Staatsraison“ – ein übertriebener und unsinniger Ausdruck

Fast sieben Jahrzehnte lang haben Deutschland und Israel besondere Beziehungen gepflegt, seit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 und der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1949. Diese Verbindungen sollen nun unter dem Begriff „Staatsräson“ besonders betont und gepflegt werden. Bundeskanzler Scholz betonte gestern, dass die Verantwortung, die aus dem Holocaust erwachsen ist, es zur Aufgabe macht, für die Existenz und Sicherheit des Staates Israel einzustehen. Ich akzeptiere diese Verpflichtung, aber ich finde den Begriff „Staatsräson“ übertrieben und belastend für die nachfolgenden Generationen.

Schon bei Merkel war erkennbar, dass die Einführung und Verwendung dieses Begriffs in erster Linie ihrer eigenen Profilierung diente. Merkel führte den Begriff 2008 in ihrer Rede vor der Knesset ein. Mit Scholz geht es in gleicher Weise weiter. Sie schmücken sich mit dieser hochstilisierten Verpflichtung zur Staatsräson – auf Kosten von uns allen. Der Begriff ist unnötig, da die enge Zusammenarbeit und umfangreiche Hilfe für Israel in den letzten 70 Jahren dies bereits bewiesen haben. Der Begriff ist auch schädlich, da er uns in die Hände jeder israelischen Regierung bringt, unabhängig von deren Handlungen.

Die Staatsräson zwingt die deutsche Regierung, auch Handlungen gutzuheißen oder zumindest zu schweigen, die nationalistisch oder rücksichtslos gegenüber anderen Völkern, wie den Palästinensern, sind. Dies erschwert die Arbeit der vielen vernünftigen Menschen in Israel, die ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern anstreben. Sie stehen im Wettbewerb mit rechten, nationalistischen Kräften wie dem Lager von Netanjahu und finden keine Unterstützung von uns. Der Begriff Staatsräson liefert einen Freibrief, der aus sachlichen und politischen Gründen nicht existieren sollte.

Der Gebrauch des Begriffs Staatsräson hat auch eine ungerechte Wirkung auf die junge Generation in Deutschland. Unsere Nachkommen werden dazu verpflichtet, für die Sünden ihrer Väter und Vorfahren zu bezahlen, ohne selbst dafür verantwortlich zu sein. Dies war anders für die Generation meiner Eltern und auch für meine Generation. Ich war 1945 sieben Jahre alt. Wir waren zwangsläufig mit der Generation der Nazis und ihren Verbrechen verbunden und haben akzeptiert, dass wir die Verantwortung für diese Verbrechen tragen müssen. Aber sollte dies wirklich auch für die Generation unserer Enkel, Urenkel und Ur-Ur-Enkel gelten? Ich würde diese kritischen Anmerkungen nicht formulieren und veröffentlichen, wenn nicht erkennbar wäre, dass Merkel und Scholz sich auf Kosten der nachfolgenden Generationen profilieren wollen

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„Staatsräson“ – ein schwülstiger und blödsinniger Begriff

Fast sieben Jahrzehnte lang, seit Gründung des Staates Israel 1948 und seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949, haben wir Deutschen besondere Verbindungen mit Israel, sozusagen von Adenauer über Merkel bis zu Scholz. In dieser ganzen Zeit galt das, was jetzt unter dem Begriff „Staatsräson“ begriffen und besonders gepflegt werden soll. Bundeskanzler Scholz gestern wörtlich: „Unsere aus dem Holocaust erwachsene Verantwortung macht es uns zu unserer Aufgabe, für die Existenz und die Sicherheit des Staates Israel einzustehen“. Ich akzeptiere diese Verpflichtung, aber dafür muss man doch nicht einen so schwülstigen Begriff wie „Staatsräson“ gebrauchen und damit auch noch die nachwachsenden Generationen in Haft nehmen. Albrecht Müller. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Podcast: Play in new window | Download Schon

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