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Sanktionen schaden Europa mehr als Russland

Published On: 11. Juli 2022 19:57

Veröffentlicht am 11. Juli 2022 von AS.

Für den deutschen Politikwissenschaftler und Publizisten Michael Lüders steht fest, «dass die Sanktionsmassnahmen gegen Russland als Antwort auf den Krieg in der Ukraine Deutschland und Europa mehr schaden als Moskau»; siehe Video 1. Einen Grund dafür sieht er in der Ausrufung der zweiten Stufe des «Notfallplans Gas» am 23. Juni durch den deutschen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.

Video 1: Lüders kritisiert das «selbstverschuldete Energiedesaster». Quelle: YouTube, Michael Lüders.

Lüders sieht in der Russlandpolitik der deutschen Bundesregierung den «symbolischen Anfang vom Ende des deutschen Wohlstandes». So können Energieversorger die explodierenden Kosten an die Verbraucher (Unternehmen wie auch Haushalte) weitergeben, sodass eine Verarmung der Bevölkerung bis in die Mittelschicht drohe.

So warnt eine Studie im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), dass eine Lieferunterbrechung von russischem Gas für die deutsche Wirtschaft massive Schäden in der gesamten Wertschöpfungskette bewirken würde. Es «drohen flächendeckend Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und ein dauerhafter Verlust unserer industriellen Strukturen». Die Studie kommt zu dem Fazit (Seite 2):

«In Summe belaufen sich in unserem Szenario die negativen Effekte auf 12,7 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung.»

Die über 50 Jahre alte Energiepartnerschaft mit Russland zu beenden sei der grösste Fehler der deutschen Politik gewesen, so Lüders:

«Mit Russland politisch wie wirtschaftlich vollständig brechen zu wollen, ohne über ausreichende alternative Energiequellen zu verfügen, das zeugt nicht von höherer Moral, sondern von sträflicher Dummheit. (…) Der Sanktionsfetischismus in Berlin oder Brüssel wird nur noch getoppt von der realitätsfernen Annahme, der westliche Boykott russischer Energie werde Putin in die Knie zwingen. Was alleine deswegen nicht geschieht, weil die Welt aus mehr als dem Westen besteht.»

Der Westen verfolge die Sanktionspolitik mit dem Anspruch auf eine höhere Moral, so Lüders: «Wir sind die Guten, wir stehen auf der Seite der Opfer, die anderen sind die Bösen, die Täter.» Dabei würden die tieferen Ursachen und die Folgen des Krieges ignoriert. – Lüders:

«Anlass genug, der Frage nach der moralischen Grundierung westlicher Politik nachzugehen. Ist sie mehr als Rhetorik und Selbsterhöhung? Oder liegt ihr tatsächlich ein ethisches Fundament zugrunde? Wenn ja, rechtfertigt dieses Fundament die wirtschaftliche Selbstzerstörung Deutschlands und Europas auch und vor allem als Folge der gegen Russland gerichteten Sanktionen?»

Keine durchdachte Botschaft erkennbar

Die liberalen Demokratien lassen laut Lüders eine kluge und durchdachte Botschaft vermissen. Im Vordergrund stünden Empörung über die russische Invasion und reflexhafte verhängte Boykottmassnahmen. Diese würden aber vielmehr ein selektives Weltbild demonstrieren: Westliche Verbündete dürften Menschenrechte missachten und hätten ausser mahnenden Worten nichts zu befürchten. – Lüders:

«Bei Gegnern des Westens hingegen gelten andere Regeln. Hier greift frühzeitig ein entsprechendes Framing, das die Rollen von Gut und Böse klar verteilt. Diese Rollenverteilung wird dann zur Grundlage von Boykottmassnahmen und Sanktionen.»

Mit dem Ukrainekrieg habe sich im Westen die Botschaft durchgesetzt, dass in der Ukraine die Idee der liberalen Demokratie an sich verteidigt werde. Die Ukraine kämpfe auch für westliche Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Notorische Gutmenschen und Gesinnungstäter könnten ihr eigenes Tun nur selten realistisch einordnen – so sehr seien sie von der Untadeligkeit ihrer Weltanschauungen überzeugt.

So könnten viele aussereuropäische Flüchtlinge, die seit Jahren im Mittelmeerraum festsitzen, von der bevorzugten Behandlung ukrainischer Flüchtlinge nur träumen. Auch bezüglich Pressefreiheit täten sich Gräben des Widerspruchs auf. So werde der russische Dissident Alexei Nawalny im Westen zum Helden erklärt, während der Fall Julian Assange mit einem Schulterzucken abgetan werde. – Lüders weiter:

«Die vermeintliche Moral, auf die sich Hardliner im Umgang mit Russland ebenso berufen wie wohlmeinende Demonstranten, ist in der Regel wenig mehr als eine Gesinnungsethik, eine propagandistisch wirkmächtige Form der Selbsterhöhung. Denn sie gilt nur für bestimmte Gruppen Auserwählter; für alle anderen eben nicht.»

Ein Drittel der Energie fehlt

Die politisch Verantwortlichen würden wahrscheinlich hoffen, dass sie sich «irgendwie durchwursteln» können und dass alles nicht so schlimm kommen möge, so Lüders. – Ähnliche Kritik äussert der Finanzfachmann und Sachbuchautor Dirk Müller. Die drohende Energieknappheit sei mitunter auf eigene politische Fehlentscheide zurückzuführen; siehe Video 2.

Video 2: Auszug aus Müllers Marktupdate vom 5. Juli 2022. Quelle: YouTube, Cashkurs.com.

Man hoffe nun, die ausfallenden russischen Lieferungen durch Flüssiggas aus den USA, Kanada oder Katar und anderen Ländern zu kompensieren. Dazu würde allerdings die entsprechende Infrastruktur wie Terminals und Tankschiffe fehlen. Katar zum Beispiel müsste aufgrund langfristig abgeschlossener Verträge mit ostasiatischen Ländern ohnehin zunächst neue Energiequellen erschliessen, was Jahre dauert. Zudem ist Flüssiggas deutlich teurer als Pipeline-Gas.

Einschätzungen zufolge können aber beim jetzigen Stand von den jährlich 155 Milliarden Kubikmetern an russischen Gasimporten in die Europäische Union bis Ende 2022 nur rund zwei Drittel ersetzt werden, sofern man andere Rohstoffe hinzunimmt (siehe Grafik). Die EU-Kommission hat dazu eine strategische Energiepartnerschaft mit den USA vereinbart, um umweltschädlich gefördertes und überteuertes Fracking-Gas einzukaufen.



Quelle: YouTube, Cashkurs.com.

Erfolglose Sanktionspolitik

Russland kann eher auf den westeuropäischen Absatzmarkt verzichten als umgekehrt, denn die Rohstoffgeschäfte mit Indien und China laufen bestens. Die beiden asiatischen Länder verfügen über eine Bevölkerung von 2,8 Milliarden Menschen, die Europäische Union demgegenüber umfasst 450 Millionen. Auch andere bevölkerungsreiche «Schwellenländer» beteiligen sich nicht an den westlichen Sanktionen. Aus einer Analyse des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) geht hervor, dass Russlands Exportvolumen seit dem Angriff auf die Ukraine zwar leicht zurückgegangen, aber immer noch rekordhoch ist; siehe Grafik.



Preissteigerungen überkompensieren den Rückgang der russischen Energieexporte. Quelle: CREA, Seite 8.

Deswegen hat sich die russische Währung (Rubel) trotz westlicher Sanktionen in den vergangenen drei Monaten positiv entwickelt. Nach anfänglicher Unsicherheit wegen des Kriegsausbruchs hat sich die Währung kontinuierlich erholt und erst Anfang Juli wieder nachgegeben; siehe Grafik.



Der Devisenkurs des Rubel im Dreimonats-Vergleich zum US-Dollar. Quelle: wallstreet-online.de.

Das CREA weist darauf hin, dass Indien zuletzt so viel russisches Öl importiert hat wie noch nie. Ein erheblicher Teil dieses Rohöls werde raffiniert und dann in Form von Ölprodukten weiterverkauft – etwa nach Europa oder in die USA. Darüber berichtete zuletzt etwa ntv.

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