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Er flüsterte ‚Ne me quitte pas‘ – und verließ seine Frau und Töchter

Published On: 28. Dezember 2023 10:30

Helmut Scheben / 28.12.2023

Unter diesem Titel haben Tamedia-Zeitungen Jacques Brel als Heuchler dargestellt. Das ist Moraljournalismus aus der Woke-Ecke. Eine neue Sportart greift seit einiger Zeit um sich: Das lustige Abschießen von Künstlern, seien es Bühnendarsteller oder Schriftsteller, seien sie lebend oder tot, die einer moralischen Unkorrektheit in ihrem privaten Leben für schuldig befunden werden. Ihr Konterfei wird in Schießbuden zum Abschuss freigegeben, und diese Schießbuden sind zum Beispiel die Tamedia-Zeitungen «Tages-Anzeiger», «Berner Zeitung» oder «Basler Zeitung».

Ab 9. Dezember publizierten diese Zeitungen einen Aufsatz, mit dem der belgische Chansonnier Jacques Brel vom Sockel gestoßen werden sollte. Brel macht sich nämlich an einem Tag im Juni 1953 «auf den Weg von Brüssel nach Paris, der großen Karriere entgegen.» Er verlässt seine hochschwangere Frau Thérèse, um dahin zu gehen, «wo er zum neuen Stern des französischen Chansons aufsteigen sollte.» So skrupellos war er also, dieser Brel. Das enthüllt uns in den Tamedia-Zeitungen SZ-Redaktor Josef Kelnberger. Damit wir Bescheid wissen, bevor wir weiterlesen, steht zuoberst ein Foto, auf dem Jacques Brel 1961 auf der Bühne zu sehen ist, und darunter die Bildlegende: «Eroberte die Musikwelt, vernachlässigte die Familie». Tages-Anzeiger vom 9. Dezember 2023.

Andere Tamedia-Zeitungen verbreiteten den Artikel aus der Süddeutschen Zeitung erst vor einigen Tagen. Falls es noch weiterer Beweise für die Schuld des Angeklagten bedürfte, so finden sie sich angeblich eindeutig im Widerspruch zwischen Leben und Werk. Der Mann hat auf der Bühne gesungen: «Ne me quitte pas», verlass mich nicht, ein Lied, das vom Pariser Olympia bis zur New Yorker Carnegie Hall um die Welt ging. Und was tat er im wirklichen Leben hinter der Bühne? Der Brel-Enthüller weiß es: «Jacques Brel hat sein Leben lang Menschen verlassen, seiner Kunst und seinem Lebenshunger folgend, als Sänger und Autor, als Schauspieler und Regisseur, als Flugzeugpilot und Weltumsegler, als Liebhaber, immer auf der Flucht vor der sterbenslangweiligen Bürgerlichkeit…» Dem Autor dieser Polemik, Josef Kelnberger, unterläuft dabei ein Logik-Fehler, der jeder Sprach- und Literaturstudentin spätestens im zweiten Semester bekannt ist: Ein Sänger ist nicht identisch mit den Figuren, die er auf der Bühne darstellt. Die Fiktionen eines Autors sind nicht seine Autobiographie. Und die Figuren, die ein Jacques Brel auf der Bühne zum Singen bringt, sind nicht Jacques Brel. Sie sind seiner Vorstellungskraft entsprungen, aber es sind gespielte Rollen. Wieweit sie eine Schnittmenge haben mit dem wirklichen Leben eines Jacques Brel, ist ein literaturtheoretisches Problem. Man kann in den Texten eines Künstlers viele Faktoren suchen: Biographisches, Psychoanalytisches, Politik oder den Zeitgeist. Absurd und von großer Dummheit ist dagegen die Forderung nach Kongruenz zwischen seinem Leben und dem, was er auf der Bühne singt. Die moralische Keule, die da konstruiert wird, kennzeichnet die neue Woke-Moral, die alten, weißen Männern an den Kragen geht.

Es erscheint erstaunlich, dass hochqualifizierte Kulturredaktionen wie diejenige der großen Tamedia-Zeitungen dies zu ignorieren vermögen. Oder kapituliert man auch dort unter dem Druck der Woke-Erleuchteten? Wenn es etwas gibt, das den sozialen Typen, die Brel als Chansonnier auf der Bühne spielte, nicht zu eigen ist, dann ist es moralische Sauberkeit. Eines der Lieder, mit denen er 1965 auf Tournee ging, war «Le dernier repas». Es ist der gesungene letzte Wille eines patriarchalischen und (sehr französisch) anarchischen Bauern, der bei seiner letzten Mahlzeit seinen Esel sehen will,

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«Er hauchte ‹Ne me quitte pas› – und verliess Frau und Töchter»

Helmut Scheben / 28.12.2023  Unter diesem Titel haben Tamedia-Zeitungen Jacques Brel als Heuchler dargestellt. Das ist Moraljournalismus aus der Woke-Ecke. Eine neue Sportart greift seit einiger Zeit um sich: Das lustige Abschiessen von Künstlern, seien es Bühnendarsteller oder Schriftsteller, seien sie lebend oder tot, die einer moralischen Unkorrektheit in ihrem privaten Leben für schuldig befunden werden. Ihr Konterfei wird in Schiessbuden zum Abschuss freigegeben, und diese Schiessbuden sind zum Beispiel die Tamedia-Zeitungen «Tages-Anzeiger», «Berner Zeitung» oder «Basler Zeitung» Ab 9. Dezember publizierten diese Zeitungen einen Aufsatz, mit dem der belgische Chansonnier Jacques Brel vom Sockel gestossen werden sollte. Brel macht sich nämlich an einem Tag im Juni 1953 «auf den Weg von Brüssel nach Paris, der grossen Karriere entgegen.» Er

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