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Müdigkeit oder Neuanfang: Die entscheidende Ablehnung des Bürgers

Published On: 13. August 2023 13:12

Eine der mysteriösesten Figuren in der Literaturgeschichte ist Bartleby der Schreiber, der in der gleichnamigen Erzählung des amerikanischen Schriftstellers Herman Melville vorkommt. Bartleby arbeitet als Schreibgehilfe in einem dunklen Anwaltsbüro an der Wall Street und hört eines Tages auf, jegliche Arbeit zu verrichten, was seine Vorgesetzten schockiert. Obwohl er weiterhin an seinem Arbeitsplatz bleibt, sitzt er dort nur freudlos herum. Auf alle Bitten und Aufforderungen, wieder zumindest ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft zu zeigen, antwortet er stets mit den kryptischen Worten: „Ich möchte lieber nicht.“

Bartleby galt lange Zeit als groteske Kunstfigur aus Melvilles Phantasie. Doch in den letzten Jahren scheint der halbanarchische Ausstieg aus der Teilnahme am großen Ganzen immer mehr Nachahmer zu finden. Insbesondere in Deutschland hat sich eine große Anzahl von Bartlebys entwickelt, aufgrund der schleichenden Erosion der wohlstandsgebundenen Solidargemeinschaft. Die Verweigerung als Form des laut- und hilflosen Aufbegehrens zeigt sich in verschiedenen Ausprägungen. Zum Beispiel gibt es Hunderttausende von nicht abgegebenen Grundsteuererklärungen, bei denen das umständliche Verfahren nicht mehr als Bürgerpflicht, sondern als Gehorsamsritual einer kafkaesken Hyperbürokratie wahrgenommen wird. In Verbindung mit einer improvisierten Klimaschutzgesetzgebung, die nur die Botschaft der Nebenkostenexplosion vermittelt und so generationenübergreifende Lebenswerke zunichte macht, entsteht tiefes Misstrauen als instinktive Reaktion auf Verlautbarungen aus Berlin. Niemand möchte für dieses Land zur Waffe greifen, wie auch eine Umfrage über den individuellen Beitrag zur Verteidigungsbereitschaft für die Souveränität der Bundesrepublik zeigt. Nur jeder zehnte wäre im Ernstfall bereit, zur Waffe zu greifen. Die staatsbürgerliche Ermüdung, die politische Orientierungslosigkeit und gesellschaftliche Desintegration zur Folge hat, ist längst ein Phänomen, das alle politischen Lager betrifft.

Die Alternative für Deutschland (AfD) sieht im Bürgerunmut ein großes Reservoir an politischem Kapital. Sie versucht, die diffuse Müdigkeit der Marginalisierten in Zorn umzuwandeln und die Stimme der Diskursverweigerten zurück in die öffentliche Debatte zu bringen. Das Wahlvolk befindet sich dabei zwischen Betäubung durch Durchhalteparolen des etablierten Politik- und Medienbetriebs und den Empörungsstimulanzien der Opposition. Doch ein solcher Medikamentencocktail kann zu unerwarteten und toxischen Nebenwirkungen führen. Die AfD muss aufhören, das ressentimentgeladene Erregungsspiel ihrer zahlreichen Gegner mitzuspielen, um als flächendeckende Oppositionsbewegung akzeptiert zu werden. Stattdessen sollte sie sich als Impulsgeber einer dringend benötigten Normalisierungstendenz positionieren. Eine befremdliche Mobilisierungsrhetorik mit Tötungsphantasien gegenüber der EU, wie sie auf dem letzten Parteitag in Magdeburg geäußert wurde, wirkt dabei kontraproduktiv. Eine Zusammenarbeit mit osteuropäischen Staaten könnte der Schlüssel für zukünftige Leitideen sein, die wehrhafte Nationalstaatlichkeit und Traditionsbekenntnis verbinden. Allerdings muss dabei eine klare Abgrenzung zum außereuropäischen Neoimperialismus Russlands erfolgen.

Die Herausforderung für die AfD besteht darin, ihre Programmatik realpolitisch umzusetzen, ohne dabei ihr Unterstützerfundament zu spalten. Sie muss entscheiden, ob sie eine Partei der irrelevanten Wutartikulation bleiben möchte oder ob sie zu einem Regisseur eines grundlegenden und integrativen Wandels heranreifen will. Dafür benötigt sie eine klare Zielsetzung und eine Sprache, die von Begeisterung für das noch vorhandene Potential dieses Landes zeugt. Und was ist mit Bartleby? Er wurde eines Tages von der Polizei abgeführt und ins berüchtigte New Yorker Gefängnis „The Tombs“ geworfen. Die deutschen Bürger sollten sich dringend wieder mehr in die Pflicht nehmen, denn wer sein Schicksal freimütig aus der Hand gibt, wird am Ende fremdbestimmt werden

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Ermüdung oder AufbruchDie große Verweigerung des Bürgers

Eine der rätselhaftesten Figuren der Literaturgeschichte ist Bartleby der Schreiber, welcher in der gleichnamigen Erzählung des amerikanischen Schriftstellers Herman Melville auftritt. Der Schreibgehilfe, tätig in einem lichtlosen Anwaltsbüro an der Wall Street, stellt eines Tages zum Entsetzen seiner Vorgesetzten jede Form der Arbeit ein. Zwar verbleibt er weiterhin an seinem Arbeitsplatz, sitzt dort jedoch nur freudlos auf der Stelle. Auf alle Bitten und Aufforderungen, doch wieder ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft zu zeigen, antwortet er stets mit den kryptischen Worten: „Ich möchte lieber nicht.“   Über ein Jahrhundert galt Bartleby als groteskes Kunstprodukt der Melvilleschen Phantasie. Doch in den letzten Jahren scheint der halbanarchische Ausstieg aus der Partizipation am großen Ganzen immer mehr Nachahmer zu finden. Insbesondere Deutschland ist durch die

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