte, dass das Schiff jederzeit voll einsatzbereit war. Aber das Pentagon schwieg über die russische Version des Vorfalls.

Am 13. April berichtete „RIA Novosti“ unter der Überschrift „Vor Einsatz in Slawjansk: CIA-Chef soll heimlich Kiew besucht haben“ von einem Besuch des CIA-Chefs Brennan in Kiew: „Der CIA-Chef John Brennan hat am Samstag zu Geheimgesprächen in Kiew geweilt, erfuhr RIA Novosti aus ukrainischen Sicherheitskreisen. … „Er (Brennan) war hier unter einem anderen Namen. Nach seinen Treffen mit Sicherheitschefs wurde die Operation in Slawjansk beschlossen“ … Der russische Parlamentarier Nikolai Kowaljow hält diese Meldungen für unglaubwürdig. „Für einen derart ranghohen Chef gibt es keine Notwendigkeit in die Ukraine zu reisen, und schon gar nicht unter falschem Namen“, kommentierte Kowaljow, einst Direktor des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB.“

Am 14. April bestätigte Washington jedoch den Besuch, wie „RIA Novosti berichtete“: „Das Weiße Haus hat bestätigt, dass der CIA-Chef John Brennan am vergangenen Wochenende zu einem Besuch in der Ukraine geweilt hatte. … Zuvor hatte ein ranghoher Mitarbeiter der ukrainischen Sicherheitskräfte der Nachrichtenagentur RIA Novosti mitgeteilt, dass sich Brennan am Samstag in Kiew mit Vertretern der ukrainischen Militär- und Sicherheitsstrukturen getroffen hatte. Gleich darauf kündigte das ukrainische Innenministerium eine Sonderoperation gegen die Anhänger des Föderalismus in östlichen Regionen der Ukraine an.“

Ab dem 15. April berichteten dann auch die deutschen Medien darüber. So schrieb der „Spiegel“ am 15. April: „Eine brisante Enthüllung russischer Medien: CIA-Chef John Brennan war auf geheimer Mission in Kiew. Moskau bezichtigt den Geheimdienstchef prompt, einen Einsatz gegen Separatisten in der Ostukraine organisiert zu haben. Die USA spielen den Besuch herunter. … Angesichts der Vorhaltungen aus Russland sah sich das US-Außenministerium zu seiner Erklärung genötigt. John Kerrys Sprecherin Jennifer Psaki bestätigte am Montag, dass Brennan tatsächlich in Kiew war – angeblich zu einem Routinebesuch.“

Der Artikel beschäftigte sich dann auch damit, dass Washington bestritt, der Besuch könnte etwas mit der zeitgleich angekündigten „Antiterror-Operation“ zu tun haben. Interessant ist der letzte Absatz: „Was genau Brennan mit seinem Blitzbesuch in Kiew bezweckte, dürfte also erst deutlich werden, wenn sich die Ukraine-Krise weiter zuspitzen sollte.“

Da sich die Krise schon in den nächsten Tagen massiv zuspitzte, ist es schade, dass der „Spiegel“ später zu dieser Frage nicht zurückgekehrt ist, die er hier selbst aufgeworfen hatte.

Die „Welt“ berichtete am 16. April unter dem Titel „Wie die CIA Kiew mit Geheim-Informationen hilft“ darüber und schrieb: „Russische Medien hatten zuvor berichtet, Brennan sei unter falschem Namen in die Ukraine gereist. In Kiew habe er sich mit den neuen „Machthabern“ in „geheimen Gesprächen“ über die Krise in der Ostukraine beraten, berichtete die Agentur Interfax. Der Geheimdienstchef habe Kiew nahegelegt, Antiterrormaßnahmen gegen die Separatisten im Osten des Landes einzuleiten, meldete die Agentur weiter. Ukrainische Zeitungen vermuteten hingegen, bei den Gesprächen sei es um den Austausch von Geheimdienstinformationen gegangen. Vergangene Woche drängte Nato-General Philip Breedlove den Westen, mehr militärisches Aufklärungsmaterial wie Satellitenbilder an die Ukraine weiterzugeben. … Der ukrainische Geheimdienst SBU und die CIA würden bereits eng zusammenarbeiten, behauptet Wladimir Golub, Abgeordneter der Kommunistischen Partei im ukrainischen Parlament. Die Amerikaner hätten den ukrainischen Geheimdienst übernommen, sagt Golub. Darüber würden die Abgeordneten im Parlament angeblich offen sprechen.“

Wir werden wahrscheinlich nie herausbekommen, was bei diesem Besuch in Kiew besprochen wurde. Aber dass just an dem Tag, an dem Brennan mit dem Sicherheitsrat sprach, dieser die Antiterror-Operation ausrief, kann kaum ein Zufall sein. Wir erinnern uns an die Formulierung, dass der Sicherheitsrat die Operation beschlossen und Übergangspräsident Turtschynow dies lediglich verkündet hätte. Wenn ein so wichtiger Gast wie der CIA-Chef in die Ukraine kommt und mit dem Sicherheitsrat spricht, der just in dem Moment auch die Anti-Terror-Operation beschließt, ist es kaum vorstellbar, dass er in die Beratungen über die zu ergreifenden Maßnahmen nicht eingebunden war.

Am 15. April 2014 begann die „Antiterror-Operation“, also der Krieg im Donbass.


In meinem neuen Buch „„Putins Plan – Mit Europa und den USA endet die Welt nicht – Wie das westliche System gerade selbst zerstört ““ gehe ich der der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme – den wir gerade erleben – wirklich geht. Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wurden die Bürger im Westen gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich hier direkt über den J.K. Fischer Verlag bestellbar.

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wenn-der-spiegel-einen-„faktencheck“-zu-putins-rede-macht…Wenn der Spiegel einen „Faktencheck“ zu Putins Rede macht…
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