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Impfskepsis der Afrikaner

Published On: 19. August 2021 6:10

Afrika ist von Corona weniger betroffen als Europa. Aber die Impfskepsis der Afrikaner nährt sich auch aus schlechten Erfahrungen in einer langen Historie medizinischer Experimente in Afrika.

Wie schlimm die Corona-Pandemie in Afrika ist, darüber herrscht bei Beobachtern Uneinigkeit. Viele afrikanische Ärzte glauben, dass Afrikas Erfahrung in der Seuchenbekämpfung, das tropische Klima und die junge Bevölkerung die Ausbreitung eindämmen werden. Ausländische Experten kommen dagegen oft in aggressiver Tonlage zu zweifelhaften Annahmen und Festsetzungen. Es stehe die größte humanitäre Katastrophe der Geschichte bevor: Die professionellen Helfer schüren große Panik – im eigenen Interesse. Auch der Virologe Christian Drosten beteiligte sich frühzeitig an der Panikmache: „In den afrikanischen Ländern wird in diesem Sommer der Peak der Infektionen auftreten. Ich mag mir gar nicht ausmalen, welche Bilder man sehen wird. Wir werden noch erleben, dass die Leute daran auf den Straßen sterben in Afrika. Die Situation wird schlimm sein, sehr schlimm“, sagte er in einem Stern-Interview am 20.3.2020. Auch Bill Gates prognostizierte mehr als 10 Millionen Tote (vgl. auch hier und hier).

Wie so oft werden aus dem vordergründigen Motiv, das eigene Budget aufzustocken, Horrorszenarien ausgemalt. Afrika brauche mehr Hilfe, mehr Finanzmittel müssten fließen, damit der Kontinent die Corona-Krise in den Griff bekomme. „Wir“ sollten mehr Verantwortung und Solidarität zeigen, denn der Kontinent sei nicht in der Lage, von sich aus der Ausbreitung des Virus Herr zu werden. Dabei weiß jeder, der Afrika kennt, dass die Zahl der an Malaria erkrankten Menschen und der daraus resultierenden Todesfälle bei weitem höher ist als bei Covid-19. Malaria ist nach wie vor die größte medizinische und gesundheitliche Herausforderung für den Kontinent. Aber auch die ökonomische Verwundbarkeit Afrikas durch das Zusammenbrechen des Arbeitsmarktes ist erkennbar.

Die afrikanischen Staaten kommen immer noch sehr viel besser durch die Pandemie als zu Beginn befürchtet. Trotz der vermutlich hohen Dunkelziffer an Infektionen ist die Sterblichkeit im Vergleich mit Europa sehr viel geringer. Die WHO hat unter den 1,3 Milliarden Afrikanern kürzlich 123.087 Tote gezählt. (BBC news vom 11.8.2021 sprach von 179.014.) Der europäische Kontinent verzeichnete im Vergleich unter ca. 600 Millionen Einwohnern bislang 1.233.904 Todesfälle, so die WHO.

Viele Afrikaner bleiben skeptisch

t-online berichtet am 9.8.21 von einer großen Impfskepsis der Afrikaner: „Ich will kein Versuchskaninchen sein.“ Zitiert wird die 40-jährige Cherry Muhima Noira. Gegen das Coronavirus wird sie sich nicht impfen lassen. „Die Pharmakonzerne sind für ihre leeren Versprechen bekannt. Selbst Geimpfte können Corona bekommen. Was nützt das also?“, sagt die Künstlerin, die in der östlichen Stadt Goma der Demokratischen Republik Kongo lebt. Auch der kongolesische Präsident Tshisekedi hatte sich laut dem französischen Sender TV 5 gegen eine Impfung mit AstraZeneca ausgesprochen. Der Generaldirektor des Nationalen Instituts für Biomedizinische Forschung (INRB), Dr. Jean-Jacques Muyembe-Tamfum, sagte t-online: „Die Bereitschaft [der 90 Millionen Kongolesen], sich impfen zu lassen, ist gering.“ Es kursierten zahlreiche Gerüchte über die Impfstoffe: Sie führten zum Tod, sie verursachten genetische Veränderungen, die Risiken seien größer als der Gesundheitsnutzen, so Muyembe-Tamfum. 

In Afrika ist es bekannt, dass kein Impfstoff eine reguläre Zulassung hat. Auch ist bekannt, dass noch kein Experte hinreichend bestätigen konnte, dass die aktuellen Impfstoffe keine langfristigen Nebenwirkungen haben. Afrikaner erinnern sich noch an Debakel mit früheren Medikamententests auf ihrem Kontinent. Es sieht für Afrikaner nach einer langen Historie medizinischer Experimente in Afrika aus. Nigeria warf dem Unternehmen Pfizer illegale Tests an Kindern mit einem Antibiotikum zur Behandlung von Hirnhautentzündung (Meningitis) im Jahr 1996 vor, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht von den Gesundheitsbehörden zugelassen war. Der Pharmakonzern hatte während einer schweren Meningitis-Epidemie im Bundesstaat Kano im Norden Nigerias 1996 im Rahmen einer als humanitäre Hilfe bezeichneten Aktion Kindern das Präparat Trovan gegeben. Nach nigerianischen Angaben starben mindestens elf Kinder an den Folgen des Tests, mehr als 200 andere erlitten zum Teil irreparable Gesundheitsschäden wie partielle Lähmungen, Blindheit, Taubheit sowie Gehirnschäden. Für Kinder war Trovan nie zugelassen. Im Jahr 1999 ist die Anwendung von Trovan stark eingeschränkt worden, nachdem bei etlichen Patienten Leberversagen aufgetreten war (siehe hier und hier).

Auch die Bill und Melinda Gates Stiftung sind da keine Ausnahme. Man hat schon HIV-Impfungen in Afrika ausprobiert (siehe hier und hier). Auch hat man in Afrika schon vor Jahren – anscheinend erfolglos, denn man hörte nie was in den Medien – mRNA- und Vector-Impfstoffe getestet, siehe hier, hier und hier. Wie man im Artikel „Ebola – New Trial Launched in West Africa to Evaluate Three Vaccination Strategies“ sieht, war Dr. Fauci auch damals schon involviert. 

Im westafrikanischen Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Land des Kontinents mit mehr als 200 Millionen Einwohnern, bezeugen 23 Prozent der Menschen Impfskepsis. In der Wirtschaftsmetropole Lagos erzählt die 26-jährige Maureen Nneke t-online von ihrer Angst, der Impfstoff könne unfruchtbar machen. Die Erfahrungen mit Pfizer haben in Nigeria und anderen afrikanischen Staaten zu einem tiefen Misstrauen gegenüber westlicher Medizin geführt. Als die Weltgesundheitsbehörde (WHO) 2003 ein groß angelegtes Impfprogramm gegen Polio startete, verweigerten drei muslimische Bundesstaaten im Norden Nigerias, darunter auch Kano, ihre Zustimmung. 

„Niemand hier wird den Impfstoff nehmen“

Der südafrikanische Mediziner und Soziotherapeut Dr. Raynauld Russon warnt: „Es gibt viele Kontroversen über die Kontraindikationen und Langzeitwirkungen des Impfstoffs. Der Impfstoff, insbesondere der RNA-Impfstoff von Pfizer und Moderna, wurde noch nie zuvor verwendet und wird nun zum ersten Mal getestet. Außerdem wurde dieser Impfstoff nicht ausreichend an Tieren getestet, bevor er am Menschen eingesetzt wurde, wie es der Nürnberger Kodex von 1947 vorschreibt.“

Deutsche Welle Online hat Hörer in Afrika befragt („Why many Africans are wary of COVID-19 vaccines“ vom 4.3.2021) und hat dabei erfahren, dass viele Afrikaner Impfstoffe ablehnen. Zitiert wird Nomazulu Dlamini aus Johannesburg. Sie sagte der DW, dass die Unklarheit über die Wirksamkeit und die Zusammensetzung des Impfstoffs von Johnson und Johnson, der derzeit im Land verabreicht wird, für sie Grund genug sei, ihm nicht zu vertrauen. „Ich werde den Impfstoff nicht nehmen, weil seine Sicherheit nicht erwiesen ist. Es ist wie ein Versuch und Irrtum, und es geht hier um Leben. Wir können nicht mit Leben experimentieren.“ Die kamerunische Studentin Manka Berinice sagte der DW, sie mache sich Sorgen, dass der Impfstoff Nebenwirkungen oder Langzeitfolgen haben könnten. „Vielleicht wurde er getestet und für gut befunden, aber er könnte uns langfristig beeinträchtigen. Vielleicht bekommen wir auf lange Sicht Knochenbrüche oder andere Krankheiten und nicht nur COVID-19″, sagte Berinice der DW.

Eine andere Hörerin sagte, der Impfstoff würde viele Probleme mit sich bringen, z.B. keine Kinder zu bekommen und andere gesundheitliche Probleme. „Niemand hier wird den Impfstoff nehmen“, sagte sie. „Wir halten uns von dem Impfstoff fern.“ Die Weltbank schrieb am 11.8.2021 unter dem Titel „What is driving Covid-19 vaccine hesitancy in Sub-Saharan Africa?“, dass 6 von 10 Menschen in Benin, Liberia, Niger, Senegal und Togo zögern, sich impfen zu lassen. In Malawi und im Südsudan sind mehrere zehntausend Dosen ungenutzt verfallen.

Wer die aktuellen Debatten bei uns um die moralische Besserwisserei – auch zu Corona – verstehen möchte, sollte zu dem kürzlich bei „Matthes und Seitz“ auf Deutsch erschienenen Essay „Das Reich des Guten“ von Philippe Muray greifen. Zwei Zitate daraus:

„Das Leben ist kurz, Geschäft ist Geschäft: Damit das Geld aus den Tresoren sprudelt, muss mindestens, und zur Primetime, ein Leichentuch gelupft, den Fernsehzuschauern ab und zu ein frisch verhungertes somalisches Baby gezeigt werden.“ (S. 82) 

„Über Moral zu reden, verpflichtet zu nichts! Das verschafft einem Ansehen, verbirgt einen. Alle Mistkerle sind Prediger! Je ausgekochter, desto gesprächiger! Ich werde nie müde, diese Passage aus Mea Culpa [Louis-Ferdinand Céline: Mea Culpa, 1937] zu zitieren. (S. 102) 

Wir sollten diese Bedenken ernst nehmen und, wenn möglich, konkret aufklären. Weder in Europa noch in Afrika werden Versuche gemacht, die Motivation der Impf-Zurückhaltung zu ergründen. Auch Afrikanern sollte zugebilligt werden, dass sie nachdenken, abwägen und dann die eigene Urteilskraft entwickeln. Eine Auslagerung der Eigenverantwortung an ausländische „Experten“ hat gerade in Afrika eine lange Tradition. Möglicherweise empfinden viele Afrikaner die Pandemie auch einfach nicht als so gravierend, wie dies bei uns medial präsentiert wird. Ich kann und will dies nicht bewerten.

Tatsache bleibt: Die afrikanischen Staaten verzeichnen bislang nur einen Bruchteil der vermuteten Toten. Wir sollten ihnen zutrauen, dass sie Verantwortung für ihre Bürger übernehmen können. Die Kommentare bei uns haben mir lebhaft vor Augen geführt, dass Gefühltes in der öffentlichen Wahrnehmung wichtiger werden kann als Fakten. Übrigens: Der einzige mir bekannte deutsche Virologe, der Afrika kennt, weil er in Uganda und Südafrika tätig war, ist Professor Hendrik Streeck.

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte 11. Auflage erschien am 18. März 2021. Volker Seitz publiziert regelmäßig zu afrikanischen Themen und hält Vorträge (z.B. „Was sagen eigentlich die Afrikaner“, ein Afrika-ABC in Zitaten).

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