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Rezension von Finkielkraut und das Ende der Literatur

Published On: 16. Juli 2023 6:15

Alain Finkielkraut wird manchmal als der französische Peter Sloterdijk bezeichnet, mit dem er kürzlich ein vielbeachtetes Gespräch führte. Beide sind insofern vergleichbar, als sie das kulturelle Geschehen der Gegenwart auf kenntnisreiche und sprachlich herausragende Weise analysieren. Der französische Intellektuelle unterscheidet sich jedoch von seinem deutschen Kollegen dadurch, dass er deutlicher gegen politische Korrektheit Stellung bezieht und Debatten führt, vor denen Gleichgesinnte oft zurückschrecken. Diese Haltung, insbesondere seine deutliche Kritik an Einwanderungspolitik, Islamisierung, Genderisierung und extremem #MeToo-Feminismus, hat nicht nur zu seiner Isolierung im intellektuellen Leben geführt, sondern er wurde sogar Opfer eines tätlichen Angriffs, vermutlich von einem radikalen Muslim und Israel-Hasser. Die anschließenden Diskussionen reichten sogar bis in den Élysée-Palast. Vor Jahren waren die öffentlichen Emotionen bereits hochgekocht, als Finkielkraut in die renommierte Académie Française aufgenommen wurde. Wer sich heute in Frankreich als Laizist positioniert, muss sich auf heftige Polemik der medial mächtigen Multikulturalismus-Fraktion einstellen. Der schmerzliche Kulturbruch Selbstverständlich wird der Philosoph als Parteigänger des Rassemblement National geschmäht. Von dieser Gruppierung hat sich der Nachfahre von Auschwitz-Überlebenden zwar distanziert, aber in auffallend wohlwollenden Worten. Im Vergleich zu den ebenfalls islamkritischen Schriftstellern Eric Zemmour und Michel Houellebecq tritt Finkielkraut eher gemäßigt auf. Wie in seiner 2021 in deutscher Übersetzung erschienenen Schrift „Ich schweige nicht“, die zentral seinen Lebens- und Denkweg behandelt, geht Finkielkraut auch in der neuesten Abhandlung auf maßgebliche Gegenwartstendenzen ein, die er als schmerzlichen Kulturbruch interpretiert. Nichts symbolisiert diese Entwicklung so sehr wie der Brand der ehrwürdigen Kathedrale Notre-Dame 2019, der auch den ungläubigen säkularen Juden erschüttert hat. Die Schuld der Vorfahren wieder gutmachen Bestellen Sie das Buch im JF-Buchdienst. Die Politische Korrektheit deutet Finkielkraut als Kapitel in der Geschichte des schlechten Gewissens. Sich als schuldbeladen fühlende Bürger, besonders ihre Söhne und Töchter an den Universitäten, wollten die Schuld der Vorfahren, verübt vor allem an Minderheiten, wieder gutmachen – nicht ohne die kulturell-literarischen Grundlagen frontal anzugreifen. An den meisten Bildungseinrichtungen, die von Finkielkraut wegen des üblichen Unwillens der Lehrer, Grundlagen der eigenen Kultur weiterzugeben, sanft angegriffen werden, erwiesen sich die Generalattacken der Antidiskriminierungskämpfer als erfolgreich. Als Beispiel führt Finkielkraut den Protagonisten im Roman „Der menschliche Makel“ an, den sein verstorbener Bekannter Philipp Roth verfasst hat. Der fiktive Coleman Silk, fundierter Euripides-Kenner, interpretiert die griechischen Dramen so vielfältig wie möglich, nur nicht in feministischer Hinsicht. Die Studentin Elena Mitnik beschwert sich über dieses für Frauen angeblich erniedrigende Versäumnis – und bekommt recht. Silks Karriere ist beendet. Erst am Ende des Romans wird seine Identität als Farbiger bekannt. Der Subtext scheint offenkundig: Der Furor trifft nicht nur alte weiße Männer! Die einst Marginalisierten sind die neue Orthodoxie Selbst die in letzter Zeit viel diskutierte Kritische Rassentheorie kommt nicht ungeschoren davon. Sogar die Guten werden nach Finkielkraut mittlerweile diskreditiert. Eine US-Dozentin für Diversität, Robin DiAngelo, räumt gnädig ein, dass es Weiße gebe, die antirassistisch eingestellt seien. Da sie aber in einem System des strukturellen Rassismus agierten, seien sie Teil der weißen Suprematie. Es existiert also keine Möglichkeit, dem „Verblendungszusammenhang“ (Theodor W. Adorno) zu entrinnen. Auch in anderen Bereichen des Kulturlebens haben sich die Vertreter der einst tatsächlich oder vermeintlich Marginalisierten längst zu einer neuen Orthodoxie aufgeschwungen. Manche Religionskritik, heute vor allem am Islam, seltener am schwächelnden Christentum, mag vulgär sein. In einem traditionell „katholaizistischen“ Land wie Frankreich muss aber Gotteslästerung erlaubt sein. Ansonsten steht die Freiheit grundsätzlich auf dem Spiel. Solche Debatten erinnern stark an Voltaires Zeiten, als die katholische Kirche die Rolle einnahm, die heute dem Islam zukommt. Der Traditionsbruch zeigt sich in allen Teilen der Kultur Bei allen Einwänden gegen bestimmte Tendenzen, die weit über Frankreichs Grenzen hinausgehen: Finkielkraut ist am meisten über den Traditionsbruch besorgt, der sich in allen Teilen der Kultur zeigt. Dies trifft besonders auf den Bereich der Literatur zu. In Zeiten der Dominanz primär audiovisueller Medien, die zumeist schnellebige Informationen hervorbringen, erscheinen kaum noch Bücher, die die Seele der Menschen formen. Erzählungen, die sich auf das Ganze des menschlichen Daseins und des menschlichen Zusammenlebens beziehen, sind rar geworden. Der Ausblick ist pessimistisch: Wir sind in das Zeitalter nach der Literatur eingetreten. Die Unwahrheiten des Lebens (Neofeminismus, militanter Antirassismus, Prädominanz des rechnerischen Denkens, Überschätzung menschlicher Möglichkeiten) scheinen die Kunst zu besiegen. Man wünschte sich schönere Aussichten. Gleichwohl ist die konstatierte Tendenz realistisch. —————————– Alain Finkielkraut: Vom Ende der Literatur. Die neue moralische Unordnung. Verlag Langen Müller, München 2023, gebunden, 140 Seiten, 22 Euro.  JF 29/23 

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BuchbesprechungFinkielkraut und das Ende der Literatur

Alain Finkielkraut wird gelegentlich der französische Peter Sloterdijk genannt, mit dem er jüngst ein vielbeachtetes Gespräch führte. Beide mögen insofern vergleichbar sein, als sie das kulturelle Gegenwartsgeschehen in kundiger und sprachlich herausragender Weise analysieren. Der Intellektuelle jenseits des Rheins unterscheidet sich von seinem deutschen Kollegen aber nicht zuletzt dadurch, daß er weitaus pointierter wider den Stachel der Politischen Korrektheit löckt und jene Debatten führt, vor denen Gleichgesinnte gern zurückschrecken. Diese Haltung, insbesondere seine deutliche Kritik an Einwanderungspolitik und Islamisierung, Genderisierung und extremen #MeToo-Feminismus hat nicht nur die Isolierung im intellektuellen Leben zur Folge; vielmehr wurde er einmal sogar Opfer eines tätlichen Angriffs. Der Täter war wohl radikaler Moslem und Israel-Hasser. Die anschließenden Diskussionen reichten sogar bis in den Élysée-Palast. Vor

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