homo-corona:-die-geschlossene-gesellschaft-und-die-aufloesung-des-menschenHomo Corona: Die geschlossene Gesellschaft und die Auflösung des Menschen
wochenblick:-gegen-“big-brother”-und-datenerfassung-im-autoWochenblick: Gegen “Big-Brother” und Datenerfassung im Auto
«baerbock-ist-offenbar-gebrieft-und-wird-gesteuert-von-einflussagenten»

«Baerbock ist offenbar gebrieft und wird gesteuert von Einflussagenten»

Published On: 15. Mai 2022 1:00

Veröffentlicht am 15. Mai 2022 von RL.

Albrecht Müller gehört zu der Sorte SPD-Politiker, die heute vom Aussterben bedroht sind. Müller arbeitete in den 70er-Jahren im Bundeskanzleramt für Willy Brandt. Später war er mehrere Jahre SPD-Abgeordneter im Bundestag. 2003 hat Müller die NachDenkSeiten gegründet. Eine kritische Onlinezeitung, die sich seither einen Namen als regierungskritisches Portal der Gegenöffentlichkeit gemacht hat. Transition News sprach mit Müller über die politische Lage Deutschlands und sein Buch «Glaube wenig, Hinterfrage alles, Denke selbst», das der Westend Verlag jüngst in einer überarbeiteten Neuauflage herausbracht hat.

Transition News: Die deutsche Regierung liefert Waffen an die Ukraine und positioniert sich im Krieg klar gegen Russland. Wie beurteilen Sie die Rolle Deutschlands?

Albrecht Müller: Die Aggression gegenüber Russland, die derzeit in Deutschland vorherrscht, erinnert mich stark an die Fünfzigerjahre und die Zeit des Kalten Krieges. Bundeskanzler Konrad Adenauer sprach damals immer abwertend von den «Soffjets». Die CDU/CSU machte 1953 Wahlkampfwerbung mit der Abbildung eines düster dreinschauenden Sowjetsoldaten und dem Slogan «Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau! Darum CDU». Die deutsche Regierung begann zu dieser Zeit wieder aufzurüsten und suchte die Einbindung in die NATO. Gustav Heinemann, Mitgründer der rheinischen CDU und später Bundespräsident, verliess deshalb sogar die Regierungspartei. Adenauer schürte die Aggression gegen Russland. Dabei nahm er keinerlei Rücksicht auf die eigenen Interessen. Im Interesse Deutschlands wäre es gewesen, das geteilte Land wiederzuvereinigen und mit Russland in Frieden zu leben. Genau an den von Adenauer beschworenen Geist erinnert mich die heutige Situation. Mir kommt das so vor, als wolle man eine vergangene Schuld loswerden. Wir müssen jetzt nicht mehr über die 27 Millionen Toten in der Sowjetunion reden, die im Zuge des Zweiten Weltkrieges ihr Leben verloren. Denn: Die Russen sind ja heute genauso schlimm wie die Nazis einst waren, lautet die Argumentation. Sowohl die TAZ als auch die Tagesschau berichteten in den vergangenen Tagen vom faschistischen Charakter des russischen Regimes und machten dies zum ganz grossen Thema. Wir machen jetzt aus den Russen Faschisten und sind damit als Deutsche entlastet.

Das bedeutet: «Wir sind die Guten», wie Sie diese Manipulationsmethode in Ihrem Buch beschreiben.

Die Verbreitung des Gefühls, dass wir die «Guten» sind, ist eine zentrale Manipulationsmethode. Es handelt sich um ein Grundgefühl westlicher Gesellschaften. Dieses Gefühl bringt uns eine grosse Erleichterung, da wir uns mit vielen unbequemen Fragen überhaupt nicht auseinandersetzen müssen. Hierbei handelt es sich um eine herausragende Manipulationsmethode.

Was ist mit all den Menschen in Deutschland und anderen europäischen Ländern, die Putins Invasion verurteilen und sich jetzt für ukrainische Flüchtlinge einsetzen. Ist das nicht ehrenwert?

Das ist ehrenwert und zugleich eine billige Wohltätigkeit. Viele Menschen, die gegenwärtig dafür sind, dass Deutschland so viele Flüchtlinge aufnimmt, machen oftmals wenig persönlich für die Flüchtlinge. Sie solidarisieren sich zwar emotional mit der Ukraine und den Flüchtlingen und hängen eine ukrainische Flagge auf. Und wenn sie ganz nett sind, dann machen sie auch was persönlich für die Flüchtlinge. Das ist auch superwichtig. Aber da muss man sich immer die Frage stellen: Warum machen wir das nicht auch für einen armen afrikanischen Schlucker, der Europa unter grossen Risiken über das Mittelmeer erreicht hat. Es ertrinken unzählige Flüchtlinge Woche für Woche im Mittelmeer, was kaum jemanden kümmert. Aber jetzt sorgt man sich halt um die armen Ukrainer. Das Ganze wird auch medial entsprechend abgebildet. Es gibt kaum eine Sendung derzeit, wo nicht noch eine weinende ukrainische Frau zu sehen ist. Die mediale Konzentration auf dieses Thema ist verblüffend. Vermutlich wurde die laufende Kampagne auch schon länger entsprechend geplant respektive vorbereitet.

Stichwort Vorbereitung: Unlängst stellten Sie die These auf, dass der heutige Ukrainekrieg von US-Strategen vorbereitet worden sei. Wie kommen Sie darauf?

Es gibt mehrere offizielle Schriften aus dem Umkreis des US-Sicherheitsapparats, die das aufzeigen. Ich denke zum Beispiel an das Dokument der RAND-Corporation «Extending Russia: Competing from Advantageous Ground». Darin wird aufgelistet, mit welchen Mitteln und Methoden Russland längerfristig geschwächt werden soll. Ich denke aber auch an Zbigniew Brzezinskis Schrift «Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft». In dem Buch wurde die Entwicklung der letzten Jahre bereits vorhergesagt. Jeder aufmerksame Beobachter der Geopolitik weiss, dass es seit langem das Ziel der USA ist, die Ukraine in das westliche Militärbündnis einzubinden, um Russland weiter zu schwächen. Genau das schrieb auch Brzezinski. Vor diesem Hintergrund ist auch der Putsch gegen Wiktor Janukowytsch 2014 nicht überraschend und war eingeplant.

Blicken wir nochmals rund drei Jahrzehnte zurück. Mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes hätten die Voraussetzungen für eine Zukunft in Frieden eigentlich kaum besser sein können.

In der Tat. Nach dem Ende des Kalten Kriegs herrschte Aufbruchsstimmung. Deutschland hat Russland 1989 viel versprochen. Wir gaben den Russen zu verstehen, dass sie nun auch zu Europa gehörten. Es war klar: Unsere Sicherheitsprobleme können wir nur gemeinsam lösen. Das war ganz im Sinne dessen, was auch Willy Brandt immer wollte, der sagte: «Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein». Das haben wir auch den Russen immer gesagt. Und man muss wissen: Viele Russen waren froh, endlich zu Europa zu gehören. Zahlreiche gemeinsame Projekte mit Russland sind zur damaligen Zeit lanciert worden. Meine verstorbene Frau, die Schulleiterin eines Gymnasiums in Köln war, hat zum Beispiel 1993 eine Schulpartnerschaft mit einem Gymnasium in Moskau initiiert. In den folgenden Jahren ist es stets zu einem regen Austausch deutscher und russischer Schüler gekommen. All das war zur damaligen Zeit selbstverständlich. Doch das wird jetzt alles ruiniert. Parallel dazu haben die Falken der US-Regierung zum damaligen Zeitpunkt bereits an einer neuen Konfrontation mit Russland gearbeitet und diese strategisch vorbereitet. Eine friedliche Koexistenz mit Russland war nicht im Interesse der NATO, der Rüstungskonzerne und des Militärapparats. Inzwischen sind die US-Strategen auch hinsichtlich der Ausrichtung der deutschen Aussenpolitik wieder weitgehend tonangebend. Jüngstes Beispiel sind die 100 Milliarden Euro, die SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz in die Bundeswehr investiert, um weiter aufzurüsten.

Wie konnte es so weit kommen: Sie waren einst Wahlkampfleiter von Willy Brandt und sassen mehrere Jahre selbst als Mitglied der SPD im Bundestag, sind heute noch Mitglied der Partei. Noch 1989 stand im Grundsatzprogramm der SPD, dass «von deutschem Boden» Frieden ausgehen müsse. Heute geht wieder Krieg aus von deutschem Boden. Eine Entwicklung, die Sie in Ihrem Buch beklagen. Was ist passiert?

Ich fürchte, dass es um unsere Demokratie schlimmer steht, als viele Menschen denken. Mein Eindruck: Sowohl Parteien als auch Medien in Deutschland sind in den letzten Jahren zunehmend unter den Einfluss von Menschen geraten, die eine Rolle als Einflussagenten spielen. Ich spreche dieses Thema offen an, obwohl es ein schreckliches Wort ist. Man kann schreckliche Zustände aber auch nicht einfach schönreden. Und deshalb muss man auch solche Worte benutzen.

Sie bezeichnen die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock, die derzeit die Konfrontation mit Russland schürt, als Einflussagentin. In welchen Diensten steht Baerbock?

Sie ist Teil des «Young Global Leaders Programms» des Weltwirtschaftsforums (WEF) und bestens vernetzt mit transatlantischen Organisationen. Baerbock ist offenbar gebrieft und wird gesteuert von diesen Leuten. Als Deutscher – Mann oder Frau – darf man doch nie im Leben sagen, dass wir «Russland ruinieren wollen». Doch genau das hat Baerbock gesagt. So etwas kann man nur sagen, wenn man in anderen «Diensten» tätig ist. Das Schlimme ist: Diese Frau ist auch noch Aussenministerin meines Landes. Baerbock und eine ganze Reihe weiterer hochrangiger deutscher Politiker von der SPD über die Grünen bis zur CDU und CSU sind in meinen Augen Einflussagenten der USA. Ob sie für ihre Dienste auch bezahlt werden, weiss ich nicht. Ist aber auch nicht matchentscheidend.

Überschätzen Sie die Rolle von Einflussagenten womöglich nicht ein wenig? Einflussagenten sind doch nichts Neues. Auch während des Kalten Krieges versuchten die USA und die Sowjetunion in Europa über Geheimdienste, Kulturschaffende und bekannte Persönlichkeiten Einfluss zu nehmen. Sie leiteten die Planungsabteilung unter den deutschen SPD-Bundeskanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt. Hat während dieser Zeit nie eine US-Einflussnahme stattgefunden?

Ich war in dieser Zeit nahezu jeden Morgen bei der Lagebesprechung des Bundeskanzleramtes dabei; dort besprachen wir, was in der deutschen Politik anstand. Ich erinnere mich an keinen einzigen Fall einer Einflussnahme der USA; solches wäre nämlich in diesem Gremium zur Sprache gekommen. Das Gleiche gilt auch für die Zeit, als ich von Ende 1969 bis Februar 1973 Abteilungsleiter für Öffentlichkeitsarbeit und Wahlen bei der SPD war. Vermutlich nahm die USA auch damals Einfluss auf die deutsche Politik. Aber so massiv und so dreist, wie das heute geschieht, davon weiss ich nichts. Das heisst, da hat sich mit dem Blick auf heute viel geändert.

Die Regierung Brandt bemühte sich stets darum, gute Beziehungen zu der Sowjetunion und weiteren kommunistischen Staaten zu unterhalten. War Brandt den USA ein Dorn im Auge?

Aus jener Zeit gibt es ja die Dokumentation eines Gesprächs zwischen US-Präsident Richard Nixon und seinem Sicherheitsberater Henry Kissinger: Beide wünschten sich den deutschen Bundeskanzler Brandt eher tot als lebendig. Horst Ehmke, Brandts Chef des Bundeskanzleramtes, engagierte sich gegen die Militärdiktatur der Obristen in Griechenland, die wiederum von den USA unterstützt wurde. Sozialdemokraten halfen damals den spanischen Sozialisten bei der Überwindung der Franco-Diktatur. Auch ihre Haltung gegenüber Kuba und Nicaragua war ganz anders, als die der USA. Damals machte die SPD noch eine eigenständige Politik, die sich teilweise weit weg von den Interessen der USA bewegte.

Zurück zur Gegenwart: Die Zeichen stehen im Ukrainekrieg derzeit auf Eskalation. Die Journalistin und Russlandkennerin Gabriele Krone-Schmalz plädiert inzwischen für eine Geheimdiplomatie. Sie denkt, dass dies inzwischen der einzige Weg ist, um noch eine diplomatische Lösung des Konfliktes herbeizuführen. Ist das inzwischen der einzige Weg?

Ich wünsche mir, dass eine solche Geheimdiplomatie stattfindet und erfolgreich sein wird. Aber ich habe grosse Zweifel, dass das gelingen wird. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Politiker derzeit sehr aggressiv auftreten und nicht den Eindruck vermitteln, dass sie an einer diplomatischen Lösung interessiert sind. Man denke nur an die Rhetorik von Baerbock und Scholz in Deutschland. Wie soll der deutsche Vertreter bei diesen Geheimkontakten seinem russischen Vertreter erläutern, dass der eigene Regierungschef sich so aggressiv gegenüber Russland äussert wie Olaf Scholz am 8. Mai. Das muss doch irgendwie zusammenpassen. Ich will die Geheimdiplomatie nicht bezweifeln. Ich fände es toll, wenn sie erfolgreich wäre. Trotzdem bin ich skeptisch.

Kommen wir nochmals zurück zu den Einflussagenten. Auch Medienschaffende stehen Ihrer Wahrnehmung nach unter dem Einfluss dieser Leute? Haben Sie konkrete Beispiele?

In der Tat. Vor wenigen Jahren machte sogar das öffentlich-rechtliche Fernsehen noch darauf aufmerksam. Als die Kabarettsendung «Die Anstalt» noch eine kritische Sendung war, haben die dort genau am Beispiel der einseitigen Berichterstattung zum Ukrainekrieg die engen Verstrickungen deutscher Medien mit den US-Eliten aufgezeigt. In einer sogenannten Tafelnummer verdeutlichte «Die Anstalt» am 29. April 2014, in welchen transatlantischen Netzwerken sich die deutschen Alpha-Journalisten aufhalten – vom Aspen Institute bis zur Atlantik-Brücke. Heute wäre eine solche Sendung im ZDF wohl nicht mehr vorstellbar. Doch klar ist: In diesen Kreisen bewegen sich die einflussreichen Journalisten Deutschlands. Von Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung bis hin zu Klaus-Dieter Frankenberger von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wichtige deutsche Journalisten sind eng mit den transatlantischen Organisationen vernetzt, in denen sie oft nicht nur Mitglied sind, sondern auch wichtige Funktionen ausüben. Diesen Journalisten fehlt offensichtlich das nötige Fingerspitzengefühl. Ihnen scheint nicht bewusst zu sein, dass diese Mitgliedschaften problematisch sind.

Die gleichen Journalisten, die jetzt Tag für Tag über die Grausamkeiten Putins schreiben, erwähnen die vom Westen unterstützten Kriege kaum. In Jemen herrscht seit Jahren ein vernichtender Krieg gegen die Huthi-Rebellen, der von Saudi-Arabien geführt wird. Doch niemand läuft hier mit Jemen-Flaggen herum. Wie kommt das?

Weil das nicht populär und damit kein Thema ist. Jetzt redet auch niemand mehr über die US-Kriege. Das muss man sich mal vorstellen. Noch bis 2021 führten die USA – auch mit der Unterstützung Deutschlands – Krieg in Afghanistan. Die westlichen Grossmächte haben dort ein Desaster hinterlassen. Doch das ist alles aus dem Blick geraten. Dieses Ausblenden speist sich aus dem Erfolg, den wiederum die einseitige Berichterstattung auf die Wahrnehmung vieler Bürger hat.

Kommen wir zum Schluss noch auf das unschöne Thema Corona, dem Sie in Ihrem Buch auch noch ein Kapitel gewidmet haben. «Die gesamte Debatte um das Virus ist ein Musterbeispiel dafür, dass die Sachdebatte, die demokratische Debatte und damit das Ringen um die beste Lösung nur unzureichend stattfinden», schrieben Sie dazu. Wie haben Sie die zwei letzten Jahre erlebt und wahrgenommen?

Mich hat das Ganze in vielerlei Hinsicht getroffen. Ich bin selbst an Corona erkrankt. Ich kann also mit eigener Erfahrung darüber sprechen. Obwohl ich erkrankt war und merkte, dass Corona sehr gefährlich sein kann, hat mich die Debatte dazu trotzdem gestört. Ich fand es unwürdig, wie Politiker damit umgegangen sind. Ich denke an Saskia Esken, die Co-Vorsitzende der SPD. Esken bezeichnete Massnahmenkritiker als Covidioten. Damit machte sie sich die Methode des Übertreibens zu eigen; denn was hängen bleibt bei so einer Aussage, ist klar: Massnahmenkritiker darf man nicht ernst nehmen, das sind Spinner. Was mich ungemein störte: Medien und Politik verschwiegen während der Corona-Pandemie ständig, was für Folgen die Corona-Politik für die breite Masse hat. Das geht bis heute so. Die Folgen für Kinder, Selbständige, Kleinunternehmer und viele weitere Berufsgruppen sind verheerend. All das war nur möglich durch systematische Propaganda.

Politik und Medien ist es in Deutschland gelungen, die Demokratiebewegung systematisch zu verunglimpfen. Sie erwähnen in Ihrem Buch in diesen Zusammenhang die Manipulationsmethode «Ein Teil steht für das Ganze» am Beispiel der Querdenker. Spätestens seit der Demonstration vom 29. August 2020 in Berlin assoziierten viele Bürger Querdenker mit Rechtsextremismus. Die Medien schrieben damals von einem «Sturm» auf den Reichstag, weil eine kleine Gruppe von Leuten sich in Richtung Reichstag bewegt hatte und zuletzt von Polizisten zurückgehalten worden war.

Dieser Vorgang wird heute dazu missbraucht, um die gesamte Bewegung der Querdenker zu diskreditieren. Dabei ist bis heute nicht gänzlich geklärt, ob der Vorfall womöglich von staatlichen Stellen inszeniert worden ist. Wie auch immer: Die Diskreditierung der Querdenker-Bewegung durch die Methode «Ein Teil steht für das Ganze» ist eine weitreichende Propaganda-Aktion. Das muss man wissen. In Deutschland ist von jetzt an jede Bewegung, die künftig wieder aufkommen könnte, von vornherein mit diesem Image versehen, das man den Querdenkern zuschreibt. Schon das Wort Querdenker ist ein tolles, demokratisches Wort. Eigentlich brauchen wir solche Leute. Doch selbst das Wort ist schon diskreditiert. Und damit sind auch schon alle Proteste diskreditiert, die in Zukunft in Deutschland gegen die herrschende Politik entstehen könnten. All diese Bewegungen werden schon im Voraus diskreditiert sein.

Nicht nur oppositionelle Bürger bekamen in den letzten zwei Jahren die Macht des Staats zu spüren. Besonders hart traf es auch kritische Medien. Der Journalist Ken Jebsen wurde geradezu verfolgt.

Das Ganze bekommen wir, die Träger und Macher der NachDenkSeiten, leider auch zu spüren. Ein Beispiel: Auf Wikipedia wird uns vorgeworfen, «Verschwörungstheorien» zu verbreiten. Das muss man sich mal vorstellen. Wir sind eine kritische Internetzeitung, wir werden aber bereits als Verschwörungstheoretiker bezeichnet. Wer heute auf die Macht von Einflussagenten hinweist, der ist ein Verschwörungstheoretiker. Wir bekamen zuletzt oftmals auch sehr böse E-Mails. Allein vor diesem Hintergrund fühlen wir uns schon sehr solidarisch gegenüber dem, was Ken Jebsen passiert ist. Das kann uns morgen auch passieren. Und wer wird uns dann in Schutz nehmen? Die SPD jedenfalls nicht, die Grünen sowieso nicht. Jebsen spielte eine wichtige mediale Rolle und kritisierte über seine Plattform die herrschenden Medien und Politik sehr heftig.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Sie sind 1938 geboren und könnten schon längstens Ihren Ruhestand geniessen. Was motiviert Sie, in ihrem Alter noch immer so aktiv zu sein?

Ich könnte mir die Antwort leicht machen: Ich glaube an den Zusammenhang von geistiger Regsamkeit und physischer Gesundheit. Wenn man nichts mehr zu tun hat, dann sackt man auch physisch ab. Davor bewahre ich mich täglich. Zudem spüre ich eine gewisse Verantwortung – gerade auch im persönlichen Bereich. Ich habe fünf Kinder und acht Enkel. Hinzu kommt die Erfahrung: Ich habe die brennenden deutschen Städte während des Zweiten Weltkrieges noch in Erinnerung. Mehrere meiner Cousinen und Cousins sind nach dem Krieg ohne Vater aufgewachsen. All das prägt mich bis heute. Daraus speist sich auch meine kritische Haltung gegenüber jeglichen Kriegen und Ungerechtigkeiten. Auch deshalb habe ich die NachDenkSeiten ins Leben gerufen. Wir sind ursprünglich als Reaktion auf die «Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft» entstanden. Eine Initiative, die dazu beitrug, die Agenda 2010 durchzusetzen und Teile des öffentlichen Sektors und der Wirtschaft zu privatisieren und die zu zunehmender sozialer Ungleichheit geführt hat.

**************

Albrecht Müller, «Glaube wenig, Hinterfrage alles, Denke selbst». Westend, Frankfurt am Main 2022 (Neuauflage mit aktualisierten Kapiteln). ISBN: 978-3-86489-910-2, 192 Seiten. 10 Euro. Weitere Infos und Bestellung hier.

homo-corona:-die-geschlossene-gesellschaft-und-die-aufloesung-des-menschenHomo Corona: Die geschlossene Gesellschaft und die Auflösung des Menschen
wochenblick:-gegen-“big-brother”-und-datenerfassung-im-autoWochenblick: Gegen “Big-Brother” und Datenerfassung im Auto