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Achtung: ökonomische Desinformation

Published On: 13. März 2022 0:30

Veröffentlicht am 13. März 2022 von CS.

Das neueste Buch der Wirtschaftsjournalistin Myret Zaki heisst «Désinformation économique» und zeigt auf, «wie man die Fehler in den Zahlen erkennt». Im Gegensatz zu dem, was wir von offiziellen Reden und Marketinglügen gewohnt sind, erfahren wir bei Zaki unter anderem, dass die Schweizer immer ärmer werden, und dass es der EU wirtschaftlich schlecht geht. Und wir erfahren, wie das reichste eine Prozent der Welt die öffentliche Meinung formt.

Das Buch ist eine Übung in intellektueller Freiheit. Myret Zaki ist ein Freigeist und ein kluger Kopf. Sie steht ausserhalb politischer Klüngel, ist in keiner Ideologie gefangen und analysiert die Welt aus einer völlig unabhängigen Perspektive. …

So stellt die Autorin gleich in der Einleitung klar: Wenn heute von Desinformation gesprochen wird, dann meist, um in den sozialen Medien irgendwelche Leute zu stigmatisieren – «Schreihälse», Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremisten, Russen, Chinesen etc. Die Desinformation, von der Zaki hier spricht, kommt jedoch «von oben», von den westlichen «Staaten, Grosskonzernen, Geheimdiensten, Lobbys, PR-Agenturen»:

«Desinformation ist die Verbreitung von Angaben, die von offizieller Seite oder von Akteuren wichtiger Institutionen stammen, und die eine andere Realität vorgaukeln, die Fakten beschönigen oder verfälschen – und zwar in einer Weise, die eher den Interessen des Absenders als der Wahrheit und dem öffentlichen Interesse entspricht.»

Zahlen haftet immer eine Aura der Objektivität an. Doch Myret Zaki enthüllt anhand von Beispielen, wie Zahlen manipuliert werden. Und zwar von denjenigen, die uns die Vorzüge ihrer Ideologie schmackhaft machen wollen, während sie auschliesslich Eigeninteressen verfolgen.

Die Desinformation, von der Zaki spricht, hat einerseits «eine geopolitische Funktion nach aussen: zu verschleiern, dass der Westen im Niedergang begriffen ist, während andere Mächte aufstreben», und andererseits «eine soziale Funktion nach innen: das Ausmass der sozialen Forderungen zu verringern». Einige Beispiele:

Lebenshaltungskosten

Der Index der Lebenshaltungskosten ist von grosser Bedeutung. Er gibt an, wie sich die Mindestkosten für den Konsum einer Reihe von Waren und Dienstleistungen mit gleichbleibendem Nutzen für den Verbraucher entwickeln. An ihm lässt sich also der Zugang der Verbraucher zu diesen Gütern ablesen, ihre Möglichkeit, sie zu erhalten – oder eben nicht. Dieser Index ist nicht zu verwechseln mit dem Verbraucherpreisindex (VPI), der lediglich die Preisentwicklung einer bestimmten Menge von Waren und Dienstleistungen misst.

Dabei spielt es eine Rolle, ob eine Inflation vorliegt oder nicht, d. h. ob beispielsweise die Löhne erhöht werden müssen, um die Kaufkraft der Arbeitnehmer zu erhalten. Oder ob die Altersrenten dafür angepasst werden müssen. Myret Zaki erklärt: «Der Schweizer VPI schliesst bestimmte Ausgaben aus. (…) Zum Beispiel die Krankenversicherungsprämien, die zu den Haushaltsausgaben gehören, die in den letzten Jahren am stärksten gestiegen sind.» Weiter heisst es: «Da der VPI nicht die tatsächlichen Lebenshaltungskosten der Haushalte widerspiegelt, vermittelt er bloss das irreführende Signal, dass die Preise niedrig sind und die Löhne nicht an die Teuerung angepasst werden müssen.» Dabei sei darauf hingewiesen, dass in der Schweiz stagnierende Löhne nicht eine Stagnation des Wachstums widerspiegeln. Denn «zwischen 2009 und 2018 sind die von den SMI-notierten Unternehmen an die Aktionäre ausgeschütteten Dividenden um mehr als 50% gestiegen.»

Krankenversicherungsprämien

Myret Zaki, durchaus keine Linke, gibt zu bedenken: «Die Arbeitgeber haben es vorgezogen, die Dividenden zu steigern, statt die Löhne ausreichend zu erhöhen. Dafür hat der Staat mehr Unterstützungsgelder mit unseren Steuern ausbezahlt.» Und Zaki erinnert uns daran, dass in der Schweiz «1,5 Millionen Haushalte oder 37% der Haushalte Krankenversicherungszuschüsse erhalten». Ja, Sie haben richtig gelesen:

«Für 37% der Haushalte in der Schweiz ist es unmöglich, die obligatorische Krankenversicherung mit ihrem Einkommen zu decken. Dies in einem Land, in dem die Inflation in den letzten Jahren angeblich gering bis null war und die Arbeitslosigkeit mit 2,5% im Oktober 2021 so niedrig ist, dass man von Vollbeschäftigung spricht.»

Ebenfalls bedenklich: «in der Westschweiz läuft einer von fünf Rentnern Gefahr, unter das Existenzminimum zu fallen». Solche Informationen werden mit den offiziellen Inflations- und Arbeitslosenzahlen jedoch geschickt verschleiert.

Zugang zu Wohneigentum so schwierig wie nie

Noch nie waren die Hypothekarzinsen in der Schweiz so niedrig wie in den letzten Jahrzehnten. Rund 1,3 %, wenn man einen Kredit mit einer Laufzeit von 10 Jahren aufnehmen möchte, um ein Haus zu kaufen. Bedeutet das, dass es für die meisten Menschen in unserem Land einfacher geworden ist, ein Eigenheim zu erwerben? Ganz und gar nicht!

«Dieses eine Prozent vermittelt ein falsches Bild der Realität. Der Satz sagt nichts darüber aus, dass die Banken die Kreditbedingungen verschärft haben. Um in den Genuss dieses Zinssatzes von 1 % zu kommen, verlangt die Bank, dass der Käufer theoretisch in der Lage ist, einen Zinssatz von 5 % (für die Amortisation) und zusätzlich 1 % für die Instandhaltung zu finanzieren. Und diese effektiven Finanzierungskosten dürfen nicht mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens betragen. Es werden immer höhere Einkommen und Kapital benötigt, um die Bedingungen für Immobilieneigentum zu erfüllen. So kommt es, dass in einem Land, in dem die ausgewiesenen Hypothekenzinsen auf einem Tiefststand sind, der Zugang zu Wohneigentum für die meisten Haushalte noch nie so schwierig war. (…) Der Anteil der Haushalte mit Wohneigentum ist bis 2021 auf 37% gesunken, gegenüber 44% im Jahr 2016 und 47,6% im Jahr 2013.»

Die Börsenlüge

Myret Zaki spricht in ihrem Buch nicht nur über die Schweiz. Das Thema «Unterlassungen, die an Lügen grenzen» illustriert sie unter anderem anhand der USA: Dort wird beispielsweise der Börsenanstieg als Ergebnis des Wirtschaftswachstums dargestellt:

«Während der Amtszeit von Donald Trump (aber nicht nur) haben die Finanzmedien, in diesem Fall Fox News, suggeriert, dass die Rekordstände der Börsenindizes auf die hervorragende Leistung der Wirtschaft zurückzuführen seien. Der Eindruck wird erweckt, der Börsenanstieg im Jahr 2020 sei allein dem Verdienst der börsennotierten Unternehmen zu verdanken. Doch das ist falsch. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist das organische Wachstum der Unternehmen durchschnittlich bis gering, und die Börsenrekorde sind zu einem grossen Teil den Zentralbanken zu verdanken, die seit 2009 praktisch ununterbrochen Geld in die Märkte pumpen.»

Realwirtschaft vs. Finanzpropaganda

Wiederholen wir es: Myret Zaki ist weder links noch Verschwörungstheoretikerin. Vielmehr hält sie Wirtschaftskommunikation und Information auseinander – denn diese haben «zwei entgegengesetzte Ziele», wie sie ihrem Buch erklärt. Daneben behandelt Zaki auch den «Einfluss von Sponsoren, Mäzenen und Stiftungen» bei der wirtschaftlichen Desinformation, ausserdem Propaganda, Desinformation über Steueroasen, die Unterschätzung der EU-Defizite etc. …

Ja, es stimmt: Myret Zakis Buch ist eine Übung in intellektueller Freiheit. Und wir als Leser sind unsererseits frei, uns zu informieren oder weiterhin an den Unsinn zu glauben, der uns Tag für Tag aufgetischt wird.

zum vollständigen Artikel (auf Französisch)

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Dieser Artikel wurde uns von unseren Freunden bei Bon pour la tête zur Verfügung gestellt, dem führenden alternativen Medium der französischsprachigen Schweiz. Von Journalisten für wache Menschen.

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