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Die Geschichte des bedürftigen, ungebildeten AfD-Wählers

Published On: 5. Oktober 2023 10:00

Es gibt Klischees, die sind hartnäckig. Eines dieser Klischees besagt, dass die AfD hauptsächlich von den „abgehängten Prekariats“ – vor allem im Osten – gewählt wird. Marcel Fratzscher, der Leiter des DIW, griff kürzlich auch auf dieses Klischee zurück, um zu argumentieren, dass AfD-Wähler gegen ihre eigenen Interessen wählen würden, da die AfD eine neoliberal orientierte Partei sei, deren Programm auf eine Umverteilung von unten nach oben abzielt. Letzteres ist zweifellos wahr, Ersteres gehört jedoch ins Reich der Mythen und Märchen. Von Jens Berger.

Es ist amüsant, wie Marcel Fratzscher versucht, seine Thesen über die typischen AfD-Wähler zu belegen. Er bezieht sich auf verschiedene Umfragen und Studien, darunter eine Seite der Bundeszentrale für politische Bildung. Dort wird jedoch wortwörtlich gesagt … Untersuchungen zur Sozialstruktur der AfD-Wählerschaft zeigen teilweise unterschiedliche Ergebnisse, was darauf hindeutet, dass einfache Erklärungsversuche nicht ausreichen. Weder eine hohe Arbeitslosenquote noch ein hoher Ausländeranteil führen per se zu einer höheren Wahlbereitschaft für die AfD. Im Westen scheint die AfD vor allem dort erfolgreich zu sein, wo die Wähler ein niedriges Haushaltseinkommen haben und/oder in der Industrie arbeiten. Im Osten ist die AfD in ländlichen Regionen stark vertreten, die unter Abwanderung und wirtschaftlicher Benachteiligung leiden. Arbeiter und Arbeitslose sind zwar überdurchschnittlich vertreten, machen jedoch nur ein Viertel der AfD-Wählerschaft aus, während die restlichen drei Viertel auf Angestellte, Beamte und Selbstständige entfallen. Auch bei den Bildungsabschlüssen dominieren die mittleren Ränge. Diese Informationen stammen aus dem Fachartikel „Die Wählerschaft der AfD: Wer ist sie, woher kommt sie und wie weit rechts steht sie?“ von den Politikwissenschaftlern Oskar Niedermayer und Jürgen Hofrichter.

Die Zahlen aus dieser Studie sind interessant. Obwohl die AfD tatsächlich häufiger von Arbeitern als von Beamten, Angestellten und Selbstständigen gewählt wird, sind mehr als die Hälfte (52 Prozent) der AfD-Wähler Angestellte und es gibt mehr Wähler mit einem hohen Bildungsabschluss (32 Prozent) als mit einem niedrigen (23 Prozent). Diese Zahlen beziehen sich jedoch auf die Bundestagswahl 2016 und sind daher veraltet. Dennoch widerlegen sie das Märchen vom armen, ungebildeten AfD-Wähler. Eine Studie des IW aus demselben Jahr behauptet sogar das Gegenteil und besagt, dass die AfD – mit einem Anteil von 34 Prozent an Besserverdienenden unter ihren Sympathisanten – die zweitbeliebteste Partei unter den Top-Verdienern ist. Laut dem IW sind AfD-Wähler „weder arm noch ungebildet“. Auch wenn diese Studie dem Klischee vom armen, ungebildeten AfD-Wähler widerspricht, kann man aufgrund fehlender aktueller Daten wenig über die aktuelle Lage sagen. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa zeigt jedoch, dass es keinen großen Unterschied in Bezug auf Einkommen und Bildungsabschluss zwischen AfD-Wählern und der Gesamtbevölkerung gibt. Auffällig ist lediglich ein demographischer Überhang in den mittleren Alterskategorien und ein klarer Zusammenhang zwischen der Größe des Wohnorts und der Neigung zur AfD – in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern gaben im Juni dieses Jahres 25 Prozent der Befragten an, die AfD wählen zu wollen, während es in den Metropolen nur 12 Prozent waren.

Es ist nicht überraschend, dass die AfD in ländlichen Gebieten als „Volkspartei“ angesehen werden kann, wenn man sie aufgrund ihrer Wählerschaft in eine demoskopische Schublade stecken möchte. Dies bezieht sich jedoch nur auf die gesellschaftlichen Schichten der Anhängerschaft und ist keine Aussage über unterschiedliche Weltanschauungen innerhalb der Partei. Warum eine reaktionäre Partei mit neoliberalen Inhalten bei einer so breit gefächerten Wählerschaft punkten kann, ist eine andere Frage, der wir bereits vor einigen Wochen nachgegangen sind. Es ist jedoch falsch anzunehmen, dass alle AfD-Wähler oder Sympathisanten arm und ungebildet sind. Wenn man historische Parallelen ziehen möchte, kann man sich an die NSDAP-Wählerschaft nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern. Auch damals gab es verschiedene Schichten, die die NSDAP wählten. Es dauerte jedoch Jahrzehnte, bis sich die Erkenntnis durchsetzte, dass die NSDAP tatsächlich eine Volkspartei war. Es ist also ein Schnellschuss, die AfD-Wähler als „arm und ungebildet“ abzustempeln

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Das Märchen vom armen, ungebildeten AfD-Wähler

Es gibt Klischees, die sind nicht totzukriegen. Ins mythische Reich der politischen Klischees gehört die häufig gehörte Behauptung, die AfD würde vor allem vom „abgehängten Prekariat“ – vorzugsweise im Osten – gewählt. Erst vor kurzem griff auch DIW-Chef Marcel Fratzscher auf dieses Klischee zurück, um zu belegen, dass AfD-Wähler gegen ihre eigenen Interessen wählten, sei die AfD doch eine zutiefst neoliberale Partei, deren Programm sozioökonomisch auf eine Umverteilung von unten nach oben hinausliefe. Letzteres stimmt zweifelsohne, Ersteres gehört jedoch wie so vieles in diesem Kontext ins Reich der Mythen und Märchen; und die werden nicht wahrer, wenn sie man sie wiederholt. Von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Podcast: Play in new window | Download Es ist

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