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Zones of Victims“ – Wie ein Atomangriff die USA beeinflussen würde

Published On: 25. November 2023 10:00

Pascal Derungs / 25.11.2023

Die Vereinigten Staaten haben Hunderte von nuklearen Raketen fest stationiert. Ein Angriff darauf würde Millionen von Menschen töten und verstrahlen. Die US-Regierung plant, bis Mitte der 2030er Jahre alle über 400 landgestützten Interkontinentalraketen vom Typ „Minuteman“ durch neue „Sentinel“-Raketen zu ersetzen. Dieses Programm ist Teil einer 1,5 Billionen Dollar teuren Bemühung zur Modernisierung des US-Atomwaffenarsenals und seiner Kommando- und Kontrollinfrastruktur. Diese Raketen befinden sich in unterirdischen Silos, die in drei großen Feldern gruppiert sind und sich in den Bundesstaaten North Dakota, Montana, Wyoming, Colorado und Nebraska im US-Kernland verteilen.

Bei einem nuklearen Großangriff auf all diese Standorte würden viel mehr Menschen sterben oder verstrahlt werden als bisher angenommen. Dies zeigt eine neue Studie, die in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Scientific American“ veröffentlicht wurde. 300 Millionen Menschen in Nordamerika sind gefährdet. Der Wissenschaftler Sébastien Philippe von der Princeton University modellierte die Auswirkungen nuklearer Explosionen. Er untersuchte das radiologische Risiko eines nuklearen Präventivangriffs auf die Raketensilos. Nach seinen Modellen würde ein koordinierter nuklearer Angriff auf die bestehenden US-Silofelder alles Leben in den umliegenden Regionen vernichten und fruchtbares Ackerland für Jahre verseuchen. Allein die akute, unmittelbare Strahlenbelastung würde in den USA mehrere Millionen Todesopfer fordern, heißt es in der „Scientific American“.

Nach vier Tagen Exposition würde die durchschnittliche Strahlendosis im weiten Umfeld der Silos ein Vielfaches von über 8 Gy erreichen, was als absolut tödlich gilt. Die meisten Einwohner von Montana, North Dakota, South Dakota, Nebraska und Minnesota würden durchschnittliche Dosen von mehr als 1 Gy erhalten, was zu vielen Todesfällen durch akutes Strahlensyndrom führen würde, insbesondere bei Kindern. Auch Iowa und Kansas wären mit hohen radioaktiven Niederschlägen konfrontiert. Gemäß der neuen Studie wären – je nach den Windverhältnissen – die gesamte Bevölkerung der angrenzenden US-Bundesstaaten und der bevölkerungsreichsten Gebiete Kanadas sowie der nördlichen Bundesstaaten Mexikos dem Risiko eines tödlichen Fallout ausgesetzt – insgesamt mehr als 300 Millionen Menschen. Sie könnten im Freien Ganzkörper-Strahlendosen abbekommen, die erfahrungsgemäß zum sicheren Tod führen. Je nach Wetterlage würde sich gemäß der Modellierung die starke, radioaktive Strahlung über weite Landstriche verteilen.

Die Raketenfelder sollen feindliche Angriffskapazität binden. Der ursprüngliche Zweck des landgestützten Raketensystems bestand darin, einen feindlichen Atomangriff durch die Androhung sofortiger und verheerender Vergeltung abzuschrecken. Doch Mitte der 1970er Jahre setzte sich die Erkenntnis durch, dass fix installierte Raketensilos ein leichtes Angriffsziel darstellen. Als neue, besser geschützte luft- und seegestützte Atomwaffenarsenale hinzukamen, wurde die „Notwendigkeit“ landgestützter Raketen neu interpretiert. Seither sollen sie einen Angreifer nicht mehr primär abschrecken, sondern – dank ihrer großen Zahl – seine Ressourcen binden und erschöpfen. Der Gegner soll gezwungen sein, den größten Teil seiner Schlagkraft auf diesen Silofeldern zu opfern – daher der Begriff Opferzonen. Diese Doktrin geht auf das Jahr 1978 zurück, als General Lew Allen Jr., der damalige Stabschef der Luftwaffe, vorschlug, dass die Silos „einen großen Schwamm“ von Zielen in den USA bieten sollten, um ankommende sowjetische Atomwaffen zu „absorbieren“. Die präventive Zerstörung der Raketenfelder würde einen so massiven Angriff erfordern, dass die Gegner ihn nicht bewältigen oder auch nur in Betracht ziehen könnten. Ohne die landgestützten Raketen hätte ein Gegner weitaus mehr Ressourcen zur Verfügung, um andere militärische und infrastrukturelle Ziele oder sogar Städte der USA anzugreifen.

Landgestützte Raketen bergen das größte Risiko. Selbst wenn ein Gegner rational genug wäre, um keinen groß angelegten Angriff zu starten, würden die landgestützten Raketen das Risiko eines versehentlichen Atomkriegs erheblich erhöhen, stellt „Scientific American“ fest. Um sicherzustellen, dass feindliche Waffen die Raketen in ihren Silos nicht zerstören, hält die Luftwaffe die Flotte in höchster Alarmbereitschaft und ist bereit, auf Befehl des Präsidenten innerhalb von Minuten zu starten, sobald irgendwo auf der Welt feindliche Raketenstarts entdeckt werden. Diese Doktrin wird als „Launch on Warning“ bezeichnet. Das bedeutet, dass der Finger am Abzug von Nuklearwaffen bei den Siloraketen am nervösesten ist. Da sie fest installiert sind, können sie schnell angegriffen werden. Die Reaktionszeit für ihren Abschuss ist daher viel kürzer als bei beweglichen Atomwaffen von Flugzeugen oder U-Booten, die nicht so leicht angreifbar sind. Dieses erhöhte Gefahrenpotenzial der landgestützten Atomraketen ist nicht nur theoretisch, da es während des Kalten Krieges mehrere Fehlalarme über feindliche Angriffe gab, erinnert die Zeitschrift „Scientific American“.

Auch Unfälle mit Atomwaffen sind ein erhebliches Risiko. Selbst wenn es nicht zu einem Atomkrieg kommen würde, wären die Menschen in den Gemeinden in der Nähe der Raketenfelder auch nach ihrer Modernisierung weiterhin ernsthaften Risiken ausgesetzt, schreibt „Scientific American“. Eines davon wäre die unbeabsichtigte Freisetzung von radioaktivem Material wie Plutonium aus den Sprengköpfen durch einen mechanischen Schlag, einen Brand oder eine Explosion. Ein weiteres Risiko wäre die versehentliche Detonation eines Sprengkopfes, die zu einer nuklearen Explosion führen würde. Die Geschichte des US-Atomraketenprogramms liefert mehrere Beispiele für Silos oder Raketen, die Feuer fingen und von Raketen, die in ihren Abschussrohren explodierten, erinnert „Scientific American“. Unfälle mit Atomwaffen werden oft nicht öffentlich diskutiert.

Themenbezogene Interessenbindung des Autors: Keine

Weiterführende Informationen: Video (in Englisch) von „Scientific American“ zum

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«Opferzonen» – wie ein Atomangriff die USA treffen würde

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