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Britische Ministerin Braverman: In Ruanda gibt es Zukunftschancen für Migranten

Published On: 22. März 2023 16:49

Bei einer zweitägigen Ruanda-Reise inspizierte Suella Braverman unter anderem die Wohnungen, in denen schon bald illegale Migranten aus Großbritannien leben könnten. Das Land gefiel Braverman offenbar so gut, dass es ihren Gegnern bitter aufstieß. Ihren Kritikern wirft Braverman Snobismus vor.

IMAGO / ZUMA Wire

Suella Braverman, britische Innenministerin (Secretary of State for the Home Department), 15.03.2023

Die Meinungen in Großbritannien können kaum weiter auseinandergehen. Während der elitär-sozialistische New Statesman die Ruanda-Reise von Innenministerin Suella Braverman als Debakel für das öffentliche Bild der Regierung ansieht (unter anderem, weil Braverman sich in dem ostafrikanischen Land wohlzufühlen schien), sieht der brexit-konservative Telegraph Braverman auf dem Weg zur erfolgreichsten Innenministerin aller Zeiten. Tatsächlich wurden mehrere Bilder einer aus vollem Herzen lachenden Braverman zum Anlass genommen, um die Innenministerin zu dämonisieren, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, die illegale Migration über den Ärmelkanal zu beenden.

Natürlich wäre es vielleicht klüger gewesen, eine staatsmännische Fassade zu errichten, wenn man ein so umstrittenes Projekt verfolgt, wie Ruanda als Asyl für Migranten zu etablieren, die eigentlich auf illegalem Wege in das Vereinigte Königreich gelangen wollten. Aber eine solche thatchereske Stiff-Upper-Lip war nicht der Stil von Braverman, jedenfalls nicht nur. Es gibt sie auch, die Bilder, auf denen die Ministerin versonnen in die Ferne blickt. Daneben verstand sich Braverman einfach gut mit den Ruandern (es war schon ihr dritter Besuch im Land). Und sie war entschlossen, ein positives Bild des Landes zu vermitteln. Kritiker meinen, viel zu positiv, als dass die Deportation nach Ruanda noch eine Abschreckung darstellen könnte.

Von linken Snobs und dekolonisierenden Konservativen

Ruanda, so sagte Braverman der mitgereisten Presse (in der einige linke Publikationen zu deren gerechter Indignation fehlten), sei ein „Segen“ für Bootsmigranten aus dem Kanal, wie die Times berichtet. Dort könnten dieselben sich ein neues Leben aufbauen: „Es ist ein gastfreundliches Land mit herzlichen Menschen und ein echtes Leuchtfeuer der Hoffnung für Tausende von Menschen, die hier bereits Zuflucht finden.“ In Ruanda erwarteten die Migranten „Bildungsmöglichkeiten, Sicherheit, ein Zuhause und Zukunftschancen“. Hier sei „eine Zukunft in Wohlstand“ möglich. Wirklich radikale, geradezu dekoloniale Ansichten zu Afrika, während die Gegner Bravermans voller Vorurteile zu sein scheinen.

Der Labour-Opposition warf Braverman „Snobismus“ und „ungerechtfertigte Negativität“ im Umgang mit Ruanda vor und lud die Schatteninnenministerin Yvette Cooper ein, das Land ebenfalls zu besuchen, um „mit eigenen Augen die hochwertigen Dienstleistungen zu sehen, die die Ruander den Menschen, die hierher umgesiedelt werden, anbieten werden“. Zwei Tage blieb Braverman in Ruanda, das von 1885 bis 1918 zu Deutsch-Ostafrika gehörte und danach zur belgischen Kolonie wurde. Insofern könnte auch die Bundesrepublik eine Investition erwägen – vielleicht sogar im Verein mit den britischen Konservativen.

Präsident Kagame versicherte, dass sein Land „immer Kapazitäten haben“ würde, um „mehr Flüchtlinge“ aus Großbritannien aufzunehmen. Vor einiger Zeit hatte es geheißen, dass nur die Übernahme weniger hundert Migranten durch das Abkommen mit Großbritannien umfasst seien. Doch das scheint nicht wahr zu sein, wenn man Kagame glauben mag. Erste Flüge könnten im kommenden Sommer von London nach Kigali führen. Ruanda sei „eindeutig bereit“, Asylbewerber aufzunehmen.

Einzelrichterliche Verfügungen sollen kein Problem mehr sein

Parallel verhandelt die Regierung auch mit dem Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), an dem im letzten Sommer ein einzelner Richter durch eine gerichtliche Verfügung einen Flug nach Ruanda verhindert hatte. Die Gespräche mit Straßburg seien konstruktiv, sagte Braverman, die zuvor eingeräumt hatte, es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die neue britische Migrationsgesetzgebung nicht mit den Urteilen des EGMR zu vereinbaren sei. 

Das gewählte Mittel (Verfügung nach Regel 39) gehört nicht zum Kernbestand der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), sondern ist ein administratives Instrument, das sich die EGMR-Richter zum eigenen Gebrauch geschaffen haben. Interessanterweise hat Premierminister Rishi Sunak nach eigenem Bekunden „hart dafür gearbeitet“, dass das Vereinigte Königreich trotz des neuen Migrationsgesetzes Mitglied der EMRK und des zugehörigen Straßburger Gerichts bleiben kann. Vorteilhaft ist daran nur der geringere Aufwand und wohl die leichtere Verteidigung gegen linke und EU-freundliche Kritiker im In- und Ausland.

In Kigali legte Braverman den Grundstein für eine Wohnsiedlung mit 528 Wohnungen, die das Königreich durch sein 140-Millionen-Pfund-Programm finanziert. Es sollen Wohnungen für Migranten sein. Ein ähnliches Anwesen mit 2.500 Wohnungen besuchte Braverman. Sogar die Innenarchitektur gefiel der Ministerin. Dagegen will Braverman in Großbritannien bald tausende Migranten aus Hotels herausführen. 51.000 Asylbewerber sind derzeit so untergebracht. Diese inakzeptable Praxis müsse ein Ende finden. Laut ihrem neuen Migrationsgesetz, dem „Illegal Migration Bill“, sollen geschlossene Lager an die Stelle der Hotelzimmer treten. Das ist durchaus der strafende Teil des Umgangs mit illegalen Migranten. Sind sie einmal in Ruanda, besteht dazu aus Bravermans Sicht kein Anlass mehr.

Dänemark will Plan nun mit anderen Ländern verwirklichen

Übrigens soll Dänemark die Verhandlungen mit Ruanda derzeit nicht weiterverfolgen. Das sagte Migrationsminister Kaare Dybvad – der Nachfolger von Mattias Tesfaye – der Tageszeitung Altinget laut The Local. Seit die Rechtsliberalen der Regierung beitraten, habe man sich ein anderes Ziel gesetzt: den Aufbau eines Aufnahmezentrums außerhalb Europas „in Zusammenarbeit mit der EU oder anderen Ländern“.

Im Grunde hat man also noch dasselbe Ziel – man hält es nun nur für verwirklichbar mit anderen EU-Ländern: „Es gibt jetzt viele, die auf eine strengere Asylpolitik in Europa drängen.“ Aus der Opposition ruft nur noch Inger Støjberg mit ihren Dänemark-Demokraten nach einer unmittelbaren Verwirklichung des alten Ruanda-Plans. Sie war die Suella Braverman Dänemarks, lange bevor es Braverman auf den vorderen Rängen der britischen Politik gab. Støjberg sagt, sie sei „offen gesagt angewidert“ davon, dass die dänischen Sozialdemokraten so wenig Wort halten, da sie ihren Wählen noch vor den letzten Wahlen die Realisierung des Ruanda-Plans versprochen hatten.

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