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Ein woker Elfenreigen

Published On: 2. Juli 2023 19:09

Kann man ein zauberhaftes Theaterstück in eine dröge woke Umerziehungsmaßnahme verwandeln? Das Globe Theatre in London gibt sich zumindest alle Mühe, um dies zu bewerkstelligen – mit Diversity-Reigen statt Elfentanz. © Helen Murray/Globe Theatre

Selbstverständlich prangt das Logo des Globe Theatre London heuer in Regenbogenfarben. Dennoch lässt der Warnhinweis auf der Homepage ungetrübtes Theatervergnügen vermuten, perfekt für einen lauen Sommerabend: Shakespeares Midsummer Night’s Dream enthalte gewalttätige, ableistische, misogyne und rassistische Sprache und zudem Szenen sexueller Natur. Das klingt doch ganz gut. Ohne eine Warnung vor werkverzerrender Wokeness geht der Zuschauer also von einer ideologiefreien und unverbogenen Vorstellung aus – eine Hoffnung, die Elle Whiles Inszenierung durchkreuzt.

Dabei scheinen die Zeiten schriller Dekonstruktion vorbei zu sein: Es geht perfider zu, wenigstens an dieser Bühne, die als Nachbau der Wirkungsstätte des Barden höchstselbst ein besonderes Erbe verwaltet. Nicht zuletzt das der Volkstümlichkeit: Elisabethanisches Theater ist rau, derb, und unverblümt. Hier Safe Spaces zu konstruieren, käme einer Auslöschung dieser Form von Theater gleich. Nicht nur das Flair durch die Stehplätze im Innenhof und die offene Konstruktion ohne Dach, auch die reduzierte Bühnentechnik, der fehlende Vorhang schaffen ganz direktes Schauspiel, das von seinem Ursprung her nicht der Belehrung über aktuelle Ideologien dient, sondern der Unterhaltung.

Die Schauspieler selbst erweisen sich diesem Erbe gegenüber als treu. Ihr authentisches, zum Teil grandioses Spiel lässt fast vergessen, dass man hier pausenloser Propaganda ausgesetzt ist – aber nur fast. Die woke Ideologie schreckt indes auch vor der Instrumentalisierung eben dieser Schauspieler nicht zurück:Wenn das Motto Diversität ist, dann darf sich diese keinesfalls in Hautfarben und Geschlechtsidentitäten erschöpfen. Zum ethnisch moderat diversen Cast und einigen They-Pronomina in den Künstlerbiographien trat daher mit Francesca Mills eine kleinwüchsige Schauspielerin als Hermia auf. Wer mit der Handlung des Werkes vertraut ist, ahnt sogleich Übles – denn im Zuge des Zwists zwischen den beiden Hauptakteurinnen Hermia und Helena beschimpfen sich diese gegenseitig: Während Helena als die offenbar höhergewachsene als „Maypole“ – Maibaum – bezeichnet wird, piesackt diese Hermia mit dem Hinweis auf ihre geringe Körpergröße: „Though she be but little she is fierce“, lautet ein bekannter Vers des Werkes. Der Sinn dieser Zänkerei ist, sich über den Kampf zwischen zwei Frauen zu amüsieren, nicht, kleinwüchsige Menschen zu verspotten. Die harmlose Beschimpfung so zu interpretieren, wirkt äußerst mühsam. In Michael Hoffmans Verfilmung von 1999 artet sie in eine Slapstick-artige Schlammschlacht aus. Hier dagegen wird Shakespeare die Diffamierung Kleinwüchsiger unterstellt, der er sich im Originalwerk gar nicht schuldig macht – dem Zuschauer wird der Lacher genommen: Wer würde es wagen, eine Kleinwüchsige lauthals auszulachen? Stattdessen beklommene, schuldbewusste Stille, als sich Hermia bei Helena über die Beleidigung beschwert. Ja, auch wir sind ableistisch, nostra maxima culpa, scheint es wortlos aus den Rängen zu schallen. Keine Unterhaltung, sondern Gottesdienst, der dem Gott der Wokeness gilt: Wir bekennen unsere Schuld. Aber auch ein Bärendienst an der Schauspielerin, die ihre Fähigkeiten als Portia, Ophelia, Miranda hätte unter Beweis stellen können, die hier aber schamlos instrumentalisiert wird. Der schändliche Eindruck, man habe sie hier als Kuriosität benutzt, kaum anders, als man es in früheren Jahrhunderten getan hätte, lässt sich nicht verdrängen und belastet fortan die Vorstellung. Das Anliegen, Menschen, die nicht der Norm entsprechen, nicht auszuschließen, bleibt auf

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Ein woker Elfenreigen

Kann man ein zauberhaftes Theaterstück in eine dröge woke Umerziehungsmaßnahme verwandeln? Das Globe Theatre in London gibt sich zumindest alle Mühe, um dies zu bewerkstelligen – mit Diversity-Reigen statt Elfentanz. © Helen Murray/Globe Theatre Selbstverständlich prangt das Logo des Globe Theatre London heuer in Regenbogenfarben. Dennoch lässt der Warnhinweis auf der Homepage ungetrübtes Theatervergnügen vermuten, perfekt für einen lauen Sommerabend: Shakespeares Midsummer Night’s Dream enthalte gewalttätige, ableistische, misogyne und rassistische Sprache und zudem Szenen sexueller Natur. Das klingt doch ganz gut. Ohne eine Warnung vor werkverzerrender Wokeness geht der Zuschauer also von einer ideologiefreien und unverbogenen Vorstellung aus – eine Hoffnung, die Elle Whiles Inszenierung durchkreuzt.  Dabei scheinen die Zeiten schriller Dekonstruktion vorbei zu sein: Es geht perfider zu, wenigstens

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