Ist die PEN Berlin ebenfalls eine Bratwurstbude

Von Thomas Schmid. Am vergangenen Wochenende fand der erste Jahreskongress des PEN Berlin im Festsaal Kreuzberg statt. Der PEN Berlin wurde im Sommer 2022 gegründet und von der Staatsministerin für Kultur und Medien großzügig unterstützt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Mit dem Kopf durch die Wände“ und sorgte bereits im Vorfeld für Kontroversen. Die Hauptfrage, die diskutiert wurde, war, wie man mit der ungelösten Israel-Frage umgeht. Vor anderthalb Jahren geriet der PEN Deutschland in die Kritik, als der damalige Präsident der Schriftstellervereinigung kleinkarierte Vereinsmeierei und Hintertreppenpolitik vorwarf. Deniz Yücel trat damals aus und gründete den PEN Berlin. Gemeinsam mit der Schriftstellerin Eva Menasse leitet er nun den Verein. Das Vorhaben wurde in der kritischen Öffentlichkeit wohlwollend aufgenommen. Allerdings ist auch der PEN Berlin nun in die Kritik geraten, da es einige Austritte gab. Es scheint, dass es seit mindestens zwei Monaten eine politische Auseinandersetzung gibt, die mehr die politisch als die literarisch interessierte Öffentlichkeit beschäftigt. Es geht um die Frage, ob man in Deutschland Israel kritisieren darf, und den Vorwurf, dass es in Deutschland aufgrund historischer Parteinahme für Israel verboten sei, das militärische Vorgehen des Landes gegen die Hamas zu kritisieren. Eva Menasse nutzt ihre Funktion im PEN auch dazu, ihre Überzeugungen zu verbreiten. Sie behauptet, dass in Deutschland ein Klima von Verdächtigung und Vorverurteilung herrsche und jeder kleine, scheinbar antisemitische Vorfall übertrieben werde. Dies ist jedoch Unsinn und wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Eva Menasse mitteilungsfreudig, aber nicht besonders klug ist. Der PEN Berlin wollte ein unerschütterlicher, libertärer und vereinsmeierfreier Leuchtturm der engagierten Liberalität und Freiheitsliebe sein. Doch nun scheint er selbst in den Streitigkeiten des kulturellen Milieus gelandet zu sein, das heute stärker denn je geprägt ist. Ein Beispiel dafür ist die Einladung der britischen Schriftstellerin A. L. Kennedy zum PEN-Berlin-Kongress, der den Titel „Mit dem Kopf durch die Wände“ trägt. A. L. Kennedy hat zum Boykott des Eurovisions-Contests 2019 in Israel aufgerufen und scheint Sympathien für den BDS zu haben. Deniz Yücel verteidigt ihre Teilnahme dennoch mit dem Argument, dass er sie als Schriftstellerin schätze. Hier liegt das Problem. Es ist bekannt, dass sprachbegabte Schriftstellerinnen und Schriftsteller politisch oft unbedarft und fehlgeleitet sind. Der PEN Berlin scheint jedoch immer noch daran zu glauben, dass Schriftsteller besonders dazu geeignet sind, gültige Zeitdiagnosen zu stellen. Dieser Glaube stammt aus einer vergangenen Zeit, die längst vorbei ist. Dass der PEN Berlin daran festhält, ist komisch und führt dazu, dass er selbst eine Bruchlandung hinlegt. Als Deniz Yücel den PEN Deutschland verließ, nannte er ihn eine „Bratwurstbude“. Es drängt sich der Verdacht auf, dass auch der PEN Berlin eine Bratwurstbude sein könnte. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, aber es ist sicherlich nicht avantgardistisch oder progressiv. Thomas Schmid war in seinen Zwanzigern Teil der Studentenbewegung in Frankfurt, was ihn später gegenüber Heilslehren misstrauisch machte. Er ist Lektor, freier Autor und Journalist. Zuletzt war er Chefredakteur und Herausgeber der „Welt“-Gruppe in Berlin. Dieser Text erschien zuerst auf seinem Blog Thomas Schmid – die Texte

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Ist auch der PEN Berlin eine Bratwurstbude?

Von Thomas Schmid. Am vergangenen Wochenende trafen sich die Mitglieder des im Sommer 2022 gegründeten PEN Berlin zu ihrem ersten Jahreskongress im Festsaal Kreuzberg. Die von der Staatsministerin für Kultur und Medien generös geförderte Veranstaltung unter dem Motto „Mit dem Kopf durch die Wände“ sorgte schon im Vorfeld für Ärger. Auf der Agenda stand nicht ein alter Zirkustrick, sondern die Frage: Wie hältst du es mit der ungelösten Israel-Frage? Vor etwas mehr als anderthalb Jahren kam der PEN Deutschland ins Gerede. Dessen Präsident warf der von ihm geleiteten Schriftstellervereinigung kleinkarierte Vereinsmeierei und Hintertreppenpolitik vor. Deniz Yücel trat damals mit Aplomb aus und gründete einen eigenen Verein, den PEN Berlin. So wie einst Heinrich Heine, aufs reaktionäre Deutschland bezogen, „ein neues

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