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Schätze aus Kindertagen

Published On: 24. April 2022 0:15

Veröffentlicht am 24. April 2022 von KD.

Nein, ich erinnere mich nicht an alles, was mich in meiner Kindheit wozu motiviert hat. Ich habe keine Ahnung mehr, was mich bewogen hat, mich aufzustellen und die ersten Schritte zu wagen. Genauso wenig erinnere ich mich daran, warum ich es wieder und wieder probiert habe, obwohl ich anfangs vermutlich öfter auf dem Hosenboden gelandet bin. Ich vermute mal, dass neben dem Nachahmungseffekt, ein untrügliches Gespür dafür, dass das Erlernen dieser Sache mir ganz neue Welten erschliessen würde, seinen Teil dazu beigetragen hat. Wie ich darauf komme? Nun, wenn ich’s recht bedenke, funktioniere ich noch heute so.

Was bewegt mich, daraus eine Artikel zu machen? Wir leben in einer Zeit, in der sich in wenigen Tagen soviel ändern kann, wie in anderen Zeiten in einem halben Jahr – und man könnte den Eindruck gewinnen, kaum hinterher zu kommen. Menschen treten in unser Leben, Menschen scheiden aus unserem Leben. Aus einem friedlichen Miteinander wird eine hässliche Konfrontation. Wo gestern noch Stabilität war, stellt sich plötzlich eine erdrückende Unsicherheit ein. Wer genauer hinsieht, mag erkennen, wieviel Mut es braucht, sich dem Leben zu stellen, wenn sich alles so schnell verändert und unserer Kontrolle entzieht.

Was wir leicht vergessen: All das ist nicht neu! Eventuell ist das sogar das Problem: als Kind musste ich nichts unter Kontrolle haben, es war halt so. Wir gehen seit unserer Kindheit mit solchen Erfahrungen um. Es scheint nur, dass wir, je älter wir werden, in Gefahr stehen, in eine Starre zu verfallen, die uns den Umgang mit diesen Situationen unnötig erschwert.

Allerdings gilt auch das Gegenteil, jedenfalls bei mir: Wo gestern noch Zaghaftigkeit herrschte, stellt sich Entdeckerfreude ein. Aus Einsamkeit wird Gemeinschaft mit Gleichgesinnten. Wo Angst herrschte, stellt sich Zuversicht ein. Und das alles nicht einfach so, sondern im Zusammenleben und Zusammenwirken mit Menschen.

Wir haben in unserer Kindheit bereits gelernt, mit dem ein oder anderen umzugehen. Ich hatte es schlichtweg vergessen. Wer erinnert sich nicht auch noch daran, dass man im Urlaub am Strand Kinder kennengelernt, sich mit ihnen angefreundet hat, um sie nach zwei bis drei Wochen wieder loszulassen und mit etwas Wehmut, aber doch ganz einverstanden mit der Situation, mit den Eltern wieder nach Hause zu fahren. Die schönen Stunden für immer hinter sich lassend.

Wir haben gelernt, immer wieder zu probieren, bis wir endlich stabil Fahrrad fahren konnten und dann natürlich auch freihändig. Andererseits ergab es sich auch, dass nach den Ferien die Karten, was Schulfreundschaften angeht, plötzlich neu gemischt wurden, nicht alle, aber manche. Das konnte schmerzhaft sein, aber es war einfach so und alles hatte als wichtige Lebenserfahrung seinen Platz.

Was hilfreich war, war wohl, dass wir Menschen und Orte hatten, die Geborgenheit boten und zu denen wir uns in den Stunden, in denen uns das Erlernen von Lektionen für’s Leben besonders schwer fiel, hinkehren konnten. Das waren auch dieselben Menschen und Orte, zu denen wir zurückkehrten, beladen mit den Schätzen, die uns der Tag beschert hatte.

Was ich für essentiell halte: Das Bauen und Pflegen von einem solchen Ort im Innern, wo ich ein- und ausgehe und «Weide» finde in den Unwegsamkeiten und den Freuden des Lebens gleichermassen. Als Erwachsene bin ich für diesen Nestbau selbst verantwortlich. Und plötzlich realisiere ich, wie viel ich eigentlich schon in Kindertagen gelernt habe. Auch die Schätze von damals stehen mir heute als Orientierungspunkte immer noch zur Verfügung.

Wozu das gut ist? Die Lebensfreude und die Neugierde auf jeden neuen Tag stellen sich wieder ein. Was irgendwie erstarrt und schwer war, wird wieder beweglich und hell. Da ist wieder diese Kraft, der Wille, sich täglich neu ins Abenteuer Leben zu stürzen – kein Gedanke mehr an gestern – um mit offenen Armen jeden Tag zu empfangen. Den Tag zu leben in einem unbändigen Drang, seine Schätze zu heben und ihn am Abend auch wieder loszulassen. Er gehört mir nicht, er ist.

Wo ich das Gewesene offenen Herzens und ohne Bedenken wieder loslasse, kann sich Neues zu mir gesellen. Es hat sich nicht alles geändert. Toll!

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