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Curtis Mayfield: 50 Jahre „Superfly“

Published On: 18. Juni 2022 16:00

Die schwarze Musiker-Legende schrieb den Soundtrack für den vor 50 Jahren erschienenen Blaxploitation-Film „Superfly und zahlreiche andere Hits – bis ein grausames Unglück sein Leben völlig aus der Bahn warf.

Curtis Mayfield gehört zweifelsohne zu den größten und einflussreichsten Soulmusikern aller Zeiten. Eine ganze Reihe von Klassikern der Black Music stammen aus seiner Feder. So etwa „People Get Ready“, das wahrscheinlich am bekanntesten in der Version von Jeff Beck und Rod Stewart aus dem Jahr 1985 ist, aber vielleicht am schönsten von den Walker Brothers interpretiert wurde und ganz sicher zu den hervorragendsten Gospel-Songs der neueren Zeit gezählt werden muss. Das Stück stammt ursprünglich aus den Goldenen 60ern, als Mayfield noch Mitglied der – heute würde man sagen: Boygroup – The Impressions war. Als sein bekanntestes und erfolgreichstes Album gilt jedoch „Superfly“ von 1972.

Genau genommen handelt es sich dabei um die Filmmusik zu dem gleichnamigen Blaxploitation-Drama, das im August 1972 in die Kinos kam (das Soundtrack-Album wurde bereits zuvor im Juli veröffentlicht). Der Begriff Blaxploitation tauchte hier schon einmal im Zusammenhang mit Isaac Hayes auf, der mit seinem Soundtrack zum Gangsterstreifen „Shaft“ von 1971 ebenfalls den größten Erfolg seiner Karriere einfahren konnte. Blaxploitation ist ein sogenanntes Portmanteau oder Kofferwort, das aus einer Verschmelzung der beiden Wörter „Blacks“ und „Exploitation“ besteht. Einschlägig gebildete Geister denken bei Exploitation möglicherweise eher an Karl Marx und Friedrich Engels und die Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die raffgierigen Kapitalisten. Hier ist jedoch das Genre des Exploitation-Films gemeint, das sich gemeinhin durch reißerische Elemente in Form expliziter Gewalt- und Erotikdarstellungen auszeichnet, die sozusagen „ausbeuterisch“ dazu genutzt werden, um möglichst hohe Zuschauerzahlen zu generieren.

Der Ausdruck „Blacks“ steht dabei freilich für „die Schwarzen“ als Angehörige der Black Community, die als Hauptdarsteller fungieren und in deren spezifischer Lebenswelt der Plot angesiedelt ist. Blaxploitation als Filmgenre entstand im Zuge der Bürgerrechtsbewegung in den USA und reicht bis ins Jahr 1963 und dem ersten Streifen dieser Art mit dem Titel „The Cool World“ zurück. Das gestiegene Selbstbewusstsein der afro-amerikanischen Bevölkerung fand damit endlich auch seinen Niederschlag in der Filmindustrie, die auf diese Weise das bislang vernachlässigte Marktsegment der farbigen Kinobesucher zu erschließen suchte (also doch Kapitalismus!).

Bei den Märschen der schwarzen Bürgerrechtsbewegung gesungen

Nach dem überwältigenden Erfolg von „Shaft“ musste rasch ein ebenbürtiger Nachfolger her. Gordon Parks Jr., der Sohn von „Shaft“-Regisseur Gordon Parks, wollte seinem alten Herrn zeigen, dass er es genauso gut kann und übernahm kurzerhand die Regie bei „Superfly“. Und auch hinsichtlich der Filmmusik wollte man sich nicht lumpen lassen: Konnte für den Score von „Shaft“ der in der Black Community schwer angesagte Isaac Hayes verpflichtet werden, so gelang es, für „Superfly“ den zu dieser Zeit bereits legendären Curtis Mayfield zu gewinnen. Der 1942 in Chicago geborene Musiker, Sänger und Songwriter hatte bereits in den 60er Jahren mit seinen Impressions und Hits wie „Gypsy Woman“, „It’s All Right“, „Keep On Pushing“, „We‘re a Winner“ oder dem bereits erwähnten „People Get Ready“ die Geschichte des Soul und der Black Music federführend mitgeschrieben.

Wie viele Afroamerikaner seiner Generation engagierte sich Mayfield für die Gleichberechtigung der farbigen Bevölkerung und trat in seinen Songtexten für schwarzes Selbstbewusstsein ein. Es waren mitunter seine Lieder, die bei den Märschen der Bürgerrechtsbewegung gesungen wurden. Und auch Martin Luther King flocht in seine Reden gerne Songtitel der Impressions wie „People Get Ready“, „Keep On Pushing“ oder „We’re a Winner“ ein. Als Komponist von Songs für zahlreiche andere Interpreten des Chicagoer Okeh-Labels, das neben Motown in Detroit und Stax in Memphis als das dritte große Soullabel Amerikas gelten darf, hatte Mayfield zudem maßgeblichen Anteil an jenem Subgenre, das als Chicago Soul in die Annalen der modernen Musik eingehen sollte. Als herausragende Beispiele aus dieser Phase seien die beiden Stücke „Good Times (A.K.A. Gonna Be Good Times)“ von Gene Gandler und „The Monkey Time“ von Major Lance von 1963 genannt.

1970 veröffentlichte Mayfield dann sein erstes Soloalbum mit dem schlichten Titel „Curtis“, das geradewegs bis an die Spitze der Billboard R&B-Charts kletterte und in den Pop-Charts immerhin einen respektablen 19. Platz belegen konnte, der ihm zudem eine Goldene Schallplatte einbrachte. Das heutzutage bekannteste Stück des Albums, der Soul-Evergreen „Move On Up“, konnte sich seinerzeit in den US-Charts allerdings nicht behaupten, kletterte im Vereinigten Königreich aber bis auf den 12. Platz. Dagegen wurde die zuvor ausgekoppelte Single „(Don‘t Worry) If There’s a Hell Below, We‘re All Going to Go“ ein Hit, der es bis auf den 3. Platz der amerikanischen R&B-Charts und immerhin auf Platz 29 der allgemeinen Billboard-Hitliste schaffte. Auch sein zweites Album namens „Roots“ von 1971 gilt inzwischen als Klassiker des Soulgenres, konnte jedoch nicht an den Erfolg des Debüts anschließen.

Der bittersüße Hauch des Verderbens

Der ganz große Durchbruch sollte ihm dann aber mit dem dritten Anlauf und seinem Soundtrack zu „Superfly“ gelingen: Das Album landete auf Platz 1 sowohl in den amerikanischen R&B- als auch in den Pop-Charts und wurde mit Gold ausgezeichnet. Der Titelsong und das Stück „Freddie‘s Dead“ konnten sich zudem in den Top 10 beider Hitlisten platzieren und erreichten ebenfalls Goldstandard. Die Musik auf „Superfly“ hatte sich im Vergleich zu den beiden Vorgängern aber schon merklich verändert und sich wohl mit Absicht der Vorlage von „Shaft“ mit seinen funkigen Wah-Wah-Gitarrensounds und den orchestralen Arrangements angenähert. Während der Soundtrack zu „Shaft“ jedoch fast ausnahmslos aus Instrumentalstücken besteht, gibt es auf „Superfly“ nur zwei davon.

Die anderen sieben Tracks der Originalausgabe (inzwischen gibt es einige erweiterte Neuauflagen) sind mit Text und Gesang versehen. Ich weiß nicht wie und warum, aber auch ohne den Film gesehen zu haben, zaubert mir die Scheibe vom ersten Stück an Bilder von Harlem oder der Bronx vor das innere Auge. „Little Child Runnin‘ Wild“, „Pusherman“ und „Freddie’s Dead“ – drei Mayfield-Klassiker am Stück – klingen nach Straßengangs, Drogendealern und Ghettokids aus prekären Familienverhältnissen mit überforderten, alleinerziehenden Müttern, die viel zu jung zu viele Kinder bekommen haben und dann von den Vätern sitzen gelassen wurden. Ein altes Problem in den minderbemittelten Milieus der schwarzen Bevölkerung – bis heute.

Von der Armut ist es nur ein kleiner Schritt zu Kriminalität, Drogen und Gewalt. Ein Strudel, in den man nur allzu leicht hineingezogen wird, aus dem man aber nur schwer wieder herauskommt. Manch einer geht darin unter. So wie Freddie aus dem vorgenannten Song, den Mayfield – gleich einem Todesengel – mit einem besonders sanften Falsett singt und so die Härte des Lebens im Ghetto in seiner ganzen Morbidität kontrastiert. Der bittersüße Hauch des Verderbens. Und bei „Give Me Your Love (Love Song)“ muss die Liebe wie so oft in der Musik – vielleicht zu oft und zu leichtfertig – als Kontrapunkt und Lösung für alle Probleme dieser Welt herhalten. Möglicherweise hat das mit der Entstehung der Musik aus Kult und Religion und ihrer seit jeher unzertrennlichen Verbindung zu tun. In den Songtexten von „Superfly“ überwiegt jedoch ganz klar der Pessimismus, der nicht selten das Resultat eines gänzlich desillusionierten Realismus ist. Und so heißt es im Titelsong dann auch: „Ask him his dream. What does it mean? He wouldn’t know. ‘Can’t be like the rest’ is the most he’ll confess. But the time’s running out. And there’s no happiness.“ („Frag ihn nach seinem Traum. Er weiß gar nicht, was das bedeuten soll. ‚Nicht wie der Rest sein‘ ist alles, was ihm dazu einfällt. Aber die Zeit läuft davon. Und Glück gibt es nicht.“).

Schicksalsschläge und frühes Ende

Zunächst sollte Mayfield das Glück aber erst einmal treu bleiben: Seine drei nachfolgenden Alben konnten sich allesamt an der Spitze der R&B-Charts positionieren, wie auch seine Filmmusik zu der Komödie „Let’s Do It Again“ (dt. „Drehn wir noch‘n Ding“) aus dem Jahr 1975 mit Sidney Poitier, der 1964 als erster afroamerikanischer Hauptdarsteller einen Oscar erhielt, und Bill Cosby in den Hauptrollen. Noch bis in die 80er Jahre hinein veröffentlichte Mayfield im Jahrestakt neue Alben, denen jedoch nicht mehr der Erfolg früherer Zeiten beschieden war. Dafür begab er sich auf ausgedehnte Tourneen, die ihn um die ganze Welt führten. Am 13. August 1990 erschien dann sein Soundtrack zum „Superfly“-Nachfolger „The Return of Superfly“. Just an diesem Tag wurde er von einem grausamen Pech heimgesucht: Während eines Auftritts bei einem Open-Air-Konzert im New Yorker Stadtteil Brooklyn brach ein Sturm los. Eine von der Lichtanlage gelöste Traverse traf ihn so unglücklich, dass er fortan vom Hals abwärts gelähmt war.

Trotz seines Zustands komponierte er weiter Musik und ließ sich sogar zum Singen ins Studio transportieren. Er hatte nämlich herausgefunden, dass im Liegen die Schwerkraft so an seinem Brustkorb zog, dass die Luft stark genug aus seiner Lunge gepresst wurde, um seine Stimmbänder zum Schwingen zu bringen. Allerdings musste er auf diese Weise Zeile für Zeile separat einsingen. Sein letztes Album mit dem Titel „New World Order“ erschien schließlich 1996. Das Grauen hatte aber noch kein Ende: Aufgrund einer hinzugekommenen Diabetes musste ihm 1998 sein rechtes Bein amputiert werden. Ein kleiner Lichtblick mag dagegen seine Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame im Jahr 1999 gewesen sein. Krankheitsbedingt konnte er jedoch nicht an der Zeremonie teilnehmen. Noch am Ende desselben Jahres starb Curtis Mayfield im Alter von 57 Jahren an den Folgen seiner Diabetes-Erkrankung.

P.S.: Die beste Soulmusic, die ich in den letzten Jahren gehört habe, kommt ausgerechnet von einem kreidebleichen Isländer, der sich Júníus Meyvant nennt. Von ihm sind bislang eine selbstbetitelte EP (2015), die beiden Alben „Floating Harmonies“ (2016) und „Across the Borders“ (2019) sowie die EP „Rearview Paradise“ (2020) erschienen, die für mich zu den absoluten Highlights nicht nur des Blue-Eyed-Soul gehören und mich immer wieder an die Musik des großen Curtis Mayfield erinnern.

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