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Ein Blatt wenden Bericht aus Aethiopien

Published On: 12. Juni 2023 18:41

Seit über sieben Jahren arbeitet Ute Olschowy, eine Leserin von TE, in Äthiopien an der Alphabetisierung und Verschriftlichung von Minderheitensprachen. Jedes Mal, wenn sie nach ihren Kurzeinsätzen nach Deutschland zurückkehrt, wird sie erneut von dem Kontrast der soziokulturellen Zustände beider Länder beeindruckt. Es ist eine andere Sichtweise auf die Dinge.

Wo sie herkommt, gab es keine Kalenderblätter zum Umdrehen. Jetzt, hier in ihrem deutschen Zuhause, fällt ihr der Januar ihres Wandkalenders ins Auge. Es ist bereits Mai, also kann sie vier Monatsblätter auf einmal umblättern. Es fühlt sich an, als würde sie von einer Welt und Zeit in eine andere umschalten, und sie wird von diesem Gefühl durchdrungen. In Äthiopien gibt es keinen Löwenzahn oder Spitzwegerich, die sie sich heute Mittag voller Freude aus ihrem kleinen Garten im Odenwald pflückte, um ihren Salat damit zu garnieren. Sie konnte die Kräuter sogar einfach unter dem Wasser aus dem Hahn abspülen, ohne sich vor Parasiten oder Bakterien in Acht nehmen zu müssen.

Als sie heute Morgen mit dem Fahrrad zum Einkaufen fuhr, war sie von den Regalen der Geschäfte überwältigt, die vor Fülle und Vielfalt protzten. Es gibt kaum ein Produkt, das nicht in mehreren Varianten und Marken angeboten wird. Sie fühlt sich in ihrem Übergangsstadium von der interkontinentalen Reise komplett überfordert. Alles kommt ihr wie eine Scheinwelt vor, wie ein unwirkliches Schlaraffenland oder die arrogante Maske eines Anspruchdenkens.

Die Bequemlichkeit und Wahlmöglichkeiten unserer Überflussgesellschaft

Wir haben uns so sehr an die Bequemlichkeit und Wahlmöglichkeiten unserer Überflussgesellschaft gewöhnt, dass wir das tägliche Ringen um die pure Existenz längst nicht mehr kennen. Wir halten es sogar für richtig und angemessen, uns über ein fehlendes Produkt im Regal oder den Ausfall einer Annehmlichkeit aufzuregen und zu beschweren. Als sei es ein Menschenrecht – das sich Aufregen und das sich Beschweren.

Wo Ute herkommt, gibt es kaum eine Wahl. Im gehobeneren Restaurant gibt es vielleicht eine Menükarte, aber es ist besser, die Bedienung zu fragen: „Min alläh?“ – „Was gibt es?“ –, um nicht allzu enttäuscht zu sein, dass es das Wunschgericht von der Karte heute leider nicht gibt. Und auch die Alternative nicht. In der Fastenzeit, den sieben Wochen vor Ostern, gibt es nur vegane Speisen. Und danach gibt es eben kein Gemüse. Oder sonstwas nicht. Je nachdem, was gerade beschafft werden konnte.

Die Auswirkungen des Krieges auf Äthiopien

Der Krieg hat auch Auswirkungen auf Äthiopien. Die Preise wurden seit einem Jahr schon fünfmal nach oben korrigiert. Öl und das Grundnahrungsmittel Teff (eine Hirse-Art) sind inzwischen so teuer, dass ausgerechnet die Armen, die darauf angewiesen sind, hinten und vorne nicht mehr wissen, wie sie es bezahlen sollen. Der Kaffee, das „grüne Gold“, der hier wild wachsende, der seit jeher die äthiopischen Lebensgeister zeremoniell belebende, gleichsam heilig gehaltene Kaffee – er ist durch die Exportwirtschaft der Regierung für die Einheimischen fast unbezahlbar geworden.

Zukunft und Hoffnung schwinden, wenn Grundnahrungsmittel nicht mehr erschwinglich sind und wenn tiefverwurzelte Traditionen, die das liebevolle Miteinander feiern, in Gefahr stehen, zu verstummen. Vor einer Woche saß Ute in der Lehmhütte von Nigatua. Sie ist Team-Mitglied der Zay-Sprache, die auf den Inseln und am Ufer des Sees Ziway, 100 km südlich von Addis Abeba gesprochen wird. Das Team hatte sie eingeladen, ihre Wohn- und Lebensumstände für zwei Tage mitzuerleben.

Das Leben auf der Insel Tsadetscha

Zwei Stunden Fahrt mit dem Motorboot haben sie am Vorabend von Ziway-Stadt bis zu ihrer Insel Tsadetscha zurückgelegt. Auf der Insel gibt es keine Straßen, keinen Strom, keine Toiletten und kein Wasser aus dem Hahn. Der Boden ist steinig und trocken, es wachsen Akazien, Feigen, Zitronen, Tomaten, Zwiebeln und Kräuter. Die von Trampelpfaden durchzogene Insel hat Felder, die mit Ochsen gepflügt werden: Mais, Gerste, Teff werden angebaut; Ziegen und Hühner laufen überall herum, und an den Inselufern liegen Boote und schlichte Holzkanus, mit denen täglich gefischt wird.

Ihr Abendessen in der Hütte war somit vorbestimmt: Fladenbrot mit Fisch, diesmal in Maismehl gewälzter und knusprig gebratener Fisch mit frischem Zitronensaft. Zum Mittagessen gab es gekochten Fisch mit scharfer Soße. Zum Frühstück gab es Teff-Pfannkuchen mit Rührei, zwischendurch getrocknete Mangos und Bananen. Das Leben auf der Insel ist einfach und bescheiden, aber es ist auch erfüllend und zufriedenstellend

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Ein Blatt wenden – Bericht aus Äthiopien

Seit gut sieben Jahren arbeitet TE-Leserin Ute Olschowy in Äthiopien an der Verschriftlichung und Alphabetisierung von Minderheitensprachen. Wann immer sie nach ihren Kurzeinsätzen nach Deutschland zurückkehrt, beschäftigt sie der Kontrast der soziokulturellen Zustände beider Länder immer wieder aufs Neue. Eine andere Sicht auf die Dinge. Von Ute Olschowy Wo ich herkomme, hatte ich keine Kalenderblätter zum Umdrehen. Heute, hier im deutschen Zuhause, springt mir im Vorbeigehen der Januar meines Wandkalenders ins Auge. Jetzt ist es Mai, also kann ich vier Monatsblätter auf einmal umblättern. So lange ist’s her, seit ich hier abgereist war. Das Umblättern der Seiten kommt mir vor, als ob ich von einer in eine andere Welt und Zeit umschalten würde, und es durchzuckt mich. Wo ich vorgestern

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