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„Dies ist nicht unser Krieg!“ – Steinmeier und das große Versagen in Afghanistan

Published On: 7. September 2021 13:18

Damaliger Außenminister Frank-Walter Steinmeier und damaliger Präsident Afghanistans, Ashraf Ghani – 02.12.2015. Berlin

IMAGO / photothek, Bild zugeschnitten

Am 31. August 2021 fiel Afghanistan endgültig. Zumindest aus der Warte der westlichen Länder, die dort seit 20 Jahren intervenierten, beziehungsweise einen völkerrechtswidrigen Krieg führten. Denn an diesem historischen Tag zogen die letzten Truppen der Amerikaner aus Kabul ab. Damit endete der längste Militäreinsatz der USA, der am 7. Oktober 2001 mit der Operation „Enduring Freedom“ begann, in einem wahren Fiasko! Dementsprechend feierten die siegreichen Taliban auch. Zurück ließen die USA und ihre Verbündeten zig Tausende Tote und Verletzte sowie Millionen Flüchtlinge.

  • Kriegsverbrechen und fragwürdige Machenschaften in Afghanistan
  • Bundespräsident Steinmeier (SPD) versucht Verantwortung auf Allgemeinheit abzuwälzen
  • Steinmeier während Afghanistankrieg zweimal Außenminister
  • Bericht über Gewalt an Zivilisten eines Oberstlieutnant aus Kabul von Steinmeier ignoriert
  • Oberstleutnant Heiducoff wurde danach „kaltgestellt“

Von Guido Grandt

„All diese Dinge sind Verbrechen“

Der Journalist Emran Feroz brachte dieses Desaster auf einen Nenner: „Am Boden verbündeten sich US-Spezialeinheiten mit verschiedenen afghanischen Warlords, Drogenbaronen und allerlei anderen fragwürdigen Akteuren, deren Biografien bereits auf den ersten Blick deutlich machten, dass es Washington und seinen Verbündeten weder um Menschenrechte noch um Demokratie ging.“

Und weiter: „Mit dem ‚War on Terror‘ wurden Folter und Massenmord praktisch legalisiert und Hunderttausende von Menschen für vogelfrei erklärt. Zivilisten, die von Drohnen oder schattenhaften Spezialeinheiten gejagt und ermordet wurden, deklarierte man als ‚Terroristen‘, etwa, indem man ihnen Waffen unterjubelte. All diese Dinge sind Verbrechen – und zwar nach jeder westlichen Verfassung, die es gibt.“

Steinmeiers falsche Schuldzuweisung

Mea culpa dafür auch beim deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, der wenige Tage vor dem schmachvollen Abzug im August 2021 anklagte: „Wir erleben in diesen Tagen eine menschliche Tragödie, für die wir Mitverantwortung tragen, und eine politische Zäsur, die uns erschüttert und die Welt verändern wird.“

Allerdings stimmt diese Analyse nicht ganz, denn die angesprochene Mitverantwortung auf „wir“, und damit auf uns „alle“, abzuwälzen ist völlig absurd. So stimmten die deutschen Wähler nie darüber ab, ob die Bundeswehr sich an diesem Krieg beteiligen soll. Vielmehr tat das der Bundestag. Also wenn schon „wir“, dann „wir Parlamentarier“.

Steinmeiers Verantwortung im Afghanistan-Krieg

Außerdem ist Steinmeiers Rolle während dieses Krieges zu hinterfragen, hat er doch alle dementsprechenden Maßnahmen selbst mitgetragen. Manch einer spricht sogar von „ermöglicht“. Zur Erinnerung: Von 1999 – 2005 war Steinmeier unter dem SPD-Kanzler Gerhard Schröder Chef des Bundeskanzleramtes, von 2005 – 2009 erstmals Bundesaußenminister und ab 2007 Vizekanzler. Von 2013 – 2017 trat er seine zweite Amtszeit als Außenminister an. Diese zeitliche Einordnung ist wichtig für die nachfolgende Betrachtung.

Ein „Brandbrief aus Kabul“

Oberstleutnant Jürgen Heiducoff wurde während seiner dreijährigen Dienstzeit in Afghanistan Zeuge von unverhältnismäßiger militärischer Gewalt durch westliche Alliierte gegenüber Zivilisten. Schon früh forderte er deshalb eine strategische Neuausrichtung, zu der eine Stärkung der Zivilgesellschaft gehörte.

Später wurde der Oberstleutnant militärischer Berater des deutschen Botschafters in Kabul. Im Frühjahr 2007 ließ er Außenminister Steinmeier eine aktuelle Analyse zur Lage am Hindukusch zukommen. Die Medien bezeichneten diese Auswertung als „Brandbrief aus Kabul.“

Deutsche Generäle beschönigen die Lage in Afghanistan

Darin hieß es unter anderem: „Herr Minister, ich beobachte eine wachsende Dissonanz zwischen den Zielen unserer Afghanistanpolitik und der militärischen Praxis. Ich stelle fest, dass in Unterrichtungen von ISAF für Politiker und Parlamentarier die militärische Lage unzulässig geschönt dargestellt wird. Auch deutsche Generale beschönigen oder verschweigen eigene Probleme.“

Gemeint sind damit die „ständigen Forderungen nach Truppenverstärkung, die steigenden Kosten des militärischen Engagements, das Anwachsen eigener Verluste und die wachsende Zahl ziviler Opfer.“ Dies alles würde die Ungeeignetheit und Ausweglosigkeit der militärischen Gewalt als Lösung der inneren und äußeren gesellschaftlichen Probleme Afghanistans bedeuten.

Der Oberstleutnant weiter: „Wenn immer mehr zivile Opfer und unsägliches Leid durch die eigenen Militärs unter der Zivilbevölkerung produziert werden, dann eignet sich das Mittel der militärischen Gewalt nicht, um die Probleme in diesem Land zu lösen … Tragen Sie bitte dazu bei, die weitere Eskalation der militärischen Gewalt in AFG zu stoppen.“

„Dies ist nicht unser Krieg!“

Auf einer Veranstaltung der Friedensbewegung anlässlich des 10. Jahrestages des Kriegsbeginns in Afghanistan appellierte Oberstleutnant Jürgen Heiducoff noch einmal eindringlich:

„Dies ist nicht mein Krieg! Dies ist nicht unser Krieg!  Wir lassen es nicht zu, dass unsere demokratischen Werte in Kriegen der NATO vor aller Welt diffamiert werden. Wir fordern von unseren Politikern: Beendet den Krieg in Afghanistan, verhindert weitere Kriege der NATO, folgt den Vorgaben unseres Grundgesetzes. KRIEG IST NIE DIE LÖSUNG!“

So wurde der Oberstleutnant kaltgestellt

Dieser Appell ging wohl zu weit. Denn der Oberstleutnant erhielt von seinem Vorgesetzten Außenminister Frank-Walter Steinmeier keine Reaktion auf seinen „Brandbrief“. Dafür aber ab 2007 dienstrechtliche Auseinandersetzungen, die ein Jahr später sogar zu seiner Ablösung führten. Natürlich bestritt sein Dienstherr einen Zusammenhang mit seiner an die höchsten politischen Stellen geäußerten Kritik. Heiducoff sieht das jedoch anders. Denn ihm gegenüber wurden keinerlei Disziplinarverstöße festgestellt oder sonstige Verfehlungen, die hätten zu seiner Ablösung führen können.

Doch dabei blieb es nicht: Während die Kameraden des Oberstleutnants, die sich für eine weitere militärische Eskalation aussprachen, befördert wurden, ging er diesbezüglich leer aus. Anstatt also, dass der heutige Bundespräsident Steinmeier (auch) auf andere zeigt, sollte er sein eigenes Versagen eingestehen und Soldaten wie Jürgen Heiducoff seinen Respekt zollen. Alles andere ist Augenwischerei.

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