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Jacques Baud: Die militärische Lage in der Ukraine

Published On: 2. April 2022 1:30

Veröffentlicht am 2. April 2022 von LK.

Red. Jacques Baud war Oberst der Schweizer Armee und war für den Schweizerischen Strategischen Nachrichtendienst, in der UNO und als NATO-Delegierter tätig. Seine detailreiche Analyse des Ukraine-Konflikts wurde zuerst vom Centre Français de Recherche sur le Renseignement und auf Bon pour la la tête veröffentlicht. Wir haben Auszüge aus Bauds Artikel für Sie ins Deutsche übersetzt. – Corona-Transition Redaktion

Auf dem Weg zum Krieg

Jahrelang habe ich mich für den Frieden eingesetzt, ganz gleich, ob es um kriegerische Auseinandersetzungen in Mali oder Afghanistan ging. Dafür habe ich mein Leben riskiert. Der Fokus liegt hier nicht darauf, den Krieg zu rechtfertigen, sondern zu verstehen, wieso er ausgebrochen ist. Ich stelle immer wieder fest, dass die «Experten», die in den Fernsehstudios ein- und ausgehen, die Situation auf der Grundlage zweifelhafter Informationen analysieren. Meist werden dabei Hypothesen zu Tatsachen erhoben. Dadurch wird es unmöglich, zu verstehen, was wirklich vor sich geht. So wird Panik erzeugt.

Versuchen wir, die Wurzeln des Konflikts zu untersuchen. Dafür müssen wir auf diejenigen schauen, die uns in den letzten acht Jahren von «Separatisten» oder «Unabhängigen» im Donbass erzählt haben. Sie haben Unwahrheiten erzählt. Die von den beiden selbsternannten Republiken Donezk und Lugansk im Mai 2014 durchgeführten Referenden zielten nicht auf «Unabhängigkeit» (независимость) ab, wie von einigen skrupellosen Journalisten behauptet wurde, sondern auf «Selbstbestimmung» oder «Autonomie» (самостоятельность). Die Bezeichnung «pro-russisch» suggeriert, dass Russland eine Konfliktpartei war, was nicht der Fall war, und der Begriff «russischsprachig» wäre ehrlicher gewesen. Im Übrigen wurden diese Referenden gegen den Willen von Wladimir Putin durchgeführt.

Tatsächlich strebten diese Republiken nicht eine Abspaltung von der Ukraine an, sondern einen Autonomiestatus, der ihnen den Gebrauch der russischen Sprache als Amtssprache garantiert hätte. Die erste gesetzgeberische Massnahme der neuen Regierung, die aus dem Sturz von Präsident Janukowitsch hervorging, war am 23. Februar 2014 die Abschaffung des Kivalov-Kolesnichenko-Gesetzes von 2012. Mit diesem Gesetz war Russisch als Amtssprache festgelegt worden. Das war in etwa so, als hätten Putschisten beschlossen, dass Französisch und Italienisch von nun an keine Amtssprachen der Schweiz mehr sind.

Diese Entscheidung löste einen Sturm der Empörung in der russischsprachigen Bevölkerung aus. Infolgedessen wurde hart gegen die russischsprachigen Regionen (Odessa, Dnjepropetrowsk, Charkow, Lugansk und Donezk) vorgegangen. Die Repressionen setzten ab Februar 2014 ein und führten zu einer Militarisierung der Situation und mehreren Massakern (in Odessa und Mariupol, um die grössten zu nennen) führt. Im Spätsommer 2014 blieben nur noch die selbsternannten Republiken Donezk und Lugansk übrig.

Zu diesem Zeitpunkt waren die ukrainischen Generalstäbe zu starr und zu sehr auf einen doktrinären Ansatz der Kriegsführung fixiert, sodass sie den Feind erduldeten, ohne sich durchsetzen zu können. Die Untersuchung des Verlaufs der Kämpfe 2014-2016 im Donbass zeigt, dass der ukrainische Generalstab systematisch und mechanisch die gleichen operativen Schemata anwandte. Der von den Autonomisten geführte Krieg ähnelt jedoch dem, was man in der Sahelzone beobachten kann: sehr mobile, mit einfachen Mitteln realisierte Operationen. Mit einem flexibleren und weniger doktrinären Ansatz konnten die Rebellen die Trägheit der ukrainischen Streitkräfte ausnutzen und ihnen immer wieder «Fallen stellen».

2014 war ich bei der NATO für die Bekämpfung der Verbreitung von Kleinwaffen zuständig. Wir versuchten, russische Waffenlieferungen an die Rebellen aufzudecken und zu sehen, ob Russland darin verwickelt ist. Die Informationen, die wir dann erhielten, stammten fast ausschliesslich vom polnischen Geheimdienst und «passten» nicht zu den Informationen der OSZE: Trotz ziemlich grober Unterstellungen gab es keine russischen Waffen- und Militärgüterlieferungen. Die Versorgung kommt von russischsprachigen ukrainischen Einheiten, die zu den Rebellen überlaufen.

Im Zuge der ukrainischen Niederlagen liefen nach und nach ganze Panzer-, Artillerie- oder Flugabwehrbataillone mit Waffen und Gepäck auf die Seite der Autonomisten über. Dies veranlasste die Ukrainer, sich an den Minsker Vereinbarungen zu beteiligen. Doch unmittelbar nach der Unterzeichnung des Abkommens Minsk-I startete der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine gross angelegte Antiterrorismus-Operation (ATO) (Антитерористична операція) gegen den Donbass. Von NATO-Offizieren schlecht beraten, erlitten die Ukrainer bei Debalzewo eine schwere Niederlage, die sie zwang, sich an das Minsk-II-Abkommen zu halten …

An dieser Stelle muss unbedingt daran erinnert werden, dass die Abkommen Minsk-I (September 2014) und Minsk-II (Februar 2015) weder die Trennung noch die Unabhängigkeit der Republiken vorsahen, sondern ihre Autonomie im Rahmen der Ukraine. Wer die Abkommen gelesen hat (und das tun sehr, sehr, sehr wenige), wird feststellen, dass darin ausdrücklich geschrieben steht, dass der Status der Republiken zwischen Kiew und den Vertretern der Republiken ausgehandelt werden sollte, um eine innerukrainische Lösung zu finden.

Aus diesem Grund hat Russland seit 2014 systematisch ihre Umsetzung gefordert, sich aber geweigert, Verhandlungspartei zu sein, da es sich um eine interne Angelegenheit der Ukraine handelte. Auf der anderen Seite hat der Westen – allen voran Frankreich – systematisch versucht, das Minsker Abkommen durch das «Normandie-Format» zu ersetzen, welches Russen und Ukrainer gegenüberstellt. Es sei daran erinnert, dass vor dem 23. und 24. Februar 2022 niemals russische Truppen im Donbass stationiert waren. Ausserdem haben die OSZE-Beobachter nie auch nur die geringste Spur von russischen Einheiten beobachtet, die im Donbass operierten. So zeigt die von der Washington Post am 3. Dezember 2021 veröffentlichte Karte des US-Geheimdienstes keine russischen Truppen im Donbass.

Im Oktober 2015 gestand Vasyl Hrytsak, Direktor des ukrainischen Sicherheitsdienstes (SBU), dass nur 56 russische Kämpfer im Donbass gesichtet worden seien. Es war das gleiche Phänomen wie bei den Schweizern, die in den 1990er Jahren in Bosnien gekämpft haben und heute in der Ukraine kämpfen.

Zum jetzigen Zeitpunkt befindet sich die ukrainische Armee in einem desolaten Zustand. Im Oktober 2018, nach vier Jahren Krieg, erklärte der oberste ukrainische Militärstaatsanwalt Anatolij Matios, dass die Ukraine im Donbass 2700 Männer ausserhalb von Gefechten verloren habe: 891 Krankheitsfälle, 318 Verkehrsunfälle, 177 andere Unfälle, 175 Vergiftungen (Alkohol, Drogen), 172 durch unvorsichtigen Umgang mit Waffen, 101 durch Verstösse gegen Sicherheitsvorschriften, 228 Morde und 615 Selbstmorde.

Tatsächlich ist die Armee aufgrund ihrer korrupten Führungskräfte unterminiert und geniesst nicht mehr die Unterstützung der Bevölkerung. Laut einem Bericht des britischen Innenministeriums erschienen bei der Einberufung der Reservisten im März/April 2014 70% nicht zur ersten Einberufung, 80% nicht zur zweiten, 90% nicht zur dritten und 95% nicht zur vierten.

Im Oktober/November 2017 ignorierten 70% der Einberufenen die Einberufungskampagne «Herbst 2017». Dabei sind Selbstmorde und Desertionen (häufig zugunsten der Autonomisten), die im NATO-Gebiet bis zu 30% der Mannschaftsstärke erreichen, noch nicht einmal berücksichtigt. Junge Ukrainer weigern sich, im Donbass zu kämpfen und ziehen die Emigration vor, was zumindest teilweise auch das demografische Defizit des Landes erklärt.

Das ukrainische Verteidigungsministerium wandte sich daraufhin an die NATO, um ihr dabei zu helfen, ihre Streitkräfte «attraktiver» zu machen. Da ich bereits an ähnlichen Projekten im Rahmen der Vereinten Nationen gearbeitet hatte, wurde ich von der NATO gebeten, an einem Programm zur Wiederherstellung des Images der ukrainischen Streitkräfte mitzuwirken. Dies ist jedoch ein langwieriger Prozess und die Ukrainer wollen schnell vorankommen.

Um die Auswanderung junger Menschen nach Europa zu kompensieren, greift die ukrainische Regierung auf paramilitärische Milizen zurück. Diese bestehen hauptsächlich aus ausländischen Söldnern, die oftmals rechtsextreme Aktivisten sind. Im Jahr 2020 machten sie etwa 40% der ukrainischen Streitkräfte aus und waren 102’000 Mann stark. Sie werden von den USA, Grossbritannien, Kanada und Frankreich bewaffnet, finanziert und ausgebildet. Es sind über 19 Nationalitäten vertreten – auch Schweizer.

Die westlichen Länder haben also eindeutig ukrainische rechtsradikale Milizen geschaffen und unterstützt. Im Oktober 2021 schlug die Jerusalem Post Alarm und kritisierte das Projekt Centuria. Diese Milizen operieren seit 2014 mit westlicher Unterstützung im Donbass. Man kann über den Begriff «Nazi» streiten, aber es ist eine Tatsache, dass diese Milizen gewalttätig sind, eine üble Ideologie verbreiten und virulent antisemitisch sind. Ihr Antisemitismus ist eher kulturell als politisch bedingt, weshalb ich die Bezeichnung «Nazi» nicht sehr mag.

Ihr Judenhass rührt von den grossen Hungersnöten in der Ukraine in den 1920er und 1930er Jahren her, nachdem Stalin die Ernten beschlagnahmt hatte, um die Exporte zu steigern und so die Modernisierung der Roten Armee zu finanzieren. Dieser Völkermord – in der Ukraine als Holodomor bekannt – wurde jedoch vom NKWD (Vorläufer des KGB) verübt, dessen Führungsebenen hauptsächlich mit Juden besetzt waren. Aus diesem Grund fordern ukrainische Extremisten von Israel eine Entschuldigung für die Verbrechen des Kommunismus, wie die Jerusalem Post feststellt.

Die ukrainischen Milizen sind aus den rechtsextremen Gruppen hervorgegangen. Sie haben 2014 die Revolution auf dem Euromaidan angeführt und bestehen aus fanatischen und brutalen Typen. Die bekannteste Miliz ist das Asow-Regiment, dessen Emblem an die 2. SS-Panzerdivision «Das Reich» erinnert, die in der Ukraine regelrecht verehrt wird, weil sie 1943 Charkow von den Sowjets befreit hat.

Zu den berühmten Figuren des Asow-Regiments gehörte auch der Oppositionspolitiker Roman Protassewitsch, der 2021 von den weissrussischen Behörden im Zuge der Affäre um den RyanAir-Flug FR4978 festgenommen wurde. Am 23. Mai 2021 wurde die absichtliche Entführung eines Passagierflugzeugs mit einer MiG-29 (natürlich mit Putins Zustimmung) erwähnt, um Protassewitsch festzunehmen, obwohl die damals verfügbaren Informationen absolut nicht auf dieses Szenario hindeuten.

Man bemühte sich, hervorzuheben, dass Präsident Lukaschenko ein Schurke und Protassewitsch ein «demokratiebegeisterter Journalist» ist. Dabei hatte eine amerikanische NGO 2020 eine recht aufschlussreiche Untersuchung zu Protassewitsch durchgeführt, die seine militanten Aktivitäten als Rechtsextremist aufdeckte. Daraufhin setzte die westliche Verschwörungstheorie ein und skrupellose Medien «feilten» an seiner Biografie.

Im Januar 2022 wurde der ICAO-Bericht veröffentlicht. Daraus ging hervor, dass Weissrussland trotz einiger Verfahrensfehler vorschriftsmässig gehandelt hatte und dass die MiG-29 fünfzehn Minuten, nachdem der RyanAir-Pilot beschlossen hatte, in Minsk zu landen, abhob. Also keine Verschwörung mit Belarus und schon gar nicht mit Putin. Ah, noch ein Detail: Protassewitsch, der von der belarussischen Polizei grausam gefoltert wurde, ist frei. Wer mit ihm korrespondieren möchte, kann dies über seinen Twitter-Account tun.

Die Bezeichnung der ukrainischen Paramilitärs als «Nazis» oder «Neonazis» wird als russische Propaganda betrachtet. Das mag sein, aber das entspricht nicht der Meinung der Times of Israel, des Simon Wiesenthal Centers oder des Zentrums für Terrorismusbekämpfung der West Point Academy. Dieser Punkt bleibt umstritten, denn 2014 schien das Magazin Newsweek sie eher mit dem Islamischen Staat in Verbindung zu bringen … Die Wahl liegt bei Ihnen!

Der Westen unterstützt und bewaffnet also Milizen, die seit 2014 zahlreiche Verbrechen an der Zivilbevölkerung begangen haben: Vergewaltigungen, Folter und Massaker. Die Schweizer Regierung hat sehr schnell Sanktionen gegen Russland verhängt, nicht aber gegen die Ukraine.

Im ukrainischen Militärsystem sind die paramilitärischen Kräfte Teil der Streitkräfte, aber nicht Teil der ukrainischen Armee: Sie sind keine Manöververbände, sondern eignen sich hervorragend für den Stadtkampf und die Kontrolle der russischsprachigen Bevölkerung in den Grossstädten. Aus diesem Grund werden sie in russischsprachigen Städten eingesetzt. Im Laufe der Jahre waren sie für zahlreiche Gräueltaten verantwortlich; die Journalistin Anne-Laure Bonnel berichtete über einige von ihnen. Zu diesen Truppen kommen noch CIA-Söldner hinzu, die sich aus ukrainischen und europäischen Kämpfern zusammensetzen und Sabotageakte durchführen sollen.

(…)

Der Krieg

Im Klartext heisst das: Joe Biden weiss, dass die Ukrainer anfangen, die Zivilbevölkerung im Donbass zu beschiessen. Das stellt Russland vor die schwierige Wahl, dem Donbass militärisch zu helfen und damit ein internationales Problem zu schaffen oder tatenlos zuzusehen, wie die russischsprachige Bevölkerung im Donbass zertrampelt wird.

Wladimir Putin hat nicht viele Möglichkeiten: Er weiss, dass er eingreifen muss, nur schon aufgrund der internationalen Verpflichtung der «Responsibility to Protect» (R2P). Er weiss auch, dass sein Eingreifen eine Flut von Sanktionen auslösen wird. Ob er sich nun auf den Donbass beschränkt oder weitergeht, um in der Frage des Ukraine-Status Druck auf den Westen auszuüben – der Preis wird derselbe sein. Daher beschloss er am 21. Februar, dem Antrag der Duma stattzugeben und die Unabhängigkeit der beiden Donbass-Republiken anzuerkennen.

Im Anschluss daran unterzeichnete er mit ihnen Freundschafts- und Beistandsverträge. Am 23. Februar baten die beiden von der ukrainischen Artillerie unter Druck gesetzten Republiken Russland um Hilfe. Am 24. Februar berief sich Russland auf Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen, der die gegenseitige militärische Unterstützung im Rahmen eines Verteidigungsbündnisses vorsieht.

In seiner Ansprache vom 24. Februar nannte Wladimir Putin die beiden Ziele seiner Operation: «Entmilitarisierung» und «Entnazifizierung» der Ukraine. Es geht also nicht darum, die Ukraine einzunehmen, und wahrscheinlich auch nicht darum, sie zu besetzen oder zu zerstören.

Tatsächlich sind die Ziele der Operation von Anfang an klar: a) Einkreisung der ukrainischen Armee, die sich an der Grenze zum Donbass versammelt hat, durch einen Angriff aus dem Osten über Charkow und einen Angriff aus dem Süden von der Krim aus; b) Zerstörung der paramilitärischen Milizen, die insbesondere die Städte Odessa, Charkow und Mariupol beherrschen.

Die russische Offensive verläuft nach einem sehr «klassischen Muster». Ähnlich, wie es die Israelis 1967 getan hatten, geht es zunächst darum, die ukrainische Luftwaffe am Boden zu zerstören und ihre Befehls- und Geheimdienststrukturen (C3I) zu neutralisieren. Dies wird innerhalb weniger Stunden erreicht. Anschliessend sollte nach dem Prinzip des «fliessenden Wassers» auf mehreren Achsen gleichzeitig vorgerückt werden: überall dort, wo der Widerstand schwach ist, sollte man vorrücken und die Städte (die sehr viele Truppen verschlingen) für einen späteren Zeitpunkt zurücklassen. Im Norden wurde das Kraftwerk Tschernobyl sofort besetzt, um Sabotageakte zu verhindern. Bilder von ukrainischen und russischen Soldaten, die gemeinsam das Kraftwerk bewachen, werden natürlich nicht gezeigt …

(…)

Schlussfolgerungen

Ob der Begriff «Völkermord» auf die Übergriffe gegen die Bevölkerung im Donbass zutrifft, ist eine offene Frage. Üblicherweise wird der Begriff für Fälle grösseren Ausmasses (Holocaust usw.) verwendet, doch seine Definition in der Völkermordkonvention ist wahrscheinlich weit genug gefasst, um auch hier Anwendung zu finden. Juristen werden dies zu schätzen wissen.

Offensichtlich hat uns dieser Konflikt in die Hysterie getrieben. Sanktionen scheinen zum bevorzugten Instrument unserer Aussenpolitik geworden zu sein. Hätten wir uns an das Minsker Abkommen gehalten, das wir mit der Ukraine ausgehandelt und unterstützt hatten, wäre all dies nicht passiert. Mit Wladimir Putins Verurteilung verurteilen wir auch uns selbst: Es hat keinen Sinn, im Nachhinein zu jammern, man hätte vorher handeln müssen, und weder Emmanuel Macron (als Garant und Mitglied des UN-Sicherheitsrats), noch Olaf Scholz oder Wolodymyr Selenskyj haben ihre Verpflichtungen eingehalten.

Letztlich wird Wladimir Putin seine Ziele mit der Ukraine wohl erreichen. Seine Verbindungen zu China haben sich gefestigt. China tritt als Vermittler in dem Konflikt auf, während die Schweiz nun auf der Liste der Feinde Russlands steht. Die Amerikaner müssen Venezuela und den Iran um Öl bitten, um der energiepolitischen Sackgasse zu entkommen, in die sie sich selbst gebracht haben: Der venezolanische Oppositionsführer Juan Guaidó verlässt endgültig die Bühne, und die USA müssen kläglicherweise ihre Sanktionen gegen ihre Feinde zurücknehmen.

Währenddessen versuchen unsere Regierenden, die russische Wirtschaft zum Einsturz zu bringen und lassen das russische Volk darunter leiden. Manche rufen sogar dazu auf, Putin zu ermorden. Auch, wenn sie ihrer Äusserungen – teilweise – zurückgenommen haben, zeigt dies, dass wir nicht mehr Werte haben als diejenigen, die wir hassen.

Die Lektion, die wir aus diesem Konflikt lernen müssen, besteht darin, die Unbeständigkeit unseres Sinns für Menschlichkeit genauer zu betrachten: Was macht den Konflikt in der Ukraine verwerflicher als den Krieg im Irak, in Afghanistan oder in Libyen? Welche Sanktionen haben wir gegen diejenigen verhängt, die die internationale Gemeinschaft vorsätzlich belogen haben? Haben wir auch nur eine einzige Sanktion gegen diejenigen verhängt, die den Jemen – mit seinen 377’000 Kriegsopfern – mit Waffen versorgen?

Zum vollständigen Artikel (auf Französisch)

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Jacques Baud war Oberst der Schweizer Armee und arbeitete für den Schweizerischen Strategischen Nachrichtendienst und war NATO-Delegierter in Brüssel. Baud war für die UNHCR u.a. in Afrika tätig und ist Gründer des Internationalen Zentrums für Humanitäre Minenräumung in Genf (CIGHD). Er ist Autor zahlreicher Bücher und Artikel über Nachrichtendienste, asymmetrische Kriegsführung, Terrorismus und Desinformation.

Dieser Artikel wurde uns von unseren Freunden bei Bon pour la tête zur Verfügung gestellt, dem führenden alternativen Medium der französischsprachigen Schweiz. Von Journalisten für wache Menschen.

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