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Kultur-Kompass: „Die unheimlichen Parallelen“

Published On: 24. April 2022 14:00

Die Einschränkung unveräußerlicher bürgerlich-individueller Rechte, die Verfolgung irrationaler Ziele im Namen der Wissenschaft und die zunehmende Intoleranz gegenüber Andersdenkende („Cancel Culture“): Irgendetwas läuft gehörig schief in Deutschland. Wie so etwas zustande kommt, kann man bei Leonard Peikoff lernen.

„Cancel Culture“, eine aktivistisch-aggressive Jugend- und Studentenbewegung, die von der älteren Generation in ihrem Verhalten bestärkt wird und eine prorussisch ausgerichtete Politik sind nichts Neues. Man könnte auch sagen: Die Geschichte wiederholt sich. Eben das ist die Kernaussage Leonard Peikoffs Buch, „Die unheimlichen Parallelen. Das Ende der Freiheit in Amerika“.

Aber wer ist eigentlich Leonard Peikoff? In Deutschland eher unbekannt, ist er in den Vereinigten Staaten als Schüler Ayn Rands bekannt. Anhänger des Objektivismus, Verfechter des Individuums, Freund der Vernunft. Und weil er individualistisch und vernünftig ist, begegnete ihm dasselbe Schicksal wie Ayn Rand und Jordan Peterson in Deutschland: der Stempel als „rechts“, die Etikettierung als persona non grata. Der vernünftige Leser weiß sofort: Nichts wie zugreifen!

Das gilt auch für die „Die unheimlichen Parallelen“. Obwohl das englischsprachige Original, „The Ominous Parallels“, bereits im Jahre 1984 erschien, kam dieses Jahr abermals eine deutsche Version heraus. Der Zeitpunkt könnte nicht besser für Deutschland sein. Die temporäre Einschränkung allgemeiner unveräußerlicher bürgerlich-individueller Rechte während der Coronapademie, die Verfolgung irrationaler Ziele im Namen der Wissenschaft („follow the science“) und die zunehmende Intoleranz gegenüber Andersdenkende („Cancel Culture“): Irgendetwas läuft gehörig schief in Deutschland. Nicht nur in Deutschland, sondern in weiten Teilen westlicher Länder.

„Intellektuelle Baumeister von Auschwitz“

Genau hier setzt Peikoffs kritische Auseinandersetzung an. In der Hauptsache möchte er die Ursachen für das Erstarken des Nationalsozialismus und der Machtergreifung Hitlers in Deutschland darlegen. Übersieht man Peikoffs pessimistische Prognose, dass Amerika und die westlichen Staaten in eine eigene nationalsozialistische Form der Diktatur münden würden, bietet Peikoff eine brillante Analyse der damaligen politischen, kulturellen und geistigen Verhältnisse.

Die Parallelen zum heutigen Deutschland sind erschreckend: Der Schulterschluss zwischen Politikern und Ökonomen, Kulturschaffenden und Journalisten, Universitätsangehörigen und Intellektuellen und ihre apokalyptische Stimmung. Einerseits. Andererseits die Verachtung der Vernunft, heute eher bekannt als ad absurdum geführter Dekonstruktivismus und Poststrukturalismus, der sich hinter dem Gewand des Intellektualismus versteckt.

Um diese Prozesse verständlich darzulegen, geleitet Peikoff den Leser im Flanierschritt durch die Geschichte der deutschen und amerikanischen Philosophie. Besonders Plato, Kant und Hegel sind ihm ein Dorn im Auge. Plato, der das Gemeinwesen über das Individuum stellte. Kant, der den Glauben über das Wissen stellt. Und Hegel, der Staatshörigkeit als Bürgerpflicht ausrief. Diese drei beziehungsweise die falsch kollektivistisch interpretierten Schlussfolgerungen einiger halb-intelligenter Personen ebneten den Weg für weitere anti-individualistische Theorien und ihre entsprechende praktische Umsetzung. „Die drei sind mehr als alle anderen die intellektuellen Baumeister von Auschwitz“, schlussfolgert er.

„Toxische Emotionalität“

Deswegen führt Peikoff den Leser auch durch die Ära der Weimarer Republik. Durch das „Goldene Zeitalter“, mit seinen kulturellen Errungenschaften in Literatur (um Beispiel Gerhart Hauptmann) und Philosophie (zum Beispiel Martin Heidegger), Physik (zum Beispiel Werner Heisenberg) und Theologie (zum Beispiel Martin Buber). Aber auch durch die politisch dunklen Zeiten, wie etwa den Spartakusaufstand bis hin zum Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten im Jahre 1933. „Hass auf Werte und auf deren Wurzel – die Vernunft“, waren das entscheidende Charakteristikum dieser Zeit.

Ebendiese Vorherrschaft aus Irrationalität und Hass sieht Peikoff zunehmend auch in den Vereinigten Staaten der 1990er Jahre. Der Hang vieler junger Menschen zur Astrologie und zur Esoterik, die Überhöhung des je eigenen Standpunktes aus emotionaler Sicht und das Versagen der Intellektuellen. Heute würde er wohl von „toxischer Irrationalität“ oder „toxischer Emotionalität“ sprechen, die im Land grassiert.

Doch Peikoff lässt den Leser nicht mit diesem Problem allein. Ein Gegenmittel gegen diesen „Virus der Irrationalität“ bietet er an. Eine neue, rationale Philosophie, den Objektivismus, wie ihn Ayn Rand vertrat: einen vernünftigen Egoismus. Fälschlicherweise interpretieren diese Annahme viele als Freibrief, alles zu machen, was man möchte. Das ist mehr als falsch. Vielmehr beruht dieser vernünftige Egoismus auf einem System objektiver moralischer Werte in Kombination eines rationalen Eigeninteresses. Eine notwendige Bedingung hierfür: weniger staatlicher Dirigismus, mehr individuelle Freiheiten. Nur das kann uns vor etwaigen selbstgemachten gesellschaftlichen Katastrophen schützen.

Peikoff schafft es, diesen komplexen Sachverhalt sachlich und verständlich, aber nie langweilig darzulegen. Die knapp 400 Seiten vergehen wie im Fluge. Gekonnt versteht es Peikoff, mittels gut ausgewählter Beispiele und anschaulichen Darstellungen, trockene Inhalte auf spannende Weise zu vermitteln. Das große Wissensrepertoire aus dem er schöpft, von Geschichte über Philosophie bis hin zu Politik, tun ihr Zusätzliches. Seine Quintessenz: Die Geschichte wiederholt sich. Doch lernen wir daraus?

„Die unheimlichen Parallelen. Das Ende der Freiheit in Amerika“ von Leonard Peikoff, 2022, Jena: TvR Medienverlag. Hier bestellbar.

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