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Bakhmut: WaPo und NYT berichten von Zerfallserscheinungen auf Seiten der Ukraine

Published On: 15. März 2023 11:21

Die Schlacht um Bakhmut geht ihrem Ende zu – und langsam aber sicher tauchen “sogar” in den “Leit- und Qualitätsmedien” Hinweise über den Zustand der ukrainischen Truppen auf. Gestern hat TKP über den Stand der Dinge Anfang März berichtet, hier folgt nun ein Blick auf die aktuelle Berichterstattung in den westlichen “Leit- und Qualitätsmedien”.

Vorgestern (13. März 2023) erschien etwa ein aufschlussreicher, wenn auch von massiver Propaganda durchsetzter Beitrag von Isabelle Khurshudyan, Paul Sonne und Karen DeYoung in der Washington Post. Unter dem vielsagenden Titel “Wenig erfahrene Truppen und Munitionsmangel erhöhen den Pessimismus der Ukraine” heißt es etwa (meine Übersetzung und Hervorhebungen):

Die Qualität der ukrainischen Streitkräfte, die einst als wesentlicher Vorteil gegenüber Russland angesehen wurde, hat sich durch ein Jahr voller Verluste verschlechtert, da viele der erfahrensten Kämpfer nicht mehr auf dem Schlachtfeld stehen. Das hat einige ukrainische Beamte dazu veranlasst, die Bereitschaft Kiews zu einer lang erwarteten Frühjahrsoffensive in Frage zu stellen.

Nichts davon ist Beobachtern der Lage verborgen geblieben. Die Aussichten auf eine erfolgreiche Frühjahrsoffensive nach Ende der Schlammsaison sind – gerade angesichts der massiven russischen Überlegenheit an Artillerie und Truppen – ausgesprochen gering.

Unter Militärs gilt es als ausgemacht, dass für eine erfolgversprechende Offensive eine Übermacht an Soldaten im Verhältnis 3:1 gegenüber den Verteidigern notwendig ist. Dies ist angesichts der bekannten russischen Truppenstärke kaum zu erzielen (und hebt übrigens die militärischen Leistungen der vor einem Jahr in Unterzahl befindlichen russischen Truppen hervor).

Eine ukrainische Frühjahrsoffensive wird, so diese überhaupt stattfindet, vor allem rasch ausgehobene und ausgesprochen knapp – rund zwei Wochen Gefechtsvorbereitung, wie gestern berichtet – ausgebildete Truppen gegen weitaus erfahrenere, ausgeruhte(re) und mit umfassenden Ersatz- und Nachschuboptionen ausgestattete russische Einheiten führen. Diese verfügen zudem über eine erdrückende Überlegenheit an Artillerie.

Bestätigung durch die Washington Post

Alles andere als ein Blutbad steht kaum zu erwarten, wie dies nun auch – endlich – durch mehr und mehr westliche “Leit- und Qualitätsmedien” bestätigt wird:

Der Einsatz unerfahrener Wehrpflichtiger, die die Verluste ausgleichen sollen, hat das Profil der ukrainischen Streitkräfte verändert, die nach Angaben von Militärangehörigen vor Ort auch unter einem grundlegenden Mangel an Munition, einschließlich Artilleriegranaten und Mörsergranaten, leiden.

“Das Wertvollste im Krieg ist die Kampferfahrung”, sagte ein Bataillonskommandeur der 46. Luftlandebrigade, der gemäß dem ukrainischen Militärprotokoll nur mit seinem Rufnamen Kupol bezeichnet wird. “Ein Soldat, der sechs Monate Kampfhandlungen überlebt hat, und ein Soldat, der von einem Schießstand kommt, sind zwei verschiedene Soldaten. Das ist wie Himmel und Erde.”

“Und es gibt nur wenige Soldaten mit Kampferfahrung“, fügte Kupol hinzu. “Leider sind sie alle schon tot oder verwundet.

Solche düsteren Einschätzungen haben einen spürbaren, wenn auch meist unausgesprochenen Pessimismus von der Front bis zu den Korridoren der Macht in der Hauptstadt Kiew verbreitet.

Die kürzlich in u.a. der Financial Times berichteten ukrainischen Verluste entsprechen angesichts solcher Aussagen wohl kaum den Verhältnissen vor Ort (TKP hat berichtet).

Neben den quantitativen Aspekten ist jedoch auch die Qualität vor allem der an vorderster Front eingesetzten Offiziere bedenklich, wie der eingangs verlinkte Beitrag der Washington Post ebenso unzweifelhaft wie schonungslos darlegt:

Kupol sagte, er hoffe, dass Washington die ukrainischen Streitkräfte besser ausbilden werde und dass er hoffe, dass die ukrainischen Truppen, die für eine kommende Gegenoffensive zurückgehalten werden, mehr Erfolg haben werden als die unerfahrenen Soldaten, die jetzt unter seinem Kommando an der Front stehen.

“Es gibt immer einen Glauben an ein Wunder”, sagte er. “Entweder wird es ein Massaker und Leichenberge geben oder es wird eine professionelle Gegenoffensive sein. Es gibt zwei Möglichkeiten. Es wird so oder so eine Gegenoffensive geben.”

An dieser Stelle kann wohl ausgeschlossen werden, dass es kein “Massaker und Leichenberge” geben dürfte; die Lage an der Front ist offenbar so bedenklich, dass Kupol von Hoffnungen auf “ein Wunder” spricht.

Ein hochrangiger ukrainischer Regierungsbeamter, der aus Gründen der Offenheit anonym bleiben wollte, bezeichnete die vom Westen zugesagte Anzahl von Panzern als “symbolisch”. Andere äußerten sich insgeheim pessimistisch, dass die versprochenen Lieferungen das Schlachtfeld überhaupt rechtzeitig erreichen würden.

“Wenn man mehr Ressourcen hat, greift man aktiver an”, sagte der hohe Beamte. “Wenn man weniger Mittel hat, verteidigt man mehr. Wir werden uns verteidigen. Wenn Sie mich persönlich fragen, glaube ich deshalb nicht an eine große Gegenoffensive für uns. Ich würde gerne daran glauben, aber ich schaue mir die Ressourcen an und frage: “Womit? Vielleicht werden wir einige lokale Durchbrüche erzielen.”

“Wir haben weder die Leute noch die Waffen”, fügte der hohe Beamte hinzu. “Und Sie kennen das Verhältnis: Wenn man in der Offensive ist, verliert man doppelt oder dreimal so viele Menschen. Wir können es uns nicht leisten, so viele Menschen zu verlieren.”

Angesichts dieser Aussagen erscheint es notwendig, die Planer im Westen zu befragen, wie viele Ukrainer – und Russen – denn noch elendiglich zugrunde gehen müssen, bevor der Konflikt auf dem Verhandlungstisch beigelegt wird.

Schlachtbank Donbass

Bitte beachten Sie, dass der vorgehende Satz nicht als “Bestätigung” oder “Appeasement” zu werten ist, sondern eine halbwegs realistische Einschätzung darstellt, dass – zumindest hinter vorgehaltener Hand – auch in Kiew die Meinung umgeht, dass der Krieg verloren ist.

Es sieht aber so aus, als ob die US- und NATO-Planer ihre ukrainischen “Verbündeten” in eine zum Scheitern verurteilte Offensive gleichsam auf die Schlachtbank treiben.

Anders ausgedrückt: was nun geschieht wird ist, gelinde gesprochen, wenig mehr denn ein Verbrechen. Und zwar wider besseren Wissens, von “Gewissen” ganz zu schweigen.

Erneut die Washington Post:

Kupol, der sich fotografieren ließ und sagte, er sei sich bewusst, dass er für seine freimütige Einschätzung persönliche Konsequenzen zu gewärtigen habe, beschrieb, wie er mit neu eingezogenen Soldaten in die Schlacht zog, die noch nie eine Granate geworfen hatten, unter Beschuss bereitwillig ihre Stellungen verließen und im Umgang mit Schusswaffen unsicher waren.

Seine Einheit zog sich im Winter aus Soledar in der Ostukraine zurück, nachdem sie von russischen Truppen umzingelt worden war, die später die Stadt einnahmen. Kupol erinnerte sich daran, wie Hunderte von ukrainischen Soldaten in Einheiten, die an der Seite seines Bataillons kämpften, ihre Stellungen einfach aufgaben, selbst als die Kämpfer der russischen Söldnergruppe Wagner vorrückten.

Nach einem Jahr Krieg sei sein Bataillon nicht mehr wiederzuerkennen, sagte Oberstleutnant Kupol. Von etwa 500 Soldaten wurden etwa 100 getötet und weitere 400 verwundet, was zu einer völligen Umstellung führte. Kupol sagte, er sei der einzige professionelle Soldat im Bataillon und beschrieb, wie schwierig es ist, eine Einheit zu führen, die ausschließlich aus unerfahrenen Soldaten besteht.

“Ich bekomme 100 neue Soldaten”, sagte Kupol. “Sie geben mir keine Zeit, sie vorzubereiten. Sie sagen: ‘Nehmt sie mit in die Schlacht.’ Sie lassen einfach alles fallen und rennen los. Das war’s. Verstehen Sie, warum? Weil der Soldat nicht schießt. Ich frage ihn, warum, und er sagt: “Ich habe Angst vor dem Geräusch des Schusses. Und aus irgendeinem Grund hat er noch nie eine Granate geworfen…Wir brauchen NATO-Ausbilder in all unseren Ausbildungszentren, und unsere Ausbilder müssen in die Schützengräben geschickt werden. Denn sie haben bei ihrer Aufgabe versagt.”

Er beschrieb schwerwiegende Munitionsengpässe, einschließlich eines Mangels an einfachen Mörserbomben und Granaten für die in den USA hergestellten MK 19…“Du bist an der Frontlinie”, sagte Kupol. “Sie kommen auf dich zu, und es gibt nichts, womit du schießen kannst.

An Kritik an den Verantwortlichen in Kiew hielt Oberstleutnant Kupol nicht zurück:

Kiew müsse sich darauf konzentrieren, die neuen Truppen systematisch besser vorzubereiten. “Alles, was wir tun, ist, Interviews zu geben und den Leuten zu sagen, dass wir bereits gewonnen haben, nur noch ein bisschen weiter weg, zwei Wochen, und wir werden gewinnen”, sagte er.

Kiew spricht mit Hilfe der “westlichen” Medien von einem Sieg, den es wahrscheinlich nie geben wird. Vor Ort sieht die Lage ganz anders aus:

Dmytro, ein ukrainischer Soldat, den die Washington Post aus Sicherheitsgründen nur mit seinem Vornamen nennt, beschrieb viele der gleichen Bedingungen. Einige der weniger erfahrenen Soldaten, die in seiner Position bei der 36. Marinebrigade in der Region Donezk dienen, “haben Angst, die Gräben zu verlassen”, sagte er. Der Beschuss sei manchmal so heftig, dass ein Soldat eine Panikattacke bekomme, die dann “andere anstecke”.

Als er das erste Mal sah, dass seine Kameraden so stark betroffen waren, so Dmytro, versuchte er, ihnen die Realität der Risiken klar zu machen. Beim nächsten Mal, sagt er, seien sie “einfach weggelaufen”.

“Ich kann es ihnen nicht verdenken”, sagte er. “Sie waren so verwirrt.”

Die Ukraine hat viele ihrer seit 2014/15 von NATO-Truppen ausgebildeten Offizieren verloren. Es waren jedoch just diese Offizieren, die zu Beginn der Invasion dazu beigetragen haben, dass die Ukrainer sich relativ erfolgreich gegen die russischen Feinde zu wehren vermochten. “Viele von [diesen Offizieren] sind tot”, sagte der zuvor ausführlich zu Wort gekommene Kiewer Beamte.

Womit aber sollen diese Verluste ausgeglichen werden? Und innert welchem Zeitrahmen?

Es dauert Jahre, einen Unteroffiziere und Offiziere auszubilden. Doch deren erfolgreicher und effektiver Kampfeinsatz erfordert weit mehr denn eine entsprechende jahrelange Ausbildung und kann auch nicht durch Zusatzkurse oder Wehrübungen erworben werden.

Selbst mit neuer Ausrüstung und westlicher Ausbildung halten die US-Militärs die ukrainischen Streitkräfte für unzureichend, um die gesamte riesige Front anzugreifen, an der Russland erhebliche Verteidigungsanlagen errichtet hat, so dass die Truppen darauf trainiert werden, nach Schwachstellen zu suchen, die es ihnen ermöglichen, mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen durchzubrechen.

Dies aber zeigt die Verzweiflung auf Seiten der Ukraine – und die Realitätsverweigerung der westlichen Politiker und der meisten “Leit- und Qualitätsmedien”. Auch wenn die ukrainischen Truppen die eine oder andere Schwachstelle finden sollten, eine entscheidende Wende des Kampfgeschehens ist davon nicht zu erwarten.

Eine realistische Einschätzung lautet, dass der Krieg für die Ukraineverloren ist. Die russischen Streitkräfte rücken weiter vor und vernichten die ukrainischen Einheiten in mehreren kleineren Operationen, von denen die Schlacht um Bakhmut “nur” eine ist.

Südlich davon liegt die Agglomeration New York, die zu einem weiteren Kessel werden wird. Awdijiwka, ebenso im Süden Bakhmuts gelegen, ist ebenfalls in großen Schwierigkeiten und könnte sogar der erste der drei Kessel sein, der fällt.

Das bevorstehende Ende der Schlacht um den Donbass

Auch die New York Times anerkennt diese Situation, wie ein Beitrag von demselben 13. März 2023 (ohne Bezahlschranke hier) mit dem Titel “Russische Angriffe entlang der gesamten Frontlinie zeitigen wenig Gewinne, aber hohe Verluste” zeigt:

Von Kupiansk im Norden bis Awdijiwka im Süden, über Bakhmut, Lyman und Dutzende von Städten dazwischen greifen die russischen Streitkräfte entlang eines 160 Meilen [über 220km] langen Abschnitts in der Ostukraine an, wobei sich der Kampf um taktische Vorteile vor einer möglichen Frühjahrsoffensive verschärft. Am Montag [13. März] wurden schwere Kämpfe in und um Awdijiwka gemeldet, einer Stadt, die im vergangenen Jahr lange Zeit an der Frontlinie lag und in den letzten Tagen wieder zu einem Brennpunkt der Kämpfe geworden ist…

In Bakhmut, wo das private Militärunternehmen Wagner die Kontrolle über den Ostteil der Stadt übernommen hat, finden laut russischen Militärbloggern brutale Kämpfe auf den Straßen, in den gesprengten Überresten von Gebäuden und tief unter der Erde in den Minenlagern statt…

In Kupiansk und den umliegenden Dörfern hat Russland den Beschuss und die Bodenangriffe verstärkt, und die Ukraine hat die Zivilbevölkerung aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Auch in Lyman und anderen Städten verstärkte sich der russische Beschuss. Nach Angaben des ukrainischen Militärs unternehmen die russischen Streitkräfte jeden Tag mehr als 100 Versuche, ihre Linien zu durchbrechen.

Unerwähnt verbleibt allerdings, dass die russischen Streitkräfte bei all diesen Angriffen die ukrainische Armee peu à peu zerstören.

Es wird wohl noch einige Wochen dauern, bis die aktuell von Einkesselung bedrohten ukranischen Einheiten gänzlich aufgerieben und/oder zum Rückzug gezwungen sind.

Dann aber wird es nicht nur wärmer sein, sondern die Schlammsaison ist dann auch zu Ende; es steht zu erwarten, dass der in der New York Times erwähnte “Kampf um taktische Vorteile vor einer möglichen Frühjahrsoffensive” dann so weit fortgeschritten sein, dass die Ukrainer den mobilen russischen Panzerformationen wenig entgegenzusetzen haben.

Dies bedeutet keineswegs, dass dadurch die Opferbereitschaft und der Kampfeswillen der ukrainischen Soldaten gemindert oder herabgewürdigt werden soll.

Die Lage vor Ort, wie etwa in der Financial Times, der Washington Post und der New York Times beschrieben, weist auf den in nicht allzu ferner Zukunft bevorstehenden Zusammenbruch der ukrainischen Truppen hin.

Die einzige verbliebene Möglichkeit für die ukrainische Armee, der “möglichen Frühjahrsoffensive” entgegenzuwirken, ist der mehr oder minder überstürzte Einsatz derjenigen verbliebenen Truppenteile, die derzeit rasch und unkoordiniert zur Verteidigung an die Front geworfen – “verheizt” – werden.

Die verfübaren Zeichen weisen allesamt auf eine bevorstehende Krise der ukrainischen Armee hin.

Höchste Zeit also, sich auf die zu erwartenden Folgen vorzubereiten.

Bild National Police of Ukraine, Bakhmut after Russian shelling, 2022-08-10 (frame 0509), CC BY 4.0

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