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Was werden wir heute essen

Published On: 18. November 2023 16:00

Zu den grundlegenden Fragen des menschlichen Lebens, wie „Wer bin ich“, „Warum bin ich hier“ und „Wie lange wird das noch dauern“, gesellt sich im Alltag eine der schwierigsten Fragen überhaupt: „Was wollen wir heute Abend essen“? Während ich mit meinem Partner vor den Resten unseres einst reich gedeckten Frühstückstisches sitze und mich gerade mit dem Nahost-Konflikt beschäftige, platzt es aus ihm heraus: „Was würdest du gerne heute Abend essen“? Hm. Gute Frage. Was weiß ich? Ich bin jetzt schön satt und meine Gedanken sind woanders, aber mein Partner meint es gut und es ist nett, dass er fragt, aber ich weiß es wirklich nicht. Also sage ich: „Ich weiß es nicht“. Er versucht, meine momentane Lust einzugrenzen: „Magst du Nudeln? Soll ich uns etwas mit Nudeln machen?“ Das wäre gut. Wir sind erst seit knapp einem Jahr zusammen und er hat bis jetzt noch nicht herausgefunden, ob ich Nudeln mag? Also gut, ich helfe: „Ja, ich mag Nudeln. Gerne“. „Ich habe noch Dinkel-Nudeln da“, sagt er. Das sind jedoch keine Nudeln, sondern Lifestyle-Accessoires. Nudeln bestehen aus Weizen, Autos fahren mit Benzin. Der Rest ist Schnickschnack. „Oh nein, bitte keine Dinkel-Nudeln“, antworte ich. „Aber du magst doch Nudeln“, sagt er. „Aber keine Dinkel-Nudeln“, sage ich. Er überlegt. „Was hältst du von einem Auberginen-Auflauf?“ Auberginen-Auflauf. Er kennt mich wirklich nicht. „Nichts. Ich halte nichts von einem Auberginen-Auflauf“, antworte ich. „Auberginen-Auflauf ist aber gesund“, stellt er fest. „Das mag sein, mein geliebter Ehemann, und das habe ich auch nicht angezweifelt. Sport ist auch gesund und klares Quellwasser aus den Bergen ist auch gesund. Aber ich mag keinen Auberginen-Auflauf. Die Tatsache, dass er gesund ist, bedeutet nicht automatisch, dass ich ihn mag. Keinen Auberginen-Auflauf.“ „Wir waren erst letzte Woche bei McGonagalls“, erinnert er mich an meine Sünde. Obwohl seine Burger jeden Fast-Food-Mitarbeiter vor Ehrfurcht erstarren lassen, sind sie damit vom Tisch. „Also, ich würde schon gerne etwas mit Fleisch essen“, sage ich, denn ich esse Fleisch, außer Leber, sehr gerne mit irgendetwas. „Ich könnte uns Putengeschnetzeltes machen“, schlägt er vor. Diese Frau hat keine Ahnung, wer ich bin, denke ich innerlich. Hier liegt ein Missverständnis vor: Wenn ich von „Fleisch“ spreche, meine ich garantiert keine armseligen hellen Fleischstücke von einem wirklich dummen Tier, die einen Geschmack zwischen neutral und Styropor haben. Putenfleisch ist kein Fleisch, sondern die Rache der Natur an Karnivoren. Es ist geschmacklich und von der Konsistenz her einfach ekelhaft und eher eine pseudovegane Alternative zu richtigem Fleisch. „Bitte kein Putenfleisch“, bitte ich. „Richtiges Fleisch. Hackfleisch vom Rind, Bratwürste, ein Schweinsbraten, ein halbes Mais-Hähnchen, so etwas in der Art“, versuche ich es erneut. Der Schatz schaut mich an, als hätte ich vorgeschlagen, die Töchter zu schlachten und zu essen, und fragt mit dem einzigen Fragewort mit P: „Pizza?“ Pizza. Die letzte Pizza hatte ich ungefähr 2019, als ich abends völlig übermüdet von einer Geschäftsreise zurückkam und mir auf der Tankstelle eine Tiefkühlpizza mitgenommen habe. Seitdem lehne ich das kulinarische Erbe der Römer ab. Also sage ich: „Nein“. „Du bist schwierig“, stellt er fest. „Nein“, sage ich erneut, „du magst nur nicht das, was ich gerne mag“. „Das stimmt nicht“, sagt er schnippisch, „wir mögen beide gerne dich“. „Mag sein, aber nicht im Speckmantel mit grünen Bohnen“, versuche ich, das Gespräch wieder auf das eigentliche Thema zu lenken. „Ach, von der Idee her…“, überlegt der Schatz. „Wir könnten auch essen gehen“, schlage ich vor. „Was will ich denn in Essen?“, scherzt der Schatz schwach. „Das war ein schwacher Scherz“, äußere ich laut. „Mag sein, aber was schwebt dir vor?“, fragt er. Das ist mies. McGonagalls fällt aus, weil wir erst letzte Woche dort waren, der Italiener fällt aus, weil ich keine Pizza will, bleiben noch Griechen (Fleischberge), Kroaten (noch größere Fleischberge), Inder (in Currysauce ertränkte schweigende Lämmer und Hühner), Asiaten (geschmacksneutrale Nudelberge mit etwas Fleisch), Deutsche („Schnitzel Wiener Art“ mit knuspriger Panade und einer enttäuschten Zitronenscheibe), Türken (Fleischersatz aus irgendetwas in Knoblauchsauce mit Zwiebeln und labbrigem Brötchen) und dann habe ich eine Idee: Schnell das Handy gezückt und meine Lieblingsnummer gewählt: „Markus? Ja, hallo! Du, der Schatz und ich würden euch gerne heute Abend besuchen… Passt das? Super… Ja klar, spielen wir dann Scrabble… Nein, hochwertiges, gut gegrilltes Rindfleisch von einem Biobauern in der Nähe, der es zu Tode gestreichelt hat, ist völlig in Ordnung… Nein, wirklich, nur wenn es dir keine Umstände macht… Keine Umstände? Prima… Ja, klar, wir bringen Wein mit… Der Schatz würde das Dessert machen… Alles klar, dann bis um sieben!“ Na also! Geht doch

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Und was essen wir heute?

Zu den Kernfragen des menschlichen Lebens neben „Wer bin ich“, „Warum bin ich“ und „Wie lange soll das denn noch dauern“ gesellt sich im Alltag eine der schwierigsten Fragen überhaupt: „Was wollen wir heute Abend essen“? Ich sitze mit dem Schatz vor den Resten unseres einstmals reich gedeckten Frühstückstisches und beschäftige mich via Handy gerade mit der Lösung des Nahost-Konflikts, als es aus dem Schatz unvermittelt herausbricht: „Was würdest du gerne heute Abend essen?“ Hm. Gute Frage. Was weiß ich? Ich bin jetzt schön satt und gerade mit den Gedanken woanders, aber der Schatz meint es ja gut, und es ist ja auch lieb, dass er fragt, aber ich weiß es wirklich nicht. Ich sage also: „Ich weiß es nicht.“

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