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Ausgestoßene der Woche: Fürstin, Landeshymnen, Nigeriakuchen

Published On: 28. April 2023 10:00

Die Landeshymne Niederösterreichs ist harmlos, hat aber den falschen Verfasser, ein Backwerk soll etwas mit Rassismus zu tun haben und Gloria von Thurn und Taxis wird in einem Offenen Brief von aufgebrachten Künstlern mit viel *innen attackiert.

Als Landeshymne eines österreichischen Bundeslandes hat man es derzeit nicht leicht, denn man könnte auf einer Abschussliste landen. Eine Gruppe von Autoren wie Robert Menasse (der schon mal Geschichtsfälschung beging und die Demokratie abschaffen will) forderte unlängst, die niederösterreichische Hymne durch eine neue zu ersetzen. Deren Verfasser Franz Karl Ginzkey war nämlich Nazi. Landesrat Ludwig Schleritzko von der ÖVP verkündete daraufhin, die Person Ginzkey vom Landesarchiv und einer Historikerkommission aufarbeiten zu lassen, sieht aber keinen Änderungsbedarf. „Mit keinem Wort unserer Hymne werden antisemitische oder fremdenfeindliche Andeutungen verbunden“.

Der Schriftstellerverband IG Autorinnen Autoren setzt noch einen drauf und verlangt die Anpassung dreier weiterer Landeshymnen. „Während in Salzburg eine komplette Neufassung von Text und Musik notwendig sei, brauche man in Oberösterreich und Niederösterreich lediglich einen anderen Text“, teilt er mit, „in Kärnten würde die Streichung einer Strophe reichen“ – wie gnädig. Das Problem mit dieser letzten Strophe besteht darin, dass am Ende die Zeile „Das ist mein herrlich Heimatland“ auftaucht, die mal „Das ist mein deutsch Heimatland“ hätte heißen sollen – aber nie offiziell so hieß –, was nach Ansicht der Schriftsteller die slowenische Volksgruppe in diesem Bundesland ausschlösse. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sieht keinen Änderungsbedarf.

Der Texter der oberösterreichischen Hymne war Antisemit, mindestens eine Zeile des Liedes aus dem 19. Jahrhundert von der „Untertanen-Mentalität des Absolutismus geprägt“. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sieht keinen Änderungsbedarf. In Salzburg schließlich war der Komponist Nazi und der Textdichter „ein kriegsverherrlichender Priester“, außerdem seien seine Zeilen zu schwülstig. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) sieht keinen Änderungsbedarf. Aus den Dichtaufträgen für Mitglieder der IG Autorinnen Autoren wird also erstmal nichts.

Kuchen sollst du suchen

Der Nigeriakuchen der Bäckerei Apel heißt jetzt „Omas Puddingkuchen“. Die nordhessische Bäckereikette reagiert damit auf Vorwürfe aus dem vergangenen Februar. Die 65-jährige Helga Ugbomor hatte sich über „Rassismus“ beschwert, sie sieht einen Zusammenhang von „dunklem Schokoladenüberzug mit dunkler Hautfarbe“. Die Firma Apel begründete die Benennung des Produkts damit, dass in Nigeria Kakaobohnen angebaut werden. „Hier Rassismus anzunehmen, lehnen wir strikt ab“, hieß es vor zwei Monaten noch. Jetzt ist man offenbar eingeknickt. Einer Food-Bloggerin zufolge war das Backwerk früher „auch als Kongokuchen, Sambakuchen oder Keniaschnitte bekannt“, an solchen Bezeichnungen habe schon zu ihrer Studienzeit eine „cholerische, unsympathische Mitbewohnerin“ Anstoß genommen.

Die Tür GEZeigt

Der NDR hat die Zusammenarbeit mit Achgut-Autorin Cora Stephan beendet (sie berichtete). Stephan war seit den 1970ern für behördliche Rundfunkanstalten tätig, hatte in der jüngsten Vergangenheit, wie sie es formuliert, „beim letzten mir verbliebenen Sender NDR für viermal im Jahr 5 Minuten ‚Die Meinung‘ GEZ-Geld kassiert“. Mit den von ihr gesprochenen Kommentaren ist nun Schluss, da Stephan es gewagt hatte, die Online-Petition „Rundfunkbeitrag stoppen“ zu unterzeichnen. Und eine ARD ohne Zwangsabgabe wäre ja wie eine Talkshow ohne Lauterbach.

Kulturboykott der Kulturschaffenden

Zum Stammgast dieser Kolumne entwickelt sich Gloria Prinzessin von Thurn und Taxis. Nachdem ihre Enteignung noch aussteht, nehmen Boykottaufrufe gegen ihre sommerlichen Schlossfestspiele an Fahrt auf. Jetzt liegt ein Offener Brief von über 100 „Künstler*innen, Schauspieler*innen, Musiker*innen, kulturellen Initiativen sowie Kunstvereinigungen aus Regensburg und darüber hinaus“ vor, die der ‚Fürstin‘ „rassistische, homophobe und wissenschaftsfeindliche Äußerungen“ vorwerfen. Dieser Aufruf der „Kulturschaffenden“ will die Regensburger Bevölkerung dazu animieren, „den Schlossfestspielen […] fernzubleiben“. Unter den Unterzeichnern finden sich z.B. Musiker, Designer, aber auch eine „Schwarzkünstlerin“ – wird sie die Schlossherrin verwünschen? – sowie eine Sozial- und eine Sexualpädagogin. Mir sagt nur die Regisseurin Mia Constantine etwas, da deren Vater Eddie einst die Schauspiel- und Sangeskunst ausübte.

Anschaffende, Überlebende, Behinderte 

Eine für gestern geplante Veranstaltung an der Ruhr-Universität Bochum wurde abgesagt. Im Rahmen einer vom Fachschaftsrat Sozialwissenschaften organisierten „Kritischen Woche“ hätte ein Vortrag mit Workshop zum Thema „Prostitution: Das System, seine Profiteure und soziale Folgen“ stattfinden sollen. Veranstalten wollte ihn die Ortsgruppe des abolitionistischen (auf die Abschaffung der Prostitution gerichteten) Vereins Sisters. Gesprochen hätte eine „Überlebende“ namens Viktoria K. – das ist ein nordamerikanischer Trend, dass sich, wer irgendwas überstanden hat, und sei es wie in diesem Fall eine Rotlicht-Berufstätigkeit, als „Überlebender“ bezeichnet.

Der Fachschaftsrat erteilte dem eine Absage, denn er „positioniert sich seit jeher gegen Rassismus und Transfeindlichkeit“. Was das mit Prostitution zu tun hat? Ganz einfach: Sisters lehnt sich an einen Alice-Schwarzer-Feminismus an, der sowohl den käuflichen Sex als auch die Transideologie ablehnt. Siehe die Zeitschrift Emma, siehe z.B. die gecancelte Berliner Biologin Marie-Luise Vollbrecht. Zusätzlich wird den Prostitutionsgegnern Behindertenfeindlichkeit vorgeworfen mit dem Argument, dass „viele behinderte Menschen“ in dem Gewerbe ein Auskommen fänden. Sisters fragt den Fachschaftsrat, zitieren die Ruhrbarone, „wieso ihr uns einladet und uns dann wieder – eine Woche zuvor – mit fadenscheinigen Vorwürfen ausladet, OHNE mit uns gesprochen zu haben.“

Block-Partei

Dass Abgeordnete mal gegen ihre Fraktionslinie stimmen, kommt vor und ist auch ihr gutes Recht – Stichwort freies Mandat. So haben z.B. letzte Woche zwei CDU-MdBs gegen die Ablehnung eines von der AfD beantragten Corona-Untersuchungsausschusses votiert. Ein anderer Untersuchungsausschuss bringt jetzt Miriam Block Ärger ein, die für die Grünen in der Hamburger Bürgerschaft sitzt. Die Landesparlamentarierin – sie „steht für Queerfeminismus, Klimagerechtigkeit und Antifaschismus“ wurde am Montag „wegen mangelnder Parteidisziplin“ als wissenschafts- und hochschulpolitische Sprecherin ihrer Fraktion abgewählt (Achgut berichtete). Anlass war Blocks Abstimmungsverhalten, das im Übrigen mit Wissenschafts- und Hochschulpolitik nichts zu tun hatte. Auch wurde sie aus zwei Ausschüssen der Bürgerschaft abberufen.

Block hatte sich erdreistet, dem Antrag einer Oppositionsfraktion zuzustimmen. Beging sie etwa das Sakrileg, einem AfD-Anliegen, in der Verkehrspolitik oder bei Impfschäden, zu folgen? Weit gefehlt: Sie unterstützte einen Antrag der Linkspartei auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu den NSU-Morden, von denen einer in der Hansestadt stattgefunden hatte. Da gäbe es sicher noch einiges zu erhellen, was die dubiose Rolle der Inlandsgeheimdienste bei diesen Verbrechen angeht. Die rot-grüne Regierungsmehrheit will stattdessen eine Aufarbeitung in anderer Form. (Wer war damals noch gleich der verantwortliche Innensenator?) Blocks Fraktionschef Dominik Lorenzen erklärt: „Die Abgeordnete hat wiederholt gegen gemeinsame Absprachen und geteilte Regeln der Kommunikation verstoßen.“ In der Fraktion fiel die Entscheidung mit deutlicher Mehrheit.

Hersh vs. Herrschende

Dass der US-Journalist Seymour Hersh mit seiner These einer vermuteten Schuld der US-Regierung an der Sprengung der Nord-Streams-Pipelines bei einigen in Ungnade gefallen ist, war hier schon Thema. Nun bekommt man bei Facebook Ärger, wenn man Hershs Substack-Post dazu teilen will. Die Social-Media-Plattform kennzeichnet den Beitrag als (teilweise) Falschinformation, weist auf einen Faktenchecker-Beitrag hin, und droht mit Einschränkung der Reichweite. Konkurrierende und gleichfalls unbewiesene Erklärungsansätze zu der Pipeline-Zerstörung werden hingegen von Facebook problemlos akzeptiert.

Schlag den Raab

Minister können sich aus unterschiedlichen Gründen zum Rücktritt gezwungen sehen. Es muss ja nicht gleich eine Verantwortung im Zusammenhang mit über 100 Toten im Ahrtal sein, wie letztes Jahr bei Anne Spiegel (Grüne) und Roger Lewentz (SPD). Bei Dominic Raab aber, der vor einer Woche als britischer Vizepremier und Justizminister zurücktrat, sieht die Sache ganz anders aus. Dem Politiker der Konservativen war vorgeworfen worden, Mitarbeiter in seinem Ministerium schikaniert zu haben. Seit November lief bereits eine Untersuchung gegen Raab, der den deutsch klingenden Nachnamen seinem aus der Tschechoslowakei stammenden, jüdischen Vater verdankt.

Außer „verletzten Gefühlen“ bei einigen Mitarbeitern gäben die Ergebnisse nichts her, befindet Joanna Williams bei Spiked. Manche hätten unangenehme Erfahrungen mit ihrem Chef machen müssen, aber wirkliche Grenzüberschreitungen seien nicht dabei gewesen. Offenbar laufen dort ‚Schneeflocken‘ herum, die sich schnell verängstigt oder traumatisiert fühlen. Oder aber, wie Willams befürchtet: Bürokraten können auf diese Weise unliebsame gewählte Politiker gezielt aus dem Amt jagen.

Carlson nicht mehr auf dem Dach

Eine Klage wegen Problemen am Arbeitsplatz könnte auch eine Rolle gespielt haben beim Rauswurf von US-Fernsehpromi Tucker Carlson durch Fox News. Der einflussreiche konservative Moderator und Kommentar verlor jüngst seine reichweitenstarke Sendung bei dem Konzern, angeblich auf Geheiß von Medienmagnat Rupert Murdoch persönlich. Über die Gründe schweigt sich das Unternehmen bisher aus. Eine frühere Mitarbeiterin klagt gegen den Sender, weil Carlson und sein ebenfalls gefeuerter Produzent Justin Wells sich bei der Arbeit u.a. „frauenfeindlich“ verhalten haben sollen. 

Es lässt sich aber auch spekulieren, dass Carlsons kontroverse politische Ansichten eine Rolle gespielt haben. Er gilt in gegnerischen Kreisen als Rassist und transphob, über die Jahre sind verschiedentlich Fox-Werbekunden seinetwegen abgesprungen. Robert F. Kennedy junior, der für die Demokraten ins Rennen um die Präsidentschaft möchte, vermutet hinter dem Rausschmiss des Kommentators besonders eine kürzlich geäußerte, harsche Kritik an den Corona-Spritzen und dem sie begleitenden medialen Trommelfeuer. Bei der Entfernung Carlsons sieht Kennedy die Macht der Pharmakonzerne am Werk.

Couleurbeutel

Auf das Haus der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks in Bonn wurde vor wenigen Tagen ein Anschlag mit einem Farbbeutel verübt. Schon im Februar hatte sich ein ähnlicher Vorfall bei der kleinen Rechtsaußen-Burschenschaft in der Bonner Südstadt ereignet. Es kann vermutet werden, dass dahinter Antifa-Kreise stecken. In der Art ihres Umgangs mit Andersdenkenden kann die Antifa eine Pionierrolle bei der Cancel Culture der letzten Jahrzehnten in Ländern wie Deutschland beanspruchen.

Kulturrevolutionäre Taten

Xi Van Fleet, Amerikanerin chinesischer Herkunft, durfte nicht an der Whitworth University im US-Bundesstaat Washington sprechen. Ihr von der (in dieser Kolumne schon mehrfach erwähnten) Organisation Turning Point USA geplanter Vortrag scheiterte an einem Mehrheitsvotum des dortigen AStA. Insbesondere stieß den Studenten sauer auf, dass Van Fleet die „woke Kultur“ mit Maos Kulturrevolution vergleicht, die sie als Kind selbst erlebt hatte. Und mit den Braunhemden. „Wir stehen abweichenden Sichtweisen offen gegenüber, aber…“ heißt es vielsagend im Wortprotokoll der Sitzung.

Über die Absage erfreut gezeigt hatte sich ein Pride Club, weil er befürchtete, die Rednerin könne unangenehme Gefühle u.a. bei der „LGBTQIA2S-Gemeinschaft“ (das wird langsam zu einem alphanumerischen Passwort) auslösen. Eine Woche später wurde nun allerdings eine Veranstaltung eben dieses Pride Clubs von der Uni untersagt, die den Titel „Queer Church“ trägt. Der Verwaltung der – der presbyterianischen Kirche nahestehenden – Hochschule zufolge passe dieser Götzendienst nicht zum „Ethos der Universität“. Ausgleichende Ungerechtigkeit? Nein, die „Queer Church“ darf nun nach klärenden Gesprächen doch stattfinden – inklusive einer Gebetsgruppe für Klerus und Dozenten. Dieses Schicksal war dem Vortrag von Turning Point USA nicht beschert.

Gemurmel und Gecancel

Aus dem US-Hochschulwesen gibt es noch mehr Aktuelles zu berichten. Um eine Veranstaltung mit der konservativen Medienpersönlichkeit Matt Walsh an der Universität Iowa zu sabotieren, haben Störer auf dem Flur Murmeln – womöglich Tausende – verteilt, einen Ausgang blockiert und anschließend wegfahrende Autos behindert. Das Event mit 500 Teilnehmern konnte aber stattfinden. Soziologieprofessor Jonathan Rieder darf am Barnard College in Manhattan bestimmte Lehrveranstaltungen nicht mehr abhalten, weil er in ihnen z.B. schon mal den Begriff „Nigger“ wörtlich zitiert und wohl auch sonst Sensibilitäten verletzt hat. Der Linke Rieder beklagt, dass Hochschulen wie die seine sich durch Wokeness – die er nicht so nennt – „von den Anliegen normaler Leute entfernt haben“.

Come on, let’s go

Im letzten Fall für heute sind Beteiligte jünger, nämlich Sekundarschüler. Zwei Jugendlichen aus Michigan wurde verboten, Kleidung mit der Aufschrift „Let’s go Brandon“ in der Schule zu tragen. Der gegen den amtierenden US-Präsidenten gerichtete Slogan wurde zunächst mit dem Hinweis darauf untersagt, die Schule erlaube keine politischen Botschaften. Gegen Regenbogenflaggen schreitet man jedoch nicht ein. Zweite Begründung: ungehöriger Sprachgebrauch, da dem Meme der Ausruf „Fuck Joe Biden“ zugrunde liegt. Diese Formulierung steht aber so nicht auf den Kleidungsstücken geschrieben. Die beiden Schüler klagen nun vor Gericht – unterstützt von der Bürgerrechtsorganisation FIRE–, um ihre Meinung in dieser Form äußern zu dürfen.

Und so endet der allwöchentliche Überblick des Cancelns, Framens, Empörens, Strafens, Umerziehens, Ausstoßens, Zensierens, Denunzierens, Entlassens, Einschüchterns, Moralisierens, Politisierens, Umwälzens und Kulturkämpfens. Bis nächste Woche!

Ein Archiv der Cancel Culture in Deutschland mit Personenregister finden Sie unter www.cancelculture.de. Um auch weniger prominente Betroffene aufnehmen zu können, sind die Betreiber der Webseite auf Hinweise angewiesen. Schreiben Sie ihnen gerne unter [email protected].

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