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«Es gibt keinen Grund mehr, auf die unsolidarische Minderheit der Ungeimpften Rücksicht zu nehmen»

Published On: 29. November 2021 16:38

Veröffentlicht am 29. November 2021 von RL.

Rund 63 Prozent der Stimmbürger sagten am 28. November Ja zum Covid-19-Gesetz. Noch mehr als am 13. Juni 2021. Damals stimmten 60 Prozent dafür. Auch wenn die Enttäuschung gross ist unter den Kritikern, gilt festzuhalten: 1,3 Millionen Menschen sagten Nein zur Corona-Politik der Regierung.

Gemäss einer Befragung der Tamedia-Medien haben zudem rund 56 Prozent der 18 bis 34-Jährigen gegen das Covid-19-Gesetz gestimmt. Daran bauen auch die «Freunde der Verfassung» auf. «Diese Generation ist unsere Zukunft», schreibt der Vorstand der Verfassungsfreunde nach der Abstimmung. Corona-Transition hat für Sie, liebe Leserinnen und Leser, Statements von zahlreichen Schweizer Zeitungen zur Volksabstimmung zusammengetragen.

Weltwoche

Kritisch ordnete Weltwoche-Journalist Alex Baur das Ergebnis ein. «Das deutliche Plebiszit könnte die Regierung ermuntern, die Schraube weiter anzuziehen», schreibt er. Ob Bundesrat Berset es ernst meine mit der «nationalen Versöhnung», von der er am Sonntagabend sprach, daran zweifelt Baur. Für ihn steht fest: «Die Massnahmen-Gegner werden ihren Kampf unvermindert weiterführen. Und das ist absolut legitim. Das Schweizer Stimmvolk hat schon ein halbes Dutzend Anti-Atom-Initiativen abgelehnt. Niemand warf den AKW-Gegnern deshalb mangelndes Demokratieverständnis vor.»

Beim Widerstand gegen die Corona-Massnahmen gehe es um viel mehr als um läppische Masken und Zertifikate. «Zur Debatte stehen die verfassungsmässigen Grundrechte, das Verhältnis zwischen Bürger und Staat, die unheimliche Macht von Meinungsmachern und Expertokratie. Der Kulturkampf um Corona dürfte bloss ein Vorgeschmack sein auf das, was beim Klima noch auf uns zukommt. Und er hat eine neue politische Kraft mobilisiert, die in keine gängige Schablone passt. Aus dem Stand und gegen den erbitterten Widerstand des Establishments konnte diese Bewegung gegen 40 Prozent der Stimmbevölkerung für sich gewinnen.» Doch mit diesem Erfolg werde sich die Bewegung nicht zur Ruhe setzen. «Das Corona-Regime hat einen Geist aus der Flasche gelockt, der so einfach nicht mehr aus der Welt zu schaffen ist.»

Watson

«Die Würfel sind gefallen, es gibt keinen Grund mehr, in der Pandemie-Bekämpfung auf die unsolidarische Minderheit der Ungeimpften Rücksicht zu nehmen», schreibt Watson-Chefredaktor Maurice Thiriet in einem offenen Brief an Bundesrat Guy Parmelin.

Er fordert, dass Parmelin nun den Druck auf die Ungeimpften erhöhe. «Sie sollten deshalb darauf hinarbeiten, den immer noch Ungeimpften die Entscheidung zur Impfung nach Kräften zu erleichtern. Will heissen: Rasche Impfobligatorien für die Berufsgruppen, wo sie rechtlich möglich sind, eine knackige 2G-Regelung für den Zugang zum öffentlichen Verkehr und allen nichtessenziellen Orten, Dienstleistungen und Menschenansammlungen, sowie empfindliche, umsatz- und einkommensabhängige Bussen bei Zuwiderhandlungen.»

Der grössten Teil der Ungeimpften, der «schlicht ängstlichen», wie Thiriet sie bezeichnet, könnte sich dank des politischen Drucks dann «ernsthaft mit der Materie auseinandersetzen». So könnten die «schlecht informierten Ungeimpften» dann «murrend», aber ohne ihr Gesicht zu verlieren zur Impfung schreiten, findet Thiriet. Die radikalen Impfgegner wiederum sollten sich gemäss dem Chefredaktor «sozial an den Kosten beteiligen, die ihr Verhalten verursacht hat».

Tages-Anzeiger

Der Tages-Anzeiger interpretiert das Abstimmungsergebnis als einen «Triumph der Vernunft». «Eine klare Mehrheit des Schweizer Stimmvolks steht hinter einer faktenbasierten und wissenschaftlich abgestützten Bekämpfung der Pandemie. Inklusive Covid-Zertifikat», schreibt Co-Chefredaktor Mario Stäuble. Er plädiert für weitere Massnahmen wie zum Beispiel eine ausgeweitete Maskenpflicht sowie auch mehr Home-Office. Auch gelte es, das Testregime auszuweiten und zu «Boostern, was das Zeug hält».

WOZ

Auch die linke Wochenzeitung WOZ feiert das Volksverdikt. Die Zeitung fordert rasch weitere Massnahmen der Regierung. Schliesslich sei es «höchste Zeit, dass der Bundesrat auf die dramatische Entwicklung der Pandemie reagiert, auch in globaler Sicht», schreibt WOZ-Journalistin Anna Jikhareva. Denn jetzt würden «nur noch strengere Massnahmen helfen». Den Gegnern des Gesetzes kann Jikhareva wenig abgewinnen. «Die Spaltung der Gesellschaft in zwei gleich grosse Hälften ist ein Phantom geblieben. Denkbar ist sogar, dass der Lärm erst recht jene zum Abstimmen motivierte, die sozialdarwinistischem Egoismus nichts abgewinnen können.»

NZZ

«Massnahmen-Skeptiker müssen bremsen», das schreibt NZZ-Redaktor Daniel Gerny. Nun müsse die Minderheit das Resultat akzeptieren. Er zweifelt jedoch daran und schreibt: «Wie gross die Bereitschaft bei den Gegnerinnen und Gegnern des Gesetzes ist, erscheint allerdings fraglich: Viele von ihnen, unter ihnen auch Wortführer, haben die Schweiz in den vergangenen Wochen als Unrechtsstaat bezeichnet, mit Nazi-Deutschland verglichen oder Bundesräte als Diktatoren beschimpft.»

Laut Gerny sei zudem die Tonalität während des Abstimmungskampfes «über das zulässige Mass hinaus» gegangen. Der NZZ-Redaktor sieht die Massnahmenkritiker gefordert: «Diejenigen, die im Zertifikat die Hauptursache für eine Spaltung sehen, sind deshalb jetzt gefordert. Nehmen sie ihre eigene Befürchtung vor einer Aufsplitterung der Gesellschaft ernst, müssen sie nach geschlagener Schlacht dafür sorgen, dass die Gräben nicht noch tiefer werden. Ganz besonders, falls die Pandemie wegen der neu entdeckten Virusvariante noch längere Zeit andauert. Damit ist nicht zuletzt die SVP angesprochen: Sie hat parteipolitische Überlegungen in dieser Krise bisher oft über alles gestellt und mit voller Kraft polarisiert, um Querdenker am rechten Rand nicht zu vergraulen.»

In der Pflicht sieht Gerny aber auch die Befürworter des Gesetzes. «Das Ja zum Covid-Gesetz bewahrt die Schweiz zwar vor einer unmöglichen Ausgangslage. Doch ein Unbehagen ist nach bald zwei Jahren praktisch ununterbrochenen Freiheitsbeschränkungen berechtigt.» Zentral sei jetzt, dass die Sieger ihr «ihr Sensorium für die einschneidenden Folgen von Vorschriften und Verboten nicht verlieren».

Nebelspalter

Anders als weite Teile der Mainstream-Presse würdigt das Medienportal Nebelspalter das Abstimmungsergebnis. Dominik Feusi schreibt: «Ist das Abstimmungsergebnis ein «Entscheid der Vernunft», wie es nun überall heisst? Man sollte den Einfluss der Vernunft in der Politik nicht überschätzen. Und vor allem nicht vorschieben, wenn ein Entscheid so herausgekommen ist, wie man es selber erhofft hat. Fakt bleibt, dass die Pandemie nicht mit dem Zertifikat, nicht mit der Impfung allein bekämpft werden kann.»

Feusi moniert, dass nach wie vor unklar sei, wie die Schweiz ihren «Weg aus dem Massnahmenregime» zurückfinden soll. Ein Weg, bei dem auch die «Macht der Exekutive» wieder stärker beschränkt werden müsse. Den Gegnern des Gesetzes rät Feusi, «den Frust über das Resultat wegzustecken und sich weiter zu engagieren». Jedoch besser: «Vielleicht etwas sachlicher, differenzierter als bisher. Einiges an ihrer Kritik und ihren Befürchtungen ist begründet, nur werden diese von schrillen Figuren übertönt», so Feusi. Er rät den Kritikern deshalb, die «Verschwörungstheoretiker in den eigenen Reihen zu mässigen oder sich von ihnen zu distanzieren».

Ostschweiz

Für Stefan Milius, Chefredaktor der Ostschweiz, war die Volksabstimmung einzigartig. Das Resultat gelte es zwar zu akzeptieren. Jedoch sei das deutliche Ja nur durch permanente Propaganda seitens der Regierung möglich gewesen. «Es gab, wenigstens in den 35 Jahren, in denen ich Volksabstimmungen beobachte, nie etwas Vergleichbares», schreibt Milius. Und weiter: «Eine Regierung und ihre Verwaltung geben den Kurs vor, 99 Prozent der Medien tragen ihn völlig unkritisch weiter. Das Ergebnis ist eine Dauerbeschallung über 1,5 Jahre hinweg, der sich kaum jemand entziehen konnte.»

Das Ziel sei die Aushebelung des Volks und seines Parlaments, und zwar auf lange Sicht. Das sei auch gelungen. «Niemandem scheint die Tragweite dessen, was geschehen ist, bewusst. Eine Mehrheit hat den Instinkten nachgegeben, die geprägt sind von den Schlagzeilen der letzten Monate. Schlagzeilen, die selten wahr wurden. Aber das spielt keine Rolle. Die Wahrheit hat keine Chance gegen Schlagzeilen und Plakate.»

Tribune de Genève

Die Genfer Tageszeitung Tribune de Genève sieht das Resultat ebenfalls positiv. Damit vermeide die Schweiz eine Krise, «die zu einer weiteren Krise führt», schreibt Chefredaktor Frédèric Julliard. Er hält aber auch fest, dass die Sache längst nicht vorbei sei, schliesslich hätten fast 4 von 10 Schweizern Nein gesagt. «Die Opposition ist zwar in der Minderheit, aber nicht marginal. Sie reicht weit über Impfgegner und Verschwörungstheoretiker hinaus», so Julliard.

Basler Zeitung (BaZ)

«Der Abstimmungskampf war ein Armutszeugnis für die direkte Demokratie im Land. Er wurde in gehässigem Ton geführt, für einzelne Politiker und Politikerinnen war er gar bedrohlich», schreibt die BaZ. Sie ist der Meinung, dass die Politik jetzt doppelt gefordert sei, weil bei «Teilen der lauten Minderheit der Anstand auf der Strecke bleibt». Der Bundesrat müsse die Bevölkerung «wissenschaftlich fundiert aus der Krise führen». Auch müsse die Regierung nun «Zeichen setzen».

«Gegen alle Trychler und Demonstranten, die mit Geifereifer und schrägen Parolen ‹Impft euch ins Knie!› das Klima aufheizen und Löcher in die Demokratie bohren», so die Zeitung. Die «gehässige Abstimmungskampagne» sowie die Angst vor dem Volk habe die Exekutive «offenbar völlig paralysiert.»

Blick

Blick-Chefredaktor Christian Dorer zeigt sich erfreut über das Resultat. Dorer ist der Meinung, dass die Regierung nun die Mehrheit der Stimmbürger stärker in seine «Corona-Strategie» einbinden und auch «entschlossener handeln» müsse. Denn: «Die Mehrheit von 76,5 Prozent Geimpften (über 12 Jahren) hat es satt, sich für die Minderheit von 23,5 Prozent Ungeimpften einschränken zu müssen. Spätestens seit einem Jahr dürfte wirklich jeder wissen, dass die Pandemie allein durch konsequentes Impfen beendet werden kann.»

Schweizer Fernsehen (SRF)

Das SRF sieht sich bestätigt: «Innerhalb von nur einem halben Jahr hat die Stimmbevölkerung nun zweimal die Pandemie-Politik des Bundesrates unterstützt», schreibt Andy Müller für SRF. Er beklagt, dass die Abstimmung die Schweiz tief gespalten habe. «Es steht eine schweigende Mehrheit gegen eine sehr laute, bisweilen aggressive Minderheit. Diese Minderheit hat die Debatte beherrscht, die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Davon aber hat sich die schweigende Mehrheit nicht anstecken lassen.»

Jetzt gelte es, pragmatisch weiterzufahren. Müller plädiert für «so wenig Einschränkungen wie möglich, so viele wie nötig». «Mit dieser pragmatischen und zeitweise auch mutigen schweizerischen Politik der Pandemiebekämpfung ist der Bundesrat bisher gut gefahren.»

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